Großstadtleben = permanente Reizüberflutung?

  • Hallo!
    Ich habe heute ein sehr interessantes Gespräch mit meinem Bruder geführt und würde das gerne hier zur Diskussionsgrundlage stellen:
    Es ging darum, dass mein Bruder nächsten Monat zum Studieren nach Berlin zieht und dabei erwähnte, dass er in Berlin (alternativ liese sich hier der Name jeder anderen Großstadt einsetzen) nie einen Hund halten würde.
    Er ist der Meinung, dass die feinen Sinne eines Hundes in einer lärmenden Großstadt zwangsläufig ständig überfordert werden und sich ein Hund zwar daran gewöhnen könnte aber eher im Sinne einer Abstumpfung!
    Hm...ich weiß nicht so recht?
    Man muß natürlich dazu sagen, dass wir absolute "Dorfkinder" sind und auch für mich ist das Ideal einer Hundehaltung eher mit grenzenlosen Wäldern und regelmäßigen aber überschaubaren Sozialkontakten verbunden als mit einem Leben zwischen Beton und Menschenmassen. Meine absolute Horrorvorstellung wäre es, regelmäßig mit meinen Hunden in einem absolut überfüllten Park spazieren zu gehen *g*
    Und wenn ich mir dann Janosch anschaue, den ich ja teilweise mit zur Uni nehme, da könnte man in der Stadt echt manchmal denken, ich hätte einen Hundeopa an der Leine, so langsam und gelangweilt, wie er neben mir hertrottet, aber ok, auch Janosch ist ja eigentlich ein Dorfhund, der sich in der Stadt evtl. anders verhalten würde, wenn wir täglich dort unterwegs wären.
    Was meint ihr, ist da was dran?
    Oder hab ich nur ein etwas verklärten Blick auf das "ach so idyllische" Dorfleben?

  • ich denke, dass kommt einfach darauf an, was der hund von klein auf gewöhnt ist bzw. wie und wo seine prägungsphase verlaufen ist. allerdings war´s bei mir und meinem hund ´ne ziemlich stressige phase, als wir von dorf auf großstadt umschalten mussten. find´s auf dem dorf für mich persönlich auch viel schöner, grade wenn´s um tierhaltung geht... :roll:

  • Ich würde sagen, dass ist Ansichtssache und kommt auf den Hund drauf an.


    Ich wohne ja nun mitten in Hundehauptstadt Berlin, habe aber nicht den Eindruck, dass die Hunde hier unter Reizüberflutung leiden und abgestumpft sehen sie auch nicht aus. Meine Zazie, die mit 8 Wochen vom Dorfe mitten in die Großstadt zog, hat sich von Anfang an hier wohlgefühlt, als wäre sie eine echte Berliner Göre: viele Leute, die sie umtüddeln, viele Hunde zum rumtoben und ständig neue Abenteuer.


    Der Eindruck Großtstadt=Beton und Menschenmassen ist auch eher ein Vorurteil, denn Berlin ist ganz schön grün! Dem hätte ich dann das Vorurteil entgegenzusetzen, dass Hunde auf dem Dorfe doch meist nur in den Garten kommen und ständig die gleichen Spazierwege gehen. :D


    Übrigends, ist ein Wald mit viel Wildwechsel nicht auch eine ganz schöne Reizüberflutung für einen Hund? ;)

  • Ich denke auch, es kommt wirklich darauf an, wie es die Hunde gewohnt sind zu leben.
    Als ich vom Emsland (<- nur Dörfer und Felder!!!) nach Köln gezogen bin, wollte ich damals eigentlich meinen Hund mitnehmen. Babs war damals 6 Jahre alt und ich hab gedacht, dass die ganze Sache ja nicht so kompliziert sein dürfte, denn man sagt ja, dass Hunde mehr an ihrer Bezugsperson als an ihrer Umgebung hängen...
    Falsch gedacht! Ich hatte sie genau 7 Wochen bei mir in Köln und das war die schlimmste Zeit meines und wohl auch ihres Lebens! Sie war völlig erschlagen von allem und bekam richtige Angst, die Wohnung zu verlassen. Mit den vielen Hunden, den ganzen Gerüchen und dem Lärm kam sie absolut nicht zurecht. Zum Schluss musste ich sie zum Pinkeln bis zur nächsten Grünfläche tragen...
    Schweren Herzens hab ich sie dann wieder zu meinen Eltern gebracht, wo sie heute mit 13 Jahren immernoch fröhlich über die Felder hopst!


    Weil ich es aber ganz ohne Hund nicht ausgehalten habe, kam Emma zu mir. Sie ist bei mir in der Stadt aufgewachsen und liebt es hier die vielen verschiedenen Hunde und immer neue Menschen zu treffen. Der Lärm und das alles stört sie überhaupt nicht und ich kann sie sogar ohne Probleme zum Shoppen mit in die überfüllte Innenstadt nehmen.
    Trotzdem gibt es auch in Köln genug Wald und Grünflächen, wo die Hunde sich richtig austoben und Hund sein können. Man muss auch nichtmal weit rausfahren dafür. Und wenn man mal keinen Bock auf viele Hunde und viele Menschen hat, dann ist man hier auch ganz schnell raus aus der Stadt.
    Wenn ich mit Emma bei meinen Eltern bin, freut sie sich natürlich über den riesigen Garten und den vielen Platz und es ist dann für uns beide richtiger Urlaub :D


    Ich glaube nicht, dass ein Welpe in der Großstadt abstumpft. Er wächst da halt einfach rein.
    Persönlich würde ich nach meiner Erfahrung aber nie wieder einem Hund, der (jahrelang) das Leben auf dem Land gewohnt ist, den Umzug in die Stadt antun. Anders herum ist es sicher kein so großes Problem :D ;)

  • Seit wir Bobby haben, fällt mir erst auf, wie laut es an vielen Orten meiner täglichen Wege ist :shocked: Da mach ich doch inzwischen gern mal einen Umweg, damit der Hund das nicht aushalten muss.


    Bobby ist allerdings ziemlich cool, was das betrifft (wir wissen leider nicht, wie und wo er aufgewachsen ist). Das "Popometer" senkt sich nur, wenn ein Laster auf nasser Straße vorbeifährt. Glücklicherweise sind wir von Zuhause aus in wenigen Minuten im Grünen (auch zu Fuß).


    Ich glaube auch, dass es davon abhängt, was der junge Hund wann kennen lernt - sofern man sich ausreichend mit ihm beschäftigt und er genügend hundliche Kontakte hat, ist sicher auch die Stadt okay.


    LG
    Wauz

  • Hallo Björn,


    wenn ich da was von "nur Beton und Menschenmassen" lese, dann nehme ich an, dass weder Du noch Dein Bruder jemals in Berlin gewesen seid... :D


    Zunächst mal: Berlin ist groß. Live-Übertragungen der Love-Parade sind für diese Stadt nicht repräsentativ.
    Natürlich gibt es hier sehr viele große Einkaufsstraßen und in manchen Bezirken auch regelrechte "Bettenburgen", aber abseits davon ist in Berlin nicht viel von "Großstadt" zu merken. Die Randbezirke (z.B. Reinickendorf, Spandau, Steglitz, Treptow, Kladow etc. etc.) sind ohnehin ziemlich "ländlich", von wenigen Hauptstraßen abgesehen.
    Und grade im (ehemaligen) Westteil ist die Stadt unglaublich grün. Während der Mauerzeit mussten für jeden gefällten Baum zwei neue gepflanzt werden mit dem Ergebnis, dass Berlin die Stadt mit den meisten Bäumen ganz Europas ist!


    Natürlich können wir hier nicht mit Bauernhöfen und endlosen Weiden aufwarten, aber die riesigen Waldgebiete in und um Berlin sind auch nur an den wenigsten (populären) Stellen viel bevölkert. Wenn man diese meidet, kann man hier ebenfalls stundenlang spazieren gehen, ohne auch nur einen Menschen zu treffen...


    Genau das liebe ich ja so sehr an Berlin - Du kannst "im Grünen" wohnen und trotzdem innerhalb weniger Minuten am pulsierenden Großstadtleben teilnehmen. Wer seinen Hund dem "Streß" der Hauptstadt nicht aussetzen möchte, muss sich nur die richtige Wohngegend suchen und lässt ihn dann eben "daheim".


    Liebe Grüße,
    Sub.

  • hi,


    hmmm..ist schwer zu sagen...da meine zwei weder angst vor lauten geräuschen haben, keine angst vor menschenmassen, keine angst vor autos haben, gehe ich mal davon aus, dass sie in der türkei mitten in der stadt gewohnt hatten. sie lebten dann später ja auch auf der straße, angst vor autos= null.
    wir waren gestern in hildesheim bei zoo meisert, dort war "tag des hundes" und man konnte alles mögliche dort machen...shoppen, ein agilitypacour war aufgebaut, futterproben ohne ende, man konnte seine hunde fotografieren lassen...also richtig halligalli dort und hunde soweit das auge sehen konnte. meine beiden waren total cool und gelassen, keine spur von stress, trotz das hunderte von hundenasen an ihnen im vorbeigehen rumschnupperten...
    als wir wieder zuhause waren ( dörfli ) waren sie dann doch recht erschöpft..die vielen gerüche haben sie dann doch hingerafft gehabt. sie haben sich beide erstmal schlafen gelegt.
    ich habe aber das gefühl, dass sie sich auf dem lande wohler fühlen, obwohl man sie bedenkenlos mit in die stadt nehmen kann.
    habe damals mit meinem ersten hund auch in der stadt gewohnt gehabt und der hund war nicht auffällig, es hängt bestimmt davon ab wie und wo der hund aufwächst.

    Zitat

    Der Eindruck Großtstadt=Beton und Menschenmassen ist auch eher ein Vorurteil, denn Berlin ist ganz schön grün! Dem hätte ich dann das Vorurteil entgegenzusetzen, dass Hunde auf dem Dorfe doch meist nur in den Garten kommen und ständig die gleichen Spazierwege gehen


    unser garten ist nicht eingezäunt...fällt also schonmal flach und wir haben hier so viele verschiedene wege, da wird es auch keinem dorfhund langweilig ;)
    als ich in der stadt gewohnt hatte, da bin ich immer die selben wege gegangen, weil es nichts besseres gab.

  • An alle Berliner:
    Ich hab nix gegen eure Stadt ;)
    Mag ja sein, dass Berlin recht grün ist, aber Subleyras du hast es ja eigentlich schon erwähnt, entweder in den Randbezirken, oder in den westlichen Stadtteilen, die sich kein Student leisten kann!
    Und mein Bruder wird nach Friedrichshain ziehen, klar gibt es da auch Grün, aber so wirklich...
    Ich würd wirklich gerne mehr schreiben, aber ich glaub ich bin da nicht so ganz objektiv, ich find ja für Menschen die Großstadt schon nicht "artgerecht", wie soll ich sie dann erst für Hunde befürworten.
    ;)

  • PS: Was und wo wird denn Dein Bruder studieren?


    Sollte er zur FU kommen und dort vielleicht sogar Politologie oder Publizistik machen... HAHA...dann landet er in Lankwitz und das ist sowas von dörflich, da sagen sich Hase und Igel gute Nacht!



    (Nicht persönlich nehmen, liebe Lankwitzer!)


    Liebe Grüße,
    Sub.

  • Sub hat es ja schon geschrieben: Berlin ist eine Stadt mit vielen Gesichtern. In der "Mitte" Berlins würde ich keinen Hund halten. Obwohl es auch dort viele Grünanlagen gibt (aber auch Leinenzwang).


    Ich orientiere mich eher an den Randbezirken. Hier in Lichtenrade sind die Felder nicht weit, in Wannsee gibt es überall Wald, in Spandau gibt es auch Ecken mit großen Hundeauslaufgebieten.


    Reizüberflutung? Damit lernt Hundi auch um zu gehen. So wie wir Menschen auch kann ein Hund sicherlich auch so einiges "ausblenden".


    Interessant fand ich den Anfang des Buches von Jan Fennell "Mit Hunden sprechen". Da beschrieb sie ihren Umzug mit ihrem (ersten?) Hund, einen Terrier, aufs Land. In dem Glauben das es hier dem Hund mega toll geht wurde sie bald eines besseren belehrt: der Hund konnte mit den vielen fremden Gerüchen und der "Ruhe" nicht wirklich umgehen und zeigte bald Verhaltensauffälligkeiten.


    Es kommt letztendlich immer darauf an wie wir es den Hunden nahe bringen. Wenn wir als Hilfe fungieren und mit dem Hund zusammen leben kann ein Hundi sicherlich überall glücklich werden.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!