Ich glaub mittlerweile bei uns ist das Problem, dass ich ihn nicht gut genug führe. So wie er sich gerade benimmt: Stalking in der Wohnung, alles makieren was nur geht, link-rechts-rückwärts-vor bei Spaziergängen, draußen kaum ein Blick für mich, kann nicht gut alleine bleiben, muss immer mitten im Raum liegen und alles im Blick haben…mein Gefühl sagt mir, dass sich der Hund aktuell in der Führung sieht.
Das glaube ich nicht. Das ist bloß das, was einem je nach Bubble gern vermittelt wird.
Ich war vor ein paar Monaten in demselben Kreislauf wie du. Aufgeregter Hund, miese Leinenführigkeit, stressige Vergleichsmomente in der HS-Gruppenstunde, fragwürdige Trainertipps, Insta-Accounts, wo alles wie von selbst zu klappen schien ..... - ich hab ständig an mir gezweifelt und irgendwie war alles so mühselig.
Kein Wunder eigentlich. Ich hatte Monate nur mit dem Üben von Impulskontrolle, Frustrationstoleranz, Leinenführigkeit usw. verbracht. Hatte sämtliche 08/15-Tipps der Trainer umgesetzt: Der "freche" (Aussage einer Trainerin) Hund durfte nicht scharren, markieren an der Leine sollte er auch nicht, musste im Haus ständig auf einem zugewiesenen Platz - natürlich am möglichst hintersten Ort des Hauses - bleiben, sollte an der Leine am besten hinter und unter keinen Umständen vor mir laufen (das war allerdings ein Ding der Unmöglichkeit
) usw. Im Freilauf hab ich ihn vor jeder Weggabelung ins Sitz geschickt und bin vor ihm um die Kurve, um "ihn aus der Verantwortung zu nehmen". Im Haus durfte er auf keinen Fall bspw. vorm Bad liegen, während ich duschen war. Weil er sonst ja auf mich aufpasst und das nicht sein darf. Usw. Wir haben echt ALLES geregelt. Fühlte sich zwar unnatürlich an, aber hey. Profis wissen was sie tun, dachten wir.
Ich hab monatelang so nette Methoden wie Blocken genutzt in dem verzweifelten Versuch, den Hund bloß maximal neben mir laufen zu lassen (Spoiler: Gebracht hat das nix. Dadurch ist er bloß abgestumpft, so dass ich am Ende vor der Wahl stand, entweder richtig massiv zu werden, oder den Mist endlich zu lassen).
Dieses ganze Trara hat einfach nichts gebracht. Impulskontrolle zB bei Hundebegegnungen war weiterhin null vorhanden. Er war kein bisschen leinenführig. Häufig aufgeregt. Konnte nur so semi allein bleiben.
Gegen die Aufregung bei anderen Hunden hatte die Trainerin in der Gruppenstunde übrigens immer nur den Rat "geh weiter weg wenn er das noch nicht aushält, das wird mit der Zeit". Super Tipp. Ich hab dann halt kaum noch was verstanden und geändert hat sich auch nix, im Gegenteil 
Ende letzten Jahres hab ich dann auch in der zweiten Hundeschule gekündigt, Einstellungen überdacht und agiere jetzt viel mehr nach Bauchgefühl.
Er kann an der Leine laufen wo er möchte, nach Herzenslust scharren (ich sollte ihm übrigens einen Futterbeutel an den Kopf werfen, um das zu verhindern
), es gibt viel mehr Kuscheleinheiten (die waren vorher dosiert, um ihn nicht zu sehr in den Mittelpunkt zu stellen
).
Seitdem ist alles so unendlich viel entspannter und es fühlt sich einfach natürlicher an. Alleinbleiben ist überhaupt kein Problem mehr. Selbst die Leinenführigkeit klappt deutlich (!) besser.
Einen allerletzten Versuch mit einer Trainerin starten wir in ein paar Wochen, um das Thema Hundebegnungen noch besser hinzukriegen, aber da sind wir auch schon so auf einem guten Weg.
Was ich damit sagen will: Oft ist es besser, nicht alles zu sehr zu durchdenken. Sich nicht zu sehr zu vergleichen, auch wenn das manchmal schwer ist. Mehr Geduld zu haben. Und auch mal bewusst nicht auf andere zu hören.