Mein Casper (14) lebt nun seit etwas mehr als einem Jahr mit der Diagnose Demenz. Das erste Mal habe ich es wirklich gemerkt, als er beim Gassi gehen auf einmal völlig „weg“ war. Er hat mich zwar angesehen, aber man hat sofort gesehen, dass er mich in diesem Moment nicht erkannt hat. Er hat auf keinerlei Rufen reagiert und ist dann zwar nicht panisch, aber sehr zielstrebig alleine nach Hause gelaufen. Das war für mich der Moment, an dem ich wusste, dass etwas nicht stimmt. Danach haben wir ihn gründlich untersuchen lassen, organisch war aber alles in Ordnung, und so blieb die Diagnose Demenz. Rückblickend hat dieser Vorfall aber auch viele andere Dinge erklärt, die bis dahin schon passiert waren, die ich jedoch noch als typische Tüdeligkeit eines alten Hundes abgetan hatte.
Seitdem sind Schritt für Schritt neue Symptome hinzugekommen. Casper hat zum Beispiel nie Probleme mit Futter gehabt, im Gegenteil – er hat immer alles sehr gerne gefressen, besonders Nassfutter, Katzenfutter, Leberwurst und solche besonderen Dinge. Heute ist davon leider nichts mehr möglich. Es wechselt ständig: Mal frisst er mit großem Appetit, als hätte er das Beste seines Lebens im Napf, und im nächsten Moment lehnt er genau das Gleiche mit sichtbarem Ekel ab.
So auch heute morgen.... Gestern war Hühnchen aus dem airfryer für ihn das non plus ultra. Ich war schon happy, weil ich mich vollkommen damit abfinden kann, ihn ab sofort von Hühnchen und Pommes zu ernähren.
Heute morgen allerdings war das so ziemlich das ekelhafteste auf der ganzen Welt. Beim Gassi hat er dann auch wieder das Gassi trockenfutter verwehrt, dann einen halben Hühnerhals gefressen, nach mehr gebettelt (ich hatte allerdings nur diesen einen dabei) das erneut angebotene trockenfutter wieder mit sichtbaren Ekel und Vermeidung abgelehnt nur um kurz darauf zwei ganze Hände voll von exakt dem gleichen Futter weg zu knuspern. Jetzt ist es dagegen schon wieder eklig und wird gemieden.
Außerdem war er nie zu hundert Prozent stubenrein, aber inzwischen scheint er sämtliche Hemmungen verloren zu haben und pinkelt einfach dort, wo er gerade steht.
Dazu kommt ein Vorfall, den es in 14 Jahren mit ihm noch nie gegeben hat: Er hat einen Besuchshund direkt in die Nase gebissen und festgehalten – völlig aus dem Nichts. Casper war immer der Hund, der lieber ausgewichen ist, wenn ihm etwas zu viel wurde, deshalb hat mich das sehr erschreckt.
Außerhalb dessen zeigt er allerdings weder Schmerzen noch Anzeichen von Übelkeit oder Unwohlsein. Er schläft gut, fest und ausreichend, bewegt sich gerne, wenn er draußen ist, und sofern er in dem Moment etwas Leckeres findet, machen wir auch weiterhin unsere Physio und kleine Tricks mit Spaß und Freude. Ist er allerdings gerade „nicht da“, dann hat er natürlich auch daran keine Freude. Er trinkt nicht vermehrt, riecht nicht ungewöhnlich, seine Haut ist in Ordnung, die Zähne sind tipptopp und in seinen normalen, klaren Momenten frisst er ganz normal und kaut mit beiden Seiten gleichmäßig. Temperatur ist auch normal.
Mäkeln schließe ich ehrlich gesagt auch komplett aus. Es gab hier schon immer für alle alles, auch Essensreste und sonstige schmackofatz, ganz ohne Anlass immer mal wieder.
Auch fehlender Appetit ist nicht das Problem. Er hat Appetit und Hunger, nur ekelt er sich wirklich unfassbar vor Futter und da auch egal vor was und auch wenn es vor zwei Minuten noch das beste Essen auf der Welt war.
Und ja, ich bin mir auch ganz sicher, dass es wirklich Ekel ist. Zum Teil rennt er regelrecht weg, meidet, macht sein Ekelgesicht.
Auch an der Tageszeit kann ich keinen Unterschied erkennen, es macht auch keinen Unterschied, ob vor während oder nach dem Gassi, direkt nach dem Schlafen oder eine Weile danach. Auch seine Medikamente machen hier keinen Unterschied.
Seit gestern hat er jetzt testweise zu einer am Tag etwas gegen Übelkeit bekommen, einfach um das auch wirklich sicher ausschließen zu können. Wie man an dem Szenario heute morgen sieht, leider ohne Erfolg.
Natürlich versuche ich das ganze für ihn neutral zu halten, um Futter nicht mit Druck in Verbindung zu setzen. Ich biete ihm immer mal wieder etwas an, wenn er es nicht frisst, nehme ich es einfach wieder weg, außer bei seinen Medikamenten, da muss halt einfach etwas in den Magen. Trotzdem wird er sicherlich merken, dass mich das belastet.
Kennt jemand diese plötzlichen Umschalt-Momente beim Fressen? Also dass der Hund ein und dasselbe Futter erst sehr gerne nimmt und es im nächsten Augenblick abstößt, als wäre es das Ekligste überhaupt?
Wir haben selbstverständlich bereits einen Termin beim Tierarzt vereinbart, mir geht es hier nur darum, weitere Ideen, Gedanken oder Erfahrungen zu sammeln, um das Ganze besser einordnen zu können. Ich habe mich sehr intensiv mit dem Thema Demenz auseinandergesetzt und mir ist vollkommen bewusst, dass es sehr wahrscheinlich auch darunter fällt, aber auch ist er medikamentös und nahrungsergänzungsmäßig gut eingestellt. Aber während ich mit vielen anderen Symptomen der Demenz besser umgehen könnte, fällt mir dieses Futterthema besonders schwer. Deshalb hoffe ich einfach noch, dass es vielleicht doch eine andere, behandelbare Ursache ist.
Ich weiß einfach nicht, was ich machen soll, wenn das ganze jetzt so bleibt. Die kalte Jahreszeit steht vor der Tür, das hat in den letzten Jahren für ihn schon immer einen Verlust an. Lebensfreude bedeutet, es ist kalt und man muss ständig angezogen sein.
Wenn das fressen jetzt auch wegfällt und sogar mit negativen Gefühlen belastet wird, hat er außer schlafen nicht mehr viel was ihm wirklich Spaß macht.
Viel Text, ich hoffe, ich habe nichts wichtiges vergessen.