Mit Dirofilaria leben?

  • Hallo DF-Gemeinde,


    ich habe heute ein sehr spezielles Gesundheitsthema:

    • Wie lebt es sich mit den allseits gefürchteten Herzwürmern (Dirofilaria immitis)?
    • Hat (hatte) jemand von euch einen Dirofilaria-positiven Hund, der ebenfalls nicht behandlungsbedüftig ist (war)?
    • Wie (lange) lebt es sich mit diesem Damoklesschwert?
    • Würdet ihr bei absehbar geringer Wurmlast die nicht ganz unheikle Standard-Therapie überhaupt durchführen?
      (2 x Immiticide innerhalb 24 Stunden, dann 4 - 6 Wochen Käfigruhe, KEINE/NULL/NIX Belastung, nur 3 x täglich 10 min. Garten-Pieseln)


    Es geht um meinen Pflegehund Freya.
    Geboren 2010 in Bulgarien
    seit 05.2013 in einer süddeutschen Tierschutzeinrichtung, bisher kein Mittelmeertest
    seit 06.01.2015 bei mir auf Pflegestelle.


    Laut aktueller Blutuntersuchung (13.01.2015) sind Dirofilarien-Antikörper positiv, wurden aber keine Mikrofilarien im Knott-Test gefunden.
    Der Ultraschall ist unauffällig. Das Herz und die angrenzenden Gefäße sind (noch?) nicht geschädigt.


    Um die Wiederholung bereits allgemein bekannter Informationen über die Herzwurmerkrankung (Dirofilariose) so gut es geht vorwegzunehmen, hier mein bisher in gründlichem Studium wissenschaftlicher Veröffentlichungen erworbener Kenntnisstand:


    1. Infektion:
    Hund wird von Stechmücke gestochen, die Herzwurm-Larven Stadium L3 überträgt.


    2. Entwicklung:
    Innerhalb von 6 Monaten wandern die Herzwurm-Larven in den Lungenkreislauf und entwickeln sich dort über Entwicklungsstadien L4 und L5 zu adulten (erwachsenen, fortpflanzungsfähigen) Dirofilarien. Herzwürmer sind zweigeschlechtlich: es gibt männliche und weibliche.


    3. Verlauf:
    Die erwachsenen weiblichen Herzwürmer gebären Mikrofilarien (Larven), die ihre Larvenstadien L1 und L2 im Hund verbringen und zu unterschiedlichen Jahre-/Tageszeiten temperaturabhängig aktiv sind. Am aktivsten sind sie wohl ab einer konstanten Durchschnittstemperatur von 19 °C am späten Nachmittag/frühen Abend (zwischen 17 und 19 Uhr).


    4. Übertragung: Bei einem weiteren Mückenstich (Monate nach der Erstinfektion) nimmt die Stechmücke mit dem Blut Mikrofilarien L1 oder L2 auf. Diese Mikrofilarien entwickeln sich in der Stechmücke in das Stadium L3 und werden mit der nächsten Blutmahlzeit dem nächsten freundlichen Wirt (Hund, seltener: Katze) übertragen, wo es mit Schritt 1 weitergeht.


    Da Freya schon fast zwei Jahre in Deutschland ist, hatte sie keine Gelegenheit, mit Stechmücken in Kontakt zu kommen, die ihr (weitere) entwicklungsfähige Larvenstadien hätten übertragen können. - Im Blut wurden ja auch keine Mikrofilarien gefunden.
    Dass aber Dirofilaria-Antikörper gefunden wurden, weist darauf hin, dass sie mindestens 5 erwachsene weibliche Herzwürmer in sich trägt. So viele braucht es nämlich, bis der ELISA-Test überhaupt positiv anzeigt.


    Dem Hund geht es gut. Freya ist klinisch unauffällig, zeigt keine verminderte Aktivität, keine Schlappheit und (besonders beruhigend!) keinen Husten.


    Gemeinsam mit der Tierschutzeinrichtung haben wir entschieden, dass wir (vorläufig) noch mit einer Behandlung warten, bis die allgemeine Wetterlage wieder Dirofilarien-freundlicher wird. Ein erneuter Bluttest im Frühsommer (Mai) wird zeigen, ob sie aktive Mikrofilarien in sich trägt. Dann kann man auch überlegen, ob man mit einem Röntgenbild der Lunge eine evtl. vorliegende Schädigung der Lungengefäße abklären möchte.



    Nun sind wir gespannt auf eure Erfahrungsberichte über das Leben MIT den Parasiten.
    Hat sich schon mal jemand von euch bewusst GEGEN eine Behandlung entschieden, weil die Wurmlast und die damit verbundenen Risiken überschaubarer schienen als die nicht ganz unproblematische Standardprozedur?
    Wenn es sich vermeiden lässt: bitte keine Beschreibung der Behandlung/Folgen.
    Diese sind hinlänglich bekannt und können problemlos per Suchmaschine hier oder in anderen online-Quellen gefunden werden.



    *uff* ist lang geworden. Trotzdem Danke für's "Zuhören".


    Whippetine

    • Neu

    Hi


    hast du hier Mit Dirofilaria leben?* schon mal geschaut? Dort wird jeder fündig!


    • Ich habe keine Erfahrung, setze mich aber hier mal metaphorisch dazu.


      Als ziemlicher Hundelaie scheint es mir eine gute Entscheidung, zumindest nun erst einmal zu warten, bis der Hund auch etwas mehr bei euch angekommen ist. Wenn sie erst seit dem 6.1. bei euch ist, hat sie ja wahrscheinlich noch Grundstress durch die Umstellung und Eingewöhnung in der neuen Umgebung. So weit ich mich aus meinen (oberflächlichen!) Anleserein zum Thema Herzwürmer erinnere, ist die lange Käfigruhe ja deshalb notwendig, weil der Hund vor Stress geschützt werden soll, weil der auf den geschwächten Zustand des Herzens bei der Behandlung ungünstig wirken kann.
      Ich drücke Freya aber jetzt schon alle Daumen für ein langes und gesundes Leben - ob nun mit oder ohne Behandlung!

    • Soweit ich weiß, ist die Ruhigstellung des Hundes notwendig, da nach der Gabe des Medikaments die Herzwürmer absterben. Die abgestorbenen Würmer lösen sich von der Herzwand ab und zersetzen sich. Diese Teile bewegen sich im Blutstrom durch den Körper und können sehr leicht Embolien verursachen. Erst nach und nach werden die Wurmreste abgebaut und die Gefahr der Verstopfung von Blutgefäßen sinkt. Wird der Hund bewegt oder regt er sich auf, fließt das Blut schneller und die Gefahr der Embolie steigt. Daher muss der Hund absolut ruhig gehalten werden, bis die Wurmreste abgebaut sind.


      Nach meiner Erfahrung hält der Hund in der ersten Woche problemlos Ruhe, da er von der Behandlung schlichtweg krank ist und es ihm mies geht. Diese erste Woche ist auch die gefährlichste. Danach, wenn es ihm wieder besser geht, wird es natürlich schwieriger. Wir sind in der dritten Woche wieder ca. 30min an der Leine spazieren gegangen, getobt wurde natürlich nicht. Nach den angeordneten vier Wochen Ruhe ist auch zu beachten, den Hund nicht gleich wieder voll zu belasten, denn sonst gibts Muskelkater.


      Bezüglich deiner Zweifel, ob du die Hündin behandeln lässt, gebe ich zu bedenken, dass du auch eine Verantwortung gegenüber den anderen Hunden deiner Umgebung hast. Es ist nachgewiesen, dass nach und nach die Überträgerinsekten verschiedener Mittelmeerkrankheiten auch zu uns einwandern. Ob nun die speziellen Mücken, die die Mikrofilarien verbreiten, dabei sind, weiß ich nicht. Meiner Meinung nach ist es nur eine Frage der Zeit, bis wir diese Mücken hier haben. Diese werden dann fleißig die Krankheit deiner Hündin weiter verbreiten. Aus diesem Grund würde ich sie behandeln lassen.

    • Hallo,


      zwei kurze Zwischenfragen:
      Wurde das Blut in den Abendstunden (idealerweise ab 18:00 Uhr) entnommen?
      Wurde in den letzten Monaten Advocate verabreicht?

    • Danke erstmal für eure bisherigen Antworten.


      Blutabnahme war gegen 17 Uhr
      zuletzt entwurmt 08.2014 mit Milbemax (ebenfalls wirksam auf Mikrofilarien)


      Allerdings sind bei den aktuellen Außentemperaturen sowohl Diro- als auch Mikrofilarien ebenfalls weniger aktiv, da ja zurzeit ihre vermehrungsnotwendigen Zwischenwirte (Stechmücken) fehlen.


      ....................................


      Ich hoffe nach wie vor auf Antworten, wie es sich MIT einer okkulten, nur schwach ausgeprägten Dirofilaria leben kann.


      Ist hier auch jemand, der schonmal eine ähnlich unpopuläre Entscheidung getroffen hat
      und von seinen Erfahrungen berichten kann?


      .....................................


      Wegen der Ansteckung weiterer Hunde muss sich niemand sorgen: Im Moment sind die Temperaturen eh zu niedrig für die zur Übertragung erforderlichen Stechmücken, und nach dem zweiten Bluttest ab frühlingshaften Temperaturen wird sie eh ein Scalibor-Halsband tragen, dessen Wirkstoff ebenfalls Mikrofilarien-wirksam ist.

    • Kommt doch immer auf die Filarienart und Dichte an ? Behandeln wurde ich in jedem Fall. Ich hatte nur einmal einen Pflegie mit Mikrofilarien, monatliche Behandlung mit Advocate über 6 Monate in seiner neuen Familie und erledigt war es. Was spricht dagegen ? Andere Arten müssen natürlich tierärztlich behandelt werden, gerade wenn der Hund schon erkrankt ist, aber ich denke hierum handelt es sich nicht.


      Lg Jana

    • DAS ist genau mein Problem:
      Der Hund hat KEINE Mikrofilarien,
      ist aber D.immitis-positiv getestet, hat also Antigen.
      Ultraschall ist aber ohne Befund.


      Für mich ist also ist zurzeit nicht ausreichend geklärt, OB überhaupt ein Parasitenbefall vorhanden ist oder ob Freya auf anderem Wege Immunität erworben / Antigene entwickelt hat.


      Deshalb rein prophylaktisch meine Frage, ob hier im Forum schonmal jemand eine ähnliche Konstellation hatte.


      Und NEIN: Ich werde den Hund NICHT gegen Mikrofilarien behandeln, wenn keine nachgewiesen sind! Es würde hoffentlich niemand seinem Kind ein fiebersenkendes Mittel geben, ohne dass es Fieber hat?

    • Ich hole diesen Thread nochmal aus der Versenkung, denn inzwischen haben weitere Nachforschungen ergeben:


      Längst werden Larvenstadien der unangenehmen Dirofilaria repens (Hautwurm) und der gefährlichen Dirofilaria immitis (Herzwurm) auch in heimischen Stechmücken gefunden. Beides Parasiten, die man bisher eher dem südeuropäischen (Mittelmeer-)Klima zuordnete.


      Ganz ohne Stimmungsmache und Effekthascherei dazu ein wissenschaftlicher Aufsatz der Veterinärmedizinischen Universität Wien.


      Angesichts wachsender Tierschutz-Vermittlungszahlen aus Südeuropa ist es wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis diese Parasiten sich auch bei uns endgültig einbürgern. Denn bei der Wahl ihrer Zwischenwirts-Mücken sind sie nicht sonderlich heikel.


      Höchste Zeit also, sich nicht nur mit den beiden bisherigen Möglichkeiten zufrieden zu geben:

      • Immiticide-Therapie (Melarsomin, nicht gerade ein "Spaziergang")

      ODER

      • Mikrofilarien-Prophylaxe (handelsübliche SpotOns/Halsbänder gegen Ektoparasiten)


      sondern auch ganz bewusst und möglichst sachlich darüber nachzudenken, wie ein Hundeleben MIT Dirofilarien aussähe, wenn der Befall konstant niedrig ist und die Risiken im Vergleich zur nicht ganz unproblematischen Melarsomin-Behandlung abgewogen werden sollen.

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