Panikähnliches Verhalten

  • Zitat

    Was wäre denn dann der Unterschied? Also auf was müsste man achten, wenn ein Hund tatsächlich ein Deprivationssyndrom hat? Muss man dann nicht genauso trainieren und es dauert dann nur länger, bis man Erfolge sieht?

    Nein, bei deprivierten Hunden muss man etwas anderes vorgehen und man kann nicht das selbe erreichen wie mit anderen Hunden, weil deren Hirnstrukturen das nicht zulassen.

  • Deprivierte Hunde brauchen die Unterstützung des Halters, um auch in "etwas" angespannteren Situationen noch lernen zu können (sie sind aber recht schnell über den Punkt, irgendwas aufzunehmen und ds betrifft auch vor allem Strafaktionen!)

    Dann fallen sie auch gerne auf den Ausgangspunkt zurück, wenn sie in einer Situation stecken. Auch "unsichtbare Reize" können dazu führen. Lebenslänglich muss man teilweise die gleiche Dinge üben.
    Sie haben auch oft Angst vor Dingen, die man als Halter nicht erkennt oder die für hunderrfahrene Leute als "nicht so schlimm" gelten. Für diese Hunde ist es der Weltuntergang (mein Hund hat immer noch Angst über Brücken zu laufen, zwischenzeitlich ist es ein bisschen besser...)

    Dieses Zurückfallen ist für mich das Intensivste. Ich komme damit zwar zurecht, aber manchmal ist man an einem Punkt, der ermüdend ist.

    Jeder deprivierte Hund äußert sich anders. Meiner ist in die aggressive Schiene abgegleitet (weil er hinterher auch sehr ungut behandelt wurde, weil man nicht erkannt hat, was seine Probleme sind)... andere wiederum sind schlimm ängstlich bis panisch.

    ich gestalte das Training immer so, dass der Hund keinesfalls überhalb der Reizschwelle ist! Ich mache das auch ausschließlich über positive Verstärkung. Übersehe ich den Punkt, gehe ich mit dem Hund nach Hause (denn ab diesem Zeitpunkt ist es so oder so AUS). Mittlerweile erkenne ich, dass er umweltsicherer ist. Plötzliches Gegenstemmen vor dem "Nichts" ist weniger geworden, allerdings bin ich auf der Hut.

    Hund hatte immer Angst vor Fahrradfahrern, hat diese verbellt und ist dabei ausgerastet (er hat sie nicht gejagt! Die Tendenz war immer nach hinten, aber vornerum war das Verhalten aggressiv) - habe dann trainiert. Aber immer wieder hat ihn irgendein Ereignis wieder in das Verhalten zurückfallen lassen und plötzlich ist er wieder genauso ausgerastet wie am Anfang.
    Monatelang war nun Ruhe und vor einer Woche fing es wieder an, als ein Radfahrer MICH fast über den Haufen gefahren hätte.
    Seit Tagen trainiere ich wieder am Nullpunkt.

    Auf sowas solltest du dich einstellen...


    Meiner Meinung nach kann man sehr viel erreichen, aber das ist nun aus meiner Warte heraus, dass alles schon viel schlimmer war.
    Wenn ich aber beispielsweise meinen etwa sproblematischen Pflegling daneben sehe, der aber eine gute Aufzucht genoss, wird mir der Unterschied klar. Das ist kein Vergleich.
    Wenn den mal was verunsichert, ist alleine die Raktion anders. Auch beruhigt er sich viel schneller. Akuma ist dann lange Zeit aus dem Häuschen, besonders, wenn man ihn einfach so in diesem Zustand lässt.

  • Bedeutet das, dass z.B. Hunde, deren Angst auf einem Deprivationssyndrom beruht, nie von dieser Angst befreit werden können? Da sie ja, wie du in dem verlinkten Post schreibst, nicht durch Gewöhnung lernen können, dass die Situation eigentlich nicht bedrohlich ist?
    Ich frage, weil ich hier auch eine Hündin sitzen habe, die die ersten 4 Monate im TH verbracht hat... sie hat sich super entwickelt, aber ihre Angst vor der Straße ist bisher geblieben.

  • Ayyda, sie können es nicht von alleine, man kann ihnen aber durchaus helfen. Ob man es komplett beheben kann... ich meine nein (das ist nun keine Expertenmeinung). Irgendwo macht es sich immer bemerkbar, durch die eingeschränkte Lernfähigkeit erst recht.

    Ich erkläre es mal an der "Brückenangst" meines Hundes.
    Die war da. er ist wie eine Spinne drübergekrabbelt und zwar genau in der Mitte der Brücke. Egal wie ich mit ihm gehe, ich muss immer über irgendeine Brücke laufen, um mit ihm auf die Wiesen zu kommen.

    Nach Wochen war der Zustand kein bisschen besser, obwohl ihm nie etwas passiert ist auf den Brücken. Er hat nicht begreifen können, dass die Situation nicht schlimm ist.
    Mit meiner Unterstützung, viel Geduld und Leckerlis und dem Clicker geht er heute zumindest nicht mehr krabbelnd drüber - aber immer noch darf keinerlei Zug an der Leine sein, sonst stemmt er sich wie ein Fels dagegen, will nicht mehr weiterlaufen und fängt sofort das Stresshecheln an.

    Passiert ihm nun irgendwas auf diesen Brücken bin ich sicher, dass er sofort wieder ins Krabbeln zurückfallen würde.

    Und nur weil er auf dieser Brücke "weniger Angst" hat als vorher, ist die Angst auf unbekannten Brücken genauso groß wie vorher.

    Bei Überforderung würde mein Hund aggressives Verhalten zeigen, durch die Angst begründet. Er hat das als akzeptables Ventil für sich entdeckt.

    Es gibt Deprivaten, die sind noch schlimmer als der meine, immerhin wurde meiner nach 2 Monaten zumindest noch mit einigen AUßenreizen konfrontiert (was sonst so schiefgelaufen ist bei den Vorbesitzern, lasse ich mal gut sein), als er von "Züchter" geholt wurde, aber die Abschottung von der Mutter, die fehlenden Wurfgeschwister und sonst keine Reize oder Menschen haben deutliche Spuren hinterlassen.

  • danke für deine Antwort. Ich denke, dass bei meiner Hündin auch ein Deprivationssyndrom vorliegt. Für sie war, als ich sie mit 5 Monaten bekommen habe quasi alles komplett neu... Bei vielen Dingen ist sie aber mittlerweile durch viel Übung total enstpannt geworden (z.B. bei Hundebegegnungen, Autofahren...). Aber die Angst vor der Straße bekommen wir nicht in den Griff. Sie ist dann gar nicht mehr ansprechbar. Wie bei dir mit der Brücke kann ich leider das Laufen an der Straße nicht vermeiden. Wir müssen da entlang, egal wohin wir gehen

  • Hilf ihr, indem du einfach hineinclickerst (ja, auch ins ANgstverhalten reinclickern!) und somit die Straße zumindest ein bisschen positiv belegst. Der Hund lernt dadurch auch schleichend etwas: er orientiert sich zunehmend an dir, was ihm ein wenig Sicherheit vermitteln kann.

    Es ist auch noch entscheidend, ob die Angst durch den Mangel an Reizen entstanden ist oder später durche in Trauma.
    Selbst beim deprivierten Hund ist da ein Unterschied. Die Angst vor lauten Geräuschen kam bei Akuma daher, dass ihm wohl als Einjähriger Jugendliche Knaller vor die Pfoten geworfen wurde - diese Angst ist "einfacher" zu bewältigen als diese Brückenangst... finde ich. Vielleicht rede ich es mir auch nur ein. Aber mir erscheint er da "offener" als bei der Brückenangst.

  • Ja, mit dem Clickern wollte ich es schon länger mal versuchen. Ich werd mir demnächst mal einen kaufen und damit anfangen. Das ist eigentlich das einzige, das ich bisher noch nicht getestet habe...

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