Die Angst den Überblick zu verlieren

  • Und "früher" hat das ganze Dorf miterzogen - was seine Vor- und Nachteile hatte. Die unterwürfige Mutter wäre nicht so alleine und der prollige Junge vielleicht nicht so prollig geworden.


    Und jetzt höre ich auf mit dem Ot.

  • "Früher" gabs halt eine druff. Klar, das war einfacher, da wurde sich nicht viel dabei gedacht.Egal ob Kinder oder Hunde.

    Das gab es stellenweise - klar.


    Aber meinte eigentlich mehr die Einstellung zum Hund oder Kind.


    Heute kaufen die Leute (wir auch) zig Bücher, wenn ein Kind im Bauch ist, oder ein Hund angeschafft wird.
    Sofort wird eine Hebamme kontaktiert, weil man sich alleine nicht in der Lage fühlt, einen Säugling zu betreuen die ersten Tage? Ohne "Aufsicht"?
    Oder es muss eine Hundeschule her. Welpenkurs, Junghundegruppe - diesen Klumpatsch meine ich. Und das zieht sich durch.
    Was für den Welpen die Hundeschule, ist fpr das Menschenkind der Pekipkurs. Da gehts dann los mit der Norm und dem regen Austausch wie etwas zu sein hat und wie nicht.


    Zu allem braucht es Infos von außen und die wenigsten (gefühlt) machen einfach mal alleine! Was ja nicht bedeutet, alles von außen zu verteufeln. Du hast das schön beschrieben, Input und Infos von außen aufnehmen, aber nicht - wie so viele - blind hinnehmen.


    Gab es das denn früher, also vor 30 Jahren in der Form auch schon? Ich glaube nicht.

  • Wie bei vielem ist ein gutes Mittelmaß zwischen Dinge zu eng oder Dinge zu locker sehen bestimmt am Förderlichsten.


    Wobei man die schwindende Lobby für Hunde in unserer Gesellschaft sicher nicht den Haltern anhängen kann, die die Dinge eng sehen, den Hund lieber einmal zuviel anleinen und nicht nur die Kacke aufsammeln, sondern auch noch mit 'ner Wasserflasche die Pipi abspülen.


    Da stehen eher die paar im Fokus, die ihre Hunde leinenlos in öffentlichen Verkehrsmitteln rumtoben und in Fremderleuts Vorgärten machen lassen. Die, in deren Welt Menschen, die z.B. Angst vor Hunden haben, schlicht nicht vorkommen, weil der eigene Hund ja lieb ist und man vor dem keine Angst haben muss. Die drauf vertrauen, dass es schon alles irgendwie gut geht, ihre Hunde leinenlos an Haupstraßen laufen lassen und damit nicht nur billigend in Kauf nehmen, dass ihr Hund möglicherweise überfahren wird, sondern auch noch andere Verkehrsteilnehmer in Mitleidenschaft gezogen werden.


    Die begegnen mit zumindest im echten Leben weitaus häufiger als die Helikopterhundeeltern, deren Hunde ohne professionelle Anleitung im Rahmen eines Social Walks nicht mal mehr einfach so spazierengehen dürfen...


    Ich finde, es hängt auch immer sehr von dem Umfeld ab, in dem man Hunde halten möchte, wie eng man das alles sehen muss. Würde ich nicht in der Großstadt im Mehrfamilienhaus leben und meine Hunde mit ins Büro nehmen wollen, sondern z.B. in einer Einfamilienhaussiedlung am Stadtrand in der Nähe von Wald und Feldern, müssten meine Hunde weitaus weniger Ansprüche erfüllen. Weil's auch weitaus weniger Gelegenheiten gäbe, andere grob zu belästigen.

  • Sofort wird eine Hebamme kontaktiert, weil man sich alleine nicht in der Lage fühlt, einen Säugling zu betreuen die ersten Tage? Ohne "Aufsicht"?

    Meine Mutter hat mir erzählt, wie verängstigt und unsicher sie war, alleine mit dem Baby (ihr Mutter konnte nicht bei ihr sein und sie hatten auch kein gutes Verhältnis). Es muss schlimm gewesen sein.
    Meine Mutter hat sich alleine und einsam gefühlt, gerade in eine fremde Stadt gezogen. Niemand, der hilft, ein Baby das weint und nicht trinken mag... und das direkt nach einer Geburt, wenn man selbst noch nicht fit ist.
    Damals war mein Bruder ja schon fast vierzig Jahre alt, aber ihr standen die Tränen in den augen, als sie davon erzählt hat.


    sie hat mich so sehr um die Hebamme beneidet, die mir hilft, und um die fürsorglichen Schwestern im Krankenhaus. Wie freundlich die Ärzte waren. Wieviel Unterstützung es heutzutage für Mütter gibt.


    so, wie es eigentlich "ganz früher" war - "It takes a village" - das gibts ja nicht mehr. Es ist gut, wenn es andere Versorgungsnetze gibt.


    Ich weiß nicht, was schlecht dran sein soll. Mir hat der Babyschwimmkurs und all das total spaß gemacht - und ich bin vor allem hin, um aus dem Haus zu kommen und andere zu treffen, mit denen ich über meine Fragen und Sorgen und Freude reden kann. So ähnlich wie Verabredungen zum Gassi :-)


    Ich habe keine einzige Mutter kennengelernt, die da hingegangen ist, weil sie glaubte, sie müsste. Wir wollten alle nur ratschen... Natürlich gibt es sie (und gab es schon immer), die ehrgeizigen Eltern - aber das ist nix Neues, im Gegenteil, und sie sind recht selten eigentlich. In meiner persönlichen Erfahrung. Da wird halt viel dahergeredet, was angeblich so ist - dabei stands nur bei Spiegel Online, oder war in einem Fernseh-Magazin. die Realität ist nicht so.



    Meistens erzählen Leute solche Sachen, die gar keine Kinder haben.

  • Erziehung und Ausbildung sind ja auch verschiedene Dinge.
    Erziehung ist die Grundlage zur Fähigkeit sich in der Gesellschaft sozial zu bewegen und zu agieren. Dazu brauche ich doch keine 35 Bücher gelesen haben und den Welpen durch fünf Kurse zur richtigen Sozialisation schleifen. Ich fände es viel wichtiger wenn ein Hund mal wieder lernt den ganz normalen Alltag zu bewältigen. Nö, die Tierchen können zwar den gleichalterigen, gleichgrossen und gleichruhigen Hund aus der Welpengruppe sozial ganz fein ignoriren, aber die Mülltüte am Hauseingang versetzt sie derart in Schockstarre, das gleich der Trainer hinzugezogen werden muss.
    Ausbildung ist etwas, an das jeder eine andere Erwartung/Persönliches Interesse knüpft. Ausbildung kann von "find ich nett" bis "setze ich voraus" und "will ich halt so" gehen. Ich finde einfach gerade Hunde werden heutzutage oft kaputt gemacht durch überzogenen Ehrgeiz und übertriebene Ansprüche.
    Auch die Art wie Hunde mehr und mehr an menschliche Befürfnisse angepasst werden ist für mich nicht mehr "normal". Gerade in der Ausbildung/Erziehung, Pflege und Ernährung kommen immer neue Trends, die nichts mehr damit zu tun haben einen Hund zu haben. Das ist nur noch höher, schneller, weiter, besser im Namen neuester wissenschaftlicher Erkentnisse, weil der Mensch bestimmt das es genauso sein muss.

  • ...
    Ich finde es ja auch wichtig, dass ein HH seinen Hund ordentlich führt und so durch die Welt mit ihm geht, dass sich keiner gestört fühlt.
    Allerdings, wie alles im Leben in Maßen. Eine Bekannte von mir pocht beispielsweise wirklich sehr auf die Einhaltung der DF-Höflichkeitsregeln. Allerdings rastet sie auch öfter mal aus, wenn doch ein Hund zu ihrem hinrennt |) Kann halt passieren :ka: Meiner Meinung nach tun sich manche Menschen damit schwerer als nötig. Ärgerlich ja, aber wenn ich mich dauernd über sowas ärgern würde, käme ich aus dem Ärgern nicht mehr raus. Ebensowenig wie ich mich nicht schwarzärgere, wenn der Hund mal nicht so mag. Dann lache ich, knuddel, spiele, lasse ein Kommando machen, das ihr Spaß macht - und dann probieren wir es beim nächsten Mal :ka:

    Na ja, kann mal passieren ist relativ. Sind ja in der Regel immer die gleichen, denen es "mal" passiert. Ich poche eigentlich auch auf "Höflichkeitsregeln", wobei ich die vom DF jetzt nicht wirklich explizit kenne. Ich verhindere, dass mein "Freukeks" zu jedem hinrennt und "guten Tag" sagt oder dass mein prollender Schisser jedem mal proforma sagt, "so nicht!". Und ich mag es auch nicht, wenn meine Mädels so sehr bedrängt werden, dass sie irgendwie reagieren müssen! Da würde ich mir von meinem gegenüber einfach mehr Einsicht wünschen... und in der Tat, manchmal verstehe ich da keinen Spaß! Aber in Anbetracht der Tatsache, dass die Mädels gut im Grundgehorsam stehen, haben sie eigentlich maximalen Spaß, sprich Freilauf, und das ist mir wichtig.


    So gesehen fühle ich mich schon durch deinen Post angesprochen...

    Ja, ich finde schon, dass manche HH vor lauter Korrektheit, Training und Verkopftsein den Spaß mit ihrem Hund vergessen.

    ... empfinde aber das, was du als "Korrektheit" bezeichnest nicht wirklich im Widerspruch zum "Spaß mit ... Hund".


    PS: ich bin mittlerweile tatsächlich Oma (auch wenn ich mich eigentlich viel zu jung dafür fühle :D ). Meine Mädels haben sich bis vor Kurzem NULL (!) für Kinderwagen, Buggys etc. interessiert. Nun denken sie bei jedem Sichtkontakt mit selbigen, dass es unser (!) Kind ist und flitzen hin. Geht meiner Meinung nach gar nicht, ist aber hier GsD gut über Rückruf kontrollierbar...


    PPS: ich habe nun mal einen Hund, der nach dem Motto "Angriff ist die beste Verteidigung" denkt. Wir haben das hier gut im Griff, aber "Tut-Nixe", die wegen fehlendem Grundgehorsam einfach in uns reinbrettern, sind leider kontraproduktiv fürs Sicherheitsgefühl des unsicheren Hundes

  • Auch die Art wie Hunde mehr und mehr an menschliche Befürfnisse angepasst werden ist für mich nicht mehr "normal". Gerade in der Ausbildung/Erziehung, Pflege und Ernährung kommen immer neue Trends, die nichts mehr damit zu tun haben einen Hund zu haben. Das ist nur noch höher, schneller, weiter, besser im Namen neuester wissenschaftlicher Erkentnisse, weil der Mensch bestimmt das es genauso sein muss.

    Was meinst du damit?


    In der Hundewelt hab ich da nicht soviel präsent. Bei den Pferden gibt es das - für mich waren in meinen vielen Pferdejahren neue Trends, die ich erlebt und mitgemacht habe:


    Offenstallhaltung, überhaupt die Idee artgerechter haltung
    neue Sattelkonzepte
    gebissloses Reiten
    andere herangehensweisen an ausbildung von pferd und Reiter (wenn ich an den Unterricht meiner Kindheit denke...)
    Barhuf - Hufschuhe - Huforthopädie
    der ganze Trend, den Ursula Bruns und die Freizeit im Sattel losgetreten haben, der die Freizeitreiterei völlig verändert hat...


    Ich bin super froh, dass es all das gibt.


    Es gibt und gab auch Trends die ich nicht gut finde oder mitgemacht habe, aber im großen und ganzen bin ich sehr froh über die Veränderungen. Wäre alles noch so wie vor 30 Jahren, hätte ich mit Sicherheit kein Pferd.


    Beim Hund - hmmm... dass Hundeplatz nicht nur Schutzhundeausbildung ist, sondern es sowas wie Agility etc gibt, würde mir einfallen
    Eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema Fütterung.
    Auch hier "andere" Überlegungen zum Thema Erziehung - Clicker z.B.


    Ich muss sagen, ich finde "neu" eigentlich imemr ganz spannend und oft gut.

  • Meistens erzählen Leute solche Sachen, die gar keine Kinder haben.

    Welche Leute erzählen welche Sachen? :smile:

  • Die Überschrift "Die Angst den Überblick zu verlieren" finde ich übrigens super - ich finde, das ist doch ein großes Problem heute allgemein. Die ganze Welt ist komplexer geworden. Es gibt in allen Bereichen so viele Wahlmöglichkeiten, die "früher" einfach nicht vorkamen. Und es gibt die Möglichkeit, unbegrenzten Zugang zu Informationen zu haben. Teilweise sind das widersprüchliche Informationen, d.h. man muss selber viel mehr in der Lage sein, diese Informationen zu filtern und zu bewerten.


    25 Jahre zurück: Nachrichten aus der Tageszeitung am Morgen und der Tagesschau am Abend. Zwischendrin vielleicht noch Radio. Fachinformationen z.B. zum Thema Hundeerziehung aus Büchern und den maximal 2, 3 Zeitschriften, die es am Markt so gab.


    Es gab nicht Blogs und Facebook und Suchmaschinen und damit die Möglichkeit, zu jedem beliebigen Thema zig verschiedene, sich teils widersprechende Infos zu kriegen.


    Es gab nicht die Möglichkeit wie heute, über ein einziges Medium so viele verschiedene Meinungen zu einem Thema zu kriegen.


    Das macht heute die Beurteilung von Meinungen auch schwieriger: Was früher mal in einem Buch stand, musste Umwege über Lektoren und Verlage nehmen, die Informationen waren ausgewählter, gefilterter. Infos aus dem Medium "Buch" konnte man allein schon durch das Erscheinen in dem Medium in der Regel als verlässlicher ansehen, als Infos, die mir irgendwer auf der Straße erzählt hat.


    Heute kann ich selber mein BoD- oder Kindle-Buch verlegen, selber eine Website mit meiner Meinung zur Hundeerziehung eröffnen, auch wenn ich von dem Thema keinen Schimmer hab.


    Es ist also weitaus schwieriger geworden, Informationen zu bewerten.

  • Stimmt mairi!


    Passend dazu fällt mir spontan dieses Zitat von Kurt Tucholsky ein:


    'Nichts ist schwieriger und nichts erfordert mehr Charakter, als sich im offenen Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: Nein!'


    Selbiger lebte ja bekanntermaßen ein paar Jahre vor fb und anderen Medien

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