Beiträge von Estandia

    Samanta Schweblin – Seven Empty Houses / Sieben leere Häuser


    "Die sieben Häuser in diesen sieben Geschichten sind seltsam. Es fehlt eine Person, eine Wahrheit oder eine Erinnerung; einige Räume sind verlockend, andere nicht greifbar, wieder andere leer. Doch in Samanta Schweblins spannungsgeladenen, visionären Erzählungen schleicht sich immer wieder etwas hinein: ein Geist, ein Kampf, Eindringlinge, eine Liste mit Dingen, die man tun muss, bevor man stirbt, die erste Begegnung eines Kindes mit der Dunkelheit oder die Fehlbarkeit der Eltern. In jeder Geschichte gibt es Wendungen, die verunsichern und überraschen: Schweblin geht nie den erwarteten Weg, sondern gräbt unter die Haut und enthüllt surreale Wahrheiten über unser Gefühl von Heimat, von Zugehörigkeit und über die Zerbrechlichkeit unserer Beziehungen zu anderen."


    Diese Thalia-Beschreibung der englischen Version passt ziemlich gut. Ich fand Fever Dream zwar eher mittelmäßig, hatte aber Potenzial, diese sieben Kurzgeschichten schlagen im Ton in die gleiche Kerbe, ich fand sie durchweg gut und abwechslungsreich. Ich mag dieses unangenehme, wenn man eigentlich nicht weiterlesen möchte. Die längste Geschichte handelt über eine alte Dame, die (u.a.) von ihrer Nachbarin terrorisiert wird, aber eigentlich ist alles ganz anders und zudem echt traurig. Hauptthemen sind räumliche Angst, psychologische Verzerrung, Minimalismus und Horror.

    Wir sind wieder da von unserem Kurztrip nach Wien und es war toll! Schöne Stadt, nette Menschen, leckeres Essen, viel zu sehen, die Öffies super praktisch um schnell von A nach B zu kommen :bindafür:


    Jetzt überlegen wir Ende Mai ein paar Tage nach Oslo oder Stockholm zu reisen.

    Mein Vater, James Witherspoon, ist ein Bigamist. Er war schon zehn Jahre verheiratet, als er meiner Mutter zum ersten Mal begegnete. 1968 arbeitete sie am Einpacktresen von Davison's in der Innenstadt, wo mein Vater sie bat, ein Tranchiermesser als Geschenk zu verpacken, das er seiner Frau zum Hochzeitstag gekauft hatte. Mutter sagte, ihr sei klar gewesen, dass zwischen einem Mann und einer Frau etwas im Argen liegt, wenn eine Klinge verschenkt wird.


    Tayari Jones – Das zweitbeste Leben

    Claire Fuller – Bitter Orange / Bittere Orangen


    "Im Sommer 1969 geschehen zwei Dinge im Leben von Frances Jellico, die sie zum ersten Mal Freiheit und Selbstbestimmung empfinden lassen: Ihre dominante Mutter stirbt, und sie erhält den Auftrag, für das Lynton Herrenhaus ein architektonisches Gutachten zu schreiben. Frances löst ihre Londoner Wohnung auf und richtet sich für einige Wochen in Lynton ein. Die einzigen Bewohner des einsamen Hauses sind Cara und Peter, das Hausmeisterpaar, zu dem sie rasch eine enge, komplizierte Beziehung entwickelt. Denn Cara macht sie zu ihrer Vertrauten, während Frances sich zunehmend zu dem undurchschaubaren Peter hingezogen fühlt. Das Ende dieses Sommers besiegelt ein Ereignis, das für Frances den Rest ihres Lebens auf tragische Weise beeinflussen wird."


    Ein gediegener slow-burn Thriller, mit einer dunkeln psychologischen, schwer im Hintergrund mitschwingenden, Note. Es scheint Fuller's Art zu sein, mehr aufzubauen als einzulösen. Man vermutet immer "etwas mehr", die Ereignisse sind immer "etwas grusliger", man interpretiert in mehrere Richtungen, doch am Ende bleibt die Erzählung eine kleine Geschichte ohne große unglaubwürdige Abschweifungen, ich mochte es sehr.


    Frances erzählt ihre Geschichte des Sommers einem ehemaligen Pfarrer, der sie am Sterbebett besucht und ihr ein Geständnis über das entlocken möchte, was wirklich geschehen ist. Frances ist allein durch ihren desolaten Zustand unzuverlässige Erzählerin, doch langsam merkt man, dass sie sich absichtlich widerspricht, ausweicht und schweigt. Frances ist, wie Cara, ein faszinierender Charakter, gerade die Beziehung zu ihrer Mutter, die sie lange gepflegt hat, war unglaublich interessant, da hätte ich gern noch mehr von gelesen. Überhaupt fand ich die toxischen Dynamiken sehr spannend.


    Erforschte Themen sind Einsamkeit und Isolation, unzuverlässige Erinnerungen und Wahrheit, Besessenheit und Begehren, Schuld und Verantwortung, Täuschung und Manipulation, Verfall und der Lauf der Zeit.

    Sarah Crossan – Where the heart should be


    "Die 16jährige Nell arbeitet als Küchenmädchen im „Großen Haus“ des Gutbesitzers Wicken. Einst liebte sie die Schule, Bücher und Träume. Aber es gibt nicht viel Auswahl an Arbeit, wenn das Land Lebensmittel anbaut, die in der Erde verrotten. Jetzt schrubbt, schält, wäscht und fegt sie für Lord Wicken, den Mann, dem ihr Haus, das Land ihrer Familie, die Ernten, einfach alles gehört. Seine Hunde werden immer gut gefüttert, selbst als die Hungersnot ausbricht. Oben im großen Haus, den Bereich Nell nicht betreten darf, wohnt Johnny Browning, der gerade aus England angekommen ist: der junge Neffe, der eines Tages alles erben wird. Und während um sie herum Hunger und Krankheit grassieren, entzündet sich ein Funke des Lebens und der Hoffnung, als Nell und Johnny zueinander finden. Dies ist eine Liebesgeschichte und die Geschichte eines Volkes, das auseinandergerissen wird."


    Sarah Crossan erzählt hier, in typischer Vers-Form, die Geschichte eines Mädchens, das zu früh erwachsen werden musste und mit einem schwindend geringen Lohn zum Ernährer einer 4köpfigen Familie wird. Zur Zeit der irischen Hungersnot arbeitet Nell für einen britischen Gutsbesitzer, dass sie und Johnny sich verbotenerweise näher kommen ist dabei nur eines von vielen Problemen, die nach und nach zu Tage treten.


    Unglaublich starke Erzählstimme, oft gefasst, gegen Ende sehr emotional, fernab typischer YA/Jugendliteratur, obwohl Nell und Johnny erst 16/17 sind. Hauptthemen sind natürlich die Große Hungernot 1845–49, Liebe und Verlust, Familienbande, soziale Ungerechtigkeit und das Aufeinandertreffen verschiedener Klassen und Kulturen sowie die Auswirkungen des Kolonialismus und der systemischen Ungleichheit auf Einzelne und Gemeinschaften.