Vertrauensaufbau zu Tierheimhund?
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Hallo,
seit etwa 2 Monaten gehe ich mit einem kleinen Shi Tzu Mischling aus dem Tierheim spazieren (Rüde, wurde an einen Laternenpfahl angeleint gefunden, ca. 3 Jahre alt).
Ich habe den kleinen Kerl sehr ins Herz geschlossen, und genau deshalb habe ich das Bedürfnis, dass er etwas mehr Vertrauen zu mir aufbaut und menschenbezogener zu "machen" – sofern man das überhaupt so sagen kann. Er ist nämlich leider sehr eigensinnig, lässt sich nicht anfassen und hat auch keine Hemmungen nach Menschen zu schnappen, wenn ihm etwas nicht passt. Insgesamt habe ich den Eindruck, er ist sein eigener Herr und braucht Menschen eigentlich nur, damit sie ihm das Futter hinstellen.
Ich habe das zwar noch nie vorher gemacht, aber vor ein paar Wochen habe ich Klickertraining mit ihm begonnen. Alles, was ich darüber weiß, habe ich von Internetseiten, Youtube-Videos und aus Foren wie diesem.
Ich glaube, er hats ziemlich schnell kapiert, zumindest reagiert auf das Klickergeräusch mit großen Augen und ebenso großer Erwartungshaltung an ein Leckerli. Weiter als die beschriebene Konditionierung sind wir aber leider noch nicht gekommen. Mit kreativem Klickern (z.B. vom Futter wegarbeiten etc.) schien er mir etwas überfordert zu sein. Deswegen habe ich ihn bisher einfach immer für Blickkontakt und gute Leinenführung belohnt (alles Sachen, die er vorm Klickertraining noch nicht gemacht hat).
Wie aber können wir jetzt den nächsten Schritt machen? Hab den Eindruck, dass das Ganze momentan stagniert. Und ich will ihn ja auch nicht zum Betteln erziehen – zum Bsp.: wenn er mich anschaut, weil er ein Leckerli will, dann belohne ich ihn ja eigentlich für den Blickkontakt, aber er könnte es auch als Belohnung fürs Betteln auffassen… oder?
Wie gesagt, an manchen Tagen macht er sich echt gut. An anderen wiederum ist er ganz in seiner eigenen Welt unterwegs. Ich kann sein Verhalten dann einfach schlecht deuten: Er verbeißt sich z.B. regelrecht in der Leine, zerrt laut knurrend an ihr und hört weder auf, wenn ich stehen bleibe und schweige, noch wenn ich mit ihm schimpfe. Manchmal habe ich echt Bedenken, dass er dabei meine Hand erwischt. In meinen Augen hat dieses Leinen-Gezerre nämlich nicht mehr viel mit Spielen zu tun. Nach ein paar Minuten, ist diese "Phase" jedenfalls meistens wieder vorbei. Danach brauche ich aber auch nichts mehr von ihm erwarten, er ignoriert mich anschließend komplett.
Ich kann ihn leider nur 2-3 mal pro Woche für jeweils anderthalb Stunden abholen. Meistens ist sein Bewegungsdrang dann größer als das Interesse für irgendwelche neuen Spielchen oder gar Erziehungsmethoden.
Er ist in seinem Leben vor dem Tierheim wahrscheinlich nicht mit Regeln konfrontiert worden und hat sich daher einfach seinen eigenen gemacht. Wäre er mein Hund, würde ich einen Hundetrainer beauftragen, aber das ist unter diesen Umständen ja nicht möglich. Daher meine Frage an euch: Könnt ihr mir helfen, diesen Hund irgendwie zu verstehen? Wo seht ihr einen Ansatzpunkt? Ich bin ratlos.
Danke schonmal & viele Grüße
Kerstin -
- Vor einem Moment
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Zitat
Ich kann ihn leider nur 2-3 mal pro Woche für jeweils anderthalb Stunden abholen. Meistens ist sein Bewegungsdrang dann größer als das Interesse für irgendwelche neuen Spielchen oder gar Erziehungsmethoden.
Das ist nach meiner Ansicht der springende Punkt.
Ohne Bindung bringt ein Erziehungsversuch nicht viel.Du bist für den Hund relativ fremd, er hat ganz andere Bedürfnisse, als für Leckerlie irgend etwas zu tun. Er will sich bewegen und muss auch seinen Frust über seine Situation rauslassen.
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Wenn sein Bewegungsbedürfnis so groß ist, schon mal versucht, Bewegung als Belohnung einzusetzen?
Es gibt ja so viel mehr Möglichkeiten, zu belohnen, als "nur" Leckerlie! -
Ich habe den Eindruck, dass Du Dich vom Programm her, das Du mit ihm machen möchtest, so verhältst, als wäre es Dein Hund. Ist er aber nicht. Und in die drei Gassi-Runden pro Woche kannst Du das nicht reinpacken. Womöglich kommt er sonst nicht raus oder aber, er hat noch andere Gassigeher, die wieder was anderes mit ihm machen (wollen) .
Wahrscheinlich wäre miteinander gehen/ laufen, rumschnuppern lassen erstmal sinnvoller als zuviel Ehrgeiz in Richtung Training. -
Dieser Hund wird sich wahrscheinlich erst machen, wenn er eine dauerhafte, feste Beziehung zu seiner Bezugsperson aufgebaut hat. Grade dieses "in seiner eigenen Welt leben" deutet darauf hin, dass er momentan nicht Beziehung aufnimmt. Wenn du mit ihm klickern möchtest, dann würde ich die Erwartungen nicht zu hoch setzen, auch klickern hat mit Beziehung zu tun.
Er will und kann das in seiner jetzigen Situation und Vorgeschichte einfach nicht leisten.
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Danke für eure Antworten. Und ja: Ihr habt vermutlich recht. Hab bewusst ein Fragezeichen hinter den Post-Titel gesetzt, denn ich muss ehrlich sagen, dass ich da auch ein wenig Zweifel hab ... Wäre aber auch zu schön gewesen
Ich werde trotzdem weiter mit ihm Klickern, hab nämlich auch viel positives über das Klickertraining mit Tierheimhunden gelesen. Und wenn ich meine Erwartungshaltung etwas runterschraube und das ganze mehr "zum Spaß" mit ihm mache, sehe ich da auch kein Problem.
LG
Kerstin -
Willst du den Hund denn zu dir holen?
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Zitat
Ich werde trotzdem weiter mit ihm Klickern, hab nämlich auch viel positives über das Klickertraining mit Tierheimhunden gelesen. Und wenn ich meine Erwartungshaltung etwas runterschraube und das ganze mehr "zum Spaß" mit ihm mache, sehe ich da auch kein Problem.
LG
KerstinLaß es lieber mit dem Clickern. Du kennst dich damit nicht so richtig aus und wenn du es jetzt aus Unkenntnis völlig falsch anwendest, nimmst du dem zukünftigen Hundehalter die Möglichkeit damit Sinnvoll zu arbeiten
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