Verlassensängste?
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Wir haben seit zwei Wochen eine vierjährige Pudelmixhündin. Sie wurde ausgesetzt, war aber zum Glück nur zwei Wochen im Tierheim. Ich habe den Verdacht, dass sie Verlassensängste hat, was mich bei der Vorgeschichte nicht wundern würde. Sie läuft einem durch die Wohnung immer hinterher. Wenn ich dir Tür hinter mir zumache, um das zu vermeiden, dann legt sie sich davor und ist ruhig. Wenn ich dann wieder rauskomme, wedelt sie mit dem Schwanz - rennt dann aber sofort zu ihrem Wassertopf, der ihr die ganze Zeit verfügbar war (!), um zu trinken. Sie hat also doch mehr Stress, als sie zeigt. Komplett alleine bleiben musste sie noch nicht, wir haben es für einige Minuten ausprobiert, dann ertönt ab und an mal ein klägliches Bellen und Winseln. Im Moment handhabe ich es so, dass ich sie über den Tag verteilt für einige Minuten ignoriere und bei offener Zimmertür in den Flur schicke. Das akzeptiert sie recht gut und legt sich in ihr Körbchen oder manchmal auch mitten in den Weg. Ich möchte nicht, dass sie sich an zu viel Aufmerksamkeit gewöhnt, die sie wenn das Semester wieder beginnt nicht in dem Maß bekommen kann.
Leider ist sie im Moment auch noch läufig, da sind Hündinnen ja noch mal anhänglicher und sensibler. Das macht das Einschätzen ihrer Ängste noch schwieriger und ich tue mich schwer damit, sie zurückzustoßen, da ich sie in dieser sensiblen Phase nicht zu grob behandeln möchte. Nehme ich da zu viel Rücksicht und gewöhne sie damit nur an zu viel Aufmerksamkeit? Ich habe wirklich Schwierigkeiten, die richtige Mitte zu finden. Jedesmal wenn ich ihr Aufmerksamkeit schenke, denke ich es ist zu viel, und wenn ich sie ignoriere, fühle ich mich zu streng.
Wie erkenne ich, wie groß die Ängste wirklich sind ohne sie komplett alleine zulassen? Das möchte ich nämlich erstmal nicht ausprobieren, da es die (mögliche) Angst ja erst verstärken könnte.
Oder ist es vielleicht gar keine Angst vor dem Alleinsein, sondern davor, die Kontrolle zu verlieren? (Habe gelesen, dass man zwischen Kontrollhunden und Angsthunden unterscheiden muss)
Hat Jemand vielleicht ähnliche Erfahrungen mit Tierheimhunden gemacht?
Oder ist dieses Verhalten in den ersten Wochen vielleicht ganz normal?Ich freue mich auf Eure Antworten!
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Ich glaube viel wichtiger, als das Ding mit Verlassensängsten, ist es dem Hund von Anfang an eine geregelte Strucktur, einen geregelten Tagesablauf beizubringen. Gerade am Anfang kann man die eigenen Hausregel relativ gut aufbauen. So was wie warten bis der Fressnapf steht und erst nach Freigabe ran dürfen, nicht an die Wohnungstür stürmen und bellen, keine Besucher anspringen, auf Ansage auch mal länger aufm Platz liegen bleiben, sind ja in vielen Haushalten Grundregeln. All das würde ich jetzt üben und umsetzen. Eben Dinge, die immer Gültigkeit haben sollen. Eine solche klare Strucktur gibt dem Hund Sicherheit.
Das Hinterherlaufen und in den Weg legen kann auch Kontrolle sein, das muss nicht unbedingt direkt Verlassensangst sein. Hier würde ich ab und an eingreifen und den Hund auf seinen Platz beordern, wo er mal für ne gewisse Zeit bleiben muss. Aber achte darauf, dass es nicht als Strafe dienen soll. Also nicht nur auf den Platz schicken, wenn Fehlverhalten auftritt. Dem Hund soll der Platz ja auch Spaß machen, bzw er soll dort auch zur Ruhe kommen können. Und wenn das sporadische Alleinsein zu eurem Alltag gehört, würde ich da auch jetzt schon anfangen zu üben. Nicht übertreiben, eben soviel wie es mit dem aktuellen Gemütszustand des Hundes geht. -
Zitat
Wir haben seit zwei Wochen eine vierjährige Pudelmixhündin.
Jedesmal wenn ich ihr Aufmerksamkeit schenke, denke ich es ist zu viel, und wenn ich sie ignoriere, fühle ich mich zu streng.
erst zwei Wochen!! Ich finde es normal das sie Anschluss sucht. Und ich bin ein Gegner des Ignorierens. Meine Hunde haben alle Aufmerksamkeit bekommen die sie wollten. Wenn sie "lästig" wurden hab ich sie in Platz geschickt und gut war.Ich mag auch diesen Kontrollkram nicht. Wenn mein Hund meine Nähe und meinen Körperkontakt sucht, bekommt er ihn. Er fühlt sich wohl, ich fühl mich wohl, wir haben ne tolle Bindung und alle sind glücklich.
Ich denke nicht, das du da eine goldene Mitte suchen mußt. Erst mal die Bedürfnisse erfüllen die grad anstehen und dann weiter denken. Ist doch noch alles sehr frisch.
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Natürlich ist dein Hund im Stress. Ein neues Zuhause, fremde Menschen. Er ist sicherlich verstört. Er ist erst 2 Wochen bei Dir und muss Vertrauen entwickeln und eine Bindung zu Dir bekommen. Ich finde , das ist am Anfang das Wichtigste. Ich gebe zu, ich habe meine bisherigen Tierschutzhunde erst mal schön verwöhnt.... ;). Aber das hängt auch vom Hund ab. Unsere frühere Mixhündin war von Anfang an sehr zutraulich, aber auch schüchtern. Sie war damals 5. Sie hat sich im ersten Jahr noch immer weiter entwickelt und rückblickend muss ich sagen, es hat mindestens ein 1/2 Jahr gedauert, bis sie so richtig angekommen war. Wir haben sie von Anfang an aber immer mal kurz alleine gelassen, nicht lange, vielleicht 5 Minuten, dann immer etwas länger. Ich halte aber nichts davon, verstörte und gestresste Hunde gleich zu maßregeln und ein Erziehungsprogramm durchzuführen. Natürlich muss man ein paar Regeln aufstellen, aber nicht übertreiben am Anfang. Unsere jetzige Dackeline ist ganz anders. Sie hatte wahrscheinlich nie engen Kontakt zu Menschen. Wir waren erst ganz enttäuscht, denn als sie zu uns kam, hat sie sich einfach alleine in ein anderes Zimmer gelegt. Das Alleinebleiben war und ist bei kein Problem. Bei ihr brauchte es aber viel Zeit und Geduld bis sie Vertrauen fasste. Nach 1 1/2 Jahren ist sie glaube ich gut angekommen. Trotz ihrer nun ca. 10 Jahre ist sie noch immer lernfähig, soweit dies bei einem kleinen sturen Dackel möglich ist
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Hallo,
unsere Ronja kam aus einer ähnlichen Situation wie eure Hündin in unsere Familie, nur war sie damals zwischen sechs and acht Monaten alt. Genau wie deine Hündin lief sie mir überall hin nach, wartete vor geschlossenen Türen und hätte zum Stressabbau locker 4l am Tag getrunken. Ich hab sie damals einfach machen lassen. Ronja schien damals so verunsichert zu sein, dass es mir falsch vorkam sie von mir weg zu schicken und es wurde dann mit der Zeit auch besser (geradeeben hat sie sich zu Verdauungsschlaf ins Obergeschoss getrollt)
Genau wie schon beschrieben war ein geregelter Tagesablauf und liebevolle Konsequenz extrem wichtig.
Ronja hat bis heute damit Probleme allein gelassen zu werden, wenn es außerhalb ihres geregelten Tagesablaufs geschieht. Wenn ich zum Arbeiten gehe, weiß sie dass ich wieder komme, wenn ich nachmittags aber 2 min zum Postkasten düse, scheinen alte Ängste wieder durch zu brechen.
Bis sie richtig bei uns angekommen ist, hat das auch ein geschätztes halbes Jahr gebraucht. Auch bis sie sich zum ersten mal wirklich entspannt hat, dauerte es Wochen (ich hab ein Foto davon, wie unser 53Cm SH Hund mit dem Kopf auf Herrchens Brust und dem Körper auf Herrchens Bauch liegt und beide schlafen tief und fest. Das war das erste mal, dass der Hund entspannt aussah und ich musste mir direkt ein paar Tränen verdrücken)
Meine Empfehlung, höre auf dein Bauchgefühl! Jeder Hund ist anders und ausgesetzt werden ist eine Extremsituation für das Tier für die es keine Pauschallösung gibt. Wenn du sie ins Körbchen schicken kannst und es hilft ihr zu entspannen, ist gut, wenn sie aber im Korb liegt und man sieht ihr an, dass es sie verunsichert dann ist es vllt. nicht der richtige Weg für euch. Natürlich ist das Hinterherlaufen ein Kontrollversuch, aber es ist auch nicht verwunderlich, wenn ein Tier, welches ausgestzt wurde, alles dagegen tut, dass ihm das nochmal passiert. Sie weiß ja nicht, dass du nicht durchs Fenster kletterst und sie allein lässt.
Ob du sie in wenigen Wochen, wenn du zur Uni musst schon allein lassen kannst, kann dir leider keiner sagen. Hast du die Möglichkeit sie beim Alleinbleiben zu filmen?
Viel Glück euch beiden!
Kathrin
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Vielen Dank für Eure Tipps, Meinungen und Erfahrungsberichte!
Einen strukturierten Tagesablauf und gewisse Regeln an die sie sich halten muss, haben wir von Anfang an eingeführt. Sie hält sich prima daran und lernt sehr schnell.
Ich habe das Gefühl, dass sie durch das teilweise ignoriert werden Fortschritte gemacht hat und sich traut das Zimmer auch mal ohne mich zu verlassen. Gerade hat sie sich bereits von alleine in den Flur gelegt, obwohl die Tür offen ist und ich sie sogar reingebeten habe. Wahrscheinlich braucht sie wirklich einfach nur Zeit, um sich hier richtig sicher zu fühlen und das mit dem Alleinebleiben wird sich dann noch herausstellen. Ich werde es schon organisieren können, dass erstmal immer jemand da ist. Ich werde in Zukunft auch versuchen mehr auf mein Gefühl zuhören und nicht zu viel über jeden Schritt nachzudenken, das macht einen ganz verrückt!Bin schon gespannt wie sie sich machen wird (:
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Achja sie beim Alleinbleiben zu filmen werde ich dann machen, wenn es so weit ist. Wir haben in unseren Zimmertüren Milchglas wo man immer ganz gut sehen kann, ob sie jetzt vor der Tür hockt oder nicht!
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Meine Hündin ist vor 6 Wochen aus dem Tierschutz zu uns gekommen und wir hatten/haben ähnliche Probleme. Die ersten zwei Wochen habe ich sie überall hin mitgehen lassen, weil ich ihr die Eingewöhnung so angenehm wie möglich machen wollte. Klare Regeln gabs von Anfang an, aber sie durfte erstmal mehr oder weniger an mir kleben. Ich war einfach froh, dass sie wenigstens mir sofort vertraut hat.
Dann habe ich ganz langsam angefangen sie alleine zu lassen. Minutenweise anzufangen wäre bei ihr zu viel gewesen (los gings bei ca. 5 Sekunden), aber ich konnte das schnell steigern. Ich habe versucht, dabei auf mein Bauchgefühl zu hören, sie zu beobachten und kennenzulernen und dabei das Vertrauen zu mir immer voran zu stellen. Ich habe zwar viele Tipps gelesen, aber letztlich muss man den individuellen Hund im Blick behalten.
Was ich im Bad mache ist für Ruby z.B. nicht so interessant, sie scheint zu verstehen, dass ich da ständig mal kurz reingehe und sofort wiederkomme, also habe ich dort angefangen und mir einen Raum nach dem nächsten vorgenommen.Wir wären wahrscheinlich weiter, wenn ich noch konsequenter trainiert hätte, aber immerhin kann ich jetzt z.B. problemlos 20 min. in ein anderes Zimmer, manchmal steht sie schon gar nicht mehr auf und wenn ich zurückkomme liegt sie meistens entspannt auf ihrer Decke und wartet auf ihr Lob. Wenn sie mit meinem Freund draußen war begrüßt sie mich danach nicht mehr so überdreht wie am Anfang und ist viel schneller wieder ruhig.
Aber auch nach 6 Wochen kann ich keine Aussage darüber machen, wann sie wie lange allein bleiben kann, das ist noch viel zu früh. Abwarten und (Beruhigungs-)Tee trinken. Je cooler ich bin, desto cooler ist Ruby.
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Dass Du Dir so viele Gedanken darum machst, wie es ihr geht und gerade auch warum sie sich so verhält finde ich super.
Klar kann man unterscheiden ob es sich um Kontrollzwang oder Angst handelt - aber ändert ja nichts an der Situation, dass sie es lernen muß.
ZitatIch habe wirklich Schwierigkeiten, die richtige Mitte zu finden. Jedesmal wenn ich ihr Aufmerksamkeit schenke, denke ich es ist zu viel, und wenn ich sie ignoriere, fühle ich mich zu streng.
Setz Dich nicht selbst so unter Druck, Du wirst bestimmt bald ein Gefühl dafür entwickeln, wie ihr beide prima miteinander klar kommt.
Ignorien ist gut - damit bringst Du sie dazu das sie sich an Dir orientiert. Wenn Du sie ständig ansprichst, sagst Du ihr ja nix anderes wie - ich bin hier, ich bin hier, ich bin hier... Dazu gehört auch den Hund nicht anzusehen. Ein Blick in die Augen des Hundes, versteht dieser als Kommunikation, kann unterschiedliche Bedeutungen haben, von komm - bis hin zur klaren Kampfansage (was in deinem Falle nicht zu trifft.)
Kuscheln und Ansprache sind aber auch wichtig - klar. Hierbei achte ich persönlich gerne darauf das sie auf meine Ansage und nicht auf Forderung des Hundes geschieht. Ausnahmen bestätigen die Regel.Und ja nach 2 Wochen ist sie nicht wirklich angekommen, Du wirst bestimmt noch die ein oder andere Situation erleben in der Du erstaunt bist über ihr Verhalten, weil sie Dir was neues zeigt.
Wie beendest Du die Situation wenn sie jault, weil sie alleine ist?
Habe auch einen Hund aus dem Tierschutz (seit 8 Monaten), der konnte von Anfang an alleine bleiben - alles was er dann unternimmt (durch filmen belegt) ist nachzusehen, ob ich an den Menschenfutterplätzen nicht was liegen lassen habe. Er liegt aber die meiste Zeit auf seinem Platz und gibt keine Töne von sich. (dreimalaufholzklopf)
Würde es schon mit ihr testen, sie ganz alleine zu lassen, sicherlich nicht für 2 Stunden. Aber für 20-30 Minuten schon. Vielleicht kann sie es ja und Du machst Dir umsonst die Sorgen? Natürlich würde ich sie dabei dann auch filmen (dazu reicht ja auch ne Handy Kamera.) und in der Nähe bleiben, falls sie wirklich sehr laut wird und nicht klar kommt abbrechen. Falls Du abbrichst beachte sie aber nicht, wenn Du zurück kommst, sonst denkt sie das Du gekommen bist, weil sie gerufen hat. Dazu würde ich sie aber nicht im ganzen Haus "rennen" lassen, sondern in einem Raum (nicht das Bad, weil sie da nicht gerne rein geht) in dem sie auch mal ruhig und gelassen auf ihrem Platz liegt, dem sie sich wohl fühlt. Da fällt es ihr sicherlich einfacher zur Ruhe zu kommen, als wenn sie durchs ganze Haus flitzt und sucht und immer panischer wird.
Und davon wird sie sicherlich kein traumatisches Erlebnis bekommen oder ihre Angst verstärken. -
Danke auch an pingpong und BonnysSam für Eure Beiträge.
Mir ist aufgefallen, dass sie anfänglich ein paar Mal alleine in andere Zimmer gegangen ist. Mein Freund hat erzählt, dass sie sich bei mir ins Bett gelegt hat, als ich weg war, während er in seinem Zimmer war. Find ich komisch, dass sie das am Anfang so einfach gemacht hat und es jetzt nicht mehr tut...vielleicht doch ein Zeichen dafür, dass wir ihr zu viel Aufmerksamkeit gegeben haben, die sie in dem Maße gar nicht gebraucht hat und dafür jetzt sucht.
Bin eben ein paar Mal aus der Haustür rein und rausgelaufen und ein bisschen im Treppenhaus rumgetrampelt. Sie ist ganz ruhig und wenn ich wieder reinkomme, steht sie vor der Tür und guckt mich mit großen Augen an..hab eher das Gefühl, dass sie dieses Theater durchschaut (vielleicht auch nur weil sie mich im Treppenhaus ja noch hören konnte). Habe sie eben die ersten Male beim Wiederkommen nicht beachtet, sie wedelt dann auch nicht mit dem Schwanz, sondern guckt nur.. beim letzten Mal Reinkommen, als ich etwas länger (20 Sek.) weg war kurz angesprochen und gelobt, dann erst hat sie mit dem Schwanz gewackelt und ihre Freude oder Erleichterung gezeigt. Bin mir noch nicht ganz sicher, ob ich sie jetzt loben soll wenn ich wiederkomme und sie ruhig war oder kein Ding draus machen soll und sie lieber nicht beachte. Was ist Eure Meinung dazu?
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