Eine Freundin und ich sind in diesem Jahr in einem zwei-Personen-Buchclub und ich genieße es sehr. Januar haben wir Addie LaRue genossen, Februar haben wir uns durch Onyx Storm gequält und im März war nun der Beginn von Rachel Gilligs Duologie "One Dark Widow" an der Reihe. Da wir uns vor allem bei Fantasy/Romanen überschneiden, wirds auch in dieser Sparte die nächsten Monate bleiben.
One Dark Window - Die Schatten zwischen uns (Rachel Gillig)
"Vom Berg bis zum Meer hebt den Nebel ihr Licht.
Es beginnt und es endet -
... doch umsonst ist es nicht."
Das erste Buch von Rachel Gilligs Duologie (The Shepherd King Series) handelt von der jungen Frau Elspeth Spindle, die nach einer Infektion mit verbotener Magie im Land Blunder bei ihrer Tante und ihrem Onkel verborgen aufwächst, um nicht von den Streitern und Ärzten des Königs gefunden und getötet zu werden. Denn in Blunder ist nur eine Magie erwünscht und erlaubt: die der zwölf Vorhersehungskarten, jede mit einer eigenen speziellen Fähigkeit - und einem Preis, den man für ihre Benutzung und ihre Magie bezahlt. Elspeth muss ihre "verdorbene" Magie geheim halten, wenn sie am Leben bleiben will. Und da ist noch mehr, was sie unbedingt geheim halten muss. Etwas, das in ihrem Verstand lauert, und das so viel stärker, mächtiger ... und gefährlicher ist, als alles, was sie kennt. Als sie durch eine Reihe von Ereignissen den Hauptmann der Streiter und seine Familie trifft, geht sie mit ihnen eine Vereinbarung ein, das gesamte Deck aller Vorhersehungskarten zusammen zu stellen - um das Land zu befreien, und auch sich selbst.
Interessantes, erfrischendes World-Building, ein spannendes Magie-System und eine düstere, gothische Atmosphäre mit angenehmen, nahezu "unaufregenden" Protagonisten speziell für das Genre "Romantasy/Fantasy" hat dieses Buch von Anfang an (und vor allem nach Onyx-Storm) symphatisch für mich gemacht. Elspeth ist - zum Glück! - nicht, wie die meisten, weiblichen Hauptprotagonistinnen von Fantasy-Büchern unglaubwürdig "sehr stark", oder speziell, oder außergewöhnlich; denn alles ungewöhnliche und mächtige geht nicht von ihr aus, sondern von dem Nachtmahr, der wie ein Parasit in ihrem Geist sitzt, seitdem sie die Nachtmahr-Karte ihres Onkels als Kind berührt hat. Die Gespräche zwischen den beiden sind unterhaltsam, aber der Nachtmahr ist so stark gezeichnet, dass Elspeth ein wenig blass bleibt, bevor sie zum Ende hin deutlichere Konturen annimmt. Ravyn, der Streiter, ist ebenso unaufgeregt dargestellt, seine Kernkompetenz sind nicht unbedingt zwischenmenschliche Beziehungen, aber das macht ihn glaubhaft. Die Nebencharaktere haben fast noch mehr Potential als die Protagonisten und machen Lust, mehr über sie zu erfahren.
Insgesamt ist der Schreibstil eher unauferegt und schlicht, es gibt spannende Momente, aber man sitzt nicht durchgehend an der Kante seines Stuhl und zittert sich durch die Seiten. Muss man auch nicht, die Geschichte und die Welt ist düster und blutrünstig genug, auch wenn gerade geopolitsch/gesellschaftlich ein wenig die "Tiefe" zu richtigen Fantasy-Schmökern fehlt. Auf die Umgebung, andere Länder oder die Gesellschaft wird nicht mehr als nötig eingegangen; vieles bleibt oberflächlich und die Vorhersehungskarten und ihr Mythos stehen im Mittelpunkt. Das macht aber auch nichts, das Buch ist kein Sanderson, kein Tolkien oder Martin. Manchmal hat das Buch ein paar unnötige Längen, Elspeth bleibt etwas zu blass und nichtssagend (bisher), was ich besser finde als diese 18-20 Jährigen spindeldünnen Mädchen mit Glasknochen aber "Rundungen an den richtigen Stellen", die sich den nächsten Zweihänder greifen und ohne jegliche Kampferfahrung zehn Gegner niederstrecken. Dahingehend ist Elspeth angenehm anders und ... ja, eigentlich normal. Die vielen Aspekte, die mir gefallen, überwiegen für mich die Schwächen, sodass ich nach dem Cliffhanger sehr gerne den zweiten Teil weiterlesen werde und gespannt bin, wo uns die Reise weiter hinführt.