ich weiß, du meinst es gut und du liebst deinen Hund – das merkt man deutlich. Aber ich möchte dir trotzdem ein paar Dinge mitgeben, die du vielleicht bisher noch nicht gehört hast oder nicht wahrhaben willst. Und das ist gar kein Vorwurf, sondern etwas, das ich bei sehr vielen Hundehaltern erlebe: Die allermeisten Menschen kennen die Körpersprache ihres Hundes nicht oder deuten sie falsch. Das ist kein persönliches Versagen, sondern schlicht ein riesiges Wissensdefizit, das es in der Hundeerziehung leider immer noch gibt.
Stress zeigt sich nicht nur durch Knurren, Rückzug oder eingezogene Rute. Ganz im Gegenteil: Viele Hunde sind äußerlich freundlich, spielen, wedeln – und sind innerlich komplett überfordert. Häufige Stresssignale sind z. B.: Hecheln ohne körperliche Anstrengung, übermäßiges Schnüffeln, plötzliches Schütteln, Übersprungshandlungen wie Lecken oder Rammeln, leichtes Zittern, übertriebene Aktivität, ständiges Gähnen, geweitete Pupillen oder ein starrer Blick. Wenn ein Hund ständig markiert, andere Hunde besteigt oder in fremden Räumen unruhig ist, dann ist das fast immer ein deutliches Zeichen von innerem Druck – nicht von Freude. Und ja, auch hormoneller Druck kann dazugehören… aber auch das ist Stress.
Was mir bei dir auffällt – und ich sage das mit Respekt, aber eben auch klar: Du gehst sehr überzeugt davon aus, dass du deinen Hund „besser kennst“ als andere. Natürlich kennst du ihn gut, aber das schützt einen nicht davor, bestimmte Dinge falsch einzuschätzen. Hunde kommunizieren viel feiner, als viele Menschen es wahrnehmen. Nur weil ein Hund spielt und freundlich wirkt, heißt das nicht automatisch, dass alles in Ordnung ist. Gerade erwachsene Hunde spielen kaum noch rein aus Spaß. Da laufen in solchen Situationen oft ganz andere soziale Prozesse mit – Konkurrenz, Revierverhalten, Imponieren, Übersprung – das ist für uns Menschen schwer zu erkennen, wenn man sich nicht intensiv damit beschäftigt hat.
Zur Kastration: Nein, sie wird das Problem nicht lösen. Eine Kastration ändert nicht den Umgang des Hundes mit Stress oder seiner Umwelt. Im Gegenteil, kastrierte Rüden können dadurch sogar noch verunsicherter und reaktiver werden, wenn der hormonelle Puffer wegfällt. Wenn dein Hund heute überfordert ist, ist er das auch nach der Kastration – nur ohne die Möglichkeit, das durch Sexualverhalten abzubauen. Das Problem bleibt, nur anders.
Und zum Thema „Liebe, Zeit und Geduld“ – ja, das klingt immer schön. Aber ganz ehrlich: Es reicht nicht. Ein Hund braucht nicht nur Liebe, sondern auch fachliche Anleitung, Management und vor allem eine Person, die sich wirklich die Mühe macht, seine Sprache zu lernen. Alles andere ist gut gemeint, aber nicht artgerecht.
Ich hoffe, du fühlst dich nicht angegriffen – das ist nicht mein Ziel. Aber ich finde, wenn man sich in einem Forum Hilfe sucht, sollte man auch bereit sein, ehrliche Antworten zu bekommen. Und vielleicht ist genau das hier gerade so eine Möglichkeit, neue Perspektiven zuzulassen. Ich wünsche dir und deinem Hund aufrichtig alles Gute und dass ihr gemeinsam einen Weg findet, der euch beiden wirklich guttut.
Doch doch. Habe sogar einige Fehler gemacht. In über 20 Jahren Hundehaltung sogar heute noch. Und weißte was? Bei den meisten davon hat mir das doch recht große Wissen und die Erfahrung der Menschen aus diesem Forum weitergeholfen 😄
Hilfe ja 😃
Bei den meisten Usern kannst du ihren werdegang hier im Forum gut verfolgen... Wenn ich mir meine Beiträge von vor 14 Jahren durchlese, möchte ich gerne vor Scham im Boden versinken 🤣 ich war auch der festen Überzeugung, dass ich alles besser weiß und meine Hunde ja wohl viel besser kenne als die Leute hier im Forum.
Turns out.... Ich durfte und darf immer noch unglaublich viel dazulernen.