Beim Menschen gibt es ja Eustress (als positiv empfundene Aufregung) und den negativen Distress. Ich denke, hier geht es vor allem um Distress.
Mein Hund ist ähnlich wie der Hund von Massai sehr ausgeglichen und nicht schnell gestresst. Das merke ich daran, dass er im Alltag keine Probleme hat, zur Ruhe zu kommen, wenn er gerade nicht dran ist, dass er auch nach aufregenden und ungewöhnlichen Situationen sehr schnell wieder in sein Normalverhalten zurückkehrt. Situativ merke ich es auch am Ausbleiben von körpersprachlichen Stressanzeichen (Stresshecheln etc.) Er ist eher wenig reizoffen, hat ein starkes Nervenkostüm. Er regt sich nicht auf, steigert sich nicht rein und war noch nie "drüber". Ich finde, diese Nervenstärke ist mit die wichtigste Eigenschaft eines Begleithundes, denn er kann mich wirklich in den allermeisten Situation gelassen begleiten.
In wenigen speziellen Situationen hat er natürlich auch mal negativen Stress, zum Beispiel beim Busfahren, das gefällt ihm nicht sonderlich gut. Das merke ich daran, dass er nicht lange sitzen/liegen bleiben kann, sich vermehrt umschaut und ich weniger leicht zu ihm durchdringen kann. Körpersprachlich erkennt man die Unsicherheit auch an einer abgesenkten Rute. Ich schaue dann, dass ich die Situation für ihn einfacher mache, z. B. indem ich ihn auf den Schoß nehme und auch dafür sorge, dass die Situation nicht zu lange dauert. Aber ich vermeide diese Situationen nicht völlig, weil er sich erfahrungsgemäß mit jedem Mal mehr daran gewöhnt und sie gelassener aushält.
Ein Hundeleben ganz ohne Distress halte ich für unmöglich und auch nicht nötig, aber ich habe vollstes Verständnis dafür, dass man als Halter eines sehr reizempfänglichen und wenig resilienten Hundes viel stärker darauf achten muss, wie der Stresslevel des Hundes ist und auch viel mehr diesbezüglich managen muss. Wir haben im Freundeskreis eine Hütehündin und bei ihr hat "Stress" eine völlig andere Dimension als bei meinem Rüden, das ist gar nicht vergleichbar.