Beiträge von Schäferterrier

    Naja ist halt die Frage wo der Hund herkommt, wie er sozialisiert ist, wie umweltsicher er ist usw.

    Grundsätzlich finde ich aber, dass einfach die Aufteilung von freiem „Hund sein“ und externem Training/Bespaßung nicht ganz stimmig ist.

    Ihr bietet eurem Hund über den Tag verteilt relativ an, was so nen kleinen Hund hochdrehen kann: Hier ein Kauteil, da ne Schleckmatte, zwischendurch ein Spiel, dazu noch Training, Leinenführigkeit, Sitz, Platz usw.

    Im Gegensatz dazu scheint mir das freie Schnüffeln, Gucken und Weltentdecken, ohne dass ihr irgendwas vom Hund wollt, relativ kurz zu kommen.

    Ich würde das ganze eher umdrehen und den Hund ruhig länger draußen die Welt entdecken lassen, aber dafür Training, Snackkram und Bespaßung von euch deutlich reduzieren.

    Ich verstehe den Schmerzverdacht total. Nur leider haben wir bereits 3 verschiedene Medikamente in unterschiedlichen Dosisanpassungen probiert.

    Dass 3 verschiedene Medikamente ausprobiert wurden, heißt leider nicht, dass Schmerzen ausgeschlossen werden können. Es kommt auch drauf an, was für Medis da erprobt wurden. Wenn ihr z.B. 3 verschiedene NSAIDs probiert habt, aber der Hund eigentlich (zusätzlich) was gegen Nervenschmerzen braucht, bringt das, wie Murmelchen schon angesprochen hat, nicht viel.

    aber die Berührung bei der er zubeißt ist nur wenn er im Schlaf ist. Als würde er dann vor Schreck beißen.

    Neben dem vermuteten Schmerz-Reflex kann es ja wie gesagt auch ein Schreck-Reflex sein.
    Heißt der Hund reagiert gar nicht auf einen akuten Schmerzreiz, sondern einfach „nur“ mit reflexhaftem Abwehrverhalten, wenn er noch nicht ganz wach ist und die Situation dadurch nicht richtig einordnen kann.

    Das kann zum Beispiel vorkommen, wenn die bewusste Wahrnehmung vom Hund (z.B. durch Medikamente) verzögert ist. Dann reagiert der Körper automatisch mit Abwehrverhalten, während das Hirn noch gar nicht so weit ist, um richtig einzuordnen, was eigentlich passiert - und deshalb fehlt da in den ersten Sekunden nach dem Aufwachen die „Bremse“.
    Genauso können auch andere Wahrnehmungseinschräkungen (Augen, Ohren etc.) dazu führen, dass der Hund reflexhaft reagiert, ohne wirklich zu realisieren, dass gar nichts Schlimmes passiert.
    Und ebenso können auch andauernde, latente Schmerzen zu einer unwillkürlichen Abwehrreaktion führen, ohne dass da wirklich ein akuter, krasser Schmerzreiz ist.

    Aber auch das muss halt alles tierärztlich abgeklärt werden und dann ggf. nochmal was an den Medis verändert werden.

    Ansonsten liebt er jeden Berührung, liebt Bauchkraulen und geht sogar gerne durch die Beine von Menschen.

    Das hat damit leider überhaupt nichts zu tun. So ein Sleep Startle Reflex (und danach klingt es schon sehr) ist ein komplett unwillkürlicher Reflex. Das kann der Hund nicht bewusst steuern, weil sein Bewusstsein in dem Moment gar nicht da ist. Und dementsprechend kann es auch bei den freundlichsten, unkompliziertesten und verkuscheltsten Hunden vorkommen (und sich auf andere Momente ausweiten).

    Hier macht es aber den Eindruck, dass Schmerzen/Nebenwirkungen einfach ausgeschlossen werden wollen (weil.. Er bekommt ja was...) und somit ist diese Diskussion eh sinnlos.

    Was ich leider echt nicht nachvollziehen kann… An den Schmerzmitteln zu drehen ist ja nicht nur für den Hund sinnvoller, sondern sogar für den Mensch deutlich einfacher zu bewerkstelligen als den Alltag mit einem Hund zu managen, der bei unerwarteter Berührung löchert.

    Zumal sich so ein Verhalten, wenn es durch unpassende Medikation hervorgerufen wird, meiner Erfahrung nach mit der Zeit ausweitet. Dann ist es plötzlich nicht nur nachts im Bett, sondern auch beim gemeinsamen Kontaktliegen auf dem Sofa, beim Streicheln, beim Anziehen vom Halsband, generell bei Berührungen, wenn der Hund döst und man unerwartet vorbeiläuft, sich zu schnell annähert… Das kann so richtig unschön werden. Und insbesondere mit nem Hund, der nicht „nur“ abschnappt, kommt man da schnell in nen Bereich, der im normalen Alltag gar nicht mehr händelbar ist.

    Deshalb, liebe @TE: Bitte nimm das Verhalten nicht einfach als gegeben hin. Management ist vorerst natürlich sinnvoll, aber das allein wird wahrscheinlich keine langfristige Lösung sein.

    Deswegen wird ja auch von einem passenden Schmerzmittel geschrieben. Und wenn solche Episoden auftreten, dann ist das aktuelle Schmerzmittel eben nicht passend. Ich geb einem Hund mit z.B. Nervenschmerzen auch kein Schmerzmittel, das da nicht wirkt. Das muss eben geschaut werden.

    Mein Hinweis bezog sich darauf, dass „passend“ eben nicht nur heißt, dass es die Schmerzen gut abdeckt, sondern auch, dass die eventuellen Nebenwirkungen möglichst gering und/oder gut händelbar sind. Hier war seitenweise von Schmerzen die Rede und natürlich kann es sein, dass nicht alle Schmerzen durch die aktuelle Medikation abgedeckt sind. Gleichzeitig finde ich es wichtig, dafür zu sensibilisieren, dass so ein Verhalten nicht ausschließlich durch Schmerzen verursacht werden muss, sondern eben auch durch (ggf. medikamenteninduzierte) Einschränkungen in der Wahrnehmung entstehen kann.

    So oder so ist die Lösung auch für mich nicht, da nur am Umgang mit dem Verhalten zu arbeiten, sondern dringend einen TA aufzusuchen.

    Ich möchte bei allem Rat zur Schmerzbehandlung zu bedenken geben, dass manche Medikamente als Nebenwirkung selbst nen Sleep Startle Reflex (wenn es denn tatsächlich einer ist) auslösen können. Hatten wir hier, wenn auch ohne wirklich blutige Bisse, über Monate.

    Ich war damals zig mal beim TA, hab den Hund auf den Kopf stellen lassen, wir haben die Medikamente nachdosiert bis zum Umfallen, zusätzlich andere Medis gegeben… Joa, letztendlich war die Lösung, das eigentliche Medikament abzusetzen bzw. gegen ein anderes zu tauschen.

    Meine TÄ meinte damals im Nachhinein, dass es zwar selten ist, aber durchaus sein kann, dass der Hund durch das Medikament ein bisschen dusselig wird und dann, wenn er aus dem Schlaf gerissen wird, einfach nicht ganz klar ist und dadurch als ersten Reflex abschnappt.

    Wenn es also tatsächlich ne unwillkürliche Reaktion ist (was man meiner Meinung nach sehr gut an der Körpersprache vom Hund sieht, sobald er wieder klar ist und ablässt), dann würde ich trotz eigentlich guter Dosierung zuerst mal die Medis checken und testweise was anderes geben.

    Ich habe oft den Eindruck, dass man sich als Hundehalter gerne in eine Opferrolle begibt.

    Im Gegenteil: Wenn ich ungewollte Grenzüberschreitungen einfach toleriere, dann bin ich in der Opferrolle. Wenn ich von anderen einfordere, meine Grenzen (und/oder die meines Hundes) zu wahren, dann zeugt das eher von Stärke.

    Die Welt wird nicht besser, wenn man Dinge einfach blind akzeptiert, „weil sie halt so sind“.

    Mir war nicht bewusst, dass die so wesensfest sein können.

    Tatsächlich empfinde ich die meisten DSH als sehr wesensfest, nervenstark und eigentlich sehr klar im Verhalten. Selbst die zahlreichen Mixe oder Vermehrerhunde, die ich im TS kennenlernen durfte.

    Meine steile These ist, dass die allermeisten pöbelnden, beißenden „Problem-Schäfis“ kein angekratztes Nervenkostüm oder so haben, sondern einfach „nur“ schlecht bzw. unpassend geführt werden. Was einerseits natürlich schön für die Hunde ist, aber andererseits ganz klar aufzeigt, dass man mit denen schon umgehen können muss, sonst hat man da nicht lange Freude dran (und die Umwelt auch nicht).

    Frust auch mal erleben und aushalten zu lassen und den Umgang mit Frust bei Bedarf zu unterstützen schließt sich doch nicht aus.

    Es gibt Situationen, in denen mein Hund berechtigten Frust hat und diesen auch in angemessenen Bahnen ausleben darf und soll. Wenn er seinen Kauknochen vor lauter Juhu aus Versehen hinters Sofa geschleudert hat, ne Aufgabe von mir mehrfach nicht versteht, ich plötzlich ein tolles Spiel beende… dann darf der seinen Frust auch mal kurz rauskläffen oder sich anderweitig abreagieren. Meine Güte, wenn ich versuche, bei Word die Seitenzahlen ab Seite 3 beginnen zu lassen, hört man mich nach 6 Jahren Studium doch auch immer noch schimpfen wie nen Rohrspatz. Warum sollte ich dann von meinem Hund erwarten, keinen Frust zu haben oder ihn nie kund zu tun? :ka:


    Was anderes ist es, wenn besagter Hund seinen Frust in unangemessener Weise kund tut. Dann muss ich natürlich regulierend eingreifen.

    Und ja, da kann ein Weg natürlich sein, den Hund in seinem Frust zu lassen und zu schauen, ob er selbst auf bessere Alternativen zum Frustabbau kommt. Die eigene Erkenntnis des Hundes ist natürlich, wenn sie denn kommt, nachhaltiger. Aber bei vielen Hunden funktioniert genau dieses Umdenken halt nicht, die kommen nicht selbst auf angemessenere Alternativen, sondern höchstens auf noch unangemessenere, und dann macht es eben Sinn, proaktiv Alternativen anzubieten und den Hund im Umgang mit seinen Gefühlen zu unterstützen.

    Und nochmal was anderes ist dann halt, wenn der Hund (unabhängig davon, ob und wie er den Frust kundtut) für die jeweilige Situation tatsächlich unangemessen viel Frust empfindet. Da brauch ich den Hund weder in der Situation lassen, damit er nen besseren Umgang mit seinem Zuviel an Frust findet, noch hilft es langfristig, ihm Alternativverhalten anzubieten - weil das Grundproblem „zu viel Frust“ ist dann ja trotzdem noch da und der Hund fühlt sich weiterhin total unnötig schlecht.

    Genau deswegen finde ich das Stichwort „Frustrationstoleranz“ viel zu eindimensional und halte von den meisten gängigen Übungen zu dem Bereich nichts. Es ist einfach ein riesiger Unterschied, ob das Verhalten des Hundes oder seine Gefühle in der Situation unangemessen sind. Und manchmal ist es auch nichts davon und das einzig unangemessene sind die Erwartungen vom Mensch an seinen Hund, dass er bitte immer lieb und brav und leise sein und seinen Frust in jeder Situation hinunterschlucken soll.

    Ich habe auch schon überlegt, ob es besser wäre, die Welpenzeit generell zu übergehen und einen Junghund zu holen. Oder einen Welpen vom TS. Von Rumänischen Tierschutzhunden habe ich schon oft gehört, auch viel Empfehlungen von Trainern. Da ist meist Gesundheit und Wesen scheinbar recht gut. Von TH bin ich allerding ausgebrannt. Der TH wäre eine Überlegung wert, wenn ich ungefähr abschätzen kann, was ich bekomme. Genau kann man das ja nicht mal bei Rassehunden sagen.

    Klar kann man auch bei Rassehunden nicht ganz genau sagen, wie sich der Welpe entwickeln wird - aber halt meilenweit besser als bei nem Welpen oder Junghund mit komplett oder zumindest teilweise unbekannter Rassebeteiligung oder von Elterntieren, bei denen nicht gesichert ist, ob sie ihrer Rassebeschreibung entsprechen. Ne Garantie gibt es natürlich nie, aber da liegen halt trotzdem Welten dazwischen, was die Vorhersehbarkeit angeht.

    Ein erwachsener Hund (+ 3 Jahre), der schon einige Monate auf einer deutschen Pflegestelle lebt, ist da nochmal was anderes. Da kann man sicher nen passenden Hund finden, wenn man ne Weile sucht.

    Wobei das, was du dir scheinbar wünschst und deinem Beuteschema entspricht, tendenziell so gar nicht der typische Rumäne (oder generell Osteuropäer) ist. Die Hunde, für die du dich bislang besonders interessiert, sind alle sehr kooperativ, für die enge Zusammenarbeit mit dem Mensch gezüchtet, die wollen gefallen und haben eben dadurch auch viel Freude an Hundesport.

    Der typische Rumäne ist da ganz anders gelagert. Klar haben die mitunter auch will to work, aber in der Regel sind sie deutlich eigenständiger und viele finden weder Sinn noch Lust darin, für ihren Mensch irgendwelche Tricks (= Hundesport) aufzuführen. Die sind da einfach ein gutes Stück pragmatischer und unabhängiger.

    Zumal der Sprung von nem sehr klaren, umweltsicheren und nervenstarken DSH zu ner rumänischen Wundertüte mit unbekannter Vorgeschichte schon ziemlich wild ist.

    Also klar wird es mit etwas Geduld bestimmt einen passenden Hund für euch aus dem ATS geben, aber das ist dann eher die Nadel im Heuhaufen als der typische Osteuropäer.

    Lernförderlich und Lernen an sich sind aber zwei paar Stiefel.

    Frustration kann (wie z.B. auch Angst) lernförderlich sein, weil sie das Stresssystem aktiviert und damit Konzentration, Gedächtnisleistung und Reaktionsgeschwindigkeit erhöht.

    Aber in so einem Fall ist Frust der Katalysator, nicht der Lerngegenstand. Ich kann Frust nutzen, damit der Hund etwas anderes besser, schneller oder nachhaltiger lernt - über den Umgang mit Frust lernt er dabei aber noch lange nichts.

    Letztendlich ist Frust genauso ein Gefühl wie Freude oder Angst und ebenso sollte meiner Meinung nach der Umgang damit sein:

    Empfindet ein Hund in einer Situation unangemessenen Frust, dann arbeite ich daran, dass er die Situation als weniger frustrierend empfindet - ebenso wie ich in einer Situation, in der der Hund unangemessene Angst empfindet, daran arbeite, dass er weniger Angst empfindet.

    Verleiht ein Hund seinem Frust unangemessenen Ausdruck, dann verbiete ich das und zeige ggf. Alternativen auf - ebenso wie mein Hund lernen musste, dass man auch aus noch so großer Freude nicht über Tische und Bänke gehen darf, aber durchaus im Kreis hüpfen und ein Spieli anschleppen darf.


    Ich verstehe gar nicht, wieso da in Hundeschulen oder auf Social Media so ein Gewese drum gemacht wird. Klar, Frustrationstoleranz üben klingt im ersten Moment ganz intelligent - aber ist schon mal jemand auf die Idee gekommen, Angsttoleranz zu üben? Oder Freudetoleranz?

    Wenn man Frust einfach nur als das sieht, was es ist (ein Gefühl wie jedes andere auch), dann wird die Welt gleich viel unkomplizierter.