Beiträge von *Waldi*

    Ich weiß zwar nicht, was in Redaktionssitzungen so besprochen wird. Aber ich kenne nun wirklich etliche Beispiele dafür, dass ein aus Medienberichten erzeugtes Bild der Wirklichkeit sich von dem Bild der Wirklichkeit unterscheidet, das sich bei sorgfältiger Zahlenanalyse ergibt. Siehe z. B. die „Coronahundeschwemme“ 2021.

    Also, ich war ja schon bei vielen Sitzungen zugegen...

    Das ist ja nun (zum Glück!) ein Thema, dass nicht die hohe gesellschaftliche Relevanz hat wie ein Krieg oder Innenpolitik oder eine Pandemie... sprich, das wird nicht in der Tiefe über eine lange Zeit recherchiert, dafür sind die Ressourcen nicht da. Man hat den Polizeibericht, dazu werden Betroffene und Anwohner gefragt und Experten gesucht. Das sind dann meistens Hundetrainer. Die erzählen eigentlich immer die Leier von "kein Hund ist böse, der wird nur böse gemacht".

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    Witzigerweise war ja genau diese Interpretation (die Frau in Naarn habe den Hund scharf gemacht) hier im Thread Grund für große aufregung... weil, so einfach isses mit dem böse machen dann auch nicht.

    Ich habe mal vor vielen Jahren, als es mit der hohen Kampfhundesteuer losging, einen Beitrag machen wollen. Der sollte ausgewogen sein, aber die hohen Kampfhundesteuersätze kritisch beleuchten.

    Es war so gut wie unmöglich, dazu Stellennahmen zu bekommen (abgesehen von den üblichen Hundetrainer O-Tönen). Es hat unglaublich viel Überredung gekostet, ein Interview aus dem zuständigen Ministerium zu bekommen. Am Tag des Drehs hat mir aber der einzige Hundebesitzer, der mir vorher zugesagt hatte, abgesagt.

    Der Ministeriumsmitarbeiter war so sauer und hat soviel Wind gemacht, dass es mich damals beinahe den Job gekostet hätte.


    Will sagen: Es hat eigentlich niemand irgendwas fundiertes zu dem Thema zu sagen. Und das macht eine vernünftige Berichterstattung sehr schwierig. Man kann eigentlich nur berichten, was halt passiert ist.

    Ich weiß von meinen Kolleg*innen, dass da kaum einer die Hunderassen kennt. Man verlässt sich auf den Polizeibericht. Eine konzertierte Aktion der Presse gegen Kampfhunde - nö, dafür hat niemand Zeit und ein Interesse daran gibts schon erst recht nicht.

    Das mag sein, dass mal in einer Redaktion ein Chefredakteur sagt: Wir machen da mal was zu (sprich, wir interviewen einen Hundetrainer) - und wenns die Bildzeitung ist, wird da auch mal Welle gemacht (siehe DSH in den 90ern in der BILD). Aber im normalen Redaktionsalltag wird ein Beissvorfall als tragische Einzelgeschichte in Richtung human interest erzählt, und nicht als HIntergrundrecherche.

    , sondern auf Basis einer sauberen wissenschaftlichen Auswertung.

    Da hat die Wissenschaft ein ähnliches Problem wie die Journalisten. Man kommt - seriös - kaum über Einzelfallanalysen hinaus.

    Die Datenlage ist schlecht, die Umstände der Vorfälle extrem unterschiedlich, die Vorfälle zu selten, um statistisch signifikante Ergebnisse zu bekommen.

    Da kann man eigentlich keine validen Aussagen ableiten. ICH würde davon jedenfalls die Finger lassen (bin ja nur Sozialwissenschaftlerin..) - als Biologe sowieso, als Statistiker auch, als Tiermediziner?

    Es ist ja auch nicht so, als wären da immer nur komplett ahnungslose und strohdumme Menschen mit dem Problem befasst gewesen. Die Gutachten, aufgrund derer Rasselisten erstellt wurden, sind ja nicht völlig aus dem luftleeren Raum gegriffen.

    Nur aufgrund der Rasse (und da fängt es ja schon an, Rasse ist ja schon kein wirklich wissenschaftlich haltbarer Begriff, und dann wird die Rasse ja auch einfach irgendwie von irgendwem aufgeschrieben - ala Labbi-Mix) eine sichere Vorhersage treffen - das wäre Unsinn, weil ja immer Aufzucht, Haltung, Sicherung usw. eine Rolle spielen. Usw usf Wissen wir ja alles.

    Von daher ist die bisher angestrebte Lösung, für Hunde, denen man ein erhöhtes Gefahrenpotential unterstellt, eine größere Umsicht bei der Haltung zu fordern, so unlogisch nicht.

    Es ist im Grunde kein wissenschaftliches Problem, sondern ein gesellschaftliches. Es ist ein gesellschaftlicher Diskurs, welche Hunde und welche Gefahren wir tolerieren wollen. Was wir unter "gefährlich" verstehen. Die Politik greift diese Diskurse auf, das ist ihr Job.

    Wenn man wirklich wissenschaftlich argumentieren will, dann wäre die einzige valide Aussage, die man treffen kann: Alle Hunde haben Gefährdungspotential.

    Wenn man diese Gefährdung nicht tolerieren möchte, müsste man dann die Haltung aller Hunde massiv einschränken. Ich kann mir gut vorstellen, dass es dann darauf rauslaufen würde, eine Größen/Gewichtsbeschränkung zu ziehen - weil das das einzig tatsächlich messbare ist.

    Das ist der Grund, warum ich es so dumm finde, wenn ausgerechnet Hundehalter und Hundetrainer und andere "Experten" rumrennen und das Narrativ "Alle Hunde sind gefährlich" in die Köpfe setzen. Denn dann würde es - sollte man zu dem gesellschaftlichen Konsens kommen, dass man keine Gefahr durch Hunde mehr tolerieren möchte, aber auch nicht einzelne Rassen benachteiligen möchte - auf weitreichende Hundeverbote rauslaufen.

    Will man das?

    P.S.: In Deutschland scheint es gleich wahrscheinlich zu sein, durch einen Hund zu sterben wie durch einen Blitz.

    Ja, einverstanden.

    Mir gehts gar nicht darum, Kampfhunde als allesamt super gefährlich hinzustellen.

    Mir geht es echt nur um die "alle anderen sind genauso gefährlich" Scheinargumentation.

    Wenn man der Meinung ist, dass die drei Hunde in Naarn eigentlich ungefährlich waren und das alles nur unglückliche Umstände, ist das ok für mich. Und nein, ich leite nicht aus dem Vorfall ab, dass alle Kampfhunde oder alle AmStaffs gefährlich sind.

    Ich leite aber AUCH nicht daraus ab, dass alle Hunde gefährlich sind.

    Immer dieses "Es hätten genauso Golden Retriever sein können".. waren es aber nicht. Hätte Könnte Würde... Es waren die Hunde, die es waren, keine anderen.

    Einerseits wird behauptet, dass es unzulässig sein, nun daraus Rückschlüsse auf alle anderen AmStaffs zu ziehen aus diesem Vorfall (und das sehe ich auch so)- aber Rückschlüsse auf ALLE Hunde kann man ziehen?

    Da geh ich nicht mit. Das war in keiner Form normales Hundeverhalten. Wer das für normal und "kann mit jedem großen Hund passieren" hält - da frage ich mich echt, wie man da noch HUnde halten kann.

    Oh ich sehe gerade, ist auf deutsch rausgekommen: "Das Licht ungewöhnlicher Sterne" von Ryka Aoki.

    Das fand ich super.

    Von Atlas Six gibts ja jetzt den dritten Band. Hab ich mir grad ausgeliehen. Bin gespannt. Ich erinnere mich nicht so gut.

    Wenn das was ist, könnte auch Leigh Barduro passen. Von ihr habe ich The NInth House udn Hell Bent gelesen - fand ich ok. Nicht super duper, aber ok.

    Also, normalerweise ist Romantasy nicht mein Fall. Sarah Maas z.B. hab ich nach ein paar Seiten weggelegt.

    Fourth Wing fand ich aber total spannend (ok, die Liebesszenen überblätter ich halt, das sind aber gar nicht sooo viele). Große Literatur ist es nicht, aber wenn man was unanstrengendes sucht, ist es prima. Wie ne Tüte Chips essen.

    Wenn du Scholomance mochtest, könnte es was sein.

    Aber konkret?

    Ich würde nie behaupten, dass es Hunde gibt, bei denen die Gefahr "gleich Null" ist - das wäre ja Unsinn, Tiergefahr, Unfallgefahr gibt es ja immer. Die schrecklichen Vorfälle mit Babys hab ich ja schon angesprochen.

    Mich verstören diese (seltenen!) krassen Vorfälle, wie die Welle in England und nun eben der Vorfall in Naarn. Und reflexartig wird dann immer behauptet: Das kann mit jedem Hund passieren.

    Und das glaube ich einfach nicht.

    Von mir aus.

    Ich weiß nicht, warum es zu Vorfällen mit Kampfhunden/Gebrauchshunden/HSH kommt. Es sind sicherlich Einzelfälle, falscher Haltung, fehlender Sicherung geschuldet.

    Falsch gehalten und schlecht gesichert werden aber viele Hunde - es wird nicht bei allen ein tödlicher Vorfall daraus, bei weitem nicht. Auch bei den genannten Hundetypen nicht, das ist völlig klar.

    Ich verwahre mich aber dagegen, dass man rumrennt und erzählt, es gäbe "genauso" lebensgefährliche oder gar tödliche Vorfälle mit Labbis oder Pudeln (oder Collies oder wasweißich) oder mit Klein- und Kleinsthunden (der gefährliche Chi) die aus irgendwelchen Gründen verschwiegen werden.

    Das ist mir zu sehr Verschwörungstheorie.

    Und ich meine jetzt nicht die einzigen beiden Fälle, die immer zitiert werden - der Labbi MIX, der unglücklich den Mann verletzt hat, der Hilfe verweigerte und später verblutete, und die angeblichen Dackelmixe in den USA, die Teil einer größeren Hundegruppe waren, wo nie klar war, was genau passierte, und die auf dem kursierenden Video tatsächlich ziemlich große Hunde waren (niederläufig, aber weit größer als Dackel.)

    Ich meine auch nicht Autounfälle oder die (tragischsten von allen) Vorfälle mit Babys oder Kleinkindern in der Familie.

    Jetzt mal wirklich vergleichbare Fälle zu Naarn. Gibts die?

    Das ist eine häufig gestellte und nie beantwortete Frage, und ich frage mich das wirklich.