Was ist Rasse - was ist Hund?

  • hier im Forum fällt mir auf, daß viele Rasse als ziemliche Spezialisten dargestellt werden und letztendlich kaum noch ein Hund übrigbleibt, der für Hundeneulinge geeignet erscheint.

    Also Sinn der Zucht ist doch nicht nur das Aussehen, sondern auch die Spezialisierung auf bestimmte Rasseeigenschaften (wie immer die sein sollen). Und es finden sich immer noch genug Rassevorschläge (also davon abgesehen, dass ganz viele schon wg. gesundheitlichen Problem raus fallen).

    Wie sehr möchten sich Halter bestimmter Rassen hervorheben, indem sie eine (angeblich) so schwer zu erziehende/haltende Rasse haben? Ist das der neue Trend im Versuch, sich von anderen zu unterscheiden?

    Glaube ich nicht.


    Viele Rassen, bei denen ich gerade Anfängern abrate, halte ich selbst nicht. Und trotzdem würde ich jedem Anfänger von einen Akita, Kangal oder einem Mali abraten. Insoweit entfällt für mich völlig der Punkt, mich selbst als Halter einer solchen Rasse erhöhen zu wollen.


    Selbst halte ich Beaucerons, die ich nur empfehle, wenn sie der (häufig formuliert als Mega-) Wunschliste entsprechen und ich den Eindruck habe, das könnte passen (doch oftmals scheitert es schon an der Liste und dort überwiegend ganz banal an der Grösse und/oder den sportlichen Vorstellungen). Auch nicht unbedingt eine Anfängerrasse, aber wenn man sich gut drauf einstellen kann, einem solch ein Schlag liegt, fiele mir nicht ein, was dagegen spräche :ka: .

  • Wichtig ist, dass man sich einen Hund holt, der zum eigenen Lebensstil passt. Rassebeschreibungen (sofern man diese richtig zu lesen weiß) bieten da auf jeden Fall gut Anhaltspunkte. Dass der individuelle Hund dann aber einen eigenen Charakter hat, das ist doch selbstverständlich.


    Wenn ich einen Hund will, der mir die Einbrecher in die Flucht schlägt, dann werd ich mir keinen Labbi holen. Wenn ich auf Artgenossen-Verträglichkeit wert lege, hole ich mir keinen Malinois.


    Oft ist das Problem, dass bei der Wahl der Rasse die Schwerpunkte falsch gesetzt werden. Man geht nach Optik, Größe, Fellbeschaffenheit/Pflegeaufwand, etc. statt nach Wesenszügen. Und dann holt sich der junge Familienvater einen X-Herder weil er dreimal die Woche Joggen geht und wundert sich dann... (So in der Nachbarschaft geschehen...)

  • Und dann holt sich der junge Familienvater einen X-Herder weil er dreimal die Woche Joggen geht und wundert sich dann... (So in der Nachbarschaft geschehen...)

    Genau ... und Du selbst hältst auch keinen Hund dieser Rasse und würdest ihn trotzdem unter solchen Voraussetzungen nicht empfehlen. :ka:

  • Ich versteh nicht ganz, wie du das meinst - hast du mal ein Beispiel?

    eigentlich kein konkretes, nur fällt mir hier im Forum auf, daß bei nicht wenigen Rassen alles vermeintlich negative sehr hervorgehoben wird, tw auch sehr emotional (aber ey, Person x hat so einen und kommt damit klar).


    Trotz all der Spezialisten ist die größte Stärke des Hundes seine Anpassungsfähigkeit. Und was von all dem, was von Hunden abverlangt wird aufgrund ihrer selektiven Zucht braucht ein Hund wirklich zu seinem Glück?


    Wieviel muß ein Husky rennen/ziehen, um glücklich zu sein? Nur weil sie in der Lage sind, ein Iditarod zu laufen, heißt es nicht, daß sie es brauchen (oder daß es ihnen gut tut und sie glücklich macht).
    Kann ein Normalohalter einen Husky vielleicht sogar hundegerechter halten als ein Musher? Ja ich denke, das geht sehr wohl.



    Wenn man jeden Hund formen könnte wie man will weil es nicht an den Genen liegt bräuchte man ja keine einzelnen Rassen züchten.


    Es war nicht so gemeint, daß ich denke, man kann jeden Hund x-beliebig verbiegen.


    Und wer sich Mischlinge kauft weiß nur mal überhaupt nicht worauf er sich einlässt, wenn er damit leben kann ist das schön, ich könnte es nicht.


    ich kenns nicht anders und weil ich nicht weiß, was ich von einem Hund erwarten würde, wüßte ich auch nicht, nach welcher Rasse ich suchen sollte ;-)

  • Ich werde den Teufel tun als irgendjemandem, den ich nicht kenne, eine Hunderasse an- oder abzuraten, schlichtweg weil ich den wenigsten Menschen zutraue, korrekt und selbstkritisch die eigene Lebenssituation und die Fähigkeiten zum Umgang mit Tieren einzuschätzen.


    Generell sage ich mal, gibt es Hunderassen mit geringeren Anforderungen (Begleithunde zB) und Hunderassen mit größeren Anforderungen (bereits genannte). Innerhalb der Rasse gibt es typische Vertreter und charakterliche Ausreißer ins positive und negative. Eine Rasse mit entsprechender Genetik sagt erst mal nur „so soll es sein, das wäre wünschenswertes Ziel der Zucht.“


    Ein Hundeneuling kann mMn durchaus einem „schwierigeren“ Hund gerecht werden, wenn der Hund zur eigenen Lebenssituation passt, die Bereitschaft und der Lernwille da sind um dem Hund zu bieten, was er individuell und rassespezifisch benötigt um ausgeglichen und zufrieden zu sein und das alles bitte auf Jahre hinweg.
    Ich erlebe zB immer wieder an jedem meiner Hunde, dass mir (neben der bisherigen Hundeerfahrung) vor allem meine Jahrzehntelange Pferdeerfahrung extrem nützlich ist, wenn es um die Ausbildung, punktgenaues Belohnen und Loben, Korrekturen, Gelassenheit, Konsequenz, kreatives Denken, Gefahreneinschätzung und solche Dinge geht. Das Prinzip der Arbeit mit Tieren, einmal gelernt und verinnerlicht, lässt sich beliebig übertragen.

  • ich hab derzeit einen ähnlichen Fall im Bekanntenkreis, bei dem man sich sicher ist, dass Erziehung über Genetik steht, während ich mir sicher bin, das dieser Hund aufgrund seiner Genetik nicht glücklich werden wird in dieser Familie.


    Ich glaube, jeder Hund (jedes Lebewesen!) hat einen kleinen Baukasten. Man kann Dinge hinein tun, umbauen, basteln.... aber ihn niemals ausleeren. Ein Laie ist dabei eben etwas ganz anders als ein erfahrener Handwerker.

  • So als Beispiel herausgepflückt:

    Wieviel muß ein Husky rennen/ziehen, um glücklich zu sein? Nur weil sie in der Lage sind, ein Iditarod zu laufen, heißt es nicht, daß sie es brauchen (oder daß es ihnen gut tut und sie glücklich macht).
    Kann ein Normalohalter einen Husky vielleicht sogar hundegerechter halten als ein Musher? Ja ich denke, das geht sehr wohl.

    Nun, mag vorgekommen sein, doch ich persönlich kann mich nicht erinnern, dass man einem Anfänger hätte von der Rasse Husky abgeraten, weil es nicht geplant war, dass er ziehen soll.


    Es sind dann eher die solche Vorstellungen: kleine Stadtmietwohnung, möglicherweise vollzeit berufstätig und in Einzelhaltung, aber hin und wieder möchte man mal mit dem Hund im Freilauf im Park joggen und bisserl Hundespielwiese ...


    Jahha, der Hund kann glücklich werden, wenn es seinem Halter egal ist, dass er möglicherweise das Mietshaus zusammenbrüllt, die Wohnung zerlegt, hin und wieder ausbricht und später vll. Tante Ernas Yorkie zerlegt :ka: ... aber klar, kann auch sein, man bekommt ein Exemplar, das hat seine Rassebeschreibung nicht gelesen, der Hund ist gerne Einzelhund in der Stadt und 8 Stunden alleine, die Möbel bleiben heile und der Vermieter droht nicht mit Kündigung.


    Oder wie wäre es mit einem Molosser auf der 4. Etage ohne Aufzug ...

  • Jahha, der Hund kann glücklich werden, wenn es seinem Halter egal ist, dass er möglicherweise das Mietshaus zusammenbrüllt, die Wohnung zerlegt, hin und wieder ausbricht und später vll. Tante Ernas YORKIE zerlegt ... aber klar, kann auch sein, man bekommt ein Exemplar, das hat seine Rassebeschreibung nicht gelesen, der Hund ist gerne Einzelhund in der Stadt und 8 Stunden alleine, die Möbel bleiben heile und der Vermieter droht nicht mit Kündigung.

    und was hat das jetzt mit meinem Beispiel für hundegerechtere Haltung zu tun?

  • eigentlich kein konkretes, nur fällt mir hier im Forum auf, daß bei nicht wenigen Rassen alles vermeintlich negative sehr hervorgehoben wird, tw auch sehr emotional (aber ey, Person x hat so einen und kommt damit klar).
    Trotz all der Spezialisten ist die größte Stärke des Hundes seine Anpassungsfähigkeit. Und was von all dem, was von Hunden abverlangt wird aufgrund ihrer selektiven Zucht braucht ein Hund wirklich zu seinem Glück?


    Wieviel muß ein Husky rennen/ziehen, um glücklich zu sein? Nur weil sie in der Lage sind, ein Iditarod zu laufen, heißt es nicht, daß sie es brauchen (oder daß es ihnen gut tut und sie glücklich macht).
    Kann ein Normalohalter einen Husky vielleicht sogar hundegerechter halten als ein Musher? Ja ich denke, das geht sehr wohl.

    Ich ganz persönlich würde mir nie einen Husky holen, wenn ich nicht wenigstens die Möglichkeit mit ihm ZHS zu machen. Keinen Border Collie ohne Schafe, keinen Deutsch Drahthaar ohne Jagdschein, keinen Windhund ohne Coursing....
    Ich weiß nicht, ich finde den Blick eines Hundes, seine ganze Ausstrahlung, den er hat, wenn er genau das tut, worin er aufgeht, so wunderschön... ein Border an Schafen ist FÜR MICH so viel schöner als die vielen, die so vor sich hin leben. Was nicht heißt das sie unglücklich sind, sie führen ja trozdem ein behütetes Leben!
    Aber ich möchte ihnen diese Möglichkeit einfach nicht verwehren, das zu tun, wozu sie bestimmt sind. Darum würde ich natürlich auch immer davon abraten, sich diese Rassen zu holen, wenn derjenige dem Hund nicht das bieten kann, was ich als nötig empfinde.


    Das heißt ja nicht das ich recht habe :tropf:

  • Und nicht vergessen, zusätzlich zu Genetik und dem, was der Hundehalter an Erziehung einbringt, spielt auch noch die Frühprägung eine nicht zu unterschätzende Rolle.

    ich hab derzeit einen ähnlichen Fall im Bekanntenkreis, bei dem man sich sicher ist, dass Erziehung über Genetik steht

    Na dann viel Glück. Bei meinem Krümel ist ja leider sowohl die Genetik wie auch die Frühprägung - sagen wir mal, suboptimal gelaufen. Von daher habe ich nun schon jahrelang vor Augen, wie mühselig es ist, dagegen anzugehen. Und vor allem, wie eng begrenzt die Möglichkeiten sind, die einem da noch bleiben. In Fällen wie dem hier beschriebenen darf man sich dann wohl fragen, wer einem unterm Strich dann mehr leid tun sollte, die Hundehalter oder der Hund :( :

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