Mit Kayla war ich zuletzt so weit, dass wenn sie einen fremden Hund gesehen hat, sie die Situation beobachtet hat (ohne zu fixieren und ohne hochzufahren) und dann in 2/3 bis aktuell 3/4 der Situationen sich eigenständig entschieden hat, ohne mein Einwirken, lieber zu mir zu gucken und ein Leckerchen einzufordern. Wenn ich "Keks" sage, hat sie zudem automatisch direkt auf den Boden geguckt, weil sie damit gerechnet hat das bei dem Wort ein Leckerchen fliegt. (Alternativ zu mir gucken ging nicht, dadurch blieb der andere Hund in ihrem Blickfeld. An der Futterhand führen funktioniert bei ihr auch nicht.) Wenn sie ohne Auslöser anfängt zu ziehen, kann ich sie aus ihrem Tunnel mittlerweile gut wieder rausholen, sodass der Stresspegel niedrig und sie ansprechbar bleibt.
Zu der neuen Hundeschule (die mit dem L-Tryptophan) war ich dann auch nur gekommen, weil ich nach Social Walks gesucht hatte. Weil die ehem. Anbieterin das nur sehr unregelmäßig anbietet und aktuell temperaturbedingt wohl überhaupt nicht mehr. Eigentlich hätte ich sagen müssen, das L-Tryptophan probiere ich nicht zusätzlich aus, ich bin nur an Social Walks interessiert. Aber ich weiß auch vorher nicht, ob diese Fachleute nicht vielleicht doch Recht haben, alleine schon wegen der voraussichtlich mehr Erfahrung als ich. Und grundsätzlich bin ich auch bereit fachlichen Input anzunehmen.
Über die war ich dann auch noch zu einem anderen Tierarzt gekommen, der sich mit Verhaltenstherapie und auch Medikation hätte auskennen sollen. Von einer paradoxen Wirkung des L-Tryptophan hatte er noch nichts gehört gehabt. Aber er glaubte es immerhin und wollte auch an der aktuellen Medikation nichts ändern. Obwohl er das Gabapentin für die Indikation nicht kannte. Sein Trainingstipp war allerdings, dass ich bei Kayla die Leine lang lassen soll und wenn sie ausrastet sie ignorieren soll. Wenn ich die Leine kurz nehme, würde sie merken, dass was passiert. Und wenn ich auf sie einwirke (auch nicht positiv/ablenken) wäre das Aufmerksamkeit. Und diese Aufmerksamkeit würde sie dazu motivieren, weiterhin auszurasten. Wenn sie keine Aufmerksamkeit mehr bekommt, dann würde sie (Zeitraum bis 1 Woche) von selbst merken, dass es nichts bringt sich aufzuregen und aufhören.
Ich habe es umgesetzt und ihr Verhalten hat sich direkt total verschlechtert. Sie wurde wieder sehr wachsam draußen, hat wieder angefangen alles und jeden anzugehen, auch wieder andere Menschen und Autos wo sie zuvor zuverlässig entspannt blieb. Der Stress nahm draußen wieder zu, sie hing wieder stark ziehend an der Leine und war wenig ansprechbar. Ich habe es 3-4 Tage konsequent durchgezogen, aber es wurde immer schlechter. Ich bin selbst weder Trainer, noch Verhaltenstierarzt aber ich sehe, was bei manchen Vorschlägen von Fachleuten bei Kayla für ein Ergebnis vom Verhalten dabei herauskommt.
Es ist bei ihr offenbar sogar eher das Gegenteil, wie von dem Verhaltenstierarzt erklärt, wenn ich sie vor einer stressigen Situation kurz nehme führt das dazu, dass sie sich zurück hält. Sie kurz zu nehmen führt bei ihr nicht zu mehr Anspannung, sondern sie Eingrenzen scheint ihr eher zu helfen erst gar nicht so arg hochzufahren. Wenn ich sie kurz nehme und von der Situation abgewandt guckt sie meistens nichtmal mehr hin. Sobald ich diesen Rahmen lockern würde, weil ich meine es klappt ja gut, würde das aber auch direkt wieder dazu führen dass ihr Verhalten wieder kippt und sie wieder blöd wird.
Ich denke, dass sie wohl auch kein 'normaler' Hund werden wird durch egal welches Training, sondern Kayla und ich einen Weg finden müssen, wie wir zusammen klarkommen. Also eher, wie sich ihre Schwierigkeiten alltagstauglich händeln und lenken lassen, aber ich glaube ihre Tendenz zu solchem Verhalten wird nicht ganz weg gehen.
Ich habe nichts gegen fachliche Hilfe, aber sie sollte uns auch helfen oder zumindest ihr Verhalten und die erarbeiteten Forschritte nicht wieder verschlechtern. Sie ist ja nicht 'nur' ein normaler halbwegs alltagstauglicher und brauchbar sozialisierter Arbeitshund, sondern eine Version mit unbekannter Vergangenheit und langer Tierheim-Prägung. Es kann auch sein, dass sie von ihrem grundlegenden Charakter schon ein schlecht alltagstaugliches Modell ist und vielleicht deswegen aussortiert wurde und ins Tierheim kam. Charakter lässt sich soweit wie möglich händelbar machen, aber nicht komplett wegtrainieren.