Beiträge von Brazzi

    Ich hatte das Problem mit meinen Aussie auch. Aussies sind oft sehr Lärmempfindlich und kommen mit Körperlicher Begrenzung nicht gut zurecht.
    8 Jahre seines Lebens hatte meiner fürchterliche Panik beim Auto fahren. Wann immer wir am Auto vorbei gingen, er zog wie ein Ochse.
    Inzwischen fährt er zumindest kurze Strecken entspannt mit. Die länge der Zeit und die Geschwindigkeit bauen wir gerade aus.


    Das Ganze hat nun über ein halbes Jahr lang absolut konsequentes und kleinschrittiges Gegenkonditionieren erfordert:
    Wichtig ist erstmal zu klären, ob es wirklich "nur" Angst ist, oder ob dem Hund z.B. auch übel wird (speicheln, schlucken, übergeben nach der Fahrt als Anzeichen). Hecheln, Zittern und Zusammenkauern allein sprechen eher für Angst ohne Beteiligung von Übelkeit.


    Dann muss man die Entfernung zum Auto ermitteln, die für den Hund unangenehm aber noch gut auszuhalten ist. Dort wird ab sofort JEDE Mahlzeit gegeben. Um den Trainigserfolg etwas zu beschleunigen, bietet es sich an, von einer auf zwei oder drei Mahlzeiten umzustellen.
    Zeigt sich der Hund nach einiger Zeit in dieser Entfernung zum Auto völlig entspannt, rückt man etwas näher, wieder so weit, dass der Hund deutliches Unwohlsein zeigt, aber noch in der Lage ist Futter zu nehmen. Ist der nach einigen Tagen dann dort entspannt, rückt man wieder näher und immer so weiter, bis man am Auto angekommen ist und direkt daneben füttert. Allein dieser Trainingsschritt, kann mehrere Wochen in Anspruch nehmen!
    Muss man täglich am Auto vorbei, gibt es jedes mal, wenn man am Auto vorbei geht ein Super-Leckerlie oder ein kleines Spiel.


    Zeigt der Hund in der Nähe des Autos keinen Stress mehr, füttert man bei geöffneten Autotüren VOR dem Auto. Der nächste Schritt dann bei geöffneten Türen im Auto, dann bei geschlossenen Türen im Auto, schließlich bei laufendem Motor stehend, dann langsam fahrend, schließlich schneller fahrend.


    Ganz wichtig:
    Bis das Trainings zu ende ist, darf der Hund nie gezwungen werden Auto zu fahren! Das wirft einen wenn man Pech hat auf Null zurück. Und GEDULD haben. Nicht irgendwann resignieren und aufgeben. Manifestierte Ängste brauchen, um in positive Gefühle umgewandelt zu werden.
    Wenn der Hund an irgendeinem Punkt wieder deutliche Stressanzeichen zeigt, sofort einen Schritt zurück gehen im Trainingsplan und/oder noch Kleinschrittiger vor gehen.
    Der Sprung von "Motor aus" zu "Motor an" war bei uns besonder schwierig. Denn zwischen "an" und "aus" gibt es ja keine Zwischenschritte. Ich habe das so gelöst, dass ich kurz gezündet hab und Zeitgleich das Futter (in diesem Fall etwas ganz verlockendes, nämlich Dosenfutter) hingestellt. Der Hund hat nach kurzem Zögern angefangen zu fressen. Nach zwei Bissen habe ich den Motor aus gemacht und das Futter wieder entfernt. Kurze Pause, Motor wieder an, Futter zeitgleich wieder hin usw. usw..


    Inzwischen können wir dank dieser Trainingsmethode Strecken von bis zu 10 km problemlos fahren. Am Anfang habe ich quasi im 10 Sekunden Futterbrocken nach hinten geworfen, inzwischen werfe ich nur noch ca. einmal pro Minute. Seine Mahlzeiten bekommt er aber auch jetzt noch im stehenden Auto bei laufendem Motor.
    Ein Riesenproblem habe ich noch bei Regen, den hat er anscheinend nochmal als extra fürchterlich verknüpft. Autofahrten im Regen meide ich also noch komplett.


    Das ganze setzt natürlich ziemlich viel Planung und Geduld voraus. Jedoch hatte mein Hund auch 8 Jahre Zeit seine Ängste zu verfestigen. Bei einem jüngeren Hund dürfte das deutlich weniger lange dauern.


    Ich wünsche euch jedenfalls, dass ihr das Problem möglichst schnell in den Griff bekommt! :gut:

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    Mein Hund ist alles andere als ein unbeschriebenes Blatt - da haben schon Viele drauf rumgekritzelt............. :shocked:
    Nun, ich lebe auch nicht in einem Labor - aber wenn da mal wieder eine Situation auftaucht mit der ich nicht gerechnet habe dann nehme ich meinen Wüterich da raus und es bleibt für ihn ohne Konsequenz - denn er weiß es ja nicht besser!!!


    Hmm, also ich weiß nicht.... So als Beispiel: Mein Rüde meint, er führe ein transportables Revier von 5 Metern Radius mit sich herum. Und ob wohl er an 10 Hunden zuvor tadellos vorbei gegangen ist, fixiert er den 11ten (der übrigens genauso wenig provoziert, wie die vorhergegangenen)... warum muss ich ihn dann aus der Situation nehmen? Wieso dürfen Hunde nicht lernen auch unangenehme Konfliktsituationen adäquat zu meistern? Und was mach ich, wenn es die Umgebung einfach nicht ermöglicht auszuweichen ohne einen Riesenumweg zu machen?
    Ich sage in so einer Situation "ähäh, lass es" wenn er ansetzt zu fixieren, und fordere das mit dem Abbruch verknüpfte Alternativverhalten, was wir selbstverständlich vorher eingeübt haben (und was bei den 10 anderen Hunden vorher eben von allein funktionierte), nämlich mich anschauen und, wenn man am Hund vorbei ist, einen Keks kassieren. Folgt er mein Angebot nicht, sondern entscheidet, dass es momentan befriedigender ist, den anderen Hund weiter an zu drohen (ja, mein Hund findet prollen großartig, das hat nichts, aber auch gar nichts! mit Unsicherheit zu tun), gibt's nen Zwicker in die Seite. Setzt er zum losschießen an, gibt es einen Griff ins Fell und einen Anraunzer, ersteres einfach um ihn daran zu hindern dieses für ihn extrem selbstbelohnende Verhalten auszuführen und letzteres um deutlich klar zu machen, dass das ein Verhalten ist, mit dem ich nicht einverstanden bin. Zeigt er darauf hin das gewünschte Alternativverhalten doch noch, wird ruhig gelobt (allerdings dann ohne Keks).
    Diese Regel sind klar und gelten immer.


    Und ansonsten: Wie nimmst du bitte einen Hund aus der Situation, der gerade bei dir selber versucht Grenzen auszutesten? Der dich z.B. anmosert, wenn er mit dir auf dem Bett liegt, und du ihn während du dich bewegst berührst? So ein Hund fliegt bei mir im hohen Bogen runter.
    Oder wie nimmst du einen Hund aus der Situation, der dir "vor Freude" beim Begrüßen in die Arme beißt oder dir bis an die Nase springt? Und dessen Verhalten sich verstärkt, je länger du ihn ignorierst? Betrittst du deine Wohnung nicht mehr?
    Bei diesen Beispielen geht es auch nicht mehr um irgendwelche Emotionen des Hundes, die verändert werden müssen. Dabei geht es schlicht und einfach Höflichkeit, Selbstbeherrschung und Respekt (nicht im Sinne von Angst, sondern von Wahrnehmung und Rücksichtnahme) mir (als Lebewesen und Sozialpartner) gegenüber.
    Nein, also irgendwann hört bei mir das Verständnis und die Rücksichtnahme auf. Warum soll ich mich dauernd anpassen und Rücksicht nehmen, wenn es der Hund nicht tut? Warum darf ein Hund deutlich mitteilen, wenn ihm was nicht passt, aber ich nicht? Will mir nicht in den Kopf...
    Kein soziales System funktioniert, ohne dass sich alle Sozialpartner anpassen. Ich lasse mir von meinen Hunden weder vorschreiben, wo ich zu liegen habe, noch wann ich mich zu bewegen habe, noch wann ich mein Haus betrete.
    Wie gesagt, wo generealsierte Aggressionen und Ängste im Spiel sind, ist es natürlich absolut wichtig die zugrundeliegenden Emotionen zu ändern. Aber eben so wichtig ist, das (zum Teil selbstbelohnende) zuvor erlernte und eventuell manifestierte Verhalten nicht mehr auszulösen um eine erneute positiv Erfahrung damit zu verhindern. Das impliziert natürlich, dass, wann immer es möglich ist, vorausschauend gehandelt wird, und der Abbruch erfolgt, wenn der Hund auch noch fähig ist umzudenken. Aber das gelingt halt nicht immer - ich bin nämlich, ebenso wie Hunde, keine Maschine.

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    Auch da geht es!
    Hatte einen knapp einjährigen Schäfer aus dem TH, der alles anging, was 4 Beine hatte.
    Da wurde eben in einm Abstand geübt, bei dem er noch ansprechbar war!
    Hund gesehen, auf mich konzentriert und gespielt, nachdem ich ihm inert eines halben Jahres das Spielen beigebracht hatte. Woher, Hund gesehen - kehrt Marsch, weil alles Andere hatte keinen Zweck!


    Das z.B. ist eine Stelle, an der auch ich absolut positiv arbeiten würde. Deswegen betonte ich ja, dass es ich nicht von Aggression redete. Wenn es aber um distanzloses und unhöfliches Verhalten mir oder anderen gegenüber geht, maßregele ich. Selbstverständlich nicht, ohne Alternativverhalten zu belohnen....

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    In dem man ein absolutes Abbruchsignal etabliert und solange dieses nicht wirklich sitzt, Fehlverhalten vermeidet, indem man dem Hund gar nicht die Möglichkeit dazu gibt!


    Das allerdings kann im Alltag absolut schwierig sein. Ich zumindest lebe eben nicht unter Laborbedingungen, sondern in einer Welt voller Unabwägbarkeiten. So sehr ich mir auch einen Kopp im Vorfeld mache, es passieren immer wieder Dinge, die ich so einfach nicht auf dem Schirm hatte, und die mir, bevor sie das erste mal auftraten auch nie als Möglichkeit in den Sinn gekommen wären, weil mir schlicht die Erfahrungswerte fehlten.


    Außerdem kommt nicht jeder Hund als unbeschriebenes Blatt zu einem. Und bei manch einem haben sich gewisse unschöne Verhaltensweisen schon so etabliert, dass man schlicht nicht drum rum kommt, als ab und an mal körperlich durchzugreifen - und sei es nur als Management. Bei Welpen, da gebe ich den "positiv-Erzieher" recht, ist besonders positive Strafe fast immer völlig Fehl am Platz. Bei manchen Junghunden, die sich gerade ausprobieren sieht das in meinen Augen aber schon wieder ganz anders aus.


    Grenzen und Regel braucht jeder Hund. Ja, in der Erziehung, die rein auf der Beziehungsebene abläuft, wo es also um meine persönlichen Grenzen, um das Einhalten von mir aufgestellter Regeln geht, werde ich im Zweifel auch deutlicher. Ob das ein Blick, die Körperhaltung oder ein lauteres Wort ist, hängt vom Hund und der Situation ab. Und ein Hund, der im jugendlichen Leichtsinn versucht körperlich Grenzen auszutesten (und ich mein jetzt nicht durch Aggression, das ist ne andere Kiste), der bekommt eben auch ne körperliche Antwort. Das bedeutet natürlich nicht, das er Schläge oder Tritte kassiert, aber mit einem körperlichen - im Zweifel auch groben - Block und einer lauten Unmutsbekundung meinerseits muss er rechnen, wenn er beispielsweise ungebremst in mich reinzudonnern versucht.

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    Ich habe gelesen, dass wenn zwei Welpen immer und immer wieder zu heftig sich in einander verkeilen und sich quasi in einen Rausch spielen/beißen, sie später ggü. anderen Hunden bissig und aggressiv werden.


    Haben die beiden den auch kontrollierten (!!!) Kontakt zu anderen Welpen gehabt bzw. haben sie ihn jetzt regelmäßig zu Junghunden?
    Terrier untereinander spielen nun mal sehr rau mit einander, da fände ich jetzt nichts bedenkliches dran. Aber es ist halt wichtig, dass sie lernen, dass nicht jeder Hund diese Art von Spielen toll findet, dass man sich zurück nehmen kann und vor allem, dass du jeder Zeit entscheiden kannst, wann Schluss ist.
    Wenn die beiden jetzt tatsächlich immer nur mit einander spielen, lernen sie eben nie, dass man auch anders spielen kann. Wenn sie sich von dir nicht unterbrechen lassen, kann es sein, dass sie anderen Hunden irgendwann gehörig auf die Naht gehen bzw. dass andere Hunde von ihnen regelrecht niedergespielt werden, und ja, dann kann es passieren, dass sie mit anderen Hunden aus einem Spiel heraus auch heftiger aneinander geraten.
    Von daher würde ich vor allem daran arbeiten, dass sie sich auch aus dem heftigsten Spiel heraus noch abrufen lassen.

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    Aus der Beschreibung heraus das Beissen als Spielaufforderung zu deuten, finde ich, nun ja...gewagt.
    Es kann das sein, aber auch von Unsicherheit/Angst über territoriales Verhalten (immerhin kann jedesmal jemand in sein "Reich" - Hof/Zimmer) über Ressourcenverteilung bis zum eingeschränkten Sehvermögen etc. etc. eigentlich alles. Und dann noch die Vorgeschichte des Hundes...


    Da hilft wohl nur ein guter Trainer vor Ort


    Danke. Exakt diese Einwände wollte ich auch gerade äußern.
    Gerade bei Aggressionen (erstmal egal ob als distanzloses Spielverhalten ausgeführt oder im "Ernst"), bei einer so unklaren Vorgeschichte und bei so wenig beschriebenen Details (@TS: ist kein Vorwurf an dich, Verhalten aussagekräftig zu beschreiben ist extrem schwierig) finde ich es immer etwas kritisch Ferndiagnosen zu stellen. Vermutungen zu äußern ist das eine, aber diese quasi als sichere Tatsachen darzustellen das andere....
    Auch ich würde dir raten einen guten, erfahrenen Trainer vor Ort zu suchen, der die Sache einschätzt. Wenn es tatsächlich nur grobes Spiel ist, um so besser. Wenn nicht, wird man dir auch vor Ort besser erklären können, was zu tun ist.

    Hast du mal vrsucht gar nicht über Leckerlie zu belohnen, sondern über ein Spiel mit dir? Oder eine freundliche Berührung? Belohnung ist immer eine individuelle Sache... was für den einen Hund belohnend ist, muss es nicht unbedingt für den anderen auch sein. Wenn meine Hündin z.B. apportieren darf, spuckt sie mir Leckerlie vor die Füße. Die will lieber weiter arbeiten, als son blödes Futterbröckchen zu kauen. Die Arbeit und das daraus resultierende Lob ist ihr so viel mehr wert.
    Wir Menschen halten manchmal viel zu starr am Futtermodell fest. Wenn's funktioniert - gut. Wenn nicht, nach Alternativen suchen ;)

    Ich habe Perdita im März im Zuge meiner Ausbildung kennen gelernt, und war echt ziemlich begeistert. Zusätzlich zu dem Stoff (ging um Hundeverhaltensbeobachtung) der im Lehrplan vorgesehen war, hatte ich noch ein Seminar im Anschluss, dass sich mit der Einschätzung von Mensch-Hund-Teams, Erstgesprächen und Trainingsansätzen beschäftigt hat. Fand ich für mich sehr, sehr wertvoll, und ich hab viel da raus gezogen.
    Ich mag Perditas offene und bodenständige Einstellung zu Hund und Mensch und den sehr kundenorientierten Arbeitsansatz. Wenn das genrell so gehandhabt wird in der Akademie könnte ich das nur befürworten. Wie das in der Ausbildung aber aussieht, kann ich dir allerdings nicht sagen....