Natürlicher Schutzinstinkt oder Dominanzproblem?

  • Hallo!


    Ich hatte gestern eine interessante Unterhaltung und würde gerne Eure Meinung hören!


    Es ging in einem Punkt darum, ob ein Hund von sich aus Haus und Grundstück oder zur Familie gehörende Kinder (im Ernstfall auch den Besitzer) beschützen sollte. Die Meinungen gingen da auseinander.


    Die einen meinten, das wäre völlig in Ordnung und sie würden das von ihrem Hund auch erwarten, in der Natur wäre es auch die Aufgabe aller, Gefahren zu erkennen und das Rudel zu schützen - die Gegenseite meinte daß nur ein Hund der sich als "Rudelführer" fühlen würde soetwas von sich aus machen würde, in jedem Fall habe der Besitzer zu entscheiden wann und wo etwas verteidigt würde. In der Wildbahn würde auch nur der Rudelführer das Rudel verteidigen bzw. zum Angriff blasen.


    Ich bin sehr gespannt auf Eure Meinungen!


    Liebe Grüße, Katharina
    (die nicht völlig ratlos ist sondern eine der Positionen vertritt aber erstmal neutral Eure Meinungen hören möchte)

  • Puuuha, schwere Frage. Ich hab immer gesagt: Die Benda würde mich nicht verteidigen, die würde vielleicht das Messer apportieren, aber helfen...?
    In der letzten Zeit, wir haben ja Scully schon ne Weile, hab ich festgestellt, dass sie, wenn Scully ernsthaft von einem anderen Hund bedrängt wird sofort und heftig dazwischengeht. Zickt Scully nur rum oder spielt, zeigt sie kein Interesse.
    Vielleicht habe ich meinen Hund falsch eingeschätzt? Vielleicht würde sie -wenn mich jemand ernsthaft angehen würde- auch eingreifen? Ist ein ganz neuer Gedanke für mich.


    Ich hatte einmal eine Situation in einem Wald mit meiner alten Leih-Schäferhündin, ein lammfrommes Wesen. Auf einem schwer zugänglichem Waldweg war auf einmal ein "Jogger" hinter uns. Der joggte zwar, trug aber keine Sportsachen. Ich hatte sofort ein ganz schlechtes Gefühl. Er fragte nach ob der Hund etwas tue. Instinktiv fasst ich nach dem Halsband und sagte etwas wie: wenn sie keinen Grund hat, dann nicht. Josy stand stocksteif, fixierte und sah nicht nach Spaß aus. Der Typ joggte dann weiter, aber das flaue Gefühl blieb. Der Hund hatte also sofort die Situation, meine Unsicherheit und die vermeintliche Bedrohung realisiert und stand bereit. Und ich hatte nicht den Eindruck dass das aus: die hat keinen Schnall, keine Chefqualitäten, ich übernehm jetzt das Zepter, sondern aus einem Gefühl der Bedrohung für das "Rudel" geschah.


    liebe Grüße


    Ella

  • :gut: Ich finde, Klar soll er das.Ich bin sehr oft alleine zu Hause und wir wohnen so ziemlich allein auf Feld und Wiese.Mein Hund meldet alles was nicht zum Tagesablauf gehört und vor allem Nachts.Müllmänner,Post und Besucher die er kennt verhält er sich neutral.Aber ein Fremder käme nicht bei uns ins Haus oder Garten.Das haben wir auch so gewollt und geübt (mit fremden Helfern von Hundeplätzen in Zivil).


    Ich habe mir einen Hund ausgesucht mit dem man das gut machen kann.Allerdings hört er sofort wenn ich Ihn abrufe.


    Glaube aber schon das Hunde die in einer Familie leben ,das zu Ihrer Aufgabe machen,manche mehr manche weniger.Und solche die noch dem Fremden den Weg zum Kühlschrank zeigen.


    Wie siehst Du das ?


    :blume: Grüße Gabi

  • Beides richtig aber doch auch beides falsch.


    Richtig: In freier Wildbahn, also unter Wölfen, obliegt es den Leittieren einen Angriff oder eine Verteidigung zu steuern. Allerdings agiert ein Wolfsrudel strategisch. Soll heißen, es greift der an dem diese Aufgabe zugeteilt ist oder die günstigste Position inne hat. Das ist längst nicht immer ein Leittier. Warum auch wenn ein anderer die "Drecksarbeit machen kann? Das nur und ausschließlich die Leittiere kämpfen kommt praktisch nur bei Konfrontationen mit etwa gleich starken Rudeln vor. Und selbst hierbei unterbleibt ein Kampf in den meisten Fällen.
    Bei Hunden ist es völlig anderes. Der überwiegende Teil aller Rassen sind selektiv auf selbstständiges Handeln hin gezüchtet worden. Welcher Jäger kriecht selbst in den Dachsbau, welcher Hirte kämpft selbst gegen Wölfe oder verfolgt einen Bären, welcher Viehzüchter in Südamerika kämpft selbst gegen Raubkatzen, welcher "weiße Afrikaner" kann einer Löwenfährte folgen, welcher Sklavenaufseher hätte im Sumpf oder im Jungle eine Gruppe Flüchtlinge finden können, welcher Mühlenbesitzer ist nachts auf Rattenjagd gegangen unsw.? Viele Rassen konnten und durften teilweise über Jahrtausende kein Kommando abwarten.


    Der Mensch sollte dem Hund mitteilen können wann ein Angriff oder eine Verfolgung zu unterbeiben hat bzw. einen Angriff abbrechen können. Das ein Hund aber bemüht ist im Interesse seines Führers zu agieren, ist normal und unabwendbar. Vor allem dann, wenn der Führer den Angriff nicht durchführen kann- aus Angst zum Beispiel. In dem Fall ist es schlicht die Aufgabe des Hundes diesen Part zu übernehmen.
    Deshalb gibt es ja so viele Missverständnisse und unerwünschte Verhalten der Hunde. Dann, wenn aus Sicht des Hundes eine Diskrepans zwischen Anspruch auf die Führerschaft und realem Führungsvermögen besteht.


    Gruß
    Wakan

  • Das man seinen Hund jederzeit und gerade in einer Gefahrensituation unter Kontrolle haben muß und eingreifen kann setze ich voraus.


    Ich bin nur der Meinung, da man einem Hund -auch wenn er seinen Rang genau kennt- nur schwer begreiflich machen kann daß es nicht seine Aufgabe ist aufzupassen. Ist es nicht sehr natürlich, daß ein Hund seine Familie verteidigt? Wie weit er dabei gehen darf ist Sache des Besitzers, der diesem Verhalten Grenzen setzen muß. Nur sollte mich mein Hund in einem Moment, wo ich mir der Gefahr vielleicht noch gar nicht bewußt bin, doch zumindest darauf aufmerksam machen und nicht abwartend in der Ecke liegen bis ich reagiere.


    Auch bei den Wölfen wäre mir ein Verteidigungsmonpol der Alphas unklar, wie Wakan schon gesagt hat gibt es oft rangniedirgere Tiere in effektiveren Positionen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß immer erst das Leittier informiert wird bevor eine Gefahr abgewendet wird.


    Liebe Grüße, Katharina

  • Zitat

    Ich kann mir nicht vorstellen, daß immer erst das Leittier informiert wird bevor eine Gefahr abgewendet wird.


    Liebe Grüße, Katharina


    Vor allem dann nicht, wenn das Leittier oder die Leittiere überhaupt nicht da sind, was manchmal tagelang der Fall ist. :wink: :)


    Ist ein Vorurteil wie die ewige Frage: "Wer geht zuerst durch die Tür oder wer geht vor und wer bleibt hinten"?


    Stellt ein Wolfsrudel vor das in verschneiten Bergen auf die Jagd geht. Da gibt der Leitwolf die grobe Richtung an und ein rangniederes Tier macht die Schwerstarbeit und tritt eine Spur in den Schnee in der die anderen folgen. Der Leitwolf wäre nicht der Leitwolf, würde Aufgaben erledigen die Rangniedere machen können.
    Bei meinem Rudel ist der Leithund nie der erste. Nicht bei der Jagd, nicht bei Ärger und nichtmal beim Fressen und nicht wenn es raus oder rein geht. Das hat er überhaupt nicht nötig. Nieman würde etwas tun das er nicht akzeptiert- egal wo er ist.


    Chef sein wollen und Chef sein ist ein riesen Unterschied. :wink: :)


    PS. Ich finde die Diskussionen über "Dominanz" immer so nett. :wink:

  • :wink: ... vor allem wenn man im Laufe des Gesprächs merkt daß da eine lebendige Ausgabe von Jan Fennell Büchern (Chef ist wer zuerst frißt, wer zuerst durch die Tür geht, wer beim Spaziergang vorne läuft,...) vor sich stehen hat.


    Irgendwie hat sich das in sehr vielen Köpfen festgebrannt. Wäre ja auch ein schön einfaches Rezept zur Hundeerziehung...

  • Ernsthafte oder ironische Frage? Ich setz Dir mal einen Link zu Amazon rein auf Ihr bekanntestes Buch: "Mit Hunden sprechen". Gibt leider noch immer sehr viele die drauf schwören und es zu "Pflichtlektüre" deklarieren. Und in Diskussionen findest Du ganz schnell raus, wer genau auf Fennells Basis argumentiert.



    Zusammengefaßt rät sie Hundebesitzern zu wenigen angeblich alle Probleme lösenden Methoden:
    immer vor dem Hund durch die Tür gehen,
    immer so tun als würde man vor dem Hund ein Stückchen aus seinem Napf essen,
    den Hund bei Begrüßungen immer erstmal ca. 5 Minuten lang ignorieren, ...


    Naja... . Leider alles sehr vereinfacht und zum Teil einfach falsch (siehe oben: was macht einen Rudelführer zum Rudelführer?)


    Liebe Grüße, Katharina

  • Nein, die Frage war nicht ironisch gemeint.
    Ich habe das Buch wirklich nicht gelesen. Ich habe überhaupt noch nie ein Buch über Hundeverhalten und Erziehung gelesen.
    Alles was ich über Hunde weiss ist das Ergebnis eigener Beobachtungen von Hunden plus Hintergrundwissen das ich durch einzelne Publikationen erlangt habe.
    Ich versuche immer mich nicht von irgendwelchen Theorien beeinflussen zu lassen. Freue mich aber wenn ich durch Einzelpublikationen oder persönliche Gespräche mit Leuten wie Bloch oder Feddersen oder anderen dieses Qualifikationsniveaus feststelle, das diese meine Ansichten teilen oder Aspekte mit in meine Überlegungen einbeziehen kann, die ich zuvor übersehen habe oder denen ich eine falsche Priorität eingeräumt habe.

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