Ich finde grundsätzlich schon, dass ein oder besser mein Hund sich von mir alles, aber auch wirklich alles wegnehmen lassen sollte. Nicht aus "Machtgehabe", sondern einfach aus praktischen Gründen. Bei unseren fünfen z. B. ist ein hochgradiger Allergiker dabei - vier hauen sich Kalbsbrustbein rein, Nr. 5 Pferderippchen. So und nun "erwischt" Nr. 5 das Kalbsbrustbein vom Yorkie (meintewegen, weil ICH gepennt hab, soll ja nur ein Beispiel sein). Also MUSS ich ihm das Ding wegnehmen können, um Schlimmeres zu vermeiden. Wahlweise kann auch das Haus brennen, oder die Polizei wegen einer Bombenentschärfung die Gegend räumen....oder ich hab vergessen, dass der Hund wegen einer Kurznarkose am nächsten Tag nur leichte Kost haben soll.... oder Tante Elfriede steht unerwartet vor der Tür...oder ich stelle fest, der "neue" Hund, der noch Knochenanfänger ist, ist mit dem RFK DOCH überfordert... oder ich muss dringend weg...was auch immer, solche Momente gibt es einfach.
Auch, wenn meine Hundis grundsätzlich alles in aller Seelenruhe aufmampfen dürfen.
ABER - ich erwarte das nicht als kostenlose Serviceleistung von meinen Hunden, sondern das erarbeiten wir uns. Wie alles im Hundeleben angefangen bei Level 1, wo irgendein popeliger Kaukram, der auf der Hitliste des Hundes unter ferner liefen gebucht ist, gegen was super-genial-Tolles getauscht wird.
Dazu gehört auch, dass der Hund lernen darf, dass er in 99 von 100 Fällen seinen Kaukram in aller Ruhe auffuttern darf, auch, wenn ich in 1m Abstand daneben hocke.
Das Ganze wird nur allmählich gesteigert und die Tauschgeschäfte sehen so aus, dass ich sozusagen kurz den Kaukram für den Hund halte, während er ein tolles Leckerchen mampft und dann kriegt er den Kaukram, der die ganze Zeit in direkter Hundenasennähe schwebte, auch schon zurück.
Der Hund lernt also in kleinen Schritten, dass es überhaupt nix Schlimmes ist, mir mal kurz das Kaudingens zu geben, sondern nur ein Zusatzgewinn für ihn.
Und schon hat man die tiefere Hundepsychologie umschifft und ist für den seltenen Fall X, bei dem man dem Hund wirklich mal was endgültig wegnehmen muss, gerüstet. Bei einem "normalen" Hund ohne große Fehlverknüfpungen/Vorgeschichte ist das eine Sache von einigen wenigen Übungsmomenten. Bei Hunden, die da schon ihre eigene Sicht der Dinge haben, muss man sich etwas mehr ins Zeugs legen. Aber die Hunde lernen schnell, dass man sie in der Regel nur "stört", weil man ihnen noch was zusätzlich Gutes tun will - und das haben die so schnell raus...irgendwann ist das Signal "Komm, wir tauschen kurz" so angenehm für den Hund verknüpft, dass er freudestrahlend auch seine allerliebste Lieblingsspeise rausrückt.
Wenn man dann den Fall X, wo man ihm wirklich mal was wegnehmen muss, nicht überstrapaziert, sondern sich den wirklich für den seltenen "Notfall" aufbewahrt und das Tausch-Signal danach erstmal wieder positiv auflädt, hat man einen Hund, der einem so vertraut, dass diese Meister-Brief-Level-Übung kein Problem mehr ist. Für keinen meiner Hunde ist es ein Problem, wenn ich unglücklich abgesplitterte Knochenstücke wegnehme, wenn ich beim Fleischabzutzeln mal helfend den Knochen festhalte oder noch ein Stück Wurst mit Pille drin nachträglich in den Napf lege.
"Tauschen" setze ich bei Dingen ein, die eigentlich dem Hund "gehören", also ihm zugeteilte Kausachen. Oder auch mal der volle Napf, wo ich was vergessen hab..
"Aus" ist für die illegalen Dinge, die der Hund sich drinnen oder draussen einverleiben will.
Denn die "gehören" pauschal erst mal alle mir. Der Aufbau ist anfangs sehr ähnlich und auch ein Hund, der etwas sofort ausgespuckt hat, bekommt ein dickes Lob, aber die "Grundstimmung" dabei ist anders.
Für mich ist ein Hund, der knurrend SEIN Kauzeugs verteidigt überhaupt nix Schlimmes, das ist ein völlig normales Hundeverhalten. Im Gegenteil ist es eher etwas "unnormales", wenn ich von meinem Hund erwarte, dass er mir sowas rausrückt. Dementsprechend hundekonform arbeite ich daran.
LG, Chris