Junghund ist draußen super-impulsiv - Tipps?

  • Hallihallo!


    Mein Dorf-Mix mit viel Schäferhund-Anteil wird in diesen Tagen 6 Monate alt, knapp zwei Monate davon ist und zu Hause klappte alles von Anfang an wunderbar.


    In den letzten Wochen reagiert er draußen auf so ziemlich jeden Bewegungsreiz. Andere Hunde, Kinder, Jogger, fliegende Blätter, Tüten und auch manche Menschen, besonders, wenn sie auf ihn zukommen und ihn dabei angucken. Und wenn sich nix bewegt dann wird halt in der Luft herumgeschnuppert oder eine Fährte aufgenommen. Irgendwas ist immer.


    Er geht grundsätzlich ganz okay an der lockeren Leine. Die Grundlagen hat er wohl kapiert. Aber wenn er halt etwas sieht oder riecht, was ihm interessant erscheint, fängt er erstmal entweder an zu ziehen, bleibt einfach stehen und starrt oder was weiß ich. Am unangenehmsten ist es, wenn irgendwas (Kind, humpelnder Mensch, kleiner Hund) von vorne auf uns zukommen. Dann fällt er in einen Schleichgang, fixiert und will irgendwann hinspringen, wovon ich ihn aber abhalte. Meistens versuche ich so einem Verhalten schon vorzubeugen, lenke ihn mit Sitz, Platz, Pfötchen + Leckerlie ab. Wenn das nicht funktioniert (weil der Kopf immer in die Richtung des potenziellen "Opfers" oder Spielpartners schnellt), lasse ich ihn neben mir sitzen und dann darf er halt gucken, aber nix machen. Wenn alles Schlag auf Schlag geht, bleibt mir aber auch nix anderes übrig, als die Leine gut festzuhalten und den Hund zu mir zu holen, wenn er losspringt. Auf großes Geschrei verzichte ich eigentlich (Manchmal sage ich "Nein!"). Wenn es nicht anderes geht, knuffe ich ihm ins Fell und ziehe ihn an meine Seite.


    Er geht inzwischen nur noch an der Leine, es sei denn, er darf mit anderen Hunden spielen oder wir sind in ruhigen Gegenden mit einem anderen, erwachsenen und wohlerzogenen Hund unterwegs, an dem er sich orientiert.


    Diese Woche ist es besonders heftig, weil er ein paar Tage erkältet war und geschont wurde. Deswegen hat er Energieüberschuss.

    Die Trainerin aus der Junghundgruppe (und ich find die sehr kompetent) sagt, dass sei bei dieser Art Hund normal und wir seien insgesamt auf einem guten Weg. Das klingt zwar ganz nett, aber trotzdem wüsste ich gern, ob ich noch mehr tun kann.


    Hatte jemand vielleicht eine ähnliche Situation?
    Gibt es schöne Übungen, die ihn Lehren, sich beim Spazierengehen mehr an mir zu orientieren?
    Oder welche für Impulskontrolle? Übe mit ihm kontrolliertes Bällchenspielen (er hinterherlaufen, wenn das Kommando), aber momentan nur in der Wohnung, weil er sich draußen gern mit seiner "Beute" davonmacht und von mir gejagt werden möchte. Das möchte ich aber nicht, solange er nicht kapiert, wann das Spiel vorbei ist.
    Macht es Sinn, ihn dafür zu loben, wenn er ganz normal an einem Menschen vorbeigeht, ohne zu reagieren? Wie stelle ich es an, dass er auch checkt, was ich meine?


    Bin für jeden Rat dankbar.



    P.S.: Übrigens finde ich - trotz der Beschwerde-Arie hier - meinen Hund ganz, ganz toll und ich bereue kein Stück, dass ich zu mir genommen habe. :)
    Am frustrierendsten ist eigentlich nicht er, denn irgendwie komme ich schon mit ihm klar und er macht vieles auch durch ganz tolles Verhalten an anderer Stelle wett.
    Aber auf die blöden Sprüche der Leute um mich rum, könnte ich echt verzichten. Ob ich denn "verrückt sei", mit so einem Hund auf die Straße zu gehen. Wohlgemerkt hat er nur lautlos einen großen Satz auf die Frau zugemacht und ich hab ihn in derselben Sekunde schon wieder fest im Griff. Da muss ich mir echt noch ein dickeres Fell zulegen ... :(
    Und natürlich meine Mutter, die mir Standpauken darüber hält, dass ein Hund doch seine "Freiheit" haben muss und ich ihn viel öfter von der Leine lassen sollte. Hahaha!

  • Ich würde sagen, der Jagdinstinkt springt gerade an und er ist auf der Suche nach Situationen, die ihm diesen Kick geben.


    Dabei wird in dem Alter gerne alles als Beute genommen, was sich bietet. Ist natürlich ziemlicher Käse, wenn das auch andere Hunde und Menschen sind.


    Da er sehr Augen-fixiert zu sein scheint, würde ich ihn nicht mit objektfixierten Jagdspielen noch weiter anheizen.


    Gutes Verhalten reichlich zu belohnen ist natürlich tausend Mal sinnvoller als Korrekturen zu betreiben!


    Was sagt denn die Trainerin, wie Du mit dem Glotzen umgehen sollst?


    Viele Grüße
    Corinna

  • Das Ballspiel hat mir die Hundetrainerin empfohlen. Es läuft, wie gesagt, kontrolliert ab. Ich werfe das Ding, warte, bis es landet und gebe dann das Kommando zum holen.
    Wenn ich alles aus seinem Tagesplan streichen würde, was irgendwie entfert mit Jagen oder Hetzen zu tun hat, kann der ja gar nichts mehr machen.
    Auch das Spiel mit anderen Hunden enthält ja Elemente der Jagd. Dinge suchen und erschnüffeln hat auch mit Jagen zu tun.
    Dann bleiben ja eigentlich nur Kunststückchen und Obedience den lieben langen Tag.


    Zur Gesamtsituation sagt die Trainerin, dass ich ihn ablenken und auf mich aufmersam machen soll, damit er mir folgt. Und wenn die Situation zu wuselig ist, soll ich ihn einfach ruhig halten, damit er sich durch Hinspringen und Hinrennen keinen Kick verschafft.

  • Also, ich finde, dass ein sechs Monate alter Junghund den lieben langen Tag lang mit Alltag wirklich genug zu tun hat und ihn zusätzliche "Auslastung" eher stresst und in unerwünschtes Verhalten treibt ;) Es ist in dem Alter oft so, dass sie sehr schnell überreizt sind und sich in stressigen Situationen in das Verhalten flüchten, das genetisch gerade sehr präsent ist. Also in dem Alter oft Jagdverhalten... ein Teufelskreis, denn damit lernen sie auch, dass sie sich da rein flüchten, denn das Verhalten ist selbstbelohnend.


    Ich habe festgestellt, dass meine jungen Hunden in dem Alter eher zu Jagdhandlungen etc. neigten, wenn sie überlastet waren...


    Und es gibt doch so viel zu üben für den Alltag in dem Alter, da würde ich die drei noch aufnahmefähigen Gehirnzellen nicht mit nutzloser Beschäftigung füllen wollen. Leinenführigkeit (damit meine ich nicht Fuß gehen) in allen Situationen (also wirklich auch unter massivster Ablenkung), ein funktionierender Abbruch, Umwelteindrücke ertragen und dabei Ruhe halten können usw. usw...


    Viele Grüße
    Corinna

  • Achso, und noch ein Zusatz: Ich finde Ablenken nicht so die gelungenste Variante. Ich finde es immer gut, wenn Hunde lernen, etwas sehen und betrachten zu können, ohne in eine Stress-Ersatz-Handlung zu fallen. DARAN würde ich arbeiten. Da hast Du für Wochen genug "Auslastung" ;)

  • Ganz so sehe ich das nicht.
    Kann nur von meinem Hund erzählen, der in jungen Jahren auch allem hinterher wollte, was schneller als eine Schnecke war... ;) Das führte auch das eine oder andere Mal zu echt peinlichen Situationen!


    Mit ihr habe ich schon von Anfang an gemeinsam "Jagdspiele" gemacht, sie durfte geworfenen Äpfeln oder Birnen hinterhersausen, Leckerlies rollten über den Boden oder mussten aus dem Gras gesucht werden. Immer wieder auch Impulskontrolle mit "los" erst auf Kommando.


    Genauso wurde aber auch das Ignorieren von anderen Menschen, später auch Hunden, geübt und belohnt. D.h. zu Anfang wurde sie bei wirklich jeder Begegnung abgerufen, angeleint und mit Leckerlies auf mich konzentriert. Das jedes Mal Anleinen wurde zuerst ausgeschlichen, dann auch die Belohnungen. Irgendwann habe ich nur noch abgerufen, wenn sie Anstalten machte, sich anzuspannen.


    Jeder Spaziergang wurde eigentlich als Trainingsgang genutzt.


    Leckerlies unterwegs gibt es schon ewig nicht mehr, ein gemeinsames Spiel immer mal wieder und das ist für sie immer noch das Höchste.


    Abrufen oder gar Anleinen ist im Prinzip gar nicht mehr nötig, na gut, sie ist mittlerweile sieben und nicht mehr ganz so quirlig...


    Aber, der Zustand, das sie auf Bewegungsreize so abgeht, ist schon etwas länger Geschichte ;)

  • Stress ist auf jeden Fall ein Faktor. Wenn er den Tag über in der Tagesstätte mit anderen Hunden zusammen war (und da muss er halt zweimal die Woche hin. Anders geht es im Moment nicht.) ist er immer besonders aufgekratzt und jagdwillig, wenn wir draußen sind. Hatte schon überlegt, ob ich die Betreuerinnen da bitten soll, ihm mehr Ruhephasen zu ermöglichen.
    Der umgekehrte Fall, zu wenig Action in der Zeit, als er Erkältet war, macht ihn auch wild. Ein paar "nutzlose" Beschäftigungen wie ein kontrolliertes Ballspiel, bei dem er lernt, mit mir zu kooperieren, finde ich durchaus sinnvoll. Ich mache da ja auch nicht stundenlang.


    An diejenigen, die gegen die Ablenkungsstrategie sind. Wie würdet ihr es denn machen?
    Einfach stehenbleiben, absitzen und gucken lassen und aufpassen, dass er nicht losspurtet, bis die Gefahr vorüber ist? Oder verschiedene Strategien bei verschiedenen Zielobjekten?

  • Du mußt halt einfach schneller sein als er. Wenn jemand kommt, den er interessant finden könnte, einfach "dableiben!" oder "Komm mit!" (dazu leicht beschleunigen, sodaß er mit Dir bzw. Hinterherkommen zu tun hat und damit keine zeit für die Leute hat) sowas als Kommando geben, oder kurz Fuß gehen lassen (wenn ers schon kann). Jedenfalls irgendwas, das die anderen Leute nicht noch interessanter macht - Absitzen z.B. find ich doof, weil das den fremden Menschen so viel Bedeutung gibt, wie soll er da verstehen, daß die unwichtig sind, wenn Du ihm mit Absitzen die Zeit gibst, die auch noch zu fixieren.


    Mußt halt momentan sehr aufpassen, daß er nicht zu seinem Ziel kommt, mit den Leuten Kontakt aufnehmen zu können, ohne daß Du das erlaubt hast. ich hab für diesen Zweck ein Freigabekommando eingeführt - der Hund darf hin, wenn ich ihn freigebe, ansonsten hat er dazubleiben. Sodaß er nach der Weile gelernt hat, erst mal "Rücksprache" zu halten, bevor er auf die Leute losstürmt. Wenn ers eigenmächtig schafft, und dann auch noch ein quietschendes "Ach Du bist ja sooo ein süßer!" dafür erntet oder ein Streicheln der Passanten, kriegst das nämlich nie mehr raus, weil das ja dann auch noch ne Bestätigung für das Hinrennen ist.

  • Zitat

    Stress ist auf jeden Fall ein Faktor. Wenn er den Tag über in der Tagesstätte mit anderen Hunden zusammen war (und da muss er halt zweimal die Woche hin. Anders geht es im Moment nicht.) ist er immer besonders aufgekratzt und jagdwillig, wenn wir draußen sind. Hatte schon überlegt, ob ich die Betreuerinnen da bitten soll, ihm mehr Ruhephasen zu ermöglichen.


    Das könnte in der Tat ein Mitauslöser für Eure Probleme sein. Heftiger Stress braucht mehrere Tage bis er abgebaut ist. Ich würde daher dringend darum bitten, dass der Hund in der Betreuung mehr Ruhe finden kann.


    Ich übe "wahrnehmen". Sprich: Schaut der Hund sich etwas ruhig an (nicht in angespannter Haltung) belohne ich das mit Futter. Also wirklich das Hinschauen! Und das nicht nur einmal. Es kann passieren, dass der Hund in einer Hundebegegnung an die dreißig Leckerchen von mir bekommt am Anfang.

  • Ja, der Stress in der Tagesttätte ist echt ein Thema. Wenn wir einfach nur den Tag ganz normal zu Hause verbringen, sind die Spaziergänge auch entspannter. Ich muss das mal ansprechen.


    Ansonsten danke für die Tipps. Ich werde mal versuchen, einen Schritt zuzulegen, wenn irgendwas Beuteartiges um die Ecke kommt. Ich hoffe nur, dass ich die Situation damit insgesamt nicht noch aufregender mache. Wir wollen ja alle schön relaxed sein.
    Belohnen für neutrales Beobachten versuche ich auch mal. Aber dabei muss ich ihn ja auch erstmla erwischen.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!