Bridget Collins – The Betrayals / Das große Spiel
Die Geschichte beginnt in Montverre, einer isolierten und elitären akademischen Einrichtung, die sich dem Studium und der Beherrschung des Grand Jeu (des Großen Spiels) widmet. Die erste Perspektive ist Léo Martins - ein in Ungnade gefallener Politiker, der nach Montverre verbannt wurde, nachdem er bei der Regierungspartei gegangen worden war. Er war einst ein begabter Student an der Institution und wird von seiner Vergangenheit heimgesucht, insbesondere von einem Verrat, der sein Leben und seine Karriere geprägt hat. Die zweite Perspektive gehört Claire Dryden - die erste Frau als Magister Ludi (Leiterin des Grand Jeu) in Montverre, eine Position, die traditionell von Männern besetzt ist. Claire kämpft angesichts des institutionellen Sexismus um ihre Autorität und hütet gleichzeitig ein Geheimnis, das mit ihrer Identität verbunden ist.
Während sich die Lebenswege von Léo und Claire kreuzen, taucht der Roman in ihre Vergangenheit ein und enthüllt komplexe persönliche Geschichten und mannigfaltige Verrate - persönlich als auch politisch. Und dann gibt es noch eine dritte, jüngere Stimme, sie nennt sich die Ratte, und man erfährt im ersten Kapitel, dass sie versteckt in den Schatten und dunklen Ecken der Einrichtung darbt und niemand von ihr weiß.
Die Geschichte ist in einer reichhaltig strukturierten alternativen Realität angesiedelt. Das totalitäre Regime spiegelt Aspekte des faschistischen Europas wider, mit Zensur, Überwachung und Säuberungen, die sich gegen Andersdenkende richten. Montverre selbst, das in einer abgelegenen und atmosphärischen Landschaft liegt, wirkt fast zeitlos und erinnert sowohl an das klösterliche Leben als auch an die Pracht elitärer akademischer Einrichtungen. Ich musste Tatsache lange an Harry Potter und Young Royals denken. Trotz ihrer Pracht ist die Institution von Elitedenken, geschlechtsspezifischen Vorurteilen und politischen Spannungen geprägt.
Das Grand Jeu, eine zentrale kulturelle und intellektuelle Tradition, verleiht der Welt einen Hauch von Mystik und Ehrfurcht. Während die genauen Regeln und der Zweck des Grand Jeu rätselhaft sind und nie vollständig erklärt werden, ist seine kulturelle Bedeutung sehr tiefgreifend.
Die erforschten Themen dieser komplexen ohne Hast aber mit Nachdruck erzählten Geschichte sind:
- Verrat und Loyalität, Vertrauen und Untreue
- Kunst und Transzendenz
- Identität und Geheimnisse
- Macht und Unterdrückung, Autoritarismus, institutionalisierte Diskriminierung
- Geschlecht und Tradition, Sexismus, männerdominierte Bereiche
Für mich reicht The Betrayals nicht an Collins' "The Binding" heran, der Ton ist aber sehr ähnlich und es war ein würdiger Abschluss meines Lesejahres 