Zitat
Wie habt ihr damals in diesem Wirrwarr von verschiedensten Meinungen und Erfahrungen durchgeblickt? (...)
Habt ihr euch dann letzendlich für eure Traumrasse entschieden oder doch nicht?
(...)
Ich hoffe ihr könnt mich etwas aufklären. :)
Liebe Grüße Lisa
Nein. Du kannst auch gar nicht durchblicken, denn jeder Mensch hat zu jedem Punkt eine eigene Meinung. Selbst Rasseliebhaber derselben Rasse preisen unterschiedliche Eigenschaften und beschönigen oder verteufeln verschiedene Eigenarten.
Am erfolgreichsten fährst du, wenn du dich in ausgewählten Foren kundig machst oder (was um ein vielfaches besser ist) entsprechende Literatur zu Rate ziehst. Vielleicht besuchst du mal einen Züchter oder eine Ausstellung, um dort mit Züchtern zu reden. Dabei kannst du bestimmte Rassen live erleben und dir selber ein Bild machen.
Im Grunde ist es schließlich egal, was andere zu einer bestimmten Rasse sagen. Du musst mit diesem Typ Hund leben. Und dass jeder zweite der Meinung ist, genau seine Rasse wäre absolut einzigartig, besonders und für keinen Anfänger geeignet - naja, da spricht eben die Liebe zum Hund raus. Und ein bisschen Eitelkeit vielleicht auch.
Bei Mischlingen und / oder Mixen diverser Art, kann dir sowieso keiner etwas raten, denn hier ist einfach nicht vorhersehbar, welche Eigenschaften der Hund einmal haben wird und / oder hat.
Um auf Nummer sicher zu gehen (insofern das überhaupt geht), hilft es, einen Hund von einer deutschen Pflegstelle zu nehmen. Dort kennt man das Tier und kann dir etwas über sein Wesen erzählen. Bilder im Internet sagen nichts und Papier ist bekanntermaßen sehr geduldig, will heißen: Mach dir, wenn möglich, selbst ein Bild. Lügende Menschen sind leichter zu entlarven, als lügende eMails.
Was die Entscheidung angeht, helfen vielleicht folgende Fragen:
(a) Wie viel Geld kannst du für einen Hund aufbringen?
Damit meine ich nicht den Züchter, sondern die schnöde Frage nach den laufenden Kosten. Ein gesunder kleiner Hund kostet erheblich weniger, als ein gesunder großer Hund. (Aber natürlich sollte auch klar sein, dass die 1000€ Anschaffungskosten auch von einem gesunden Hund sehr schnell übertroffen werden können, wenn er sich einen Infekt einfängt, unglücklich stürzt oder etwas unangenehmes verschluckt. Ganz abgesehen davon, dass ein Trainer, der die mangelnde Sozialisation ausbaden soll, schnell sehr viel mehr kostet, als ein Hund vom Züchter.)
(b) Wie soll dein Hund dich im Alltag begleiten?
Hunde, die immer dabei sein sollen (oder so oft wie möglich), sollten dafür am Besten eine entsprechende Veranlagung haben. Also menschenfreundlich sein, eher stoisch als nervös und nicht zu groß. Letzteres ist eine rein praktische Angelegenheit: Kleine Hunde fahren oft umsonst Bahn (bei der DB als Handgepäck), sind in Cafès lieber gesehen, können häufig auch in Hotels, die sonst keine Hunde wollen und an der Uni sieht man auch mal über sie hinweg. Bei einem Schäfer ist das schwieriger (zumal mehr Menschen vor großen Hunden Angst haben). Ein Hund, der schon über 6 Monate alt ist und nichts kennengelernt hat, wird höchstwahrscheinlich auch kein guter Begleiter in der Stadt. (Ausnahmen bestätigen die Regel, aber auf die zu hoffen ist gefährlich.)
(c) Was für Eigenschaften sind für dich ein NoGo?
Ernsthafte Jagdambitionen? (Podencomischlinge z.B.) Schutz- und Wachtrieb ausgeprägt? (Hovawart, letzteres z.B.) Verspielt im Erwachsenenalter? (Sin Chihuahuas nicht, im Vergleich zu anderen Rassen.)
(d) Was willst du mit deinem Hund machen?
Irgendeinen Sport? (Agility, Obedience, Trailen, Zughundesport) Oder nebenher eben das, was den Hund glücklich macht (weil er mit "Nebenher" glücklich ist).
(e) Wie flexibel bist du, wenn dein Hund plötzlich komplett anders ist?
Auch Rassehunde können vom Standard abweichen, aber ein Mischling aus unbekannten Rassen, kann dich vor das Problem stellen, dass er etwas ganz anderes mag, als du. Macht dir das (ernsthaft!) nichts aus? Ist es vollkommen problemlos für dich, wenn der Hund plötzlich nirgendwohin mit kann, weil er ernsthafte Angst vor fremden Menschen / Autos / Mülltonnen hat? Hör in dich hinein und frag' dich ehrlich, wie du dir dein Leben in 5 Jahren vorstellst und was dein Hund dazu mitbringen sollte, damit ihr beide richtig glücklich seid. (Und nicht nur so irgendwie mit Hängen und Würgen, weil einer sich für den anderen verbiegen muss.)
(f) Welche Optik gefällt dir?
Langes Fell. Kurzes Fell. Steh- oder Schlappohren? Ja, das ist nichts, was an erster Stelle stehen sollte, aber wenn mehrere Rassen deine Kriterien erfüllen, dann sortiere die aus, die dir optisch weniger zusagen. Oder deren Eigenschaften du weniger magst. (Pudel haaren nicht, bringen aber genausoviel Schmutz mit rein und müssen geschoren werden. Chihuahuas sind nicht unbedingt unglücklich über Mäntel bei Dauerregen und durch die Bodennähe dreckiger und nasser als größere Rassen. Hunde mit Unterfell haaren mehr, müssen mehr gebürstet werden und riechen auch anders, als Rassen, die kein Unterfell haben. Bürsten, Waschen, Schneiden, Pflegen - wie viel ist dir genug?)
Wenn du deine Auswahl dann eingeengt hast, bleib dabei. Lass dich nicht so schnell wieder verunsichern und auch nicht kopflos verlocken, nur weil ein Hund nett aussieht und halbwegs deinen Wünschen entspricht. Wenn du eine genaue Vorstellung hast, dann suche auch nach einem Hund, der dieser Vorstellung so gut wie möglich entspricht. Andernfalls bist du später womöglich sehr enttäuscht. (Und einen Hund tauscht man nicht so schnell ein, trotzdem kann man die Anschaffung ehrlich bereuen.)
Ob du dir im Klaren darüber bist, dass du mit 17 noch viele Veränderungen vor dir hast, ein Hund Geld und Zeit kostet, du Hilfe brauchen wirst usw. usf, frage ich dich nicht. Ich denke, dass du diese Fragen kennst und hoffe, dass du sie alle positiv (und ehrlich) beantworten kannst.