Unsere Hündin beisst...

  • Hallo zusammen,


    haben ein großes Problem und sind momentan sehr verzweifelt, aber erstmal zur Vorgeschichte:
    Wir haben einen Rüden, Lucky, fast 3 Jahre alt, macht keine Probleme. Seit Februar haben wir noch eine Hündin, Nelly, 2 Jahre alt, vom Tierschutz. Über ihre Vorgeschichte ist nicht viel bekannt, sie war wohl in einem Hinterhof mit ihrer Mutter zusammen angepflockt und völlig verwahrlost, als der Tierschutz sie dort herausholte. Wir haben das Problem, dass sie sehr viel Angst hat, die auch in Aggression umschlägt (Leute massiv anbellen/anknurren, Radfahrer anspringen, auch bei Kindern!!!). Später fing sie auch an unseren Rüden zu attackieren. Wir waren bei zwei Verhaltenstherapeuten, sie war aber eher "erziehungsresistent" und die Übungen hatte sie auch gleich wieder vergessen. Unser Tierarzt sagte, dass es vermutlich etwas vom Kopf her sei und man, wenn sich das bewahrheiten würde, nichts machen könne. Er hat uns dann, quasi als letzten Versuch, Selgian (Psychopharmaka) verschrieben. Sie ist seitdem weniger ängstlich und auch deutlich aufmerksamer, wir haben uns schon richtig gefreut, bis heute:
    Heute hat meine Frau mit Nelly etwas trainiert, Lucky wollte nur mal schaun und schlenderte kurz rüber, wurde sofort heftigst attackiert, trotz Beschwichtigungen blutig gebissen und konnte nicht mal weglaufen, da sie sich ihm in den Weg gestellt hat.
    Kurz danach war sie wieder ein ganz anderer Hund, Lucky geht ihr jetzt nur noch aus dem Weg. :(


    Das Problem ist nicht nur, dass sie unseren Rüden angeht, wir basteln auch an zweibeinigem Nachwuchs. Wenn Sie da dann auch mal zuschnappt... Dieses Risiko erscheint uns doch zu hoch.


    Hat jemand von Euch ähnliche Erfahrungen gemacht? Was kann man noch machen? Ist das Risiko wirklich zu groß?


    Danke und Gruss,


    Thorsten

  • Hi Thorsten,


    um euch wirklich etwas zu dem Verhalten der Hündin zu sagen, müßte man einiges mehr wissen bzw. sie am Besten sehen ... so kann man nur mutmaßen.


    Das was du beschreibst, hört sich eher nach einem absolut verunsicherten Hund, der nie in seinem Leben eine Bezugsperson hatte, auch jetzt vollkommen alleingelassen und damit gnadenlos überfordert ist - wäre zumindest ein typisches Verhalten entsprechend eurer Beschreibung.


    Finde das sehr interessant, daß euch jemand Psychopharmaka verschreibt, da sträubt sich in mir alles ... aber man keine Vorurteile, bin ja weit weg.


    Wie kommt der TA auf diese Diagnose, wie begründet er die ?
    Was haben euch die Trainer geraten ? Wie behandelt ihr die Hündin z.B. wenn sie andere Menschen ankläfft ?
    Hat sie vom ersten Tag an gewisse Regeln im Haus, gibt es einen festen Platz, feste Rituale ?
    Verhalten sich die Hunde drinnen genauso wie draussen ?
    Geht ihr in eine Hundeschule ? Wer ist ihre Bezugsperson ? Wie begegnet sie lose laufend fremden Menschen, Hunden, ... ?


    Ein bisschen mehr Info wäre hilfreich !?


    Grüße, Silja

  • Hi staffy


    Zitat

    Das was du beschreibst, hört sich eher nach einem absolut verunsicherten Hund, der nie in seinem Leben eine Bezugsperson hatte, auch jetzt vollkommen alleingelassen und damit gnadenlos überfordert ist - wäre zumindest ein typisches Verhalten entsprechend eurer Beschreibung.


    Das könnte hinkommen. Ihre Mutter und sie waren bei einem älteren Herrn und wohl auch ziemlich verwahrlost. Sie kam da erst heraus, als der Besitzer verstorben ist.


    Zitat

    Wie kommt der TA auf diese Diagnose, wie begründet er die ?


    Nachdem das Training kaum Fortschritte brachte und die Angriffe auf Lucky anfingen, empfahl uns eine Verhaltenstherapeutin, eine Blutuntersuchung zu machen, um eine Schilddrüsenfehlfunktion auszuschliessen. Da war aber alles in Ordnung. Danach hat er untersucht, ob sie evtl. Schmerzen hat oder nicht richtig sehen kann. Aber auch hier war alles in Ordnung. Als wir ihm dann erzählten, dass ihre "Macken" von einer Sekunde auf die Andere kommen und gehen, vermutete er dann etwas vom Kopf her.


    Zitat

    Was haben euch die Trainer geraten ? Wie behandelt ihr die Hündin z.B. wenn sie andere Menschen ankläfft ?


    Wir ignorieren sie und loben sie, wenn sie eine Pause einlegt und uns anschaut.


    Zitat

    Hat sie vom ersten Tag an gewisse Regeln im Haus, gibt es einen festen Platz, feste Rituale ?


    Für sie gelten die gleichen Regeln wie für Lucky auch. Sie hat ihre festen Körbchen (eins im Wohn-, eins im Schlafzimmer). Futter wird ihr als Belohnung gegeben und nicht aus dem Napf.


    Zitat

    Verhalten sich die Hunde drinnen genauso wie draussen ?


    Eigentlich schon.


    Zitat

    Geht ihr in eine Hundeschule ?


    Nein, da sie bei anderen Menschen/Hunden völlig abdreht. Wir hatten Einzeltraining.


    Zitat

    Wer ist ihre Bezugsperson ?


    In erster Linie meine Frau, da sie die meiste Zeit mit den Hunden verbringt.


    Zitat

    Wie begegnet sie lose laufend fremden Menschen, Hunden, ... ?


    Sobald diese in Reichweite kommen, knurrt und bellt Sie. Sie kriegt eine Bürste und rennt auf den Menschen/Hund zu. Dann "stellt" sie den Menschen/Hund, springt hoch, schnappt auch schon mal.


    Danke und Gruss,


    Thorsten
    [/quote]

  • Tarzan in New York!


    Ganz im Ernst. So einen ähnlichen Fall (unter Vorbehalt) hatte bzw. habe ich auch.


    Irgendwelche Übungen würde ich mir erstmal schenken. Ich denke das ihr alles zuviel ist, auch der direkte Kontakt mit Euch.Das sie auch mit Eurem Rüden nicht wirklich klar kommt, könnte daran liegen das sie eigentlich keine kennt. Das bedeutet Dauerstress in höchstem Maße. Da reichen schon falsche Gerüche oder Bewegungen um das Fass zu überlaufen zu bringen.
    Da sie nur schnappt und nicht nachhaltig beisst gehe nicht von einer generellen Aggression aus.


    Wie ist denn Euer TA drauf? "Wenn da etwas ist kann man nichts machen"! Was ist das denn für eine Aussage? Nun, dafür könnt Ihr nichts.
    Die "ich weiß nichtweiter- Vermutung mit dem Tumor oder einem Blutgerinsel im Gehirn ist zwar unwahrscheinlich, aber um sicher zu gehen solltet Ihr vielleicht eine Kernspin-Tomographie (Magnet-Resonanz-Tomographie) machen lassen. Dann wisst Ihr es genau und könnt sie bei positiver Diagnose noch in Narkose einschläfern lassen.


    Ansonsten habt ihr ein schönes Stück Arbeit vor Euch. Den Kinderwunsch müsstet Ihr dann wohl noch einige Jahre zurückstellen.
    Wenn die Mutter schon während der Trächtigkeit in dem Bau angpflockt war und möglicherweise auch noch verprügelt wurde kriegt Ihr die Hündin nie wirklich hin. Sie wird vielleicht irgendwann eine Schmusebacke, wird aber vermutlich immer leicht authistische Züge behalten.

  • Ok, ich vermute aus der Ferne …


    Die Hündin kann nix, kennt nix und hat einen denkbar ungünstigen Start gehabt. Sie gerät sehr schnell unter Stress und geht eher verteidigend nach vorne (typisches Kettenhundverhalten, man kann nicht weg, also drauf und abschrecken). Ihre Körperhaltung dürfte aus zurückgelegten Ohren, sehr tiefer Schwanzhaltung, Belastung der Vorderhand und deutlichem Zähnezeigen bestehen – überdeutlich ein „Geh weg, sonst muß ich mich verteidigen“.
    Ist schonmal jemand auf die Idee gekommen, daß die „Angriffe“ auf Lucky eine reine Übersprungshandlung sind ? Daß er nur zur falschen Zeit am falschen Ort war und deshalb herhalten mußte !? Passieren die Zwischenfälle immer während oder kurz nachdem irgendetwas vorgefallen ist ? Frust über eine nicht verstandene Aufgabe kann da schon reichen, Fremde am Zaun, ... !!


    Ich würde diesem Hund ganz klare Regeln geben, die er einzuhalten hat, die ihm aber auch Halt und Sicherheit geben. Verläßliches trainieren des Hier, ein Sitz, Platz oder Steh und ein Abbruchkommando „Laß es“ oder „Schluß“. Ganz viel spielen, bei dem der Hund Selbstbewußtsein bekommt, viel körperbetonte Übungen (Klettern), Denkspiele, Suchspiele, … dem Hund helfen, wenn er nicht weiter weiß. Alles, was ihr Stress bereitet langsam in großem Abstand angehen. In den ruhigen Park gehen, abseits sitzen und Leute beobachten, an Menschen (Abstand einhalten) vorbeigehen und jede beginnende Abwehrreaktion mit einem ruhigen „Lass sein“ kommentieren, entspanntes Verhalten mit „Feiner Hund“ belohnen, den Hund gar nicht in diese Angriffshaltung kommen lassen, vorher verhindern, im Zweifel umdrehen, weggehen. Aber auf jeden Fall mit dem Hund körpersprachlich und verbal im Dialog stehen, unerwünschtes „verbieten“ (ruhig, ernst, gelassen) und jede kleine richtige Reaktion loben.


    Kennst du ihre Lieblingsbelohnung ? Für die wenigsten Hunde ist Futter das wichtigste, auch Streicheln ist meist nicht auf Platz eins (obwohl Körperkontakt und wenns nur die Hand an der Wange ist, unsicheren Hunden enorm helfen kann), Spielzeuge machen einige glücklich, für die meisten ist das „Lauf“ mit anschließendem Toben das größte. Finde heraus, was sie am liebsten mag und das ist dein Jackpot, wenn sie ruhig an Menschen vorbei geht !


    Soweit meine erste, spontane Einschätzung ..

  • Hi!

    Zitat


    Das sie auch mit Eurem Rüden nicht wirklich klar kommt, könnte daran liegen das sie eigentlich keine kennt. Das bedeutet Dauerstress in höchstem Maße. Da reichen schon falsche Gerüche oder Bewegungen um das Fass zu überlaufen zu bringen.


    Das könnte sicherlich sein. Aber sie ist eigentlich der aktivere Hund und fordert unseren Rüden immer zum Spielen auf. Sie toben dann ziemlich laut und heftig, verletzen sich aber nicht.


    Zitat

    Wenn die Mutter schon während der Trächtigkeit in dem Bau angpflockt war und möglicherweise auch noch verprügelt wurde kriegt Ihr die Hündin nie wirklich hin. Sie wird vielleicht irgendwann eine Schmusebacke, wird aber vermutlich immer leicht authistische Züge behalten.

    Die Schmusebacke ist sie schon, aber es ist halt als hätte sie "Aussetzer".


    Danke und Gruss,


    Thorsten

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