Vergangenheit eines TH Hundes?

  • Hallo,

    ich bin neu hier :) und habe gleich ein "größeres" Problem.

    Beim Gassigehen im örtlichen TH habe ich mich in eine Schäferhündin verliebt. Leider weiß man im TH nicht viel über sie, nur dass sie eine schreckliche Vergangenheit hat. Die Ärztin schätzt sie auf 6-7 Jahre.

    Folgendes ist ihr passiert bzw ist auffällig an ihrem Verhalten:
    - das Ohr mit der Tätowierung wurde abgeschnitten
    - "Schleifspuren" an Vorder- und Hinterbeinen (auch starke Reaktion bei schleifenden Geräuschen)
    - kahle kreisrunde Stelle um den Hals
    - wurde mit 16kg im Wald gefunden und war fast zu schwach zum Laufen
    - sie spielt nicht - weder mit Spielzeug noch mit anderen Hunden
    - sobald sie sich beim Gassi gehen in der Leine verheddert steigt sie selber so, dass die Leine wieder rechts oder links von ihr ist und nicht mehr um/ durch die Beine
    - kennt keine Kommandos bzw geht rückwärts wenn man Kommandos gibt
    - wenn die Stimme bestimmter (nicht laut!) wird erstarrt sie zu Stein ebenfalls bei schnellen Bewegungen

    Ich hatte sie jetzt schon zweimal zum "probewohnen" und sie ist eine richtige Couch Potatoe. Fernseher war wohl auch nicht wirklich bekannt, Klingel machte aber nix aus.

    Nun kenne ich mich mit der sog. scharfen (Schäfer-)Hundeerziehung nicht aus. Ich würde trotzdem gerne mehr zu ihr erfahren. Viele Dinge kann ich beim Gassi gehen beobachten und mir Gedanken dazu machen. Zum Beispiel dass sie, sobald man stehen bleibt, artig herkommt und sich an einen drückt. Viele Dinge kennt sie auch einfach nicht, bzw traut sie sich nicht nehmen.

    Mir drängt sich der Eindruck auf, dass sie ein Kettenhund war, und vielleicht versucht wurde sie scharf zu machen. So wie ich sie bisher erleben durfte kann ich mir vorstellen dass das kein erfolgversprechendes Unternehmen war. Trügt mein Eindruck? Hat irgendwer eine Vermutung was diesem armen Tier widerfahren sein könnte?
    Da auch das Gesäuge gut ausgeprägt ist gehe ich auch davon aus, dass sie zur Zucht gebraucht wurde.

    Bin für jeden Tipp dankbar, habe bisher nur Erfahrung mit "normalen" Hunden gemacht.

    Grüße,
    Homerette

  • Hallo und willkommen im DF!!
    Deine Einschätzung hört sich schon ziemlich gut an, allerdings glaube ich nicht so richtig, daß sie scharf gemacht werden sollte, aber das mit der Zuchthündin käme wohl schon eher in Betracht.
    Was ich bei ihr probieren würden, weniger mit der Stimme, sondern mehr mit dem Clicker und Handzeichen arbeiten. Viel über Leckerlis, falls sie die nimmt. Sozusagen eine "stumme" Kommunikation, bis sie genug Vertrauen gefaßt hat.
    Ich finde es toll, daß Du Dich um so eine arme Seele kümmerst!!! :gut:

  • Hallo,

    schön das du die Maus nehmen möchtest.

    Ihr wollt euch beide eine gemeinsame Zukunft aufbauen, dann vergiß ihr altes Leben, denn jetzt startet sie in ihr neues Leben. Ich weiß von meinem auch nur Bröckchen und er hatte es auch nie gut, aber er ist jetzt bei mir und deshalb haben wir seine schreckliche Vergangenheit über Board geworfen. Ich habe seine Vergangenheit nur im Hinterkopf um für manche Verhaltensweisen eine Erklärung zu finden und dann daran zu arbeiten. Meiner war am Anfang übrigens auch so ruhig, fast schon authistisch, wenn man das so nennen mag. Aber wenn man sie mal mehrere Monate hat, dann kommt das Vertrauen und die Bindung und meinen Hund würdest du jetzt nicht wiedererkennen, er hat sich zu 100% verändert, ist richtig lebensfroh geworden.

    Von der Beschreibung her würde ich sagen, dass sie aufs übelste misshandelt wurde und evtl. wollte man sie verhungern lassen und hat sie dann ausgesetzt. Vielleicht hat sie auch ein Stachelhalsband getragen. Aber ehrlich gesagt, mehr möchte ich dazu gar nicht mehr sagen, weil es einfach krank ist und man manche Dinge nicht Wissen möchte.

    Hab die Maus einfach lieb und geb ihr das Hundeleben zurück, was sie verdient hat.

  • Wir haben unsere Leika aus privaten Händen, sie wurde uns als lieb, pflegeleicht, gut erzogen angepriesen.

    Über Nachbarn haben wir etwas mehr über sie erfahren: Sie wurde - zumindest die letzte Zeit bevor sie zu uns kam - fast nur im Zwinger gehalten. Wenn sie Glück hatte, durfte sie einmal am Tag im Garten herumlaufen. Spaziergänge waren ihr ziemlich fremd, besonders wenn sie länger als 10 Minuten dauerten. Leinenführigkeit? Fehlanzeige. Ja, sie hörte auf ihren Namen, konnte Sitz und Platz, aber das war schon fast alles.
    Leika hatte Angst vor allem - Menschen, Busse, Flugzeuge, Radfahrer, Jogger usw. usw. Ungewohnte Geräusche musste man erst einmal verbellen.

    Am Anfang war sie noch eher ruhig, als sie dann merkte, dass wir ihre neue Familie sind, fing sie an auszutesten und ich war oft genug drauf und dran, sie zurückzugeben. Aber immer, wenn ich den kleinen Zwinger vor mir sah, kam ich von diesem Gedanken wieder ab.

    Inzwischen haben wir uns mit Leikas Macken abgefunden. Sie wird wohl nie ein ganz entspannter Hund werden und es wird immer irgendwelche Situationen geben, in denen sie mit Angst reagiert. Wir versuchen, ihr soviel Sicherheit wie möglich zu geben und in zweifelhaften Situationen ist sie halt immer angeleint (grundsätzlich in Wohngebieten, ums Haus herum, wenn unverhofft Menschen auftauchen könnten). Im Gelände läuft sie inzwischen meist frei, ist gut abrufbar, verträgt sich mit nahezu allen anderen Hunden (bis auf einige wenige Intimfeinde). Menschen mit Hund sind ok, Menschen ohne Hund - ok, da passen wir höllisch auf, versuchen aber, so viele positive Begegnungen wie möglich zu fördern.

    Zuhause ist Leika eine ganz liebe, sie kommt kuscheln, spielt (was Spielen ist, wusste sie auch nicht wirklich, als sie zu uns kam), begrüsst uns freudig.... Besuch wird vorgewarnt und mit Leckerchen versehen, dann klappt das auch in der Regel gut.

    Wir wissen, dass wir noch viel Arbeit mit ihr haben werden, sehen aber auch, dass man mit Geduld und kontinuierlicher Beschäftigung mit ihr schon sehr viel erreichen kann.

    Auch die Tierärztin sagte letztens: Das ist ja ein ganz anderer Hund geworden....

    Schön, wenn sich Menschen finden, die solchen armen Viechern ein neues Zuhause geben - oder vielleicht das erste richtige Zuhause, das diese Tiere kennenlernen.

    Gruss
    Gudrun

  • Warum ist es dir so wichtig zu wissen,w as dem Hund widerfahren ist? Das ist nicht wirklich wichtig.

    Wichtig ist es, wie es dem Hund JETZT geht! Und das ist der Istpunkt, hier setzt du an. Was früher war, vergiß es. Arbeite an den Problemen, die der Hund heute hat. In der Vergangenheit zu suchen bringt nichts.

    Möglich, dass der Hund an der Kette war. Und wenn ja, was ändert das? Hat der Hund nioch 16 kg? Sicherlich nicht. Hund spielt nicht? Dann ist das halt so. Man kann versuchen mit Leckerchen Anreize zu bieten.

    Hund steigt über die Leine? Nun, schlauer Hund.

    Hund hat kahle Stellen am Hals gehabt? Kann eine Allergie aufs Halsband gewesen sein.

    Hund geht rückwärts bei Kommandos? Meideverhalten, Hund bekam wahrscheinlich Ärger, wenn er es nicht geblickt hat. Mach dich klein, gib Leckerchen, übe geduldig, damit Vertrauen aufgebaut wird.

    Möglicherweise wurde der Hund als Gebärmaschine mißbraucht.

    Ohr abgeschnitten, nun so kann man den Besitzer nimmer finden.

    Das mit den Schleifspuren hab ich nicht kapiert. Schleift der Hund die Beine oder wurde er geschleift?

    Wie dem auch sei, ein Hund lebt im Hier und Jetzt und es nützt im gar nichts, wenn du ihn wegen seiner Vergangenheit bemitleidest. Überlege, ob du mit den heutigen Problemen klar kommst. Teste, ob du mit Leckerchen weiterkommst. Ich habe viele Th-Hunde mit blöder Vergangenheit erlebt, die durchaus eine prima Zukunft hatten, wenn man gedudlig mit ihnen arbeitet. Du musst dir nur vorstellen, du wärst der Hund und würdest plötzlich lauter grüne Marsmenschen sehen. Alles fremd. Und dazu sprechen sie alle auch noch chinesisch.

  • Unser ist auch aus dem Tierheim - wurde zwar wohlnicht misshandelt (sind jedenfalls keine physischenoder psychischen Spuren zu erkennen) aber er zeigte anfangs auch so Sympome wie - Spielen? Was ist das? Das ist langsam mit der Zeit gekommen. Auch hat er keinen Mucks von sich gegeben - kein Bellen kein Fiepen, kein tief Luft holen. Nichts. Einige Situationen kanne er gar nicht und hat dann unheimlich aufgeregt und liess sich nur schwer beruhigen. Er brauchte nach zwei Jahren TH einfach seine Zeit, konnte uns noch nicht einschätzen (wie würden wir reagieren wenn er bellt?) unsw. Inzwischen benimmt er sich immer mehr wie man es von einem Hund erwartet - ein gutes halbes Jahr hat das aber schon gedauert. Und selbst jetzt, nachdem wir ihn shcon gute anderthalb Jahre haben merke ich immer noch manchmal, dass er sich weiterentwickelt.
    Dass sie sich an deine Beine drückt ist super - das ist ein Zeichen vollsten Vertrauens zu dir uns dass sie dich als deinen Beschützer sieht.

    Ihr habt also super vorraussetzungen. Was ihr wirklich passiert ist - dass wirst du wohl nie rausfinden aber nachdem was du schreibt hat sie einige schwere Misshandlungen durchgemacht. Das im HInterkopf zu behalten um einige Reaktionen des Hundes erklären zu können ist wohl dass sinnvollste Barry Bär schreibt.

    LG und ganz viel Glück euch Beiden!

  • Hallo und willkommen im Forum

    Ich finde es super schön, dass Du Dich dieser armen Maus annimmst. Vorab wünsche ich Dir viel Kraft und vorallem viel Geduld.

    Ich habe es ganz ähnlich erlebt mit Champ, unterdessen ist er seit über vier Jahren bei mir. Ich erfreue mich täglich über die klitzekleinen Fortschritte und versuche die Rückschritte immer zu ignorieren. Gerade heute ist so eine Situation aufgetreten, dass ich Champ nicht mehr anfassen kann, er zeigt ein enormes Meideverhalten mir gegenüber und verkriecht sich in der hintersten Ecke vom Zimmer... (ich denke, es hat mit dem stürmischen Wetter zu tun... oder auch nicht, ich weiss es nicht)

    Die bisher geschriebenen Ratschläge kann ich nur unterschreiben. Ein paar Kleinigkeiten möcht ich noch hinzufügen:

    - bringe stets Verständnis für ihr Verhalten auf, sie kann dafür nichts
    - bedränge sie nicht, gib ihr soviel Zeit wie sie braucht
    - erfreue Dich an den kleinen Fortschritten, ignoriere die Rückschritte
    - versuche ihr Verhalten nicht zu arg zu hinterfragen. Erfahrungsgemäss wirst Du nur ganz selten Antworten darauf erhalten
    - akzepiere sie so wie sie ist und erfreue Dich an dem wachsenden Vertrauen
    - Erfahrungsgemäss wiederspiegelt ein misshandelter Hund enorm Deine persönliche Tagesverfassung und zieht sich noch mehr zurück, wenn Deine Stimmung ins Negative sinkt (egal aus welchem Grund)

    Sie wird es Dir danken, wird Dir immer mehr Vertrauen schenken (auch wenn es nur ganz kleine Schritte sind) und Euch beiden steht eine unzertrennbare,wunderbare Zukunft bevor. Ich wünsche Dir von Herzen viel Glück.

    Gruss
    Sabine

  • Huhu!

    Auch ich finds toll, dass du so einem Hund eine Chance geben wirst. Ich kenne z.B. die Laika von ein paar Posts über mir, und ich hab es kaum geglaubt als mir Frauchen erzählte, wie sie früher war.

    Manchmal ist es schön, ein wenig über die Vergangenheit zu wissen, um Signale besser deuten zu können und nicht "probieren" zu müssen.

    Andererseits - auch ich hab einen Tierheimhund. Einen relativ problemlosen allerdings, der mir unwillkürlich Leute aus Unsicherheit anbellte. Es hat Wochen gedauert, bis ich feststellte, das eine Menschengruppe Leute sind, die komisch gehen (Betrunkene, Behinderte, ältere Menschen). Ausserdem hat es Monate gedauert, bis ich jetzt glaube die zweite Gruppe zu kennen: Menschen die Bier getrunken haben/Bierflaschen oder -dosen in der Hand haben. Einen Teil der Macken wirst du immer erst später rausfinde, darum ist es wichtig erst mal mit den Macken leben zu können - und dann daran zu arbeiten.

    Ich drück dir die Daumen! Ich kenne keinen Tierheimhund (oder Tierschutz) der nicht unendlich dankbar seinem Herrn ist und sich weit zum Positiven verändert hat.

  • Hi,

    erstmal danke für die Antworten, manches davon habe ich auch schon selber probiert. :)

    Nun, ich möchte möglichst keine Fehler machen, die ihr noch mehr Angst machen als sie eh schon hat, deshalb interessiert mich ihre Vergangenheit. Dafür, dass wir uns leider nur eine Stunde am Tag bzw tageweise am WE sehen können hat sie schon ganz gut Vertrauen gefasst. Und wenn ich sehe wie sie mit den hauptamtlichen Pflegern im TH umgeht werd ich fast ein wenig neidisch. ;)

    Mittlerweile hat sie auch schon fast wieder 30kg auf den Rippen, ich glaub sie ist der einzige Hund der drei riesige Mahlzeiten bekommt. Leckerli nimmt sie leider nur selten, von Fremden nie, und wenn sie Stress hat auch nicht - klar. Das Einzige was sie wirklich liebt sind Wienerle - und derzeit stellen die noch kein Problem dar bei ihrem Gewicht.

    Sie lässt sich relativ gut abrufen wenn sie entspannt ist und nix sie stresst, trotzdem lasse ich sie nie ohne (Schlepp-)Leine. Irgendwie habe ich mir angewöhnt, mit ihr mit Zungenschnalzen, Zischen und knappe, klaren Worten (falls das Schnalzen nicht funktioniert) zu kommunizieren - das klappt ganz gut und macht ihr keine Angst. Und nachdem ich sie nicht mehr hergeben will muss sie auch keine "Hundesprache" sprechen und die klassischen Kommandos können.

    Nächste Woche wird HD geröntgt weil sie etwas komisch läuft, jedoch soweit beurteilbar schmerzfrei ist. Irgendwie stell ich mich schon drauf ein, dass sie verwachsene Brüche hat. Verwunderlich, dass sie sich trotzdem wieder so stark an den Menschen bindet.

    @Schopenhauer: sie wurde wohl geschleift, hatte massiv offene Stellen am Karpal- und Sprunggelenk.

    Ein schönes Wochenende und viel Spass mit Euren Hunden!
    Homerette

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!