Beiträge von Estandia

    Alice Oseman – Radio Silence / dt. Nothing left for us


    "Frances hat nur ein Ziel: Cambridge. Um es auf die Eliteuni zu schaffen, lernt sie Tag und Nacht. Nichts soll ihr im Weg stehen – weder Freunde noch ihre Leidenschaft fürs Zeichnen. Da begegnet Frances Aled, dem schüchternen Genie hinter ihrem Lieblingspodcast. Mit ihm kann sie Zeit verbringen, ohne ständig unter Strom zu stehen. Doch als Aleds Podcast viral geht, droht die Freundschaft zu zerbrechen. Plötzlich muss sich Frances fragen: Was ist ihr im Leben wichtig? Wer will sie wirklich sein?"


    Feine aktuelle YA-Coming of Age-Fiktion mit LGBTQIA-Repräsentation. Mein erster Oseman-Roman. Ich verstehe den Hype um die Reihe schon, obwohl ich die für mich interessanteren Charaktere (Carys/Carol) hier doch etwas schwachbrüstig fand. Aled's Art war manchmal etwas anstrengend und die Misskommunikation zwischen den Freunden etwas repetitiv. Im großen und ganzen fand ich mich aber gut unterhalten.

    Verwendet ihr Rotlichtlampen? Ich will eine kaufen und den Buben damit bestrahlen. Ich weiß aber nicht so richtig wie das beste Setting ist. Also: lass ich die einfach an und er kann sich drunter legen oder ich versuche eine bestimmte Haltung zu bestimmen damit es da ankommt, wo es vielleicht hingehört? Hmm….

    Uns hatte die Physio ihre dagelassen und gezeigt was wie angestrahlt werden muss. Das war so eine Handlampe, Bökes musste damals nur minutenweise (für die Übungen) bestrahlt werden. Danach hatte ich so eine Standlampe, um ihn generell aufzuwärmen am Morgen. Wurde euch denn was empfohlen? Bökes hat z.B. auch ein aufgewärmtes Kirschkernkissen super geholfen.

    Wie habt ihr das gemacht, bevor euer erster Hund bei euch einzog?

    Erlaubnis vom Vermieter eingeholt und dann etwa 6 Monate das Internet nach Hunden durchforstet. Als ich meinen Kandidaten gefunden hatte gab es eine Vorkontrolle durch die Orga. Da wurde viel besprochen und die beiden haben sich genau angesehen, wie der Hund leben würde. Ich war damals Single und blutiger Ersthundehalter. Die Orga war immer erster Ansprechpartner und haben sich immer über Berichte gefreut.

    Hattet ihr vorher schon Kontakt zu Trainer/innen evtl?

    Ich glaube als der Reisetermin für den Hund (aus Ungarn) feststand habe ich mich entspannt um einen Trainer gekümmert und da auf mein Bauchgefühl gehört. Es war die richtige Entscheidung gewesen und die Trainerin hat uns sinnvoll, ohne Stress und Ärger auf ein gemeinsames Leben vorbereitet und effektiv angeleitet.

    Wie habt ihr aus einer Flut von Informationen zum Thema Erziehung die Richtigen für euch raussuchen können?

    Ich habe die Anfänge der Hundehaltung nie mit einer Informationsflut verbunden. Ich habe/hatte keine Bekannten und Freunde, die meinten, sie müssten mir mit "guten Ratschlägen" ungefragt zur Seite stehen. Niemand hat mir irgendwo reingeredet. Ich war klug genug Sinn und Unsinn zu trennen, vor allem weil ich ungemein entspannt war und nach dem Motto "alles kann nix muss" gelebt habe. Wenn ich etwas wissen wollte habe ich Leute mit Ahnung gefragt oder habe mich entsprechend weitergebildet.

    William Golding – Lord of the Flies / Herr der Fliegen


    Eine Gruppe britischer Jungen findet sich nach einem Flugzeugabsturz auf einer unbewohnten Insel wieder. Sie sind vom Alter und den Charakteren her sehr unterschiedlich und nach und nach nehmen sie Rollen an, weisen sich Attribute zu und versuchen eine Gemeinschaft zu erarbeiten, die nur vom Ozean begrenzt wird, ohne die Macht, Wissen und Aufsicht von Erwachsenen, Eltern oder der Gesellschaft.


    Ein interessanter Klassiker, beschrieben als "dunkle Parabel auf die verborgene Barbarei zivilisierter Gesellschaften", wirft er Fragen über uns und unsere Umwelt auf. Auf einer Insel, auf der es Essen und Wasser gibt, warmes Wetter und keine offensichtlichen Gefahren, ist diese Geschichte ein Sinnbild für den Zerfall von instabilen Strukturen, die ohne Fundament erschaffen wurden. Die Jungen teilen sich in klein und groß, in Vorsitzender, in Jäger, es werden Entscheidungen in Versammlungen getroffen, an die sich Niemand hält und auch die Muschel, die dem Träger Autorität verleiht, verliert alsbald jede Wirkung. Wahrhaftig wird hier aus Spaß bitterer Ernst.



    Stephen King – 11.22.63 / Der Anschlag


    Der 35-jährige Englischlehrer Jake Epping bekommt die Möglichkeit aus seinem Jahr 2011 in das Jahr 1958 zu reisen. Sein Kumpel Al hat ein Zeitreise-Portal entdeckt und durch seine vielen Besuche und längeren Aufenthalte ab dem Jahr 1958 eine Obsession entwickelt, die er nun auf Jake überträgt: den Mord an John F. Kennedy in 1963 zu verhindern. Jake ist fasziniert von der ganzen Sache, kommt das Zeitreisen doch mit einigen Regeln und Möglichkeiten daher, die ihn dazu treiben, zu versuchen was Al ihm aufgetragen hat.


    Ein fantastischer Roman, der das Amerika der 60er feiert, die Musik, die Tänze, das Leben, die Liebe, die Menschen, die Preise, das Bier, das Essen, die Autos. Aber auch ein Land des Rassismus, der Waffengewalt und politischem Fanatismus. Es gibt unzählige liebenswerte und unliebsame Charaktere, Jake's Reise und Leben in einem vergangenen Amerika ist unglaublich interessant und spannend und voller Hingabe für seinen Job als Lehrer und seine Schüler und später für eine junge Bibliothekarin an seiner Schule. Doch wie das Jahr 1963 näher rückt fängt sich Jake's Geschichte an zu wandeln und er beginnt den vermeintlichen alleinigen Schützen, Lee Harvey Oswald, der Kennedy erschossen haben soll zu oberservieren um das Attentat zu verhindern.


    Ich mochte das Buch sehr – vor allem die kleinen Meta-Bemerkungen und den großartig geschriebenen Charakter Jake Epping/George Amberson. Kein typischer King-Horror, aber typisch gute Charaktere und eine unterhaltsame Geschichte. Die Science Fiction beschränkt sich auf das Element des Portals an sich und am Ende die spärliche Erklärung, was es eigentlich ist und wie es funktioniert. Es gibt Body Horror hier und da und natürlich den Horror schwieriger Entscheidungen, denn die Vergangenheit verändert die Zukunft. Das Buch hat durchaus seine Längen, ich persönlich fand den Teil über Oswald selbst schwierig, die gewalttätige Ehe mit Marina und später seine Kontakte zu George de Mohrenschildt. Hier wird einem bewusst, wie Personen sich radikalisieren, wie Fanatismus entsteht und sich entwickelt, wie sehr das politische Amerika der 60er Jahre "Gefangener seiner Zeit" war. Das Ende war supertraurig aber dennoch charmant gelöst. Ich habe die englische Version mit 734 Seiten gelesen, es gibt sogar noch ein längeres Nachwort von King, in dem er herausstellt wie viel Recherche in dieses Buch geflossen ist und das er es schon 1972 hatte schreiben wollen. Das englische Hörbuch ist großartig, Sprecher Craig Wasson hat die Sprache und Akzente superb hinbekommen, gerade den russisch-amerikanischen de Mohrenschildt mit deutschem Akzent und den Charakter des gebeutelten Harry Dunning.

    Bernadine Evaristo – Mädchen, Frau etc.


    Die Widmung am Anfang dieses Buches beschreibt den Inhalt perfekt:

    "Für die Schwestern, Sisters & Sistas & Sistahs & Sistren & und die Frauen, Women & Womxn & Wimmin & Womyn & unsere Brüder, Brethren & Bredrin & Brothers & Bruvs & unsere Männer, Men & Mandem & die LGBTQI*-Mitglieder unserer Menschenfamilie."


    Eine großartige Geschichte, die sich über viele Jahre und Generationen verschiedenster schwarzer Familien in Großbritannien spannt und deren Wunsch, einen Platz in der Welt zu finden... Strukturell ist das Buch in 5 Kapitel aufgeteilt, beginnt mit dem Aufbau eines Theaterstücks und endet mit dessen Premiere. Jedes Kapitel behandelt 3 Frauen und deren Leben, am Ende kommen einige der Charaktere zur Theaterstückpremiere zusammen und man sieht hier, wer sich wie und von wo kennt und wie die Beziehungen über die Jahre verlaufen sind. Das Buch hat satte 555 Seiten und ist voll von allem was uns ausmacht. Ich persönlich fand den Teil über Megan/Morgan besonders interessant, da man hier die Reise einer später non-binären, gender-freien Person kennenlernt. Ebenso kann ich die fantastische Übersetzung dieses Buches nur loben.



    Ocean Vuong – On Earth We're Briefly Gorgeous


    Beschrieben als "Brief an seine Mutter, die nicht lesen kann" erzählt hier der Sohn, Little Dog, seinen Weg, seine Erfahrungen, seine Realität mit asiatisch-amerikanischer Abstammung in einem Amerika, das nicht das Land seiner Vorfahren und auch nicht ganz seines ist. Die Mutter ist gezeichnet von den Traumata ihres Landes, dem Krieg, der Gewalt, Dingen die sie aufgeben musste und den täglichen persönlichen Kämpfen gegen sich und ihren Sohn in einem neuen Land, das keine Rücksicht auf sie nimmt.


    Die Geschichte selbst besteht aus verschiedenen, zeitlich verstreuten Momenten, es ist kein linearer Brief in dem Sinne, eher eine ungeordnete Sammlung von Erinnerungen und Nacherzählungen. Das Buch kann sich nicht recht entscheiden, ob es Fiktion oder Autobiografie sein will, zudem gibt es richtig starke, sehr poetische Sätze, die mich sehr berührt haben. Kein einfaches Buch, aber ich finde ein wichtiges Buch, die Beobachtungen über den alltäglichen Rassismus, Machtverhältnisse, das Erbe der Eltern und die Auswirkungen auf die folgenden Generationen, die Suche nach der eigenen Identität in einem Land, das dir unnachgiebig vorgibt, wie du zu sein hast und wie andere dich sehen, ohne dich zu kennen, werden noch lange in mir nachhallen.