Ihr habt so viele interessante Sachen geschrieben, das ist ein echt toller Thread! :)
In vielen Dingen habe ich Dakota wieder erkannt und musste oder konnte wehleidig nicken. 
Dakota kam mit 8 Wochen zu uns, als eines der zwei kleineren Mädchen, das vor allem etwas zurückhaltend bis unsicher war. Am Anfang hat sie alles überfordert, sie war von allem gestresst und hat sich durch jeden Reiz gepusht. Manchmal ist sie vollkommen erstarrt, weil es ihr unmöglich war die (scheinbare) Reizflut zu bewältigen. Auf Stress hat sie mit extremer körperlicher Anspannung reagiert, sie musste rennen, rennen, rennen, hat auf Spaziergängen gejammert, sobald wie langsam gingen, konnte und wollte dauerhafte Beschäftigung und war vollkommen vernarrt in jeden bewegten Reiz.
Läufigkeiten waren eine Qual, sie kam nicht rein, sie kam nicht raus. Gebärmutterentzündungen, wochenlanges Hin und Her und mit zweieinhalb Jahren dann eine veränderte Gebärmutter und eine Notkastration. (Organisch war anfänglich alles unauffällig.)
Pilzinfektionen haben wir mitgenommen und alle Pfotenverletzungen, die durch schmerzfreies und rücksichtsloses Rennen zustande kommen können. In ihrem Wahn hat sie sich überschlagen und ist weiter gerannt, hat sich den Rücken mehrfach gezerrt und konnte manchmal nicht mehr stehen, weil die Muskeln einfach zitternd aufgegeben haben.
Blindwütiges Stockfressen - kauen war langweilig. Ausrasten bei Hundesichtung. Ausrasten bei Blickkontakt (auch von Unbekannten, auch beiläufig). Zuhause ruhen war Schwerstarbeit. Körperkontakt draußen unmöglich, drinnen nur selten. Ständig Durchfall (nicht auf das Futter zurück zu führen).
Das alles klingt ausgeschrieben und rückblickend furchtbar (und ist symptomatisch auffällig), aber in der damaligen Situation und auch heute, haben wir es nie als so schrecklich erlebt. Nach unserem ersten Hund, der auf einem anderen Level verhaltensauffällig war, war und ist Dakota ein relativ normaler, sehr aktiver und eben stressanfälliger Hund.
Nachdem wir bei Hamlet bereits alles mögliche ausprobiert und viel gelernt haben, durfte Dakota bereits früh in den Genuss hilfreicher Rituale und Regeln kommen. Sie hat lange in einer Box geschlafen, immer mit demselben Ritual (Räucherstäbchen, Entspannungsmusik) und wurde lange in ihrem Bewegungsraum begrenzt, das half ihr zur Ruhe zu kommen. Spielzeug lag nie rum, heute geht das manchmal (und nur, wenn wir alleine sind). Wenn sie entspannen sollte gab es Kaukram, den haben wir im Zweifel festgehalten, damit sie entspannter fressen konnte.
Da Dakota draußen (im Gegensatz zu Hamlet) sehr aktiv war, habe ich im ersten Jahr kontinuierlich zu viel mit ihr gemacht. Sie wollte, sie durfte und sie tat zu viel. Mit knapp einem Jahr waren wir dann soweit, das der Hund draußen nicht mehr an einem Grashalm schnuppern wollte. Was heißt nicht mehr? Das hat sie vorher auch nicht getan.
Frustrationstoleranz bei Spielzeug lag ihr, Gehorsam generell, aber Entspannung nicht.
In den folgenden Monaten haben wir das umgesetzt, was wir drinnen sowieso schon begonnen hatten und draußen nicht dauerhaft einsetzten. Also haben wir uns auf Bänke gesetzt und nichts getan, Leinenrunden gedreht, den Freilauf eingeschränkt (der sowieso nur an der Schleppleine stattfand) oder ganz ausgelassen. Wissentlich und willentlich das Programm auf ein sehr niedriges Niveau reduziert.
Inzwischen haben wir in der Wohnung einen sehr entspannten Hund, der gerne mit Körperkontakt liegt und auch mal gekrault werden will (Bauchi reiben!
). Spielzeug liegt noch immer nur in Ausnahmefällen herum. Räucherstäbchen und Musik läuft auch noch, ebenso ist der Kaukram zum Alleine bleiben geblieben. Wir drehen keine riesigen Runden mehr, stattdessen gibt es moderate, vorhersehbare Spaziergänge auf denselben Wegen. Hauptsächlich an der Leine.
Wir üben noch immer RO, sind mit dem Dummy unterwegs und trauen uns aktuell auch in dem Bereich mehr auszuprobieren, aber das beschränkt sich auf wenige und kurze Einheiten innerhalb einer Woche. 10 oder 15 Minuten vielleicht.
Dakota zeigt deutlich, das sie neue Gegenden (oder solche, in denen wir nicht täglich sind) nicht genießen kann. Sie kann auch zuviel Aufmerksamkeit fremder Menschen nicht genießen und die Anwesenheit anderer Hunde überfordert sie.
Wir haben richtig gute Tage und wir haben blöde Tage. An blöden Tagen gehen wir dann eben nur kurz raus, weil alles andere für alle Beteiligten unschön ist. Macht nichts, dann liegt sie eben glücklich vor der Heizung.
Geholfen haben auch die Spaziergänge um 5.30 Uhr am morgen, denn da ist es ruhig und leer. Auch da gehen wir immer dieselbe Runde. Vorhersehbarkeit gefällt meinem Hund einfach ... 
Nun könnte man sagen - die ist einfach erwachsen geworden. Stimmt auch. Das Alter hat viel geholfen, aber jede Abweichung von unserem Renterdasein (das nicht wirklich eines ist, uns aber so vor kommt), bringt uns in Windeseile zurück auf den Status Hibbelhund. 
Oh jeh ... sorry, es ist ein Roman geworden. 