Ach, wenn man dann man mal mit Menschen arbeitet, sieht man mitunter, was sie alles für sich selbst nicht machen. Wieviele funktionale oder dysfunktionale Strategien man entwickelt um im Hamsterrad aus Verpflichtungen, sozialen Verstrickungen, Abhängigkeiten weiter zu wursteln. Blinde Flecken hat eigentlich jeder. Und ach, das Märchen von den immer fürsorglichen Eltern. Man kann sogar das Beste wollen, aber das heiß nicht, dass man das tut (by the way, da wir heutzutage ja Beziehungen zu unseren Hunden führen, halte ich es nicht mal für abwegig, dass Kinder und Haustiere ziemlich ähnlich in durchaus auch mal sehr ungesunden Beziehungen zu ihren Besitzern stecken. Die das nicht zwingend sehen. Emotionaler Missbrauch zb. Halt ich für einen ganz treibenden Faktor in der modernen Tierhaltung. Und sehr subtil grausam.)
"Wie kann man nur?" kann man anderen zwar vorwerfen, aber können einem andere in anderen Punkten meistens retour werfen und man sieht es selbst nicht.
Für mich sind fette Hunde ein Punkt, an dem mir der innere Kragen platzt. Wie man so blind und ignorant sein kann. Menschen, die ihren Hund in Krankheiten und frühereren Tod füttern. Also geschätzt 50-70% aller Hundehalter.
Derweil pflege ich meine Wohlstandswampe, die mich noch in Diabetes Typ 2 und abenteuerliche Blutfettwerte treiben wird und fühle mich erhaben.
Ich würde wahnsinnig gerne den meisten Menschen ihre Hunde weg nehmen, halte sie für eine Zumutung, inkompetent und blind. Es könnte allerdings sein, dass es doch ein bisschen anders ist.
Es ist nicht meine Aufgabe, anderer Leute Hundehaltung zu beurteilen oder den Pflegezustand des Hundes. Es geht mich schlicht nichts an, sofern ich nicht Zeuge wirklicher Abscheulichkeiten werde. Ich werde es auch in andere nicht reinerziehen oder sie missionieren können.
Auch Haustiere haben nicht mehr Recht auf weniger Elend, als ihre Besitzer.
Wobei: je nach Alter, sozialem Status und Gesundheitszustand hat Mensch die schlechtere Lobby. Oder möcht nicht vielleicht jemand 85jährige demente, inkontinente Mindestpensionisten adoptieren? Ich hätte da einige wirklich reizende. Nägel und Zähne gehören halt gemacht, letztes Blutbild aus 1970, vermutlich orthopädische Vollkatastrophe und 200 Entzündungsherde im Körper, aber kann eh nimmer sagen, was weh tut.
Und wenn mich der Umgang mit Menschen, für die es keine 20000 FB Herzchen gibt, was lehrt, dann: Es gibt die DF Perfektion im echten Leben nicht.
Man kann nicht alles retten und ändern. Den Menschen, der über die Monate mit seiner Bettdecke verwachsen ist, was bis auf die Matratze saftelt und übel stinkt, schicke ich ins Krankenhaus (Und hoffe sehr, er kommt nicht 5 Stunden später zurück, weil "Is ned schlimm. Bloß ein grausiger alter Typ. Der stirbt eh bald von allein.". Oder hoffe, meine Dokumentation ist gut genug, falls doch irgendwer auf den Zustand reagiert und dann mich wegen Vernachlässigung anzeigt. Nur ohne verbotene Zwangsmaßnahmen ließe sich die Situation vorher nicht ändern, wenn jemand nicht will oder die Lage selbst nicht mehr beurteilen kann. Ändern kannst meistens erst (vielleicht) etwas, wenn es wirklich übel wird. Davor selten)
Den Menschen, der seinen Hund neben mir minutenlang mit der aufgerollten Lederleine verdrischt, dass dem das Analsekret rausspritzt oder der 30 unterernährte Katzen in ihrem eigenen Kot in der Nachbarwohnung hält, zeige ich an.
Die Frau, die ständig vergisst ihrem Mann die Medikamente zu geben oder den schlecht eingestellten Diabetiker mit Kuchen füttert und seit 2 Jahren den Zahnarzttermin verschiebt, obwohl da nur noch faulige Stummel sind, nicht.
Ebensowenig wie die Dame mit dem fetten, schlecht frisierten Hund, der mit Bauch am Boden 3x täglich 200m um den Block keucht und dabei sein vergrößertes Herz aushustet und ein Brustgeschirr anhat, das vorn so breit ist, dass es es das Gangbild verändern muss (anders geht anatomisch gar nicht) und der 150% seines Grundumsatzes allein über die 5 Supermarkttrashhundekaustangen am Tag abdeckt und vermutlich allein davon schon alle Zivilisationskrankheiten, die man haben kann, kriegen wird.
Die wirklichen Extreme, da braucht es Aufmerksamkeit genug
Als solch definiere ich für mich, dass jemand die Gesundheit eines anderen akut bis hin zu lebensbedrohlich schädigt - also nicht "10 Jahre nur Konservenessen", sondern etwa Nahrungsentzug oder unsachgemäßer/fahrlässiger Umgang mit lebenswichtigen Medikamenten, was bis hin zum Tod führen könnte.
Körperliche Gewalt (die auch wieder jeder bissl anders sieht. In meiner Welt sind das vorallem Schläge, die Spuren und Verletzungen hinterlassen. Häusliche Gewalt.)
Emotionaler Missbrauch (noch schwerer greifbar. Dauert beim Menschen ewig, dass man als Außenstehender a) mitkriegt und b) eventuell aufbrechen kann, sofern das Opfer es überhaupt zulässt) der dazu führt, dass das Gegenüber quasi emotional aufgefressen und beherrscht wird.
Sexueller Missbrauch (ist ein Thema, das man öffentlich hier so nicht diskutieren kann, aber spielt, wenn man den Schätzungen glauben kann, eine erschreckend große Rolle bei der Tierhaltung. Vorallem bei Hunden. Tut es aber bei Kindern auch. Hundehandel ist dafür meistens weniger grausig, als Menschenhandel).
Oder auch Freiheitsentzug.
Das sind so cirka die Punkte, wo ich aufmerksam bleiben möchte.
Aktionistisch hyperventilieren kann man viel und wegen allerhand. Viel hilf aber nicht immer viel. Wenn alles immer ganz arg und ganz schrecklich und Vernachlässigung ist, sind die wirklichen Auswüchse quasi normalisiert. Keine Abstufung von schlimm mehr. Ob mein Hund zu lange Krallen hat oder ich ihm ein Bein abschneide, weil er nicht brav war, eh alles eins.
Nein, ich seh es tatsächlich so: ein bisschen Elend, ein bisschen verdrängen, ein bisschen nicht kümmern, gehört unweigerlich im Leben immer mal irgendwo dazu. Dass nicht alles alles am Hund sehen, ähnlich wichtig nehmen wie man selbst, ebenfalls.
(Und bis alle mitgekriegt haben, was das aktuelle "Muss man so machen" beim Hund ist, hat sich das schon wieder geändert).
Oder in Bezug aufs Pflegezustandsthemaja tatsächlich auch recht häufig "Tierarzt hat aber nichts gesagt" zb. Man ist manchmal einfach auch nicht in der Rolle um Dinge so ansprechen zu können, dass sie vielleicht gehört werden. Am Menschen dürfte ich zb beruflich die Diagnose "Der Zahn muss raus!" gar nicht stellen. "Sie sollten mal wieder zum Zahnarzt gehen" wär höchstes der Gefühle. Der Arzt darf die Diagnose stellen. Sieht der das anders, kann ich im Kreis hüpfen und mir die Haare ausreißen und es ist egal.
Man soll nicht blind durchs Leben laufen, aber auch nicht die Energie an den "relativen Kleinscheiß" verlieren, an dem man sich nur abnutzt.