Beiträge von Wandelroeschen

    Ich sehe das wie Wonder2009. Wir lügen uns selbst in die Tasche, wenn wir behaupten, wir würden das Futter unserer Tiere nicht sowieso kontrollieren.

    Wichtig ist, dass der Hund in regelmässigen, für seine Physiologie sinnvollen Abständen die für ihn angemessene Futtermenge erhält und er nicht hungern muss. Das wäre tatsächlich tierschutzrelevant. Und ja, Leute die Futterentzug praktizieren gibt es. Sadisten und Individuen, die ihre Machtfantasien an anderen ausleben gibt es leider überall.

    Ich persönlich halte es so: die Hunde, die gerade nicht im Training stehen, kriegen zweimal pro Tag ihren Napf und dazwischen immer mal wieder einige Leckerli. Manchmal gibt's was zu kauen.

    Habe ich junge oder untrainierte Hunde hier, teile ich das Futter in zwei Rationen auf und schaffe so viele Gelegenheiten wie nur irgend möglich, dass ich belohnen kann. Wenn ich es bis 12 Uhr mittags nicht geschafft habe, die Morgenration zu verfüttern, gibt's den Rest im Napf. Dasselbe gilt für die Abendration. Die gibt's spätestens um 20 Uhr.

    Wenn ich mit Futter arbeite und viel und häufig belohnen möchte, bin einerseits dafür verantwortlich, dass das Tier in meiner Obhut genügend Futter erhält, andererseits aber auch, dass es ihm gesundheitlich gut geht und ich es nicht masslos überfüttere. Mit dieser Vorgehensweise kann mir weder das eine noch das andere passieren.

    Wer es nicht schafft, innert nützlicher Frist genügend Möglichkeiten zu finden, den Lernenden in seiner Obhut grosszügig zu belohnen, sollte sich vielleicht sowieso überlegen, ob er wirklich dazu fähig ist, mit anderen Lebewesen zu arbeiten, geschweige denn sich zutrauen sollte, sie trainieren zu wollen.

    Wo Belohnung demotivieren kann .

    Das ist ein Oxymoron. Belohnung ist in der Lerntheorie ganz klar dadurch definiert, dass sie 'belohnend für den Belohnten' ist. Wird eine 'Belohnung' von dem Wesen, das belohnt werden soll, als nicht belohnend (neutral oder aversiv) bewertet, ist es schlichtweg keine und kann es keine sein.

    Das ist halt das oft das Problem bei Leuten, die lieber über Strafe / Hemmung / NennDeinaversivesTrainingwieDuwillst arbeiten: sie haben manchmal nicht auf dem Schirm, dass Strafe (im besten Fall) zwar aversiv genug fürs den Bestraften ist, sein Tun zu lassen, aber eben auch unwahrscheinlich belohnend ist für den, der bestraft.

    Böse und verallgemeinernd gesagt könnte man argumentieren, dass wer straft, nur sein eigenes Ego streichelt, während wer belohnt, sowohl das eigene Ego wie auch das des Lernenden aufpoliert.


    Und: Strafe zeigt dem Lernenden nur, dass er das, was er da gerade tut, sofort unterlassen soll, weil sein Verhalten negative Konsequenzen hat. Sie zeigt dem Lernenden aber nicht, was er denn stattdessen tun könnte, das keine Strafe zur Folge hat. Ein Lebewesen, das häufiger bestraft als belohnt wird oder die Strafe als zu schlimm empfindet, als dass sich Kommunikations- und Explorationsverhalten noch lohnen würden, verliert den Impuls, auszuprobieren.

    Wenn du von Training sprichst, meinst du draußen oder drinnen? Wenn draußen, die ersten Minuten kommt draußen für ihn halt nur doofes. Im Park hat er wie gesagt auch so richtig ernsthaften Spaß, da bleiben wir auch öfters ein bis zwei Stunden. Wenn drinnen, welches training meinst du?

    Ich würde den Hund - wenn irgendwie möglich - erstmal gar nicht nach draussen zwingen, aber jeden Tag mehrfach kleine, wirklich leichte Übungseinheiten einbauen und mich langsam nach draussen vorarbeiten. Also z.B. Tag 1, Trainingseinheit 1: Kannst Du einen Keks im Wohnzimmer nehmen? Und wenn ich ihn rolle? Kannst Du einen Keks im Flur nehmen? Und wenn ich die Schuhe anziehe? Und wenn ich Dir das Halsband anziehe? Kannst Du noch einen Keks nehmen, wenn ich die Wohnungstür öffne? Wenn ich den Lift rufe? etc. Sobald der Hund 'nein' sagt, weisst Du, wo seine Grenze ist. Hier gehst Du mehrere Schritte zurück und achtest darauf, den Hund nur in Situationen zu bringen, in denen er 'ja' sagen kann. Nach (maximal) 3 Minuten ist Schluss und Du gehst zur Tagesordnung über. Du übst aber so häufig wie möglich pro Tag (aber mindestens 3 Mal).

    Was zeigt Dir denn, dass er draussen im Park Spass hat? Ich frage nicht aus Provokation oder weil ich Dir das nicht glauben würde, sondern ernsthaft deswegen, weil ich den Hund ja weder kenne noch sehe und die Situation nur aus Deinen Worten kenne.

    Es kann ja auch eine potentielle Lösung sein, dass er jetzt halt zwei drei Monate hauptsächlich zuhause rumhängt.

    Doch, klar. Wieso nicht?

    Alles weitere ausser Acht lassend, würde ich mich zuerst damit beschäftigen, was denn überhaupt das Ziel sein soll und wie die Zukunft aussieht: wie alt ist der Hund? Wenn es absehbar ist, dass dieser Hund die äusserst moderne (vor dem späten 19. Jahrhundert ging keiner im heutigen Sinn mit einem Hund 'spazieren') Idee des Spazierengehens eigentlich gar nicht mehr erlernen muss, würde ich dafür sorgen, dass er sich in seinem gewohnten Umfeld angstfrei aufhalten und da leben kann, ihm ab und zu Beschäftigung bieten und ihn wirklich zur Ruhe kommen lassen. Ja, das ist ganz bestimmt nicht Forumskonform und würde wohl auch nicht den hiesigen Gepflogenheiten (und Gesetzen) entsprechen. Eurem Hund sind diese aber wahrscheinlich herzlich egal.

    Ängste lassen sich auch bei Hunden nicht durch aussen aufgedrängte Hau-Ruck Therapien lösen. In vielen Fällen lernen die Hunde einfach, dass sie sich nicht wehren können und ergeben sich. Die menschlichen Betreuer haben dann oft das Gefühl, sie hätten dem Hund gezeigt, dass er keine Angst haben braucht. Dabei hat das Tier nur gelernt, dass er dem Menschen ausgeliefert und Widerstand zwecklos ist. Eine echte Auseinandersetzung mit der für den Hund schwierigen Situation findet aber nicht statt. Natürlich kann man so trainieren. Es ist ethisch aber ziemlich verwerflich und schadet dem Vertrauensverhältnis zwischen Mensch und Hund enorm. Deshalb würde ich Euch sehr davon abraten, den Hund ein- oder auch mehrmals täglich nach draussen zu schleppen und mit ihm 'spazieren zu gehen'. Ich kenne Euren Hund nicht: möglicherweise gibt er sich irgendwann einfach auf und lässt es mit sich geschehen. So, wie Du die Situation mit den bereits vorhandenen Panikattacken allerdings schilderst, würde ich in diesem Fall eher nicht davon ausgehen. Die Methode der 'Zwangsspaziergänge' versucht ihr ja schon länger: gefruchtet hat es nicht.

    Genau deshalb würde ich ein anderes Vorgehen vorschlagen und weniger darauf achten, was ihr für den Hund gut findet, sondern darauf eingehen, was er denn zeigt, dass ihm (in dieser Hinsicht) gut tut. Hört ihm zu, beobachtet ihn: in welchen Situationen ist er entspannt? Bis wohin wagt er sich? Stellt ihm ehrliche Fragen, wenn ihr etwas Neues ausprobiert: 'Kannst Du schon...?' und achtet auf seine Antwort und nehmt ihn ernst, wenn er 'nein' sagt. Gebt ihm 20 Möglichkeiten, dass er auf Euer 'Kannst Du...?' mit 'Ja' antworten kann und probiert erst dann vielleicht etwas Schwierigeres. Ist die Antwort 'nein', geht ihr eben einen Schritt zurück, bis ihr ein 'Ja' erhält. Ein guter Indikator ist immer, ob der Hund noch fressen annimmt. Man kann Hunde übrigens auch wunderbar dahingehend trainieren. Nimmt er in einer bestimmten Situation eine Futterbelohnung nicht mehr an, müsst ihr so weit zurück bis der Hund wieder frisst.

    Training und Beschäftigung sollten übrigens nicht stundenlang dauern. 3 x 3 Minuten pro Tag reichen vollkommen. Bei sinnvollem Training geht es um Qualität, nicht Quantität. Halte Dich strikt an diese drei Minuten und setze einen Timer. Dann 'darfst' Du auch 5 oder 10 Mal an einem Tag üben, wenn Dir der Sinn danach steht und Du die Musse dafür hast. Verschwende keine Zeit darauf, den Hund minuten- oder gar stundenlang in irgendwelche Situationen zu zwingen, die ihn nur weiter traumatisieren und Dich frustrieren, sondern nutze die wenige Zeit, die Du hast, mit ihm zusammen ein Stück (Angst-)Freiheit zu erarbeiten. Versetz Dich in Deinen Hund und überlege Dir, wie Du selbst geführt werden möchtest. Sei zuverlässig, berechenbar, rücksichtsvoll, grosszügig, transparent, klar und gütig.

    Ganz ehrlich - und das zu hören ist bestimmt nicht so schön: dieser Hund ist für Euer jetziges Leben eigentlich nicht geschaffen. Ihr erlebt, was manche Menschen in Deutschland mit ihren Importhunden auch durchmachen. Wer noch nie mit einem wirklich panischen und für die Umwelt, in der er sich bewegen muss, absolut unsozialisierten Hund zu tun hatte, kann sich nicht vorstellen, was das bedeutet. Auch nicht, was das mit der Seele so eines Hundes anstellen kann, wenn man ihn 'zu seinem Glück zwingt.' Macht für den Hund und Euch das Beste daraus.

    Wir sind froh, dass der Hund seine Lebensfreude gefunden hat und würden ihm gerne die Überforderung davon nehmen. Wie können wir dem Hund "Spielen", egal ob mit uns, Spielzeug oder Artgenossen beibringen?

    In einer Hundeschule waren wir bisher noch nicht, da wir mit Physioterminen, Tierarzt etc komplett ausgelastet sind. Das steht für die Zukunft aber definitiv auf dem Plan.

    Ich freue mich sehr auf Tipps, wie ich meinem Hund Spielen näherbringen kann. Mehr körperliche Auslastung wäre super. Geistige Auslastung Schaffen wir bisher gut durch Schnüffelspiele, Kommandos beibringen und unterwegs sein zu Terminen.

    Hallo zusammen!

    Euer Wunsch ist sehr verständlich. Spiel wird als eine Tätigkeit definiert, die 'ohne bewussten Zweck zum Vergnügen, zur Entspannung, aus Freude an ihr selbst und an ihren Resultaten ausgeführt wird.' (Duden) Echtes Spiel setzt also eine gewisse Gelöstheit und Musse voraus, die Euer Hund schlichtweg nicht zu haben scheint. Es gibt durchaus Hunde und Hundetypen, die wenig Interesse am Spiel mitbringen oder die Lust daran mit dem Erwachsen- oder Älterwerden verlieren. Weiter kann Desinteresse am Spiel auch an äusseren Faktoren liegen: der Hund hat zu viel Stress, hat Spiel nie als belohnend erlebt, benötigt seine Ressourcen anderweitig (z.B. um seine primären Bedürfnisse zu stillen). Natürlich kann auch eine Kombination von äusseren und inneren Faktoren vorliegen. Ein letztes Problem kann sein, dass der Hund zwar spielt, aber nicht so, wie der Mensch sich hündisches Spiel vorstellt und er deshalb gar nicht erkennt, dass sein Hund durchaus spielt. Es ist insofern also nicht 'unnormal', wenn ein Lebewesen wenig Freude an bestimmten Formen von Spiel zeigt (bzw. das Spiel von der Betreuungsperson nicht als solches wahrgenommen wird).

    Spiel kann aber - wie jedes andere Verhalten, wenn es vom Hund als (be)lohnend wahrgenommen wird - gefördert werden. Clicker Training eignet sich hierzu hervorragend und - richtig angewandt - fördert es Kreativität, Entdeckungslust und Selbstbewusstsein bei Mensch und Tier. Lass Dir richtiges Clickern von einem wirklich guten Trainer zeigen.

    Ich finde es schön, wie ihr Euch um Euren Hund bemüht und nur das Beste für ihn wollt. Denkt aber doch immer daran, dass es nichts hilft, Eurem Hund die eigenen Vorstellungen davon, wie etwas sein soll, überzustülpen. Euer Hund ist wie er ist. Und das ist auch ganz richtig so. Wenn ihr ihm wirklich zuhört, was er mag und als belohnend empfindet, wird er Euch gleich selber zeigen, wie ihr mit ihm spielen könnt. Das ist kein Vorwurf und muss auch überhaupt nicht auf Euch zutreffen - ich kenne Euch ja gar nicht. Ich habe in meiner Karriere aber schon so viele Hundehalter:innen angetroffen, die sich erst von ihren eigenen Erfahrungen, Vorstellungen und Glaubenssätzen lösen mussten, bevor sie auf den Hund, der da vor ihnen sass, ehrlich eingehen konnten und mit ihm zum Trainingserfolg kamen.

    Viel Glück!

    Welch spannende Beobachtung! Ich finde es absolut nicht selbstverständlich, dass Du in der Ursachenfindung schon so weit gekommen bist, das ist wirklich toll und spricht sehr für Dich.

    Wir können hier alle noch viel weniger gut beurteilen, was da in Deinem Hund vor sich geht, aber einige Vermutungen können wir natürlich anstellen. Kannst Du noch etwas Konkreter werden? Kannst Du genau festlegen, wann das Verhalten begonnen hat? Kannst Du eine Ursache feststellen? (Ein Streit, eine Krankheit, ein nächtliches Ereignis - oder auch eines am Vortag...) Wann und wodurch hört der Hund damit wieder auf? Wie häufig und zu welchem Zeitpunkt (oder welchen Zeitpunkten) in der Nacht kommt das Verhalten vor? Was genau tut er? An welcher Seite des Bettes steht er? Wohin begibt er sich (nicht)? Sucht er Kontakt oder vermeidet er diesen?

    Als erstes würde ich Dir gerne raten, ein genaues Tagebuch zu führen und darin so detailliert wir möglich festzuhalten, was genau geschieht. Wenn Du und Dein Partner damit einverstanden sind, würde ich - wäre es mein Hund - sogar eine Kamera laufen lassen um festzustellen, was da vor sich geht. Das kann sehr hilfreich sein um herauszufinden, wie sich der Hund im Raum positioniert, wie und wann er fiept, wen er dabei anschaut (oder nicht), etc.

    Ich habe noch nie erlebt, dass derartig auffällige Verhaltensweisen einfach 'aus dem Nichts' oder einer Laune heraus entstehen. Der Hund scheint ja auch einen gewissen Leidensdruck zu erleben. Ihn also einfach auszusperren scheint mir nicht zielführend. Ich kann mir mehrere möglichen Szenarien vorstellen (aber natürlich sind noch viele Ursachen mehr möglich): der Auslöser könnte ein einziges Ereignis gewesen sein, dass den Hund so nachhaltig geprägt hat, dass er aus der Angst oder Antizipation heraus, das Ereignis könne sich wiederholen, eine Art repetitive Verhaltensweise entwickelt hat. Möglich, dass der Auslöser gar nicht mehr vorhanden ist, der Hund aber ein Verhaltensmuster daraus abgeleitet hat. Zweitens könnte ein immer wiederkehrender Auslöser die Ursache sein. Ausserdem würde ich gesundheitliche Aspekte nicht ausser Acht lassen. Auch wenn es im Moment danach klingt, als ob der Hund eher eine Verhaltensauffälligkeit entwickelt hätte, so würde ich dennoch ein gesundheitliches Problem (möglicherweise beim Partner oder dem Hund) nicht ausschliessen. Ist der Hund einmal von Kopf bis Fuss untersucht worden?

    Lass uns doch gerne wissen, wie sich die Situation weiterentwickelt.

    Ich find Doodles aus diverser Hinsicht eine gute Option als Begleithund. Ich treffe wirklich sehr selten Leute, die ernsthafte Probleme mit ihren Doodles haben, die sie nicht selber oder mittels eines einigermassen vernünftigen Hundetrainers lösen können.

    Ich habe auch überhaupt nichts gegen die Zucht von Doodles an sich. Das Problem ist halt: wenn jemand Doodles züchten möchte, kriegt er normalerweise genau einmal ein vernünftiges Zuchtpaar aus FCI-Zucht. Sobald aber bekannt wird, dass ein FCI-Hund in die Mischlingszucht gehen soll, wird es jeder einigermassen seriöse FCI-Züchter tunlichst vermeiden, einen Hund für diese Zucht zur Verfügung zu stellen, bzw. an den Mischlingszüchter abzugeben. Das bedeutet also, dass ein einigermassen seriöses Zuchtprogramm nur schwer auf die Beine zu stellen ist und ein Doodle-Züchter, egal wie gewissenhaft er die Sache angehen möchte, stets sozusagen bei null wieder anfangen muss. Holt er Hunde aus der Dissidenz-Zucht, sind diese - je nach Rasse - nur selten so systematisch nach gesundheitlichen Problemen untersucht wie Hunde aus einer FCI-Zucht. Ausserdem fehlt dann häufig auch der Überblick über die Entwicklung der Zucht über mehrere Generationen hin.

    Ich bin übrigens auch nicht der Meinung, dass aus den Doodles zwingend neue Rassen entstehen müssen. Was spricht denn gegen eine fortlaufende F1-Zucht? Das geht nämlich wunderbar auf: so können diejenigen, die unbedingt einen Rassehund halten wollen, genau das tun und diejenigen, die eine Mischung aus zwei (oder mehreren) Rassehunden bevorzugen, holen sich eben einen Doodle. Würde man da mehr Hand in Hand statt gegeneinander arbeiten, wäre das alles gar kein Problem.


    Weil ein Doodle-Züchter aber kaum in einem FCI-Rasseverein geduldet werden dürfte, wird ihm auch der Zugang zu wichtigen Datenbanken und Informationen verwehrt. Heutzutage ist es ja aber möglich, jeden Hund sämtliche medizinischen Abklärungen, die für einen Rassehund für die Zuchtzulassung nötig wären, durchlaufen zu lassen und ihn natürlich auch genetisch nach (manchen) Krankheiten testen zu lassen. Insofern wäre es nicht völlig unmöglich, eine einigermassen seriöse Zucht zu betreiben, der Aufwand (und vor allem der Gegenwind...) ist aber natürlich sehr gross.

    Wandelroeschen Hast du dich fundiert mit der angeblichen Inzuchtproblematik beim Toller auseinander gesetzt oder gibst du nur die alte Behauptung wider?

    Es gab vor Jahren mal den Versuch eines Einzuchtprojekts ausserhalb des DRC/ VDHs und im Zuge der Ablehnung dieses wurde ordentlich Stimmung gemacht, es gab eine Stern TV Sendung und u.a. die genannte Studie falsch interpretiert und immer wieder diese angebliche Zahl auf den Markt geschmissen.

    Fakt ist, dass ganz viele deutsche Tollerzüchter für den Deckrüden im gesamten europäischen Ausland (und t.w. darüber hinaus) unterwegs sind und mit diesem Thema sehr verantwortungsvoll und transparent umgehen. Bei K9 Data kann man für jeden Toller den COI berechnen lassen (meine haben auf 10 Generationen z.B. 4,86% und 2,35%, damit kann ich leben) - da kann man ja auch mal spaßeshalber für Labbis und Golden schauen...

    Schau, bei den Studien, die ich mir anschaue, geht's nicht um Inzuchtkoeffizienten über 3, 5 oder 10 Generationen und auch nicht um Einzeltiere. Da gehts um Populationsgenetik und da sind die Werte, die Du anführst, schlichtweg nicht aussagekräftig. Das ist vielleicht ein nettes Spielchen für Besitzer (und manche Züchter) um ihr Gewissen etwas zu beruhigen. Wenn der genetische Flaschenhals schon vorher stattgefunden hat, kannst Du rechnen wie Du willst: auf dem Papier wirst Du Deine Werte immer irgendwie akzeptabel erscheinen lassen können, doch was die Hunde tatsächlich genetisch in sich tragen (oder eben auch nicht), können wir heute mittels DNA-Analysen etc. viel präziser darstellen als das rein rechnerisch möglich ist. Insbesondere, wenn wir zufällig ab einem bestimmten Punkt (eben z.B. 'über 3, 5 oder 10 Generationen') rechnen.

    Nein, das sind u.a. amerikanische, aber auch mindestens eine grosse schwedische Studie, die ich da erwähnt habe. Ich müsste aber genau wissen, worauf Du Dich beziehst, damit ich Dir eine klarere Antwort geben kann. Ich gebe Dir absolut Recht, dass natürlich möglichst alle gesundheitlichen Probleme bei der Rassewahl einbezogen werden sollten. Auf die Krankheiten, die Du aufführst, wird aber zumindest in Deutschland ein besonderes Augenmerk gerichtet, weshalb diese Information sicher leichter zugänglich ist als die ganze Inzucht- und Krebsthematik.

    Gerade beim Toller und beim Flat finden sich viele immunbedingte Probleme, die aber nur selten als Resultat der Inzuchtpraxis wahrgenommen werden, weil sie sich so unterschiedlich zeigen: die Palette reicht da von Allergien, Unverträglichkeiten und Verdauungsproblemen über Fortpflanzungsschwierigkeiten wie reduzierter Fruchtbarkeit bis hin zu allgemein schwächerer Lebenskraft und Fitness, weniger (häufig körperlicher) Resilienz sowie einer kürzeren Lebensdauer. Genau das macht es ja selbst für Züchter praktisch unmöglich einen realistischen Überblick über die Gesamtpopulation zu haben.

    Du hast Dich ja schon sehr gut informiert und weisst bereits, was Dich (charakter- und verhaltenstechnisch) mit einem Retriever erwarten könnte.

    Um eine neue Perspektive einzubringen: mich persönlich interessiert immer auch der Gesundheitszustand einer (Rasse-)Population und der sieht bei den diversen Retrieverrassen sehr unterschiedlich aus. Wenn wir von einer ganzen Population sprechen, geht es nicht darum, wie Besitzer, Züchter, der Nachbar oder irgendwelche selbsternannte Experten (z.B. hier im Forum) die Rasse (oder ihren eigenen Hund...) wahrnehmen, sondern schlicht und ergreifend darum, was die Statistik und die Zahlen sagen. Da verlasse ich mich gern auf evidenzbasierte Studien.

    Ich muss zugeben, dass ich im Moment nicht mehr auf dem neusten Stand bin, aber da die Genpools ja nach wie vor nicht geöffnet wurden, wird sich an der aktuellen Situation kaum etwas verbessert haben können.

    Flat Coated Retriever haben im Vergleich zu anderen, gesünderen Rassen eine deutlich reduzierte Lebensdauer und werden im Durchschnitt nur gerade 8-10 Jahre alt. 50% sterben an Krebs (z.B. Dobson 2013). Die hohe Inzuchtrate in der Rasse ist ein weiteres Thema.

    Im Vergleich zum Toller steht der Flat aber noch gut da: viele Toller auf dieser Welt sind aufgrund der viel zu hohen Inzuchtpraxis mit anderen Toller näher verwandt als Geschwister. (Maki 2010) Viele Toller leiden auch an der Inzuchtdepression und haben ein schwaches Immunsystem, was allerlei gesundheitliche Probleme verursachen kann.

    Golden Retriever haben, wie der Flat, ein erhöhtes Risiko an einer bestimmten Art von Krebs zu erkranken, wobei die Rasse besonders in Europa gesundheitlich noch viel besser dazustehen scheint als der Flat und der Toller. Viele Golden erreichen in Europa nach wie vor ein für diese Hundegrösse angemessenes Alter von ca. 12 Jahren. Ungefähr 22% erreichen das 10. Lebensjahr nicht (Egenwall et al 2005).

    Der Labrador - vorausgesetzt wir sprechen von Hunden, die nach FCI-Standard gezüchtet werden und keiner 'Sonderfarbe' angehören - scheint im Vergleich gesundheitlich und inzuchttechnisch auch nicht so schlecht aufgestellt zu sein. Allerdings kann die Rasse oft zu Übergewicht und einer regelrechten Fressucht neigen. Wie vor einer Weile entdeckt wurde, liegt das an einem Gen, das sowohl den Appetit wie auch das Sexualverhalten kontrolliert und welches vielen Labradoren (und übrigens auch einigen Flats) ganz oder teilweise fehlt.

    Es geht mir nicht darum, den Spielverderber zu geben, sondern vielleicht auch Fakten auf den Tisch zu legen, die nicht nur das Aussehen und den Charakter betreffen.

    Eigentlich ist es doch ganz einfach: der Hund ist ein menschgemachtes Produkt. Kein anderes Tier wurde so stark vom Mensch verändert und nach seinen Bedürfnissen geformt wie der Hund.

    Hunde wurden und werden genau für diejenigen Zwecke gezüchtet, für die der Mensch sie einsetzt. Nun neigen Menschen aber zu Nostalgie: wie vielen Menschen fällt es nach wie vor ungeheuer schwer zu akzeptieren, dass der heutige Rassehund nicht seit menschengedenken, sondern seit noch nicht einmal 200 Jahren existiert? Wie viele können sich nicht mit dem Gedanken abfinden, dass nicht jeder Hund ursprünglich rassenreine Nachkommen hat, sondern ein "Mischling" ist (wobei nichts besser als das Wort selbst diesen völligen Irrglauben entlarven könnte)? Wer hätte denn nicht gern selbst einen aus adliger (und sonst wenigstens arbeitserprobter) Linie stammender Löwentöter, Tempelbewacher, Wolfsschreck, Schurkenjäger oder Schafflüsterer an seiner Seite, der mindestens 10 gestandene Männer ersetzt und dazu noch loyaler (und billiger...) als jedes menschliche Wesen ist?

    Was die Leute sich mit einem Hund holen und holen wollen ist ein Lebensgefühl, ein Image: der naturnahe Husky, der treue und clevere Border Collie, der freundliche und lustige Retriever. Das müssen wir bei dieser Diskussion bedenken und auch, wie wir - hier im Forum oder draussen in der 'realen Welt' darüber reden. Natürlich kann man Showlinien, Familien- und Begleithunde, Designermixe, etc. lächerlich und sich überheblich darüber stellen. Dann darf man sich aber nicht wundern, wenn sich die Leute dann eben plötzlich 'das Original' holen wollen.

    Da der Hund sowieso ein durch und durch menschgemachtes Produkt ist - besonders in der westlichen Welt - sehe ich nicht ein, wie gewisse für sich das Recht pachten möchten, als einzige einen Hund dieser oder jener Art halten zu dürfen und gleichzeitig aber gegen alle jene zu schiessen, die an ihrem willkürlich und selbst auserkorenen heiligen Gral irgendetwas züchterisch verändern wollen. Zum Beispiel, um Mensch und Tier das Zusammenleben unter den gegebenen Umständen zu erleichtern. Und nein, ich rede selbstverständlich hier nicht von Qualzuchten, Massenvermehrern und anderen Profiteuren, die sich nur an den Hunden (bzw. den Menschen, die diese dann kaufen...) bereichern wollen.


    Das Argument der Genetik zieht hier nicht: auch - bzw. gerade - diese ist im Fall des Haushundes nicht gottgegeben, sondern menschgemacht. Auch wenn manche das nicht hören wollen: Genetik lässt sich verändern. Mittels eines durchdachten Zuchtprogramms sogar rasend schnell und innerhalb weniger Generationen.

    Mehr nicht wertende, freundliche Aufklärung, die auf Augenhöhe stattfindet und weniger herablassende Verachtung würden da schon sehr viel bewirken. Man wird keinen gemeinsamen, tatsächlich auf das Wohl des Hundes fokussierten Weg finden, wenn Schäfer sich als die einzig legitimen und fähigen Halter von Border Collies wahrnehmen und auf Hundesportler herabschauen, die sich ihrerseits wieder verächtlich über Halter von Border Collies für den Showring oder in der Familie äussern.