Wie halten das Arbeitshunde durch?

  • Hunde arbeiten seltenst mehr als 2 Stunden am Stück, meist arbeiten sie deutlich weniger und haben dann Pause, wenn man Diensthunde z.B. nimmt.
    Dazu arbeiten sie höchst unregelmäßig, also sie haben Phasen, wo sie viel zu tun haben und Phasen mit wenig Arbeit.
    "Geregelte" Arbeitszeiten haben eher die Zollhunde an den Flughäfen z.B. und deren Einsätze müssen angepasst gehalten werden, weil die Hunde sonst einfach keine gute Suchleistung bringen.
    Auch Minensuchhunde arbeiten eher kurz und mit vielen Pausen, denn sonst verliert man den Hund. Und die Verluste sind leider auch bei bester Arbeit da, da riskiert man nichts.
    Gerade im Bereich Nasenleistung ermüden Hunde schnell und man keinn sie nicht zur Weiterarbeit zwingen.


    Sporthunde sterben angeblich auch früher, weil sie soviel Stress haben.
    Aber da muss man dann doch etwas genauer hinsehen. Manch Hund in Sport- oder Dienst stirbt eher, weil er sich während der Arbeitszeit verletzt hat. Da ist es dann auch ziemlich egal, ob es Verschleißerscheinungen an den Gelenken wegen hoher Belastungen sind, ob ein Jagdhund eine unschöne Begegnung mit eine Wildschwein hatte, ein Hütehund mal Pech hatte und was man sich noch so vorstellen kann. Das alles kann passieren, muss es aber nicht.
    Ansonsten kann man sagen, wenn die Hunde solide ausgebildet sind, nicht ständig völlig überdrehen, etc., dann werden sie genau so alt wie Sofahunde.
    Man trifft durchaus viele alte Jagdhunde, Sporthunde, Diensthundrentner. Sofern sich eben ihre Besitzer "die Mühe" machen mit einem Rentner zu leben.
    Der 14-jährige Border vom Nachbarhof sieht zwar mittlerweile wie ein Bordermix aus, weil er arg zugelegt hat, aber er ist ein zufriedener Rentner, der sein Leben lang Herr über 250 Milchziegen war. Heute ist er einfach zu langsam für den Job. :D


    LG
    das Schnauzermädel

  • Spannendes Thema!
    Ich muss ständig erklären das auch ein Hütehund nicht 6 Stunden
    am Tag arbeiten kann/muss/soll... das denken wirklich viele Menschen.

  • Ich kann mal den härtesten Tag den ich in einer großen Schäferei mitgemacht habe beschreiben. Da haben wir morgens drei Stunden 900 Schafe im Wald "gehütet" - also wirklich hingetrieben, fressen lassen inkl. Aufpassen, dass sie nicht weglaufen (ab und zu den Hund schicken bzw. einen der drei Hunde, die ich dabei hatte) und dann wieder zurück zur Weide. Nachmittags ca. 2 Stunden Umtrieb mit vier Hunden (meine zwei von morgens waren wieder dabei) von diesen 900 Schafen.


    Und das alles war im Sommer bei 34 °C im Schatten... und eine Herde mit wenigen Wochen alten Lämmern, die es gar nicht gut finden zu laufen und deren Mütter sich leidenschaftlich gern mit den Hunden prügeln.


    An diesem einen Tag habe ich meine alte Hündin total ramponiert. Sie hat gearbeitet, als ob es kein Morgen gäbe und mit ihrer Arthrose war das mehr als schlecht. Obwohl ich sie die letzte halbe Stunde ins Auto gepackt habe, habe ich in dem ganzen Trubel nicht gesehen, dass sie eigentlich auf der Felge lief. Meine junge Hündin macht das besser - sie kann gut zwischendurch im "Standby" laufen und hat eine enorme Arbeitsausdauer bewiesen.


    Aber auch sie war mehrere Tage völlig fertig. Kann der Hund auch, weil man solche Megaumtriebe nicht jeden Tag macht und man danach Erholungszeiten macht.


    Die meiste Zeit beschäftigt man sich damit die Schafe umzustecken - sprich Netze stecken auf einem benachbarten Stück oder mal ein paar hundert Meter weg. Die meiste Zeit haben meine Hunde an solchen Tagen also rumgelegen während ich Netze gesteckt habe.


    Die Arbeiten in der Sortieranlage und dem Pferch sind für gut geübte Hunde auch nicht permanent 100% Aufmerksamkeit. Auch hier beobachte ich, dass meine Hunde zwischendurch auf Standby schalten.


    Es gibt immer Zeiten, in denen mehr gearbeitet wird und Zeiten, da gibt es so gut wie nichts für die Hunde zu tun. Ich hatte schon Tage dabei, da hätte ich gar keinen Hund gebraucht, weil die Schafe nur auf die Nachbarweide mussten und die wegen des frischen Grüns eh von allein da draufrennen...


    Es hat auch einen Grund, warum größere Schäfereien häufig mehr als zwei Hunde haben ;) Einen guten Arbeiter lässt man nicht permanent über seine Limits gehen, denn ein solcher Hund ist mehrere Arbeitskräfte in Menschen gerechnet wert!


    Ich erinnere mich noch daran, als ich meinen Pflegehund letztes Jahr zu einem Kuhbauern vermittelt habe. Seine BC-Hündin war zu alt geworden zum Arbeiten. Zweimal täglich mussten die Milchkühe in den Stall. Ohne Hund rückten vier Leute aus! Er sagte zu mir, dass er das mit einem Hund ganz allein kann. Das heißt, der Hund arbeitet morgens eine halbe Stunde und abends...und an manchen Tagen nochmal den ein oder anderen Job. Aber nicht immer.


    Viele Grüße
    Corinna

  • Corinna ... Danke :gott: :gott:
    Toller Beitrag, wirklich lehrreich und faszinierend be-u. geschrieben :gut:


    Liebe Grüße
    Susanne

  • Zitat

    Schlafen denn Hunde tatsächlich 20 Stunden am Tag?
    Ich hatte mal was von so 12-16 Stunden gehört...


    joo... dazwischen....


    Wenn ich hier manchmal so mitlese, denke ich, dass es schon helfen
    würde, wenn mancher Hund wirklich 12 Stunden Ruhe HÄTTE :???:


    Hier haben die Hunde ca. 15 Stunden " Ruhe " aber die beiden sind
    auch jung und quirlig und beschäftigen sich auch viel " miteinander" :roll:
    Es kommt ja auch viel auf Rasse und Charakter an....


    Grüße
    Susanne

  • Hier hat kürzlich jemand geschrieben, dass Doggen 20 Stunden Schlaf brauchen. Und das hat so geklungen, als wäre das was besonders doggentypisches. Das passt nicht mit der Information zusammen, dass angeblich alle Hunde so viel Schlaf benötigen. Vielleicht war der Trainer, der das behauptet hat, auch einfach schlecht informiert? Wäre ja nix ungewöhnliches für einen Hundetrainer :hust:


    Kann das denn irgendwer mit wissenschaftlichem Hintergrundwissen bestätigen oder widerlegen?

  • Man muss ja nun auch deutlich differenzieren.
    Wenn man z.B. einen Wolf nimmt, dann wird sich bei extrem guter Futterlage so vollschlagen, dass er im Prinzip nur verdauend dösen kann, weil er einfach überfressen ist.
    Ist die Futterlage schlechter, dann wird er sich ebenfalls nur sparsam bewegen, denn wer weiß, wann es das nächste Mal etwas gibt.
    Für sehr sichere beute wird Wolf aber sehr lange und sehr weit laufen.
    Also eigentlich ein irre belastbares Tier, das sich seine Kräfte einteilt.


    Hunde haben aber regelmäßiges Fressen und sichere Ruheplätze. Also kann man sie gleichmäßiger und sozusagen durchweg höher belasten.
    Auch wenn sie zu solchen Extremleistungen wie Wölfe eher nicht mehr fähig sind.


    LG
    das Schnauzermädel

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