Hui schöner Thread^^ Hoffe der entwickelt sich mit vielen guten Tipps und ebbt nicht so schnell ab.
Dann will ich auch mal. Obwohl Chad wirklich ein ganz besonderer Fall ist und bei ihm sein Jagdverhalten hauptsächlich selbstgemacht und anerzogen ist, weil wir viele, viele Fehler in den ersten Jahren gemacht haben (keine Bindung, "einfach mal machen lassen"-wurde einem geraten, wir wusstens nicht besser, unterwegs als Junghund in unerzogener Hundegruppe mit vielen Jagdhunden etc...)
Ich kann ihn auch bis heute ganz schlecht einschätzen: Jagt er wirklich aus Trieb? Oder ist es tatsächlich bloß eine ausgeuferte "Macke"? Wie stark ist sein eigentlicher Jagdtrieb? Was ist seine wirkliche Motivation? Das alles nicht eindeutig bestimmen zu können, wie z.B. bei einem Vollblutjäger,
macht es nicht immer einfacher, weil er oftmals völlig unerwartet auf einen Reiz reagiert der ihn vorher kalt gelassen hat. Oder andersrum auf einmal selbst bei der stärksten Ablenkung durch Wild kein Interesse zeigt.
So weiß man nie woran man ist.
Wir trainieren seit ca. 1 1/2 Jahren tagtäglich, es ist zur Routine geworden. Begleitet von großen Rückschritten und vielen Fortschritten.
Im Moment genießt er auch überall Freilauf, auch im Wald, auch auf Kaninchenwiesen, aber bei ihm bleibt diese Unberechenbarkeit. So lässt er sich z.B. von allem aufspringenden, flüchtenden Wild abrufen bzw. rennt gar nicht erst los (Rehe, Kaninchen) nur um wann anders auf einmal plötzlich und bis dahin unerwartet irgendeinem Schatten in der Ferne hinerher zu düsen. Und ich hab bis jetzt das Muster noch nicht recht durchblicken können.
Erstmal zu den Fragen:
Wie sieht es bei euch aus?
Hab ich ja oben schon beschrieben. Ich kann ihn stoppen bevor er läuft, ich kann ihn abrufen wenn er bereits hetzt, er läuft frei und ist Sichtjäger, er interessiert sich für einige Tiere mittlerweile (nach langem Training) kaum noch (z.B. Kaninchen,Enten, Katzen) und trotzdem nutzt er Momente sofort aus in denen ich unaufmerksam bin.
Er reagiert zuverlässig auf Abrufkommandos nur um am Tag X auf einmal doch weiterzulaufen, bei demselben Reiz, bei dem er Wochenlang zuvor zuverlässig umgekehrt ist.
Das macht es schwierig.
Wer hat Jäger?
Golden Retriever (wahrscheinlich Arbeitsliniemischung), 4 1/2 Jahre. Durfte leider die ersten drei Jahre seines Lebens machen was er wollte...
Wie setzt ihr euch mit dem Thema auseinander?
viele Bücher, viele lange Recherchenim Internet, Hundeschule (mittlerweile nicht mehr)
Welche Erfahrungen musstet/ durftet ihr machen?
Das es niemals nicht eine 100% Sicherheit geben wird, egal wie zuverlässig ein Kommando zu sitzen scheint, besonders nicht, wenn sich das Jagdverhalten über einen so langen Zeitraum festigen konnte wie bei uns.
Wo entstehen Probleme?
Totale Unberechenbarkeit, da Jagdverhalten und Motivation schwer einzuschätzen. Mal ausgeprägt, dann wieder kaum vorhanden. Er lässt 9 Kaninchen links liegen nur um beim 10. auf einmal hinterher zugehen und auch auf den sonst sicheren Rückruf nicht mehr zu reagieren.
Wie und was trainiert ihr?
Impulskontrolle, Gehorsam, Bindung. Konkret durch Dummytraining (vor allem mit dem Futterbeutel), konsequente Handfütterung, Schlepp das erste halbe Jahr nach Einleiten der erzieherischen Veränderungen, Suchspielchen, Tricks lernen, UO an allen möglichen Orten (z.B. Stadt), viel Clicker, Agi auf dem Hundeplatz. Wir trainieren jeden Tag auf jedem Spaziergang.
Wo sind eurer Meinung nach die Grenzen des AJT?
Man wird nie eine 100% Sicherheit bekommen bei einem Jäger. Das zu behaupten finde ich sehr gewagt. Zudem kann man den Trieb zwarvkontrollieren, soweit das es sogar oberflächlich aussieht als wäre keiner mehr vorhanden, aber trotzdem wird es immer im Hund schlummern. Das macht eben die 100% Sicherheit unmöglich in meinen Augen.
Wart ihr euch von Anfang an bewusst, was ihr euch mit eurem Hund "eingebrockt" habt?
Oh nein- wir gehörten zu der typischen "Wieeeee? Retriever haben Jagdtrieb??"-Fraktion und haben ALLES falsch gemacht was man falsch machen kann und das über einen sehr sehr langen Zeitraum (bald drei Jahre). Es ist fast ein Wunder, das er trotzdem nach so kurzer Zeit wieder zuverlässig freilaufen kann und sich auch im Hetzen stoppen lässt (obwohl der Zeitpunkt um ihn sicher abzurufen eigentlich früher liegt- deshalb Augen auf)
Wann stellten sich Veränderungen ein?
Erstaunlicherweise relativ schnell. 3 jahre Zeit das Verhalten einzuprägen, nach 1 1/2 viel Training und Geduld an allen Orten Freilauf möglich. Gefahr besteht eigentlich nur noch durch Wildtiere die wirklich DIREKT vor ihm aus dem Gebüsch flüchten (bzw. wenn Frauchen verpennt) und selbst da ist er abrufbar, bis auf oben beschriebene unberechenbare Ausnahmen (wenn er allerdings einen dieser Momente hat, ist er nicht lange weg, vllt 1 Minute. Meistens stoppt er schon noch in Sichtweite und ist abrufbar. Und diese Rückschläge treten sehr selten auf. Manchmal denk ich-jetzt ist es ganz geschafft und werd wahrscheinlich wieder unaufmerksam Zack-gibts nen Dämpfer...)
Wie sahen diese aus?
Vermehrte Aufmerksamkeit auf mich auf dem Spaziergang. Überhaupt kein eigenständiges Stöbern mehr.
Im Grunde ist es erstaunlich wie viel wir in kurzer Zeit geschafft haben. Er ist früher wirklich eigenständig, oft mit mehreren Hunden zusammen durchs Unterholz gepirscht.
Das macht er heute gar nicht mehr. Er ist ein aufmerksamer gehorsamer Hund geworden. Da es so schnell solch große Fortschritte gab, denke ich mal das er sich damals viel bei den anderen Hunden abgeschaut hat, sowie eben die Erziehungsfehler und die Gewohnheit, die zu diesem Jagdverhalten geführt haben. Sein eigentlicher Trieb Beute zu jagen und zu packen ist da eher gering. Hätten wir früher drauf geachtet, hätten wir wahrscheinlich keinerlei Probleme damit.
Und trotzdem macht genau das es so schwer. Bei ihm gibt es keine Gewissheit, obwohl alles offensichtlich so scheint. Ich könnte nie sagen: er hat sich vom Hasen abrufen lassen oder ist hinter dem Tier nicht hinterher- jetzt ist es geschafft. Denn all diese Momente hatten wir schon zuhauf und auch zuverlässig. Und doch, wie schon geschrieben kommt Tag X, an dem er auf einmal völlig untypisch weiterrennt. Nur um die Zeit danach wieder einwandfrei zu gehorchen.
Deshalb ist meine Lehre eben das es nie 100% Sicherheit gibt. Man sollte die 99% immer anstreben, aber ein Restrisiko wird immer bleiben.