Hund aus zweiter Hand ist total verzogen

  • Hallo, ich hoffe das ist die richtige Kategorie!

    Wir haben seit etwas mehr als einem Monat einen Labrador Mischling meiner Freundin übernommen. Der Süße ist 8 Jahre alt, hat Unmengen von Energie und wäre ein Wunderbarer Familienhund, aber leider hat er seine Tücken. Zum einen ist das Gassigehen mit ihm ein Horror. Er zieht und glaublich am der Leine, so dass man schonmal wirklich mitgeruckt wird. Ich habe alles versucht - Halsband durch Brustgeschirr ersetzt, versucht seine Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen mit leckerlies, Ball etc, stehen bleiben wenn er zieht - doch es nützt nichts! Er zieht und zieht. Wenn er von der Leine ab kommt, hört er relativ gut, nicht immer sofort, aber wir gehen auch nur dort ohne Leine laufen wo absolut nichts passieren kann wo keine Leute oder Hunde hingehen, und abhauen tut er definitiv nicht, da er nicht gerne von uns getrennt ist. Wenn man aus dem Haus geht kläfft er wirklich schlimm. Er bellt für ca. 10-15 minuten und danach ist er halbwegs still. Dann will er alles anbellen was vorbeiläuft - bei hunden reicht es wenn ich "Max" sage und sein blick bei mir ist, dann bellt er hunde nicht an, aber sonst springt er auf sie zu, meiner vermutung nach will er nur spielen. Leute bellt er nur an. Bei traktoren und Fahrrädern wird es richtig schlimm, denn er will ihnen immer hinterher. Einmal war meine Mutter mit ihm Gassi in einer unbekannten gegend und ein Radfahrer kam vorbei. Wusch hinterher. Zum glück war der Fahrradfahrer echt nett und hat gemerkt das er nicht aggresiv war, und hat danm sogar angehalten damit Max nicht hinterher rennt (!! Ein Danke an alle netten Radfahrer). Komischerweise jagt er nur Rädern hinterher wenn meine Mutter dabei ist. Wenn ich mit ihm laufe und unterwegs einem Radfahrer begene ist er sehr ruhig, und bei meiner Mutter rastet er aus.
    Außerdem rastet er aus wenn ein Nachbarshund bellt (und das tun sie den ganzen tag, denm gut erzogen sind diese auch nicht). Es wurde teilweise so schlimm das er über den Zaun gesprungen ist und fast überfahren wurde. (Zaunstelle wurde extra gesichert, keine sorge). Jetzt bellt er sich ständig mit ihnen an. Er kann total ruhig im Garten liegen und schlafen, sobald ein Mensch am Nachbarsgrundstück vorbei läuft und der Nachbarshund bellt, ist Max hellwach und bellt wie ein Irrer.
    Er kann auch nicht gut alleine bleiben. Da will man wirklich nur auf Toilette und macht die Tür vor ihm zu, und er bellt, winselt und jault. Ich habe es so versucht -
    Ich habe ihm 10 Sekunden alleine gelassen und bin wieder rein. Habe ihn nicht groß beachtet. Sobald er die 10 Sekunden still geblieben ist, und das ca. 20 mal, habe ich es jeweils um 10 sekunden verlängert, bis das ca. 10 min geklappt hat. In echten Situationen funktioniert es nicht.
    Auch ist er vor dem Gassi total aufgeregt - er läuft im Kreis, bellt, springt rum. Ich weiss das er sich freut, aber ein Geschirr kann man nicht anlegen wenn er sich freut. Ich versuche es so das ich ihm das Geschirr erst anlege wenn er ruhig sitzt und nicht bellt. Mit der Leine geht das ganze von vorne los. Ich habe das von Tag 1 an gemacht, aber alles zeigt keine Besserung, nichtmal Anzeichen.
    Er kam aus dem Tierheim und wurde in seiner Welpen/Junghundzeit nicht gut erzogen, wohl auch misshandelt. Er ist mein erster Hund und ich weiss nichtmehr was ich noch tum soll. Der termin bei der Hundeschule ist leider erst nächsten Monat, aber kann ich irgendwie "vorarbeit" machen? Mache ich etwas falsch?
    Es ist wirklich schlimm geworden, Gassi macht keinem Spaß - dem Hund nicht weil ich mahnen muss und mir nicht weil der Hund mich ja eigentlich Gassi führt. Ich joffe ihr könnt mir Tipps geben. Danke! :smile:

  • Der Hund ist 8 Jahre alt und hat wahrscheinlich noch nie richtige Erziehung genossen, das braucht Zeit und Geduld. Wenn er erst 4 Wochen da ist und ihr so viel versucht habt, kann ja nichts funktionieren. Sucht euch eine (positive) Trainingsmethode aus und trainiert konsequent ein paar Wochen danach. 8 Jahre hat an der Leine ziehen wahrscheinlich funktioniert, er wird ein pfiffiger Kerl sein und das nach 4 Wochen nicht aufgeben.
    Einen neuen Hund und einen Hund der nicht hört würde ich auch niemals ableinen. Schleppleine an den Hund und erstmal den Rückruf üben.
    Bis die Hundeschule beginnt würde ich erstmal versuchen Ruhe in den Hund zu bekommen. Das klingt alles so als ob ihr und der Hund total gestresst seid. Macht ruhige Spaziergänge in einer ruhigen Gegend, vielleicht ein paar Leckerliesuchspiele und lernt Euch erstmal kennen.
    Betreibt erstmal Management, spazieren gehen wo wenig Ablenkung ist, wenn er im Garten bellt ihn reinrufen, ruhiges Verhalten belohnen, alleine bleiben üben wie beim Welpen. Das reicht erstmal und den Rest sollte sich ein Trainer anschauen.

  • Das Problem ist der Teufelskreis, in dem ihr euch befindet :
    Der Hund hat enorme Erwartungen an den Spaziergang ( Jöööööö, wir gehen Jagen !!! ) und führt sich dementsprechend bereits vorher so auf.
    Der Aufenthalt draussen bedeutet scheinbar puren Stress für ihn.

    Find ich schwierig als Ersthund : holt euch einen Trainer, der euch die Zusammenhänge erklärt.

  • Naja, nicht jeder Hund ist umgänglich und leicht zu erziehen, nach 4 Wochen habt ihr wahrscheinlich noch überhaupt nicht alles vom Charakter des Hundes gesehen, denn nach so kurzer Zeit hat der Hund sich ja noch überhaupt nicht eingelebt.

    Wenn man jetzt die Schuld beim Vorbesitzer sucht macht man es sich aus meiner Sicht zu einfach. Es gilt rauszufinden wie der Hund am besten lernt und auch was er leicht erlernen kann und was nicht (es gibt Hunde die sind was Dinge wie z.B. Jagdverhalten und Verträglichkeit angeht einfach kaum in den Griff zu kriegen, da muss man sich dann auch ein stückweit arrangieren und z.B. akzeptieren das in bestimmten Situationen die Leine halt immer dran bleiben muss).

    Gebt doch euch und dem Hund erstmal Zeit miteinander warm zu werden und nehmt euch auch längere Übungszeiten, ein Hund der schreckliche Angst vorm Alleinbleiben hat lernt das nicht in 2-3 Wochen und ein Hund der sein Leben lang mit Leidenschaft an der Leine zieht wird wahrscheinlich auch bei der kleinsten Inkonsequenz immer wieder in dieses Muster verfallen. Da muss man sich einfach auf längere Arbeitszeiten mit dem Hund einstellen. Vier Wochen sind viel zu früh um da eine aussagekräftige Bilanz zu ziehen.

  • Generell stimme ich da jelly-fish zu: der Hund ist doch erst 4 Wochen bei Euch - und hat 8 Jahre lang nicht gelernt, was er tun soll. Das müßt Ihr ihm eben erstmal zeigen, und das geht nicht von heute auf morgen.

    Lernt ihn erstmal kennen. Stellt einige wenige (!) Regeln auf, und beharrt strikt auf deren Einhaltung. zB, es geht nur raus, wenn der Hund ruhig ist. Flippt er aus, Schuhe wieder ausziehen, Leine wieder hinlegen, aufs Sofa setzen, zum Buch greifen. Das müssen die Hunde erst etliche Male erleben, damit sie kapieren, mit Hektik is hier nix, damit komm ich nicht weiter.

    Außerdem würde ich dem Hund ein Alternativverhalten beibringen. zB im Körbchen ruhig liegenbleiben, bis er angezogen ist. Also Halsband mit Leine um die Hüfte binden bei Dir. Wenn der Hund mal seit 5 Minuten ruhig im Körbchen liegt, hinschlendern, Leine von der Hüfte nehmen, und dem hund das Halsband anziehen und ruhig zur Türe gehen. Fängt er an, rumzukaspern - wieder zurück ins Körbchen , Halsband aus und selbst wieder umbinden - neuer Versuch in 15 Minuten oder so, wenn er wieder ruhig liegt. Das kannst tagelang durchziehen. Immer warten, daß er mal ruhig liegt, dann erst wirds Halsband umgezogen, an dem die Leine schon dran ist. So hast Du nicht das Problem, daß Du JETZT raus mußt, weil Hundi sonst reinpieselt. Dann gehst halt, sobald der Hund ruhig ist, und wenn das 2 Stunden nach dem letzten Gassi ist, dann ist das eben so. Oder Du läßt erstmal generell im Haus ein Halsband/Geschirr an, und hakst dann nur ganz ruhig die Leine ein, wenn Du gehen möchtest (bitte NIE, wenn der Hund alleine ist, wegen Verletzungsgefahr bei Hängenbleiben mit dem Halsband/Geschirr, gerade, wenn er aufgeregt werden könnte und dann evtl. vermehrt herumwuselt!).

    Solange der Hund bei jedem "Etwas" so hochfährt (wie beim Hasbandanziehen), ist er nicht wirklich entspannt (is ja auch alles noch so neu für ihn!)- und so lange brauchst das Alleinbleiben gar net erst zu üben. Weil wenn der Hund eh schon auf 180 ist, oder auf Action lauert, wird der sicherlich net ruhig bleiben, wenn Du ins andere Zimmer gehst. Wie ist das daheim - wie verhält er sich, wenn Du das Zimmer verläßt, zB um kurz was zu holen, kann er da bleiben, oder rennt er gleich hinterher? Wenn er hinterherrennt, dann fang doch gaaaaanz klein an: schick ihn ins Körbchen (oder bring ihn rein, wenn er das Schicken noch net kennt), gib ihm nen Knochen (damit isser beschäftigt für ne Viertelstunde), geh kurz ins Nebenzimmer und komm wieder - Leckerli als Bestätigung, wenn er liegengeblieben ist, oder ganz ruhige verbale Bestätigung mit ruhigem Streicheln o.ä. (nur wenn das möglich ist, während er nen Knochen hat - manche Hunde reagieren da ja ressourcenverteidigend, wenn sie einen noch net so lange kennen - da muß man aufpassen!).

    Die Spaziergänge würde ich so gestalten, daß sie erstmal ne langweilige Umgebung haben, und immer dieselbe Runde gehen. Nicht gleich 2 Stunden am Stück, das überfordert evtl., sondern erstmal immer nur ne viertel-halbe Stunde (was er halt ab kann, ohne hochzudrehen). Bis er beim Rausgehen ruhiger wird, weil er weiß, es erwartet ihn draußen nix Anderse als beim letzten/vorletzten Mal etc. Erst dann würde ich die Dauer der Runden langsam steigern. Generell hilft es oft, viel Routine in den für den Hund ungewohnten Alltag bei Euch zu bringen. Immer dieselben Abläufe - zB früh Pipirunde, dann was zu Futtern, dann Schlafenszeit. Beim Aufwachen wieder raus, die langweilige 30-Minuten-Runde. Anschließend zB bissel durchbürsten (Gewöhnung an Körperpflege, aber wenn mans langsam und liebevoll macht, hilft es evtl. auch, einfach zu entspannen). Dann wieder Ruhezeit. Etc. etc., ganz feste immer gleiche Abläufe.

    Dann auch den Hund nie allein im Garten lassen. Er hat den Garten nicht zu bewachen. Dann kann er auch niemanden ankläffen. Kommt er halt nur unter Aufsicht raus. Und nicht im Garten toben mit ihm, höchstens ruhige Spiele (Suchspiele), damit er nicht Garten = Action verknüpft und irgendwann genauso in den Garten stürmt wie heute zur Haustüre raus, wenns zum Gassi geht, dann hast da dasselbe Problem.....

    Grundsätzlich: nicht ohne Leine, wenn er noch net hört.

    Rückruftraining. Daheim anfangen. Futter hinstellen, Hund rufen (evtl. sogar mittels Pfiff, während er schon neben Dir steht.). Dann ist das Futter die Bestätigung fürs Herkommen. Dann, wenn das gut klappt, mal ans Futter rufen, wenn er im Nebenzimmer ist und gerade nicht groß abgelenkt. Klappt das auch, wieder Futter als Bestätigung hinstellen. So lange daheim in ganz kleinen Schritten die Entfernung oder (!) den Grad der Ablenkung steigern, bis man es auch draußen mal (dann wieder ohne gesonderte Ablenkung, also nicht neben der Hundewiese!, und wenn der Hund recht nah bei einem ist) probieren kann. Klappt´s noch net, wieder nen Schritt zurück. Wird schon, nur Geduld! Halt net von heut auf morgen, aber sind ja keine Maschinen, unsere Viechers :-)

    Unterwegs: wenn der Hund auch nur zu Dir guckt, egal, wie kurz: sofort bestätigen! Wartet er an ner ecke auf Dich: bestätigen! Guckt er zu Dir, bevor er losrennt, bestätigen! Zuckt er auch nur mit dem Ohr, wenn Du draußen seinen Namen rufst, bestätigen! Jedes noch so kleine Anzeichen dafür, daß er im Kopf bei Dir ist (also quasi "empfangsbereit" für Deine Kommandos!), wird bestätigt.

    Ich habs bei meinen Hunden auch so gemacht, daß ich anfangs oft Leckerlies oder Spielzeug mitgenommen habe. Hat der Hund gezeigt, daß er im Kopf bei mir ist, oder kam er zu mir gelaufen, gabs dann ein kurzes Spiel oder Leckerli. Das mit dem Spiel mußt halt dosieren, damit der Hund nicht wieder hochdreht - wir hatten ja vorhin das Thema ruhiger, fast "langweiliger" Spaziergang... Also nicht gleich Zerrseil oder gar Balliwerfen, sondern evtl. ein einzelnes Leckerli irgendwo fallenlassen, dem Hund den ungefähren Ort zeigen (so daß ers schon riechen kann) und ihn danach suchen lassen. Sodaß der Hund lernt, daß es sich für ihn generell lohnt, in Deiner Nähe zu sein, nach Dir zu gucken. Weil sowas passiert nur, wenn er sich Dir zuwendet - egal, ob körperlich umdrehen oder nur mal Ohren zu Dir drehen. Generell weichen mir meine Hunde auch heute noch fast nimmer vom Allerwertesten, wenn ich irgendwas dabei hab (genau deswegen mach ichs heut nur noch selten, weil ich sie dann sogar pipimachen schicken muß, weil sie Angst haben, sie verpassen was *gg). Dafür müssen sie nur gesehen haben, daß ich Leckerlies einpacke.

    Wenn der Hund auf diese Art und Weise lernt, daß bei Dir immer mal was Schönes passiert, wird er sich dann auch gerne zurückrufen lassen. Wenn Du ihn aber jedes Mal, wenn er zu Dir kommt, anleinst (in die Falle tappen Viele!), dann wird er quasi fürs Zu-Dir-kommen "bestraft", weil dann jedes Mal, wenn er brav zu Dir kommt, der Spaß des Spiels zu Ende ist, und er anständig neben Dir laufen muß, das Rennen zu Ende ist, er nimmer Schnuppern kann etc. Also, wenn Du draußen den Rückruf übst, mach das zu 99% in Fällen, wo du ihn wieder weiterschicken kannst zum Schnuppern oder so. Bestätigung dann eben übers Leckerli, sodaß er lernt, Du rufst ihn nur, um ihm, was Gutes zu tun. Wenn er dann (MAL) angeleint wird, weil Du heim willst, wird er das nicht gleich negativ verknüpfen, weil er ja überwiegend Gutes erlebt, wenn er auf den Rückruf hört.

    Und: das Anleinen nach nem Rückruf NIE als Strafe einsetzen, mit Worten wie einem zornigen "Dann kommst eben an die Leine!" oder "Jetzt reichts mir, ich lein Dich an!" - den Wortlaut versteht er nicht, klar, aber sehr wohl den mißgestimmten Tonfall, den er mit dem Rückruf verknüpfen könnte. Dann wird er sich nächstes Mal sehr gut überlegen, ob er kommt, wenn Du rufst.... Und in dem Moment, wo er anfängt, zu überlegen, hast schon verloren.

    Im Prinzip is das nix Anderes, als wenn Du mit nem Welpen von vorne anfängst. Der Hund ist nicht 8 Jahre alt, der is Wissenstechnisch auf dem Stand eines Welpen. Er kann nix dafür, daß er nicht weiß, was er tun soll. Schaff ihm die nötige Ruhe, dazuzulernen (Entspannung), überfordere ihn anfangs nicht mit überhöhten Ansprüchen (das führt zu Frust beim Hund, weil ers net kann und bei Dir, weil ers net macht). Und zeig ihm liebevoll und geduldig, aber trotzdem konsequent, ruhig und souverän, welches Verhalten erwünscht ist bei Euch.

    Überhaupt: Ruhe bei DIR ist oberste Voraussetzung dafür, daß er lernt, sich runterzufahren. Wie willst nen Hund ruhig bekommen, wenn Du selbst auf 180 bist, oder Dir gerade schon wieder graut vor dem kommenden Gassitheater. Erst durchatmen, dann zum Hund und anleinen.

    Und wenn Ihr weg müßt, schafft eine Alternative für ihn: engagiert nen Sitter, oder bringt ihn zum Nachbarn, wenn Ihr nur kurz weg seid. Oder nehmt ihn mit, wenn er im Auto z.B. schon ruhig bleiben kann. Dann müßt Ihr ihn nicht alleinlassen, bevor er damit umgehen kann.

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