Ich habe wirklich keinerlei Wunsch - als selbst Betroffene - soziale Ängste kleinzureden.
Aber es hat schlicht eine (unfreiwillige) Ironie, sich auf den Standpunkt zu stellen: „Bleib mir mit Deinen von meinem Hund ausgelösten nicht rationalen Ängsten vom Hals, ich habe eine soziale Phobie.“ Denn der Betroffene, der über einen für ihn beängstigenden Sachverhalt das Gespräch mit mir sucht, ist ebenso wenig verantwortlich für meine Ängste wie ich dafür, dass er zwar gesicherte, aber lautstark pöbelnde Hunde gruselig finde.
Wenn ich einen Hund an einem öffentlich frequentiertem Gehweg laut pöbeln lasse, zwinge ich meine Umwelt, sich mit dieser Tatsache zu befassen und auseinanderzusetzen. Im Wissen darum, dass das für viele Menschen in unterschiedlichem Grad unangenehm bis hin zu beängstigend ist. Natürlich weiß man das - gerade wenn man dem Hund zur Abschreckung am Zaun anschlagen lässt, nutzt man das ja auch bewusst.
Wenn dann nun ein Betroffener einen selbst damit konfrontiert, was das in ihm auslöst, dann ist das möglicherweise nicht angenehm. Ebenso wenig wie dem Betroffenem der wütend bellende Hund. Aber es ist dessen Recht - ja, der darf klingeln und seine Besorgnis äußern - und letztlich eine mögliche Folge des eigenen Handelns. Zu erwarten, dass alle Mitmenschen die unangenehme Situation am Zaun in Kauf nehmen, einem selbst aber die unangenehme Situation des unerwünschten Kontakts nicht zumuten, ist Messen mit zweierlei Maß.
Heißt natürlich nicht, dass man verpflichtet ist, was zu ändern, so lange man sich auf eigenem Grund rechtskonform verhält. Aber der Austausch kann hier ha trotzdem schon mal hilfreich sein. Menschen können besser mit was Unangenehmen ab, wenn sie den Grund dafür verstehen. Wie so ein Gespräch verläuft, hängt von beiden Beteiligten ab und inwieweit die bereit sind anzuerkennen, dass hier nicht einer unsozial, unverschämt, übergriffig oder dahergelaufen ist, sondern einfach zwei berechtigte Interessen kollidieren.