Beiträge von Cattledogfan

    Wahnsinn, wie unterschiedlich doch die Wahrnehmung ist... Ich sehe nämlich einen Hund, der sich so verhält, weil er es sich leisten kann, und wenn ich das hier...


    "Wenn das "eroberte" Fressen weg ist (dabei muss er es noch nicht mal gefressen haben) - ist er der normalste kuscheligste Hund. Es werden übrigens nur Essensdinge gesichert, die er denkt erobert zu haben. Also Sachen vom Tisch interessieren ihn nicht wirklich."


    ... im Eingangspost lese, dann denke ich wirklich nicht, dass es ums Fressen geht, d. h. dass der Hund Kohldampf schiebt, und ich sehe auch keinen unsicheren oder misstrauischen Hund, dem man erst zeigen müsste, was richtig und was falsch ist; die Besitzerin hat ja offensichtlich ein liebevolles, gutes Verhältnis zu ihm, sondern einen, der sich einfach Privilegien rausnimmt, die ihm nicht zustehen, und der sich, genau wie ein hetzender Hund, immer und immer wieder das Erfolgserlebnis holt, dass er mit seinem angewölfen Verhalten des Ressourcenverteidigens und -bewachens durchkommt und quasi als Sieger vom Platz geht.


    Aber ich würde sicherlich nicht die Hand dafür ins Feuer legen, dass diese Einschätzung richtig ist, vor allem nicht, wenn es offensichtlich zu brenzligen Situationen kommt, wo der Sitterfamilie nicht mehr wohl dabei ist.


    Und außerdem... tja, wie formuliere ich es?? Manchmal habe ich einfach den Eindruck, in der heutigen Zeit gibt es eine Art Wahrnehmung der "Programmierbarkeit" von Hunden, so nach dem Motto, ich spiele das Patch "Tauschgeschäft" oder "Auf Deinen Platz" auf, und schon tritt der Fehler "Ressourcenverteidigung" nicht mehr auf, weil die Verhaltenssoftware des Hundes entsprechend upgedated wurde.


    Und irgendwie stört mich auch die Vorstellung, dass jeder Hund, der irgendwie Probleme macht, automatisch in die Opferposition gesteckt wird.


    Manchmal sind es einfach nur Drecksäcke, die sich absolut unmöglich verhalten, und anstatt die tiefenpsychologische Analysekeule zu zücken, wirkt ein klares, deutliches und konsequent durchgesetztes Verbot wahre Wunder.


    Caterina

    kareki: Der Hund verteidigt doch nicht mehr nur Essen, er schränkt auch den Mann in seinem Pflegezuhause ein... In dieser Rubrik gab es vor ein paar Wochen einen Thread mit dem Titel "Hilfe, unser Appenzeller spinnt", wo ein deutlich jüngerer Hund neben einer ziemlich deutlichen Abwehrreaktion - Beißen von Frau & Tochter, zunächst nach unerwünschtem Streicheln - auch anfing, die Schwiegermutter in der Bewegungsfreiheit einzugrenzen.


    Oder der Große Schweizer, der die Parkbank, auf die sich Frauchen setzt, gegen Zwei- und Vierbeiner verteidigt...


    Ich würde nach dem, was ich gelesen habe, nicht ausschließen, dass auch dieser hier irgendwann zupackt.


    Ich würde wirklich mal in der Richtung weiterdenken, ob nicht noch mehr im Umgang mit dem Hund im Argen liegt, und damit meine ich NICHT die Diät, und ich hoffe, dass die Pflegefamilie umsichtig genug für ein adäquates Management ist, bis der Hund wieder ins eigene Zuhause zurückgeht, und dass sie bis dahin offene Konflikte möglichst erst gar nicht aufkommen lassen.


    Diese bei einem so wehrhaften und offensichtlich selbstbewussten Hund zu klären, sehe ich nämlich ausschließlich als Aufgabe des/der Besitzer(s) an.


    Caterina

    Ich bin zwar kein Rassespezialist, sehe aber bei den "Schnappenzellern", die ich kenne, durchaus Parallelen zum Cattle Dog, und bei einem Hofwächter und Rindertreibehund würde ich bei solchen Verhaltensweisen immer als Allererstes daran denken, dass der Hund jetzt, wo er mit über 3 Jahren auch im Kopf fertig ist, evtl. ein genetisch bedingtes Programm abspult, d. h. er sucht sich in Ermangelung von Haus, Hof & Vieh andere Ressourcen, bei denen es sich seiner Meinung nach lohnt, sie zu verteidigen, noch dazu, wo er nicht bei der eigenen Herrschaft ist und diese Menschen evtl. nicht so für voll nimmt wie die eigene Herrschaft.


    Irgendwie erinnert mich dieser Thread hier an "Eigenständiger Hüti... es nervt" (dort schrieb jemand, dann such dem Hund doch einen Job) bzw. den Großen Schweizer Sennenhund, der sein Frauchen vor anderen Hunden abschirmt und draußen Ressourcen gegen andere verteidigt.


    Das, wozu die Hunde über viele, viele Generationen selektiert wurden, sucht sich manchmal auf recht subtile, nicht immer gleich zu erkennende und vor allem nicht immer angenehme Weise seinen Weg, und meiner bescheidenen Meinung nach kommt man mit reiner Unterdrückung (und dazu rechne ich auch Umkonditionierungen, hier z. B. Tauschrituale, selbst wenn es erst mal Enspannung für die Menschen bringt) des Verhaltens nicht weit, denn sobald das oft mühsam auftrainierte ERsatzverhalten nicht nach Schema F abgerufen wird/werden kann, fällt der Hund sofort wieder ins unerwünschte Verhalten zurück. Viel nachhaltiger ist es, das Verhalten in anderen Situationen, evtl. modifiziert, gezielt abzurufen, d. h. sinnvoll zu kanalisieren.


    Im Klartext: Ich würde mir langfristig überlegen, was er bewachen darf und soll.


    Aber das ist, wie gesagt, nur eine Vermutung.


    Caterina

    Hallo Philipp,


    der Hund kennt doch wahrscheinlich außer seinem bisherigen Hof nichts, oder? Ich vermute, auch keine oder kaum Artgenossen. Wie lange ist er denn schon bei Dir?


    Meiner bescheidenen Meinung nach ist es das Allerwichtigste, dass der Hund nach und nach seine neue Lebenswelt kennenlernt und eine gute, vertrauensvolle BEziehung zu Dir bzw. den anderen Menschen, die sich jetzt um ihn kümmern, aufbaut, denn so legst Du die Grundlagen für die spätere ERziehung. Hundeschule etc. würde ich erst mal ganz, ganz weit in die Zukunft schieben.


    Ich würde ihn erst mal so weit wie möglich von Artgenossen und/oder anderen Dingen, die ihn zu sehr aufregen, abschirmen und an grundlegenden Dingen wie das Herkommen und das Sich-an-Dir-Orientieren arbeiten. Lass ihm Rückzugsmöglichkeiten, gib ihm Zeit, so böse Dinge wie den Staubsauger in Ruhe kennenzulernen; Olianda schrieb das ja schon.


    Gemeinsames Spielen, viel Routine und Rituale (z. B. beim Füttern und/oder Rausgehen), damit Du für den Hund berechenbarer wirst, finde ich immer eine gute Möglichkeit zum Beziehungsaufbau.


    Ich habe hier auch einen Hund, der 2/3 seines Lebens reiner Hofhund war und der erst, seit ich hier wohne, regelmäßig spazieren geführt wird - und danach auch sehr bestimmt verlangt! Leider wohne ich so abgelegen, dass er bestimmte Dinge mangels Übungsmöglichkeit wohl nicht mehr lernen wird, was aber nicht tragisch ist, ich komme prima mit ihm klar.


    Berichte mal weiter, würde mich interessieren, wie sich das Landei entwickelt, vor allem bei der Rassemischung.


    Caterina

    Kareki, wenn der Maulkorb vonnöten ist, um den Hund in diesem Fall am Beißen zu hindern, ist es doch schon viel zu spät!


    Der Grundfehler ist doch, dass sich der Hund überhaupt losreißen konnte!! DAS darf meiner Meinung nach nicht sein! Zur Grundvoraussetzung der Hundehaltung gehört für mich, dass man einen Hund in normalen Alltagssituationen (und das war in meinen Augen eine) ohne Gefährdung Dritter führen kann, auch wenn sich der Hund aufführt wie ein Berserker.


    Da war kein Glatteis, die anderen Hunde kamen nicht plötzlich leinenlos um die Ecke geschossen oder bauten sich provozierend eine Handbreit vor dem unverträglichen auf... Selbst wenn die Halterin den nutzlos gewordenen Klicker in der Hand hatte, einen kleineren, leichteren Hund hätte sie sicherlich auch mit einer Hand halten können.


    Ich hatte jahrelang ein älteres Ehepaar mit Schäferhund in der Nachbarschaft, davon der Mann gehbehindert, und die konnten ihren artgenossenunverträglichen Hund ebenfalls im Ernstfall nicht halten, geschweige denn richtig einschätzen... aber Schuld hatten immer "die anderen", wenn die ihnen zufällig zu nahe kamen...


    Und zur Vollkaskomentalität der Halterin, die Trainerin (deren Reaktion mit Sicherheit keine Sternstunde der Hundetherapie war) belangen zu wollen, verkneife ich mir jeglichen Kommentar.


    Denn wie schrieb jemand so schön: Was macht die denn, wenn ihr beim normalen Gassi ohne Trainer andere Hunde entgegen kommen?


    Caterina

    Noch mal was zum Maulkorb, der m. E. oft eine falsche Sicherheit vorgaukelt:


    Bei einem Hund, der sich offensichtlich mit vollem Körpereinsatz in die Schlacht wirft, verhindert ein Maulkorb lediglich Bissverletzungen (immer vorausgesetzt, er sitzt überhaupt so gut, dass er draufbleibt).


    Menschen können trotzdem angesprungen, blutig gekratzt, umgerissen (mit allen Folgen wie Prellungen, Blutergüsse, Gehirnerschütterung) und durch den Hund bei seinen Beißversuchen durch den vorruckenden Kopf ordentlich geprellt werden, und auch der kleine Hund wäre wahrscheinlich durch den heranstürmenden Bulldozer zumindest herumgeschleudert worden.


    Viel sinnvoller finde ich eine doppelte oder gar dreifache Anschirrung, also Geschirr, Halsband und evtl. Halti. Bei einem Geschirr, bei dem der D-Ring zum Einhaken der Leine relativ weit hinten sitzt, kann man dem Hund durch rechtzeitiges Eingreifen viel Schwung aus der Hinterhand nehmen.


    Mit entsprechend langer Leine kann man die beiden Karabinerhaken immer dort einhaken, wo man sie meint zu brauchen, und dadurch, dass man den Hund mit zwei Händen lenken und an zwei Punkten auf ihn einwirken kann, entsteht erst gar nicht soviel Schwung.


    Oder man nimmt zwei Leinen, von denen ich eine am Körper befestigen würde.


    Sich bei einem größeren Hund die Leine um den Bauch zu binden, halte ich für sehr gefährlich, weil die erstens relativ tief hängt und man evtl. nicht schnell genug mit den Händen nachfassen kann, und zweitens kann man auf Bauch- oder Hüfthöhe nicht viel ausbalancieren. Auf Brusthöhe ist - zumindest meiner Erfahrung nach - viel besser, weil man mit dem Oberkörper einige Zentimeter mehr zum Pendeln hat und außerdem die Hand schneller dran ist an der Leine.


    Caterina

    Ganz ehrlich, für mich ist der größte Fehler im System die Halterin... :xface:


    Man sollte sich nicht mehr Hund zumuten, als man unter normalen Umständen - und dazu gehört für mich auch, dass ein Hund mal austickt - bändigen kann.


    Und in vielen Fällen, wenn Erfahrung, Technik oder was auch immer fehlt und der Erziehungsstand zu wünschen übrig lässt, sind das eben etliche Kilo Kampfgewicht weniger.


    Eine Halterin eines absolut problemlosen, gut erzogenen Rhodesian Ridgeback-Rüden, die ursprünglich mit dem Gedanken spielte, sich einen weiteren Hund anzuschaffen, sagte nach ein paar Jahren mal zu mir, als ich sie auf einen Kandidaten aus dem Tierschutz ansprach, sie käme ca. 1 - 2mal pro Jahr in Situationen, wo sie den Hund unter allen Umständen halten müsste, und das würde sie sich mit noch einem, auch einem kleinen, Hund nicht zutrauen.


    Eine sehr vernünftige Einstellung, finde ich.


    Caterina

    Auch wenn mir jetzt wahrscheinlich unisono das große Foren-NEIN!! entgegenschallen wird, behaupte ich mal, eineinhalb bis zwei Stunden pro Tag außerhalb der eigenen vier Wände zu verbringen, ist für einen - noch dazu jungen - Hund deutlich zu wenig, um ihn alltagstauglich zu bekommen. Ich würde für Hunde, die nur in Begleitung von Menschen aus einer Wohnung oder einem Haus kommen, glatt das Doppelte an Zeit ansetzen, nämlich die aktiven 3-4 Stunden pro Tag, die der Hund nicht verschläft oder verdöst.


    Tricks im Haus oder eine abgeschottene Hundeplatzbeschäftigung ersetzen meiner Erfahrung nach nicht das Erlernen angemessener Reaktionen auf die Umwelt, und vieles erledigt sich dadurch, dass man bestimmte Situationen, in denen der Hund nicht wie gewünscht reagiert, immer und immer wieder erlebt, oft von selbst... weil man selber gelassener wird, Alternativen ausprobiert, der Hund mit Reizen vertrauter wird, etc. pp.


    Und nicht zuletzt tut es der Beziehung zum Hund und damit auch dem Gehorsam mehr als gut, im wahrsten Sinne des Wortes gemeinsam durch den Alltag zu gehen.


    Offensichtlich kann der Hund ja noch nicht mal Zeit im Garten verbringen, wo er Umwelteindrücke zu verarbeiten hätte, weil er abhaut.


    Und dass er abhaut, zeigt ja - sofern er nicht Hündinnenspuren hinterhergeht - m. E., wie groß sein Interesse an seiner Umwelt ist.


    Ihr seid doch eine mehrköpfige Familie, ist da nicht mehr Zeit für den Hund drin?


    Caterina

    Hallo,


    dass der Hund Eure Nähe sucht, ist doch schon mal gut! Hunde sind hochsoziale Wesen, die nicht dafür gemacht sind, als freies Elektron durchs Leben zu sausen, sondern sie suchen sich stabile Sozialverbände, die ihnen Sicherheit geben.


    Die Hündin bekundet ja schon ihr Interesse an Euch, und m. E. wäre es ein großer Fehler, sie jetzt zu sehr zu bedrängen. Dass Ihr Euch viel draußen aufhaltet - grün-vor-Neid-werd-bei-deutschem-Mistwetter ;) -, ist doch ideal. Ich würde den Hund dabei gar nicht großartig beachten und versuchen, Rituale einzuführen, also nach Möglichkeit zu den gleichen Zeiten zu füttern, evtl. zunächst ein paar Futterbrocken zu werfen, bevor der Napf hingestellt wird, oder ihr Spielmöglichkeiten anzubieten, irgend etwas werfen, z. B., aber, wie gesagt, ohne sie anzusehen.


    Leine und Halsband würde ich erst mal in der Ecke lassen.


    Das ist ein junger, mit ziemlicher Sicherheit verspielter Hund, der offensichtlich keine - schlechten - Erfahrungen mit Menschen gemacht hat, wie es flying-paws schon schrieb, der wird von sich aus auf Euch zugehen, weil ja ihr bisheriger Genosse, ihr Bruder, nicht mehr da ist.


    Caterina

    Hallo Rottifan,


    Du hast nicht verstanden, was ich meine: den Hund gefahrlos an der Leine an anderen vorbeiführen. Das ist in der Enge eines Treppenhauses verdammt schwierig, vor allem, wenn man sich mangels Erfahrung verschätzt, wie man in einer bestimmten Situation reagieren sollte... bzw. man mangels Erfahrung bestimmte Situationen nicht vorhersehen kann.


    Nimm nur das Beispiel, wie der Hund auf Artgenossen reagiert; Du schriebst, Du dachtest, er will Sitz oder Platz machen... der hatte ganz was anderes vor!


    Du schreibst, Du könntest in der Mittagspause eine halbe Stunde mit ihm spazieren gehen. Es ist doch eigentlich jetzt schon dunkel zu der Zeit, zu der Du mit dem Hund vor der Arbeit rausgehen müsstest, d. h. die Möglichkeiten der körperlichen Auslastung sind eingeschränkt. Was glaubst Du, wie energiegeladen so ein junger Hund dann um die Mittagszeit ist? Wenn der zur Wohnungstür herausdrängt und zufällig gerade jemand, der es ähnlich eilig hat wie der Hund, durchs Treppenhaus stürmt, muss man angemessen reagieren können.


    Hast Du Dich überhaupt schon mal mit dem Wach- und Schutztrieb der Rasse befasst? Kannst Du überhaupt einschätzen, inwieweit das "Problemhund"-Verhalten des Hundes das Ergebnis seiner bisherigen Haltung ist oder ob er tatsächlich "so" ist, weil er evtl. aus einer unseriösen "Produktion" stammt?


    Glaube mir, es gibt nichts Schlimmeres als einen Hund, der von der Genetik her mit einer gewissen Wehrhaftigkeit (und in diesem Fall auch Kraft) ausgestattet ist und der nicht klar im Kopf ist. In einem solchen Fall ist eine Menge Voraussicht und wahrscheinlich lebenslanges Management erforderlich, und außerdem müssen die äußeren Bedingungen stimmen, d. h. dass von Wohn- und Auslaufsituation her die Möglichkeiten, an Artgenossen und/oder Menschen zu gelangen, deutlich geringer als in einem Mehrparteienhaus sind.


    Bei entsprechend umsichtiger Führung kann ein solcher Hund durchaus einen Wesenstest bestehen; die Frage ist, wie aussagekräftig der dann ist.


    Wenn Du den Hund immer dann, wenn Du es zeitlich schaffst, aus dem Tierheimzwinger herausholst, ist das doch schon toll!


    Caterina