Gymnastizieren von Gangpferden (auch am Boden)

  • Hallo ihr Lieben,


    ich reite nun im Rahmen einer RB seit einiger Zeit eine Isi- Stute, die über einen längeren Zeitraum (also ich schätze mal 3 Jahre oder so in der Art..) nicht geritten wurde, da sie zwei Fohlen hatte.
    Sie ist Viergänger und schmeißt leider noch die Gangarten durcheinander. Also sie geht manchmal Schweinepass statt zu traben. Im Gelände klappt das schon ganz gut, da geht sie nur noch in den Pass, wenn sie nicht in den Tölt kommt (hab manchmal das Gefühl, wenn wir schon länger unterwegs waren, fehlt ihr dazu dann die Kraft). Ansonsten läuft sie im Gelände wie gesagt echt super, da schaff ich es auch, sie zu tölten, was mir in der Halle leider noch so gar nicht gelingt (liegt aber an mir, nicht an ihr). Auch galoppieren ist da eigentlich kein Problem, sie braucht halt erstmal ein paar Schritte, bevor sie so richtig gut läuft, aber die darf sie im Moment auch noch ruhig haben.
    Nun zur eigentlichen Sache: Um das Ganze wieder stabiler hinzukriegen reite ich sie eben auch immer wieder in der Halle und mache dort ganz viele Sachen mit Biegen, also einfache und doppelte Schlangenlinien, Schlangenlinien durch die ganze Bahn (in unterschiedlichen Variationen), ganz viel Zirkel, Zirkel verkleinern und vergrößern, usw... Momentan haben wir noch das Problem, dass sie gerade auf der rechten Hand (die linke Hand scheint die Schokoseite zu sein) sehr schnell wird, wenn sie trabt. Sobald ich dann irgendwie einwirken will, fällt sie sehr schnell wieder in den Pass. Wenn ich dann auf dem Zirkel reite und vermehrt halbe Paraden geb und treibe, geht sie schon super wieder in den Trab. Aber das Tempo bleibt eben leider.


    Jetzt hab ich angefangen, mit ihr Bodenarbeit zu machen und sie longiert. Größere und kleinere Kreise, im Trab und im Schritt. Hat auch soweit ganz gut geklappt, sie gibt sich super viel Mühe und ist nur ganz selten in den Pass gefallen. Das Tempo lässt da auch zu wünschen übrig, weil es eben immer sehr schnell ist, aber mit der Zeit läuft sie viel lockerer und auch langsamer.
    Dann hab ich noch solche Sachen wie Flexen (wobei das ja eh eher Aufwärmen ist), Vorhandwendung und Hinterhandwendung an der Hand gemacht. Mit dem Seitwärts- Laufen an der Hand bin ich mir ein bisschen unsicher, weil sie auch mit dem einen Knie Probleme hat, ich kann aber gerade nicht genau sagen, was genau das für ein Problem ist.
    Glückwunsch, solltet ihr euch bisher schonmal durch den Text gekämpft haben. :D
    Fällt euch noch etwas ein, was ich mit ihr, speziell auch vom Boden aus, machen könnte?
    Wäre für jeden Tipp, jede Idee und kleine Hilfe dankbar!
    Liebe Grüße!

  • Fehlende Kraft, fehlende Ballance, fehlende Grundausbildung. Du hast einiges vor dir ;)


    Grundsätzlich: sehr sehr kurze Trainingseinheiten. 20min. könnten bereits zu viel sein. Wieso? Weil Muskulatur, Kondition und Koordination nicht von heute auf morgen wächst, sondern über viele viele Monate. Und auch nur bei korrektem Training. Nebst Technik ist die Motivation das aller aller Wichtigste! 80% des Trainings läuft über Motivation, der Rest ist Technik und Genetik. Sorg also für viele Erfolgserlebnisse, wenig Frust, und vor allem arbeite das Pferd niemals in die Ermüdung (Verlust jeglicher Motivation).


    Pferde neigen zum rennen wenn sie müde sind oder das Gleichgewicht verlieren (Angst!). Das sollte für dich ein Zeichen sein, dass bereits zu viel trainiert wurde.


    Gangpferde machen Salat, wenn sie müde sind, wenn sie kein Gleichgewicht haben und wenn sie nicht von Anfang an sorgfältigst ausgebildet wurden. Dann fliegen die Beine kreuz und quer.


    Übe mit dem Pferd nach Plan, nicht einfach kreuz und quer durch die Skala, du kommst mit System massiv viel weiter. Du hast sehr viele sehr gute Ideen. Jetzt musst du die sortieren. Nach Schwierigkeit, nach Nutzen etc. Und dann wird daraus ein Plan.


    Bei deiner RB geht es nicht nur darum, das Pferd zu gymnastizieren. Es muss wieder (oder erstmals?) lernen, im Gleichgewicht Last aufzunehmen. Unter den Schwerpunkt zu treten (was auf gebogenen Linien extrem schwer und anstrengend ist und viel Zeit und Geduld benötigt).


    An manchen Tagen kann es sein, dass man sich mit einer halben Runde korrekt gebogen im Schritt auf dem Zirkel zufrieden geben muss. Mehr würde alles wieder verkorksen. Da ist sehr viel Fingerspitzengefühl angesagt. (und Finger weg von jeglichen Hilfsmitteln, bei Gangsalat machen die alles nur noch schlimmer).


    Durchlässig für die Hilfen werden, sofortiges annehmen der treibenden Hilfen wäre auch ein erstes Thema. Taktrein gehen z.B. steht ebenfalls an vorderster Stelle. Gerade Gangpferde habe da leider (meistens dank dem Menschen) grosse Mühe mit. Da heisst es aufmerksam sein und z.B. im Schritt sofort in die angebrachte Übung wechseln, sollte der 4-Takt auch nur für einen kurzen Moment verloren gehen. Dafür muss man wissen, welche Übung welchen Nutzen hat.
    So sortiert man Gänge.


    Viel Spass und viel Erfolg :)

  • Danke für die Antworten!


    wildsurf: Mit welchen Übungen würdest du denn jetzt z.B. anfangen? Es geht ja darum, den Schweinepass rauszukriegen, denn wenn sie erstmal in der einen Gangart ist, läuft sie die auch super. Aber beim Trab kann das eben kippen in den Schweinepass.
    Ich versuche auch immer möglichst abwechlungsreich zu sein, also nicht nur in der Halle rumzugurken, sondern auch viel draußen unterwegs zu sein, denn da läuft sie eigentlich alle Gänge super. Da töltet sie super, trabt, ohne in den Pass zu fallen und galoppiert auch (das geht in der Halle bisher noch gar nicht).


    Man sollte vielleicht auch dazu sagen, dass sie am Boden sensibler auf mich reagiert. Also im Sattel reagiert sie auch gut auf Schenkelhilfen, aber in der Hand ist sie seeeeeehr hart. Ich bin schon froh, dass wir es mittlerweile so weit haben, dass sie mit Stimm- und Zügelhilfen mehr oder weniger direkt stehen bleibt und nicht erst nach 5m. Vielleicht ist das auch meine Hilfengebung, weil ich niemals ins Ziehen geraten möchte und dann manchmal vielleicht nicht "genug" mache. Aber wie gesagt, mithilfe der Stimme klappt das richtig gut.
    Aber am Boden ist sie da eben sehr viel feiner. Also reagiert auch gut auf Stimme und wenn ich neben ihr steh und mich nur minimal auf sie zu- oder von ihr wegbewege, reagiert sie da sofort drauf. Daher auch mein Plan (nicht nur deshalb, natürlich auch, weil Bodenarbeit sowieso immer gut ergänzt), mehr mit ihr vom Boden aus zu machen.

  • Das ist ganz normal, dass untrainierte, verrittene oder auch junge Pferde in der Halle oft Mühe haben. Die Meisten von ihnen haben ganz einfach Angst vor den Ecken, da sie merken dass sie noch nicht so viel Kraft haben, um die Gangart in den engen Ecken zu halten. Dann fallen sie entweder in den Kreuzgalopp, in den Schweinepass, stürmen davon oder fallen in den Schritt.
    Es geht bei deinem Pferd nicht um den Schweinepass! Es geht um langsamen Kraftaufbau allgemein. Wenn das dann mal passt, lösen sich viele Probleme fast von selbst.
    Es wäre völlig falsch, jetzt einfach nur den Schweinepass korrigieren zu wollen. Da hat es anscheinend noch ganz andere Baustellen. So wie du schreibst hast du da ein Korrekturpferd, welches eher in Profiberitt gehört.


    Wie gesagt, Training nach Plan mit Sinn und Verstand bringt hier was. Stelle dich auf viele viele Monate Arbeit ein.


    Tips für Übungen geb ich dir gerne per Mail.

  • Ich finde du machst schon zu viel mit dem Pferd.
    Denn es liest sich wirklich eher so, als hätte das Pferd nie wirklich eine solide Grundausbildung genossen. Die gilt es nachzuholen, und zwar von Anfang an.


    Zitat


    Bei deiner RB geht es nicht nur darum, das Pferd zu gymnastizieren. Es muss wieder (oder erstmals?) lernen, im Gleichgewicht Last aufzunehmen. Unter den Schwerpunkt zu treten (was auf gebogenen Linien extrem schwer und anstrengend ist und viel Zeit und Geduld benötigt).


    Hier empfehle ich ja immer sehr gerne das SH/KH. Das ist eine geniale Übung, die das Pferd (richtig ausgeführt) unweigerlich dazu bringt unter den Schwerpunkt zu treten und Last aufzunehmen. Ebenso lernen sie ihre Füße zu kontrollieren und erhalten ein besseres Körpergefühl, was ich gerade bei einem Gangpferd sehr wichtig finde.

  • Ich kann zu Übungen und Tipps nichts beitragen, aber mir ist der Satz mit dem Knie aufgefallen. Ist denn ausgeschlossen, dass sie das im Gang beeinflusst? In der Halle ist der Boden ja nochmal anders als im Gelände.

  • Sh/Ksh jein, wenn sich das Pferd noch nicht korrekt biegen kann, ist auch kein korrektes Sh möglich, das Pferd lernt am Schwerpunkt vorbei zu treten.
    Bei Korrekturpferden ist es extrem wichtig, die Skala der Ausbildung Schritt für Schritt zu befolgen. Sonst fallen sie sofort wieder in alt bekannte Muster.
    Zum Knieproblem: wenn der TA grünes Licht fürs Training gibt, stabilisiert nur Kraft das Knie.

  • Zitat

    Sh/Ksh jein, wenn sich das Pferd noch nicht korrekt biegen kann, ist auch kein korrektes Sh möglich, das Pferd lernt am Schwerpunkt vorbei zu treten.
    Bei Korrekturpferden ist es extrem wichtig, die Skala der Ausbildung Schritt für Schritt zu befolgen. Sonst fallen sie sofort wieder in alt bekannte Muster.


    Nun,ja dass das sh vernünftig aufgebaut bzw. vorbereitet wird habe ich vorausgesetzt.


    Die Biegung lernten meine auch an der Hand und zwar als sie anlongiert wurden, sonst hat das longieren ja keinerlei gymnastizierende Wirkung.


    Und wie soll ein Pferd lernen am Schwerpunkt vorbei zu treten wenn ich am Boden bin? Da würde es ja unmittelbar auffallen und man kann es korrigieren bzw. nochmal einen Schritt zurück gehen wenn nötig.


    Meine eine Stute hatte als Jungpferd auch Probleme mit den Knien (Patellaluxation) und ihr machten die Seitengänge keine Probleme.
    Und was ihr dauerhaft half war kontinuirlicher Muskelaufbau im Gelände (viele Berge hoch und runter). Das hat uns vor einer OP bewahrt.

  • Nochmal ergänzend: Sie ist 15 und ich denke nicht, dass die Grundausbildung nicht solide genug war, sondern eher, dass mit der Zeit nicht mehr genau darauf geachtet wurde, wie sie läuft. Und dann kamen ja noch die Fohlen, daher weiß ich nicht, wie lange das letzte "Training" her ist.


    Die Besitzerin hat auch den Grundgedanken, dass das Knie mit aufbauendem Training durch die entstehende Muskulater keine Probleme machen sollte.


    Wenn ich nicht einwirke, ist der Trab auch in der Halle eigentlich gut (oder jedenfalls besser geworden), aber sie ist dann eben sehr schnell und oft ist es so, dass sie dann in den Pass fällt, wenn ich versuche, Geschwindigkeit rauszunehmen.


    Würde es mir nicht anders und vermehrt auffallen, wenn sie Probleme damit hat, im Gleichgewicht zu laufen? Im Schritt bekommt man nämlich nicht den Eindruck, als sei es so. Auch das Biegen klappt ja an sich gut, es ist nicht so, als würde sie da kompletten Salat laufen.


    wildsurf: Ich schick dir ne PN, danke!

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