Aus tierärztlicher Perspektive glaube ich wirklich, dass man als Hundefriseur ja wenigstens die Tiere zu Gesicht bekommt, wo ein gewisses Einsehen bei den Besitzer da ist.
Die Fälle, die du schildesterst, also Filz, lange Krallen, faule Zähne, Übergewicht, sind mein täglich Brot und ich waage mal die These aufzustellen, dass die Leute, die sagten der Tierarzt hält das für normal entweder nie mit den Tierarzt darüber gesprochen haben oder dies aus Selbstschutz so formulieren.
Und ja, wenn ein Hund bei mir wegen akuter Probleme vorgestellt wird, dann mache ich nicht immer die langen Krallen zum Thema. Aber: Ich schneide täglich Krallen, die die Besitzer nicht auffällig fanden, ich spreche täglich über die Notwendigkeit einer Zahnsanierung oder der Gewichtsreduktion und ich schere regelmäßig wenigstens den Anogenitalbereich, weil sich dort die Exkremente sammeln.
Ebenso die Sätze: "Ja, ich weiß, er hat echt zugenommen. Aber es war in letzter Zeit auch so viel Stress, da konnten wir gar nicht richtig Spazierengehen..." "Bald ist Herrchen wieder Zuhause, da geht er wieder die große Runde." Es muss halt immer einen Grund haben, das ist der Wunsch das zu erklären und sich zu verteidigen, ganz unbewusst.
Niemand sagt: Ja, ich weiß mein Hund ist zu fett, ich bin einfach zu doof weniger zu füttern.
Hunde, deren Zustand ich mit Fotos dokumentiert habe, damit ich bei ner möglichen Anzeige gegen die Leute was in der Hand habe:
Ein Hund mit so starkem chronischen Juckreiz, dass er am ganzen Körper borkige verdickte Haut und fast kein Fell mehr hatte. Offene Ekzeme, Krusten, völlig entzündete Ohren, wunde Füße... Der Hund hatte seit Jahren keinen Tierarzt gesehen. (Nach erfolgreicher Behandlung und unter Dauermedikation, kam sogar das Fell wieder.)
Ein Hund mit infizierter und zum Teil angefressener Rute Rute, stinkend und mit Madenbefall. Der Hund wusste vor Schmerzen nicht ein noch aus und hat wild um sich gebissen, wenn der Besitzer ihn vom Rutekauen abhalten wollte. Der Besitzer wollte den Hund einschläfern, weil er mehrfach gebissen wurde und Angst um die Enkel hatte. (Unter Schmerzmittel und Antibiose ging es schon besser und nach erfolgter Amputation der Schwanzspitze ist nun alles wieder gut).