Beiträge von *Waldi*

    *Sascha*

    Ich finde "Yorkshireterrier hängt am Bein" ist zwar doof und unangenehm, aber hat einfach nicht die Tragweite und Konsequenz dass man es als gesellschaftliches Problem bezeichnen kann.

    Ich sehe einfach nicht, warum Vorfälle, die unangenehm und lästig, aber nicht gefährlich sind (außer im von Hundundmehr dargelegten abstrakten Sinn, also z.B. als Auslöser von Verkehrsunfällen und Stürzen) irgendetwas mit schwerwiegenden bis tödlichen Beissvorfällen zu tun haben sollen.

    Das ist, als würde ich, wenn man über Mord und Totschlag diskutiert, mit dem Anrempeln von Passanten um die Ecke kommen.

    Ich will damit nicht Attacken von Kleinhunden etc verharmlosen, natürlich ist das Mist. Und ebenso ist es Mist, wenn sich Menschen völlig unangemessen gegenüber Tieren verhalten. Wenn ein Jogger fast auf einen Hund drauftritt, und dieser dann beisst (ist mir schon passiert, mein Hund hat nicht gebissen) - dann denke ich mir auch, dass der Jogger eine Mitschuld hat. Wenn der Jogger danach tot wäre, läge der Fall aber doch ein wenig anders, ob Mitschuld oder nicht.

    Die Rasselisten und die ganzen Diskussionen über gefährliche Hunde gibt es nicht wegen geringfügiger Vorfälle, Terriern im Hosenbein, schmutzigen Mänteln, blauen Flecken.

    Das sind alles blöde Sachen. Haben aber nix mit toten Menschen gemein.

    Das denke ich auch.

    Wobei ich sagen muss, ich lebe in einer Stadt/einem Bundesland, in der es Rasselisten gibt und die Steuer für Listenhunde sehr hoch ist. Man sieht hier wirklich sehr selten welche, verglichen mit anderen Orten. Ist so (ohne Wertung). Natürlich sieht man Hunde "mit Kaliber" nenne ich es jetzt mal, die auf keiner Liste stehen. Aber der Gesamteindruck ist ein ganz ganz anderer als vor den Listen.

    Ich hoffe einfach nur, dass nicht durch weitere Vorfälle die Gesamtstimmung gegen alle Hunde kippt.

    Auf den ersten Blick - klingt logisch.

    Aber da stecken ne Menge Probleme drin. Angefangen mit D. Was will man tun? Was wäre das Ziel?

    Selbst WENN jetzt rauskommt, dass Kampfhunde oder HSH oder Gebraushunde signifikant öfter auffällig werden - was dann?

    A und B hat riesengroße Definitions-Probleme, wurde ja schon ausführlich beschrieben.

    Es würden, meiner Meinung nach, keine wirklich belastbaren Daten rauskommen, da bin ich mir relativ sicher. Es gäbe ebensoviel (berechtigte) Angriffsfläche, wie jetzt auch.

    Ich führe mal aus, was ich meine.

    Wenn man sich z.B. darauf einigt, Beissvorfälle mit tödlichen oder sehr schweren Verletzungen bei Erwachsenen zu zählen (das liesse sich ja noch gut abgrenzen, bietet aber für sich schon mal ne Menge Angriffsfläche) und es käme tatsächlich heraus, dass das mit Kampfhunden öfter passiert, als mit anderen Hundetypen. Und jetzt?

    Sind alle Kampfhunderassen (ich meine jetzt Rassehistorisch, nicht als Wertung) betroffen? Oder macht man Unterschiede? Wenn da nicht ein einziger Pitbull dabei gewesen ist, wäre es dann fair, wenn sie auch betroffen sind, weil Kampfhunde? Oder doch lieber Rassen definieren - und letztlich läuft es dann auf eine Phänotypisierung im Eizelfall hinaus? Und der vertraut man dann?

    Gerade wenn doch bei TS-Hunden z.B. oft nur geraten wird (HSH oder nicht?) Und was ist mit Mixen? Ist das eine eigene Kategorie Mischling (und dann kommt raus, dass Mischlinge die allergefährlichsten Hunde sind...)

    Was wenn man 10 Vorfälle mit Kampfhunden und 5 mit HSH hätte? Ist der Unterschied groß genug, um unterschiedliches Vorgehen zu rechtfertigen? Was, wenn es 5 Jahre lang keine Vorfälle mit Kampfhunden gegeben hat und in einem Jahr 10? Welchen Zeitraum soll man überhaupt nehmen?

    Solche Studien sind unglaublich fehleranfällig und oft sehr wenig aussagekräftig. Änder einen Parameter auch nur minimal (kürzerer Zeitraum, anderes Sample, andere Definitionen von Rasse oder Beissvorfall oder Hundetyp) und du kriegst radikal andere Ergebnisse. Man kann aufgrund der selben Daten ganz verschiedene Interpretationen belegen.

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass man da wirklich überzeugende Ergebnisse bekommt. Klar wäre es interessant, solche Daten zu haben (und ich würde eine Registrierungspflicht für Hunde und eine Meldepflicht für Bissverletzungen begrüßen - ohne diese Grundlage ist ja eh nichts zum Auswerten da), aber wenn man die Studie dann hätte, wäre die Diskussion damit wohl kaum vorbei. Es gäbe genauso viel Kritik an der Studie, wie es an den bisherigen Gutachten und Expertenmeinungen, die zu den bestehenden Listen geführt haben, auch gibt.

    Aber ja, klar, machen, unbedingt! Ich will da nicht gegenreden, Daten sind immer gut. Ich warne nur davor zu glauben, dass man damit klare Antworten bekommt.

    Du nicht, aber das kommt ja immer und immer wieder...

    Ich hoffe, ich konnte verständlich machen was ich meine.

    Ich will nicht Kampfhunde pauschal als gefährlich abstempeln. Ich habe persönlich kein Problem mit den Listen (ich war heilfroh, als in den 90ern die vielen Hunde von sehr dubiosen Haltern aus meinen Viertel verschwanden, das gebe ich zu), ich habe mich aber auch noch nie dafür eingesetzt.

    Ich will nur nicht noch mehr Stimmung gegen Hunde allgemein gemacht sehen. Das ist alles.

    „dann nehmen wir halt Einschränkungen bei wenig gelittenen Rassen - wenn es einen hochgekochten Vorfall gibt - in Kauf bzw. unterstützen sie, indem wir einer vermuteten prinzipiell deutlich erhöhte Gefährlichkeit dieser Rassen aufgrund ihrer unseligen Geschichte zustimmen.

    Hab ich nie gemacht. Ich unterstütze gar nichts.


    Warum wird über Pudel oder Labbis geredet, wenn die doch gar nichts damit zu tun haben? DAS verstehe ich nicht. Wo sind denn da die Fakten?

    Man kann ja völlig legitim sagen: Aus den bekannten Vorfällen mit Staffs eine Gefährlichkeit der Rasse abzuleiten, ist nicht akzeptabel.

    Kann ich nicht wiederlegen. Ist mir recht. Ist nicht meine Agenda. Ich bin kein Kampfhunde-Hasser.

    Aber aus den bekannten Vorfällen eine Gefährlichkeit ALLER Hunde abzuleiten, das akzeptiere ich nicht.

    Für mich kommt hier ein wenig die Botschaft an „dann nehmen wir halt Einschränkungen bei wenig gelittenen Rassen - wenn es einen hochgekochten Vorfall gibt - in Kauf bzw. unterstützen sie, indem wir einer vermuteten prinzipiell deutlich erhöhte Gefährlichkeit dieser Rassen aufgrund ihrer unseligen Geschichte zustimmen. Und vermeiden so das Risiko, dass Hunde generell in den Fokus einer stark auf gefühlte Sicherheit pochenden Gesellschaft geraten.“

    So kommt es bei mir unterm Strich auch an, das empfinde ich als äußerst unangenehm!

    Verständlich, aber das ist nicht meine Agenda. Ich bin nicht politisch tätig, und ich habe mich auch noch nie irgendwo für Rasselisten eingesetzt oder jemanden angefeindet (Im Gegenteil, ich habe versucht, kritisch und differnzeirt über Rasselisten zu berichten, was aber an der fehlenden Kooperation von Hundehaltern scheiterte)

    Meine Beiträge sind einfach eine Beobchtung. Ich habe keine Agenda. Schon gar keine persönliche.

    Das einzige ist, dass ich mich konsequent gegen die Darstellung "Alle Hunde sind gleichermassen gefährlich" wende.

    Wenn man Einschränkungen für wenige Rassen damit abwehren möchte, dass man andere Hunde ebenfalls gefährlich darstellt, DANN hab ich ein Problem damit.

    im Vorfeld zumindest eine möglichst saubere Datenerfassung von Beißvorfällen in die Wege geleitet wird, die fundierteres Handeln ermöglicht.

    Da haben wir ja die nächste Frage.

    Welche Definition von Beissvorfall wollen wir denn nehmen?

    Da kommt dann ja wieder die Argumentation, dass alle Hunde beissen und man an einem Kratzer durch einen Chihuahua genauso sterben kann (wenn auch mit Umweg über eine Blutvergiftung).

    Selbst wenn man nur tödliche Beissvorfälle einrechnen wollte (und dann sind es Gott sei Dank viel zu wenige) - was ist mit Vorfällen mit Kindern? Für Kleinkinder kann tatsächich jeder Hund gefährlich werden.

    Macht man also einen Unterschied oder nicht?

    Wie so oft bei Statistik (was nicht dasselbe wie Fakten bedeutet) kommt es also auf die Auswahl des Samples an, und die Interpretation der Daten.

    Daten, die nur aus unsicheren Quellen stammen können, weil bei vielen Beissvorfällen die Rasse wohl kaum gesichert ermittelt werden kann.

    Spoiler anzeigen

    (Übrigens: Die Behauptung, dass über gravierende Beissvorfälle mit anderen Rassen gar nicht berichtet werden würde, kommt ja noch dazu. Angeblich werden ja von den ferngesteuerten Journalisten und Polizisten die Vorfälle mit Pudeln und Labbis systematisch verschwiegen, von Ärzten nicht angezeigt, weil...?? Würde man denn dann, wenn man das wirklich glaubt, der Datenauswertung trauen?)

    Und dann sind wir noch nicht mal bei den Umständen, die mit zu betrachten wären. Haltung, Ausbildung, Trigger...


    Was will ich damit sagen? Zu einer gerechten Lösung wird man nicht kommen. Vorfälle wie die in England derzeit, oder damals mit Volkan, lösen aber eine gesellschaftliche Debatte aus, die manchmal zu politischem Handeln führen.

    Was kann man da nun politisch machen?

    1. Nichts.

    2. Aufgrund einer zugegeben wackeligen Datenlage Rassen verbieten, die besonders auffallen (Rasselisten, oder wie jetzt in England)

    3. Feststellen, dass man nicht vorhersagen kann, welche Hunde gefährlich werden könnten, abgesehen von klar definierbaren Parametern wie Größe/Gewicht, und Auflagen (oder gar Verbote) für alle Hunde anstreben, die die Grenze überschreiten (20/40 Regelung geht in die Richtung)

    4. auf Einzelfallüberprüfung setzen, sobald Hunde auffällig geworden sind, um zukünftige schlimmer e Vorfälle zu vermeiden (Und dann drakonisch durchgreifen? Siehe Dänemark?)

    Im Falle von 1. kann es passieren, dass sich alles wieder beruhigt (meistens) ODER die öffentliche Meinung hochkocht und zum Handeln zwingt.

    Wenn das passieren sollte, sieht man ja jetzt in Österreich (Hundesport) wie schnell man da plötzlich als scheinbar völlig Unbeteiligter von einer Debatte betroffen werden kann. Wie schnell das "Hundesport macht Aggro-Hunde" Narrativ hochgekocht ist. Genauso schnell kann es plötzlich zu einer allgemeinen negativen Stimmung gegen alle Hunde kommen.

    Warum man das unbedingt anschüren möchte, verstehe ich einfach nicht.

    Wenn "Alle Hunde" böse sind, dann sind die häufiger auffälligen Rassen ja immer noch betroffen. Also gleiches Unrecht für alle?

    Und nein, eine schlaue Lösung habe ich nicht. Ich sehe nur dass der Großteil der Hundehalter keine gefährlichen Hunde hat. Wenn jemand einen Hund halten möchte, der gefährlich ist/wird/ein könnte, dann möchte ich nicht, dass das zu meinem Problem wird.

    Daher wende ich mich gegen die "Alle Hunde sind gefährlich" Aussage.

    Das kann passieren, wenn Gesetzgebung auf Meinungen und Bildern passiert und nicht auf harten Fakten.

    Ich gehe davon aus, dass man sich schon ein bisschen mehr Mühe mit Gutachten gegeben hat, als nur Zeitungsberichte zu lesen.

    "Harte Fakten" - ist halt so eine Sache. Schon der Begriff Rasse ist kein harter Fakt. Die Biologie kennt den Begriff ja gar nicht. Das ist mehr Defintionssache als wissenchaftlicher Fakt. Wenn ein Halter nach einem Beissvorfall sagt: Das ist ein Labbimix, dann steht das in der Statistik. Wenn ein Gutachter sagt: Das ist ein Staff(Mix) - dann isses ein Staffmix.

    Selten hat man (wie in Naarn) tatsächlich Tiere mit Papieren aus einer seriösen Zucht, wo man ganz klar Rasse und individuelle Abstammung weiß.

    Nehmen wir mal den American XXL Bully. Da ist die Häufung der Vorfälle in England so extrem, dass man sie wirklich nicht wegreden kann.

    Aber: Wie definiert man denn American XXL Bully? Ist das überhaupt eine Rasse? Zunächst mal ist das eine sehr neue Mischung verschiedener Ausgangsrassen, ob man das schon als konsolidierte Rasse bezeichnen kann?

    Und dann gibt es viele Hinweise darauf, dass es kein Rasseproblem ist, sondern eines der extremen Inzucht und v.a. Linienzucht auf einen bestimmten Rüden (Kimba).

    Wie geht man damit um?

    Letztlich bleibt dem Gesetzgeber (wenn er die Situation kontrollieren möchte) nichts anderes übrig, als einen bestimmten Typ Hund zu definieren und für diesen dann Verbote/Auflagen einzuführen. ODER umfassendere Verbote zu erlassen, die alle treffen. Oder nichts zu tun.

    Natürlich wäre informiertes Handeln aufgrund harter Fakten gut, das ist immer gut. WENN es denn eindeutige Fakten gäbe. Die gibt es aber nun leider selten. Es ist ja nun nicht so, dass sich Wissenschaftler immer einig sind (man denke mal an Corona..). Ganz im Gegenteil!

    Selbst wenn es eindeutige Fakten gäbe:

    Politisches Handeln bildet aber immer auch die gesellschaftlichen Diskurse ab, das geht in einer pluralistischen Demokratie gar nicht anders.

    Das mag (aus meiner persönlichen Sicht) gut sein, z.B. wenn auf Klimaproteste reagiert wird. Oder schrecklich, z.B. wenn negative Stimmung gegen Flüchtlinge in EU-Politik übersetzt wird.

    Corona hat uns allen vorgeführt, was alles passieren kann, wenn Fakten und Wissenschaft auf gesellschaftliche Diskurse treffen.

    Aber politisches Handeln, dass sich rein auf harte Fakten begründet (die es im Falle Gefährdung durch Hunde nicht mal gibt), zu erwarten, ist unrealistisch.

    Das heisst nicht, dass ich das uneingeschränkt gut finde. Es ist aber so. Wir leben nicht in einer Scientokratie. Unser politisches System ist auf diskursiv begründeten Normen aufgebaut. Nicht auf wissenschaftlichen, gottgegebenen oder was auch immer sonst.

    Wenn man nun aber mit einbezieht, dass Diskurse - also auch Stimmung und Meinung über Hunde - politisches Handeln beinflussen, dann sollte man sich eben fragen, welche Stimmung man schüren möchte. Und welche nicht.