Bzgl. BH, kann mir denn mal einer sagen, was ein Hundeplatzfuß auf einem reizarmen Hundeplatz, ein Abruf aus einer statischen Situation und eine minutenlange Ablage außer Sicht über die Alltagstauglichkeit und den Alltagsgehorsam aussagen sollen?
Ein Hundeplatz ist ein Trainingsplatz. Dort erhält der Hundehalter eine Anleitung im Umgang mit dem Hund.
Bevor ein Hund Alltagstauglich ist oder wird, muss er erst einmal unter reizarmen Umfeld und unter einem gleichbleibenden Umfeld lernen Befehle zu befolgen und einzuhalten. Erst danach, wenn die Kommandos sicher sitzen, wird der Hund allmählich stressigen Alltagssituationen ausgesetzt.
Eine Ablage außer Sicht ist aus der Sicht des Hundes erst einmal eine Vertrauensfrage zum Hundehalter und zum anderen auch ein sicheres Zeichen, dass der Hund verlässlich ist. Und im Alltag muss er vielleicht auch mal alleine irgendwo warten - wobei das wohl die wenigsten Hundehalter wirklich machen!
Die BH ist ansich eine Sportprüfung, der Straßenteil ist derart variabel/wenig reglementiert, dass man daraus kaum was für den Alltag ableiten kann. Meine Jin hat erst mit 5 die BH abgelegt - Straßenteil war und wäre in egal welcher Ausführung gar kein Problem gewesen, obwohl Jin andre Hunde nicht mag. Aufm Platzteil wären wir ohne Corona-Bonus durchgerasselt, weil unsre Fußarbeit grottig war (Jin hat meine Prüfungsangst sehr stark gespiegelt). A propos: so 'ne Prüfungsangst ist echt scheiße, macht mich aber nicht zu einem unfähigen Hundehalter.
Eine (minutenlange) Ablage außer Sicht kommt bei der BH gar nicht vor. Früher stand man bei der Ablage mit dem Rücken zum Hund - für den Hund war man also weiter in Sicht. Mittlerweile steht man seitlich zum Hund.
Was es im Straßenteil geben kann: der Hund wird wo angebunden und der Besitzer geht außer Sicht - dabei ist aber absolut Wurst, ob der Hund steht, sitzt, liegt oder auch (mehrfach) die Position wechselt. Über die Sinnhaftigkeit dieser Übung kann man freilich streiten.
Wenn wir den Vergleich mit dem KFZ Führen beibehalten, ich würde wetten ohne diese Regelung wäre es noch viel chaotischer, viel gefährlicher und viel mehr Willkür im Straßenverkehr.
Und so wäre es auch mit einem ernstzunehmenden Hundeführerschein. Es würde nicht alle Probleme lösen, aber es würde denke ich schon den ein oder anderen Vorfall von vorneherein im Keim ersticken, weil bestimmte Leute den Schein gar nicht bekämen, nicht bestehen oder direkt davor zurückscheuen, weil das dann doch alles zu aufwendig ist und man nicht mal eben einer Laune folgen und sich einen Hund anschaffen kann.
Mit der Schwierigkeit, dass es sich beim Hund um ein komplexes Lebewesen und keine einfache Maschine handelt. Man kann weder eine derart standardisierte Schulung noch einen derart standardisierten Test, wie man es für einen Autoführerschein nutzt, für Hunde entwickeln. Es gibt derart viele verschiedene Ansichten, wie man einen Hund erziehen, trainieren und überhaupt mit einem Hund umgehen kann, dass man das gar nicht alles abdecken kann. Denn: die meisten dieser Ansichten sind richtig. Nicht für jeden Hund, nicht für jeden Halter. Denn nicht nur der Hund ist ein komplexes Lebewesen, der Mensch ist es auch. Manche Hunde haben Futter 24/7 zur Verfügung. Manche Hunde bekommen 4 Mahlzeiten am Tag, andre Hunde bekommen 1 Mahlzeit am Tag. Manche Hunde bekommen Futter zum großen Teil gegen Arbeit. Manche Hunde dürfen jederzeit auf Bett und Sofa. Andre Hunde dürfen nur nach Einladung auf Bett und Sofa. Wieder andre Hunde dürfen niemals auf Bett und Sofa. Manche Hunde gehen 3/Woche auf den Hundeplatz. Manche Hunde gehen 50 km/Woche spazieren. Manche Hunde begleiten ihren Mensch überall mit hin. Manche Hunde genießen es, 5-6h/Tag alleine zu sein. Es gibt sogar Hunde, die komplett außerhalb der Wohnung leben. Manche Menschen kommunizieren v.a. körpersprachlich mit ihren Hunden, manche Menschen kommunizieren v.a. verbal mit ihren Hunden. Manche Hunde können 100 Kommandos, manche Hunde können gar keine Kommandos im klassischen Sinne.
9 von 10 Haltern sind doch überhaupt nicht in der Lage, das Tier so im Griff zu haben, dass es andere Menschen/Tiere nicht nervt.
Das halte ich für eine komplett verschobene Sicht. Wäre das so, gäbe es mehrfach täglich ernste Vorfälle mit Hunden. Dem ist aber nicht so. Im Gegenteil. Die meisten Hunde sind plusminus ordentlich erzogen und/oder werden ggf. mittels Leine gesichert.
Und wenn man denkt, es kommt nicht schlimmer, fängt der Halter an, mit dem Hund zu reden "Nein, guck mal, der andere will sowas nicht" oder "Komm wieder her, der andere hat wohl Angst"... usw. die ganze Liste von unsäglichem B***S***.
Am gleichgültigen und belustigten Verhalten des anderen Köters merkt dann schnell, dass der Halter seinen Hund schlichtweg nicht unter Kontrolle hat. Der beste Kommentar von Herrn Rütter war mal "Hunde können kein Deutsch, das wissen leider manche immer noch nicht".
Da hat der Rütter halt komplett unrecht. Hunde verstehen die menschliche Sprache - sicher nicht so, wie wir sie verstehen. Aber es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Hunde auch erkennen, wenn eine Fremdsprache gesprochen wird (da sind übrigens ähnliche Hirnareale aktiv, wie wenn Menschen eine Fremdsprache hören).
Es gibt durchaus gute Gründe, mit seinem Hund zu reden, wenn man andre Hunde (oder sonstige spannenden Passanten) passiert. Mache ich auch gelegentlich. Ja dabei kommt auch mal kompletter Quatsch raus. Warum ich das mache? Um die Aufmerksamkeit meines Hundes, der die Situation aus welchen Gründen auch immer (noch) nicht ohne Anleitung wie gewünscht hinter sich bringen kann, bei mir zu halten.
Natürlich gibt's auch das nutzlose Gelaber, wenn Hund dabei 0,0 Aufmerksamkeit beim Menschen hat - das ist oft Hilflosigkeit auf Seiten des Menschen, dem die Situation unangenehm ist. Das muss man echt nicht überbewerten.
Vielleicht bist du in einer Gegend mit relativ hoher Idiotendichte unterwegs - das kann ich nicht beurteilen -, aber oft hilft es auch einfach, etwas auf Abstand zu gehen und nicht jeden Menschen und sein Verhalten beurteilen zu wollen. Was die andren machen, ist deren Angelegenheit. Selber klar kommunizieren, wenn die Wahrnehmung des andren Menschen sich von den eigenen Wünschen unterscheidet - dabei freundlich bleiben. Ein "Behalt deinen Köter bei dir, du unfähiger Idiot!" führt zu einem andren Ergebnis als "Bitte nicht ranlassen." Auf seinen Standardrunden trifft man ja idR immer wieder auf die gleichen Halter, da kennt man sich doch mit der Zeit. Je nachdem, kann man auch einfach mal umdrehen/die Richtung wechseln, wenn einem ein Idiot entgegen kommt. Oder eben den praktischerweise kleinen Hund einfach unter den Arm klemmen - wobei ich Jin mit ihren 15 kg auch schon an blöden Situationen vorbei getragen hab.