Beiträge von Schäferterrier

    Ich gehe das ganz pragmatisch an:

    Hat der Hund irgendein Problem mit Kälte (friert, erkältet sich, Schmerzen usw.), dann kriegt er nen Wintermantel an - sonst nicht.

    Hat der Hund irgendein Problem mit Regen, dann kriegt er nen Regenmantel an - sonst nicht.

    Und auch beim An- und Ausziehen von Sachen: Abwarten, wie der Hund reagiert. Klar kann es sein, dass er Manipulation am Körper von dir erstmal doof findet - kann aber auch sein, dass er das von der Pflegestelle schon gut gewöhnt ist und es ihm gar nichts ausmacht.

    Du hast ein gutes Gespür dafür, was problematisch werden könnte, das ist super. Aber mach dich jetzt im Vorfeld noch nicht verrückt und geh fix davon aus, dass es auch problematisch wird.

    Viel sinnvoller finde ich es da, sich im Vorfeld mit Ausdrucksverhalten und Körpersprache von Hunden zu beschäftigen, damit du den Hund gut lesen und dann situativ erkennen kannst, was ggf. wirklich ein Problem ist und was nicht.

    Ich würde ganz ab von der Reizüberflutung und Unsicherheit draußen auch bedenken, dass der Hund zumindest die letzten Monate, vielleicht auch schon sein ganzes Leben in Zwingerhaltung verbracht hat. Hunde, die so aufwachsen, kennen oft gar nichts anderes, als sich (zumindest für das kleine Geschäft) in ihren Räumlichkeiten bzw. Innenräumen zu lösen. Das prägt sich wahnsinnig fest ein und es kann echt lang dauern, das wieder rauszubekommen.

    Solchen Hunden kann es eventuell auch helfen, mal andere Untergründe als Grünstreifen auszuprobieren: Kies, Asphalt, Pflastersteine, sowas. Vielleicht auch ein Fleckchen, das irgendwie überdacht oder eingemauert ist.

    Und dann Geduld, Geduld und noch mehr Geduld. Ich würde mich da weniger auf Wochen, sondern mehr auf einige Monate einstellen.

    Ich würde eher vorschlagen, zuerst zum Check beim TA zu gehen, ggfs. mit einem kleinen Video auf dem Handy, und nicht gleich zu irgendeinem Trainer.

    Mit einem nicht-einschätzbaren, bissigen Hund und einem Kind im Haus wäre das für mich keine Frage von „entweder - oder“. Da halte ich für den einzigen richtigen Weg, direkt alle mir zur Verfügung stehenden Möglichkeiten auszuschöpfen. Ja, auch wenns „nur“ ein Kleinpudel ist.

    die Vermutung geht in Richtung Hormone, Pubertät usw!

    Natürlich kann die hormonelle Situation des Hundes und/oder das Erwachsenwerden so ein Verhalten beeinflussen. Dafür wäre halt wichtig, zu wissen, seit wann er das Verhalten zeigt.

    Der Hund hat Mitte Juli den Chip gesetzt bekommen. Die Phase der Erstverschlimmerung, in der die Hormone ggf. nochmal richtig hochdrehen, sollte also definitiv vorbei sein. Es kann zwar vorkommen, dass der Chip deutlich früher ausläuft als geplant (hatten wir so), aber dass der Chip bei einem so kleinen Hund so viel früher ausläuft, halte ich doch für sehr, sehr unwahrscheinlich.

    Heißt: Der Chip sollte gerade eigentlich optimal wirken. An maximalem Stress dank krassen Hormonumschwüngen wird das Verhalten also eher nicht liegen.

    Was noch sein könnte, ist, dass der Hund durch den Chip (bzw. das fehlende Testosteron) insgesamt unsicherer wird und dann aus Angst nach vorne geht. Aber wenn du sagst, dass er davor definitiv keine Anzeichen von Unsicherheit zeigt, ist das halt auch unwahrscheinlich.

    Was übrig bleibt, ist also die normale Reifung und Entwicklung zum erwachsenen Hund, die (zwar mitunter in abgeschwächter Form, aber dennoch) auch unter dem Chip erfolgt. Der Hund wird älter, erfahrener, setzt seine Grenzen neu. Typischerweise übrigens ganz besonders innerhalb seines Sozialverbandes, also innerhalb eurer Familie, wie Teenager halt auch.

    Aber auch bzw. ganz besonders für den normalen Reifungsprozess gilt: Der Hund reagiert nicht willkürlich aggressiv. Vielleicht übersteigert, vielleicht unnötig vehement, aber niemals „einfach so und grundlos“. Das verursachen auch Hormone nicht.

    Und das wiederum heißt, dass bei euch daheim gerade irgendwas falsch läuft, das über „Hund in der Pubertät“ hinausgeht. Das kann z.B. sein, dass der Hund euer Verhalten als übergriffig empfindet. Das kann auch sein, dass er entdeckt, wie er euch nach seiner Pfeife tanzen lassen kann, wobei ich das beim Pudel für wirklich sehr unwahrscheinlich halte. Es können Schmerzen, Angst oder Unwohlsein sein. Es gibt wahnsinnig viele Möglichkeiten, was das Verhalten auslösen könnte.

    Wichtig ist für euch jetzt halt (insbesondere mit nem Kind im Haus!), schnellstmöglich herauszufinden, was die Ursache ist - mal ganz ab von den Hormonen, die das Verhalten zwar ggf. verstärken, aber niemals allein auslösen können.

    Wenn ihr keinen roten Faden erkennt, kann es auch hilfreich sein, kritische Momente, in denen er auslösen könnte, immer mitzufilmen, bis ihr es auf Video habt, und damit zu einem Trainer zu gehen.

    Ich bin gerade am Überlegen, ob ich mich selbst anschauen soll, denn ich weiß gar nicht mehr genau, was ich alles erzählt habe. |)

    Sehr gute Dinge hast du da erzählt :respekt:

    Hat mir bislang von allen Beiträgen am besten gefallen. Ich hab mich und meinen Hund - Überraschung - zu 100% in den Beschreibungen der hüte- und spitzmixartigen Osteuropäer wiedergefunden. Gerade das Anleiten, bevor überhaupt was passiert, trifft es für mich auf den Punkt. Ich verbringe einen Großteil unserer Gassizeit damit, Hundchens Ideen vorherzusagen und abzufangen, noch bevor er selbst so genau weiß, was er denkt. Weil in dem Moment, in dem er weiß, was er denkt, macht er halt auch. (Und die restliche Zeit rechne ich prophylaktisch damit, dass er macht, bevor er überhaupt was denkt - kommt auch nicht so selten vor, aber da gebe ich den Terriergenen die Schuld.)

    Besonders spannend fand ich außerdem den kleinen Ausflug zum Training und Umgang mit dem Territorialverhalten von Herdenschutzhunden. Da konnte ich noch einiges Neues mitnehmen, also Danke dafür.

    Er kennt das so gut, dass er uns in der Regel nacheinander immer eine Pfote hinhält, sodass wir diese abtrocknen können.

    Heute ist er gegenüber meiner Frau aggressiv geworden, als sie ihm nach dem Gassi die Pfoten abtrocknen und ihn ableinen wollte.

    Heißt, der Hund hat deiner Frau aktiv die Pfote zum Abtrocknen hingehalten und hat dann abgeschnappt? Oder hat er die Pfote ausnahmsweise nicht von selbst hingehalten und als deine Frau sie genommen hat, hat er abgeschnappt?

    Trotzdem vermuten wir, dass seine „Werwolf-Momente“ möglicherweise immer noch irgendwie hormonell bedingt sind.

    Seit wann besteht das Verhalten denn? Wann ist das das erste Mal vorgekommen? Vor oder erst nach dem Setzen des Chips?

    Unabhängig davon würde ich den Hund mal tierärztlich durchchecken lassen und ggf. testweise 1-2 Wochen Schmerzmittel verabreichen, einfach um auszuschließen, dass sein Verhalten mit körperlichem Unwohlsein zusammenhängt.

    Naja, gerade beim Labbi halte ich Impulskontrolle und Frustrationstoleranz an Fressbarem schon für ziemlich wichtig. Even weil das diesen Hunden oft besonders schwer fällt.

    Aber es bringt nichts, etwas einzufordern, was er noch nicht leisten kann. Das überfordert ihn dann nur und dann ist er eh nicht mehr aufnahmefähig.

    Ich würde deshalb einen Schritt zurück gehen, schauen, was er leisten kann, und nur das einfordern.

    Und ganz generell: Das Leben von dem kleinen Mann ist ja gerade richtig auf den Kopf gestellt worden. Erst der Umzug zu deiner Schwester und kaum hat er sich da halbwegs eingelebt, muss er erneut umziehen und es ist wieder alles anders. Da könnt ihr natürlich überhaupt nichts für, das ist einfach sowohl für den Hund als auch für deine Schwester richtig blöd gelaufen, aber sowas erzeugt halt Stress und zehrt an den Nerven von so nem kleinen Hund.

    Ich glaube deshalb nicht, dass man da aktuell überhaupt einschätzen kann, ob und welche Baustellen der Hund tatsächlich mitbringt. Der wird gerade einfach komplett überfordert mit allem sein und sich dementsprechend auch mal daneben benehmen, drüber sein und schlechte Neven zeigen.

    Schau deshalb lieber, dass du ihm die Zeit bei dir so einfach wie möglich machst und bewerte so Verhalten nicht über. Das ist ne Ausnahmesituation für alle Beteiligten.

    Je nachdem, wie viel du zuhause bist: Wäre es vielleicht eine Alternative, Hunde anderer Leute zu sitten?

    Es gibt ja doch recht viele Leute, die eine regelmäßige Tagesbetreuung für ihren Hund suchen, weil er z.B. nicht allein bleiben kann.

    Wenn du da ein passendes Mensch-Hund-Gespann findest, könnte das doch eine tolle Win-win-Situation für alle Beteiligten sein: Du hast tagsüber regelmäßig hündische Gesellschaft, Herrchen oder Frauchen weiß, dass der Hund gut versorgt ist und der Hund bekommt durch den Besitzer morgens/abends trotzdem genug Bewegung.

    Der Hund erlebt seit ca. 2 Wochen das vermutlich erste Mal, was es bedeutet, im Haus zu leben, mit Menschen zusammenzuleben, Gassi zu gehen, ein Halsband und eine Leine zu tragen und so weiter. Der wird vermutlich mit allem, was da gerade ist, maximal überfordert sein. Selbst wenn ihr überhaupt nichts an Programm fahrt.

    Es macht deshalb wirklich Sinn, das Programm ganz deutlich zu reduzieren und den Kleinen erstmal in Ruhe in Haus und Garten ankommen zu lassen. Das ist schon genug Input fürs Hirn, da braucht es nicht noch zig andere Außenreize.

    Heißt für mich, die Löserunden würde ich erstmal gegen Garten tauschen, wenn ihr schon einen habt. Auch Bewegung kann das Hundchen auch erstmal vorwiegend im Garten haben. Gassigänge würde ich deutlich reduzieren und dann auch wirklich erstmal in sehr reizarmen Gegenden gehen.

    Klar muss man das dann nach und nach ausbauen und das Hundchen schrittweise an mehr Reize gewöhnen, aber das hat Zeit, bis er sich zuhause gut eingelebt hat.

    Außerdem würde ich einen besonderen Fokus aufs Thema Frustrationstoleranz legen. Je nachdem, wie euer Hund aufgewachsen ist (mit/ohne Mutterhündin, mit/ohne Geschwister) kann es durchaus sein, dass er sich mit dem Thema etwas schwerer tut als andere Junghunde und deshalb auch so schnell ins Schnappen verfällt, wenn ihr ihm eine Grenze aufzeigen wollt.

    Falls das der Fall sein sollte, macht es Sinn, sehr sensibel vorzugehen. Denn wenn der Hund noch nicht mit dem Frust umgehen kann, dann bringt es meiner Erfahrung nach wenig, die „das hast du jetzt halt zu akzeptieren“-Schiene zu fahren. Zeigt ihm lieber, wie er stattdessen mit seinem Frust umgehen soll, und begleitet ihn dabei. Wenn er irgendwo reinbeißen will, bietet ihm doch ein Spielzeug an, an dem er sich abreagieren kann. Und belohnt direkt, wenn er eine akzeptable Alternative zu „in euch beißen“ gefunden hat.

    Mitunter braucht das viel Feingefühl, einem Hund, der den Umgang mit Frust in der Welpenphase nicht lernen durfte, eben diesen im Nachhinein beizubringen. Oft lohnt es sich da auch, einen mit diesem Thema wirklich erfahrenen Trainer mit ins Boot zu holen, denn das Thema kann einem spätestens in der Pubertät echt auf die Füße fallen - und bei nem Schäfermix gleich dreimal.