Beiträge von Pfeffernaserl

    Wir hatten vor zwei Wochen 6 wundervolle Tage ohne einen einzigen Ausraster. Menschen, Hunde, Radfahrer, Kleinkinder, Krähen, Katzen, Gerüche, alles kein Problem. Natürlich sind wir immer weiträumig ausgewichen, aber es hat sich so einfach und normal angefühlt. Ich hab mir schon Sorgen gemacht, dass der Hund kaputt ist...


    Naja, war ja nur von kurzer Dauer.

    Gestern hat er sich mal wieder so weggebeamt, dass er mir vor Frust erst die Hose getackert hat und den Rest an meinem Arm aulassen wollte. Hund ist doch nicht kaputt.

    Aber im Großen und Ganzen werden seine Ausraster milder. Auch wenns aktuell mal wieder schwerer ist, das Große und Ganze zu sehen und nicht nur jede doofe Situation.

    Schimpfen hilft nicht. Positive Bestätigung hilft nicht. Beides über einen längeren Zeitraum versucht...

    Wann genau habt ihr geschimpft? Wie sehr habt ihr geschimpft? Bzw. was wurde wie und wann belohnt?

    Wenn das Verhalten nach dem Schimpfen nicht weniger oft gezeigt wird, war der aversive Reiz nicht groß genug und wenn belohntes Verhalten nicht öfter gezeigt wird, war die Belohnung zwar nett, aber kein Verstärker.

    Für sie ist das Bellen/Wachen/Vertreiben dann deutlich verstärkender, als alles andere.

    Ihre Motivation ist also ein "Kommt mir nicht zu nahe" - wie sehr wird sie im Alltag, abseits von der Wach-Situation von dir/euch geführt und beschützt? Hat sie einen sicheren Rückzugsort (vllt. eine Höhle)?

    Was machst du sonst so mit ihr, Sport, Hobbies, wie wird sie körperlich und geistig beansprucht?


    Generell würde ich da eher zu einem Trainer raten, der sich eure Situation zu Hause ansieht. Da gibts so viele Variablen, die man selbst einfach oft übersieht und der neutrale, geschulte Blick von außen ist bestimmt hilfreicher als herumraten hier im Forum.

    Mein Hund ist ja mehr so das Modell "anderer Hund - muss SOFORT geschreddert werden!".

    Ich war auch lang der Meinung, dass er andere Hunde einfach nicht braucht, weil sie ihn furchtbar stressen und er dadurch bestimmt keinen Gewinn an Lebensqualität hat.

    Aber seit wir regelmäßig ins Begegnungstraining gehen und er dort Hunde kennen gelernt hat, die mittlerweile auch in seiner Nähe atmen dürfen, sehe ich schon, wie zufrieden es ihn macht, in seiner Sprache zu kommunizieren.


    Einmal die Woche ist aktuell schon ausreichend,mehr würde ihn zur Zeit noch überfordern, aber ich fände es schon schön, wenn wir zumindest einen Spaziergehkumpel in der Gegend für uns gewinnen könnten. Leider ist unser Ruf nicht der beste und die meisten HuHa hier sind eher der Typ "lass mal laufen, die machen das unter sich aus". Wochen/Monate in Leinenspaziergänge mit Abstand investieren will eher niemand.

    Hat hier vielleicht jemand ähnliche Probleme? Ich habe schon überlegt ihr die Rute weiter amputieren zu lassen, aber die Kommunikation mit anderen Hunden ist schon mit den vorhandenen 3 cm schwer genug. Ich weiß grade einfach nicht was das Beste ist und hoffe auf Erfahrungen von anderen Hundehaltern mit diesem Problem.

    Ich würde auch nachkupieren lassen - so ist das ja kein Leben für die Hündin :/

    Mein Hund hat gar keine Rute mehr und ja, es ist für andere Hunde manchmal erst schwer, ihn zu lesen. Manche reagieren richtig aggressiv auf ihn, weil er hinten etwas anderes "sagt" als vorne. Aufgrund seiner allgemeinen Unverträglichkeit haben wir nur sehr, sehr wenige Hundekontakte, aber die, die er mag, lernen ganz schnell, wie sie ihn lesen müssen.

    Mehr Probleme machen uns da übrigens Menschen, die ihn nicht einschätzen können.

    I wrote this book to say some things I have long thought needed saying not just to professional colleagues but to all thoughtful people who are concerned about where we are going as a species. Even as a teenager, I had somehow become aware that the world was unwinding. It had real problems and was not facing up to them. My view was colored not just by personal experience; that was really quite limited.


    Coercion and its Fallout - Murray Sidman (Sachbuch)

    Einen oder zwei hätt ich noch, falls das bisherige noch nicht reicht :pfeif:


    Zuerst ein kleines Schätzchen für alle, die sich für Tiertraining im Allgemeinen interessieren:

    Podcast der Animal Training Academy

    Hier gibt sich das who-is-who der Tiertrainingszene die Klinke in die Hand. Ist nicht rein Hundbezogen, man findet hier einfach alles. Hunde, Pferde, Zootiere und Wildtiere im Allgemeinen bis hin zum Training von Filmtieren, Assistenzhunden und Nasenarbeitern.

    Ganz besonders empfehlen kann ich Das Interview mit Ken Ramirez - einer der besten Tiertrainer, der zur Zeit auf diesem Planeten wandelt. Das Interview ist recht lang, 1h15 Minuten (Ken redet einfach immer gerne, hat aber so wahnsinnig viele tolle Dinge zu erzählen!), ists aber absolut wert!


    Dann noch was Deutsches, kurze, knackige Folgen. Ich persönlich mag ja deutsche Podcasts nicht so ganz gern, die wirken oft zu gestelzt. Auch mit dem hier musste ich mich erst anfreunden, aber was sie erzählt, hat Hand und Fuß :nicken:

    Mein Lieber Hund Podcast


    # Es heißt ja immer "einen Befehl nur einmal geben". Wenn ich Silver aber "Sitz" sage (zum Beispiel!) und sie nicht "Sitz" macht. Wie setz ich das dann konsequent um? Bisher hab ich mit Leckerli versucht. Dann sitzt sie bis sie aufgekaut hat. Höchstens. Oder eben auch nicht (wenn ohne Futter). Druck auf den Poppes?

    Wenn du "Sitz" sagst, und sie nicht sitzt, dann hat sie nicht verstanden, was "Sitz" heißen soll. Zumindest weiß sie nicht, dass "Sitz" immer "Sitz" bedeutet, auch wenn es an anderen Orten/in anderen Situationen/unter Ablenkung abgefragt wird.

    Sie muss das erst generalisieren. Dafür einfach so oft wie möglich "Sitz" an neuen Orten und mit Ablenkungen neu aufbauen, bis es wirklich "sitzt" (entschuldige bitte den schlechten Wortwitz :pfeif:)

    Also wäre es doch sinnvoll, sich erstmal auf ein paar Sachen zu konzentrieren? Also Hundebegegnungen und Leinenführigkeit sind mir tatsächlich gerade am wichtigsten.

    Ich würde - zumindest bis der Hund und du soweit clickerfit seid, als dass ihr euch auf Regeln geeinigt habt - mich auch erstmal auf die für dich wichtigsten Dinge konzentrieren. Das sind beides eh schon sehr große Themen (übrigens auch unsere großen Baustellen :lol:), da hast du wahrscheinlich eh schon viel zu clicken bei einem Spaziergang.


    Wie verhindert man denn, dass der Hund in Erwartungshaltung geclickt wird? Oder wie würde sowas entstehen?

    Zu Beginn kann das schnell passieren, wenn der Hund es nicht gewöhnt ist, dass mit Futter gearbeitet wird oder er das neue "Spiel" so toll findet, dass er nicht genug davon bekommen kann. Ich schätze, gerade Hunde mit sehr viel will to please tappen schnell in die Falle rein.

    Man darf nicht vergessen, was da eigentlich im Hundehirn passiert, wenn man clickt. Da wird das Belohnungszentrum bedient, es gibt ein Feuerwerk an ausgeschüttetem Dopamin und anderen Neurotransmittern und man kommt schnell in die Sucht rein.


    Ich würde das von deinem Hund abhängig machen. Wenn sie so aussieht, als ob sie nur auf den nächsten Click lauert, dir nicht mehr von der Seite weicht und dir ein Verhalten nach dem anderen um die Ohren haut, nur um endlich wieder den tollen Click zu hören, dann muss man was am Training ändern.

    Nicht unbedingt die hochwertigsten Leckerlies nutzen (die hebst du dir für Jackpotts auf), wir clickern zum Beispiel mit schnödem winzigen TroFu, klare Regeln aufstellen, auf Futtermanieren achten.


    Bei uns wars kein Problem, ich hab aber auch schon einiges an Clickererfahrung und Herr Hund gar keinen will to please. Im Hinterkopf würde ich es trotzdem behalten. Wenn mir meiner zu sehr aufdreht, gibts eine Runde ganz ruhige Übungen, von denen ich weiß, dass sie ihn entspannen oder er wird durch Streicheln runter gefahren. Ich will ihn ja auch nicht für seine Motivation strafen, ihn nur wieder etwas erden.

    Wenn der Hund das Prinzip "Click = was ich gerade gemacht habe, war gut" verstanden hat, spricht wenig dagegen, viele Dinge gleichzeitig in Arbeit zu haben.

    Ich bin ein Dauerclickerer, wenn ich mit dem Hund unterwegs bin, wird alles geclickt, was ich gut finde. Auch daheim haben wir in allen Räumen Boxen mit Leckerlies, falls mal zwischendurch gutes Verhalten gezeigt wird.

    Für meinen Hund und mich ist der Click Alltagskommunikation, Trick-Erleichterer und Therapie-Werkzeug.


    Natürlich gibts auch Dinge, auf die du achten solltest. Zum Beispiel darauf, dass du dir den Hund nicht in ständige Erwartungshaltung clickst und dir und ihm zu viel Stress dadurch verursachst. Oder dass deine Kriterien klar bleiben und er eine Chance hat, zu verstehen, was du gut findest. Oder darauf, wie sehr deine Belohnungen die Erregungslage beeinflussen.