Beiträge von Hundundmehr

    Ich frage mich, warum es so schwer ist zu akzeptieren, dass manche Hundetypen Merkmale aufweisen, die verstärkt ein Klientel anziehen, welches nicht über die Befähigung verfügt diese Merkmale umweltverträglich zu berücksichtigen.

    Dabei ist es doch gerade die Motivation des Menschen, die maßgeblich die Einstellung gegenüber dem Hund und den daraus resultierenden Umgang und die Erziehung beeinflussen.

    Am Beispiel Listenhunde: Die Motivation, sich einen solchen Hund anzuschaffen um zu beweisen, was für "liebe, unaggressive Nannyhunde" dieser Hundetyp ist, ist genauso fatal und fehl am Platz wie die Motivation, sich mit einem "angsteinflößenden Hund" zu schmücken (oder gar aufzuwerten) - weil BEIDE Extreme den Raum bieten, bestimmte Merkmalsausprägungen entstehen zu lassen, die in Kombination mit der körperlichen Statur massive Folgen hat.

    Ist es wirklich so schwer nachzuvollziehen, dass hier Regulierungen bzw. höhere Ansprüche an die Haltung geknüpft werden sollten, um diese Faktoren und deren Auswirkungen einzudämmen?

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    Hier wurde/wird immer wieder mal gefragt, welche Erfolge diese Listen den überhaupt gebracht haben (wobei hier zumeist der Beantwortung vorgegriffen wird, mit der - unbelegten - Beantwortung: "Keine.")

    Dazu habe ich folgendes gefunden, auch vom Land NRW:

    MMV14-2232.pdf (nrw.de)

    Ein zusammenfassender Bericht zu den Auswirkungen des neuen Landeshundegesetzes über die ersten 5 Jahre seit Inkrafttreten (also von 2003-2007).

    Seitdem hat sich noch mehr getan.

    Ich greife vor: Der Anteil der Vorfälle dieser Listenhunde - immer gemessen an der jeweiligen Population - ist zurück gegangen.


    Gerade dort

    Ganz ehrlich, das fällt für mich nicht unter einen speziellen Hundeverstand, sondern unter normale Verhaltensregeln im öffentlichen Raum.
    1. Ich fasse keine fremden Tiere an.
    2. Ich halte, wenn es die Situation zulässt, Abstand.

    3. Ich vermeide in der Nähe von Tieren schnelle Bewegungen und laute Geräusche.

    Eben auch wieder je nach Kontext natürlich. Von einem Hund im Einkaufszentrum, in der U-Bahn oder dein Bsp. im Zoo kann und darf ich mehr erwarten, als von einem Hund in einem eher wenig bevölkerten Wald.

    Also jeder muss das wissen - je nach Kontext?

    Also mal muss er es wissen, mal nicht?

    Ne, ganz ehrlich: WISSEN muss das alleine der Hundehalter - denn dieser führt seinen Hund in der Öffentlichkeit, und damit in Situationen mit Unbeteiligten, die gar nicht wissen können wie der eigene Hund tickt.

    Ich fände eine Welt, in der alle Menschen Hunde als Gefahrenpotential wahrnehmen, ganz, ganz schrecklich.

    Würde auch der gesetzlichen Grundlage widersprechen, weshalb Hundehaltung erlaubt ist: Sie hat einen sozialen Nutzen, der bei Weitem die Gefahr durch das Tierverhalten überwiegt.

    Und nein, es ist kein Zufall, dass ich verallgemeinert "Tiere" geschrieben habe, denn es betrifft nicht nur Hunde.

    Genau das ist aber falsch, Hunde mit anderen Haustieren in einen Topf zu werfen.

    Zitat

    Miklósi und seine Forschungsgruppe (später Family dog project) waren die ersten, die die menschliche Gesellschaft als den natürlichen Lebensraum des Haushundes auffassten und ihn in diesem Umfeld studierten.[4] Sie zogen Hunde und Wölfe unter gleichen Bedingungen auf, um ihr Verhalten vergleichend studieren zu können. Sie stellten in zahlreichen Studien fest, dass der Haushund an seinen Lebensraum, die menschliche Gesellschaft, angepasst ist. Durch den gemeinsamen Lebensraum mit Menschen wurde der Hund zu einem bedeutenden Modellorganismus, unter anderem für das Verständnis menschlichen Sozialverhaltens.

    Aus: Ádám Miklósi – Wikipedia

    Hunde sind einzigartig.

    Und trotzdem wird es immer Vorfälle geben, das ist gar nicht vermeidbar.

    Ja, natürlich.

    Genauso beim Autofahren, beim Dachdecken, beim Fensterputzen, mit Kindern im Straßenverkehr, etc.

    Leben ist gefährlich!

    Warum kommt immer diese Pauschalisierung, wenn hier doch eine grundlegende Einigkeit darüber besteht, dass die allermeisten Unglücke mit Hunden durch mangelnde Sorgfalt des jeweiligen Hundehalters geschehen?

    Die Frage ist doch: Wie können wir diesen Anteil an Sorgfaltspflicht beim Hundehalter erhöhen, wie können wir gewährleisten, dass die jeweiligen Menschen sich einen für sie und ihr Lebensumfeld passenden Hund zulegen?

    Nicht unbeteiligte Menschen müssen Hundeverstand haben - der Hundehalter muss darüber verfügen, und speziell seinen eigenen Hund verstehen.


    Mir ist es schlicht und einfach zu wenig, mit dem Finger auf andere zu zeigen und sich zu sagen "Also mir würde das ja nicht passieren. Für meine Hunde lege ich die Hand ins Feuer."

    und das:

    Ich hab nicht dich angesprochen, sondern sprach generell über Hundehalter, die sich einreden, dass ihre Hunde ja niemals nimmer nicht unter keinen wie auch immer gearteten Umständen usw.

    IST auf mich zugeschnitten - denn ich war diejenige, die dieses "Hand für meine Hunde ins Feuer legen" hier geschrieben hat.

    Du übersiehst dabei allerdings, dass ich dieses "Hand ins Feuer halten" speziell und ausschließlich auf das Zeigen des Verhaltens bezogen habe, welches bei dem schrecklichen Vorfall in Oberösterreich mit der Joggerin von den Hunden gezeigt wurde.

    Dafür lege ich meine Hand ins Feuer.

    Ansonsten stimme ich dir inhaltlich voll zu, denn es geht um die Verantwortung des Hundehalters - und die fängt eben schon an mit den Überlegungen, welcher Hund denn überhaupt passt, wozu eben auch meine eigenen Fähigkeiten und meine eigenen Lebensumstände gehören.

    Die Rasselisten und die ganzen Diskussionen über gefährliche Hunde gibt es nicht wegen geringfügiger Vorfälle, Terriern im Hosenbein, schmutzigen Mänteln, blauen Flecken.

    Das sind alles blöde Sachen. Haben aber nix mit toten Menschen gemein.

    Danke!

    Dir kommt das nur so selten vor, weil es im Verhältnis zur Anzahl der gehaltenen Hunde eben verschwindend gering ist .

    Aber genau das ist doch der Punkt: Das Verhältnis zur Anzahl der gehaltenen Hunde IST verschwindend gering.

    Die Gefahr, beim Vorbeilaufen an einem Hund von diesem gebissen zu werden, liegt bei wieviel Prozent?

    O,00001 Prozent?

    Müssen sich bei dieser Wahrscheinlichkeit die Passanten Hundeverstand zulegen - oder nicht die Halter dieser Hunde sorgsamer und umsichtiger ihrer Umwelt gegenüber sein?

    Gut, mir macht das nichts, aber werden nicht ständig irgendwo vorbeilaufende Passanten von Hunden gebissen?

    Nein :shocked:

    Wenn das ständig passieren würde, würden viele, sehr viele Menschen nur noch großräumig aus dem Weg gehen, sobald sie einen Hund sehen.

    Es gäbe dann keine Orte mehr, wo viele Menschen aufeinander treffen, wo du dann mit Hund hindürftest.

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    Ich war mit Mann und den beiden Hunden an Karnevalssamstag im Krefelder Zoo - und war ziemlich überrascht, wie viele Eltern dem Karnevalsgeschehen, welches im Ruhrpott doch sehr ausgeprägt ist, entflohen, um mit ihren Kindern einen Tag in einer karnevalsfreien Zone zu verbringen.

    Ich kann nicht zählen, wie oft da Kinder von vorne, von hinten, von der Seite kommend teilweise sehr dich an uns vorbei rannten, Rücksicht nehmend nur insofern, dass sie darauf achteten, niemanden umzurennen oder anzurempeln.

    Ich fand es toll - ein Raum für Kinder, wo sie das tun konnten, ohne sich selber, aber auch ohne andere zu gefährden.

    Mir ist nicht ein mal in den Sinn gekommen, jetzt sauer auf die Eltern zu sein, weil sie doch ihrer Aufsichtspflicht nicht nachkommen - ihrer vermeintlichen Aufsichtspflicht, denn Kinder sind Kinder, und es gibt nun einmal auch Räume für sie, wo sie genau das sein dürfen.

    Ganz ehrlich: ICH hätte da nichts mit meinen Hunden zu suchen gehabt, wenn diese bei rennenden Kindern "auslösen" würden.

    Es gab dort noch etliche andere Hunde, die genauso wenig irritiert waren von den rennenden Kindern.

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    Eine junge Frau kam dort mit einem angewidertem Gesicht auf uns zu und meinte mit leicht aggressivem Ton: "Weg! Bäh! Weg, weg!".

    Sie gehörte zu einer Gruppe gehandicapter Menschen, die dort mit ihren Betreuern waren.

    Wir sind auf Abstand gegangen, und haben dann auch auf mehr Abstand geachtet, bis wir einen Weg weg von dieser Gruppe einschlagen konnten.

    Eine Betreuerin hatte das mitbekommen, und meinte sich bei uns entschuldigen zu müssen, die junge Frau hätte ein Problem mit Hunden, sie wäre da komisch.

    "Wo ist das Problem? Sie haben das gleiche Recht darauf, hier zu sein und sich einen schönen Tag zu machen, wie wir - und hier ist genug Raum, damit wir ausweichen können - also: Kein Thema :smile: "

    Von der prinzipiellen potenziellen Gefährlichkeit aller Hunde geht der Gesetzgeber eh schon aus.

    Das liest sich sehr gefährlich, und passt natürlich zu der These, dass Hunde nun mal Raubtiere sind.

    Das ist aber mit "Gefährlichkeit" im Sinne des Gesetzgebers nicht gemeint.

    Die Gefahr bei der privaten Tierhaltung ist eine abstrakte Gefährdung, die daraus resultiert, dass Hunde sich zwar unglaublich an ein Leben im menschlichen Umfeld anpassen können, aber trotzdem eben nicht wie Menschen agieren.

    Dieses nicht-menschliche Verhalten ist eine zusätzliche Gefahr in der Menschenwelt, die aber von sozialem Nutzen ist, weshalb diese Gefahr erlaubt ist.

    Zitat

    Die Gesellschaft erlaubt bestimmte Verhaltensweisen trotz ihrer Gefährlichkeit auf Grund ihrer sozialen Nützlichkeit (sozialadäquates Verhalten). Wer beispielsweise mit einem Kraftfahrzeug am Straßenverkehr teilnimmt, ein Kernkraftwerk betreibt, eine Eisenbahngesellschaft unterhält oder Produkte in den Verkehr bringt, tut nichts Unrechtes, obwohl er weiß, dass sein Verhalten unter Umständen gefährlich werden kann. Sein Verhalten ist gesellschaftlich erwünscht. Der Grundgedanke der Gefährdungshaftung liegt darin, dass derjenige, der Nutzen aus abstrakt gefährlichen Handlungen zieht, welche die Gesellschaft für nützlich erachtet und daher erlaubt, gleichwohl für die Schäden einstehen soll, die sich aus der gefährlichen Handlung oder Einrichtung ergeben.


    Ich bin über ein - wie ich finde, sehr interessantes - Urteil gestolpert, hinsichtlich des Mitverschuldens eines Joggers, der über einen plötzlich seinen Weg querenden Hund gefallen ist und sich dabei verletzte:

    Stolpern über einen Dackel - Mithaftung auch bei Gefährdungshaftung | Schlosser Aktuell (raschlosser.com)


    Ich komme immer mehr zu dem Schluss, dass wir mit dem zunehmenden Risiko durch unsachgemäß geführte Hunde einfach werden leben müssen, wenn wir nicht in übertriebenem Maße in die Grundrechte eingreifen wollen.

    Wieso die Grundrechte?

    Unser gesamtes gesellschaftliches Miteinander wird durch Regeln, Verordnungen und Gesetze geregelt, alles basierend auf den Grundrechten.

    Unterschiedliche Anforderungen erfordern dabei unterschiedliche Regularien - am Beispiel Führerschein:

    Es gibt einen für Mofas, aber damit darfst du keinen PKW fahren. Für einen LKW wird ein spezieller Führerschein benötigt, für den noch andere, höhere Voraussetzungen nötig sind, um ihn überhaupt machen zu dürfen.

    Willst du einen Hänger an deinem Auto fahren, benötigst du mittlerweile auch dafür eine spezielle Schulung und Erlaubnis.

    Motorräder benötigen auch eine eigene Fahrerlaubnis.

    Diese Unterscheidungen für das Führen motorisierter Fahrzeuge sind doch keine Einschränkung in das Grundrecht?

    Warum also kein Führerschein für Hunde, der dann auch grundlegende unterschiedliche Aspekte der unterschiedlichen Hundetypen, für die es ja ausreichend wissenschaftlich basierte Kenntnisse gibt, berücksichtigt?

    Das muss doch noch nicht einmal teurer sein - nur sollte z. B. jedem klar sein, dass er bei der Anschaffung eines Jagdhundes auch Zeit (und Geld) in eine entsprechende Ausbildung investieren muss, damit das spezielle Beutefangverhalten sich nicht als Gefahr in der Umwelt realisiert.

    Natürlich muss das durchdacht sein - aber evidenzbasiert?

    Ne, sorry, mal ganz abgesehen davon, dass "Hundeverhalten sich nicht untersuchen lässt, ohne Einbeziehung des menschlichen Umfeldes" (Miklósi) , und es nahezu unmöglich ist, diese ganzen Aspekte auf irgendwelche einheitlichen Parameter zu bringen ... wie lange soll es denn dauern, bis überhaupt untersucht wurde, welche Daten benötigt werden, und wie lange dauert es dann, bis diese vorliegen ... von dem Zeitraum für eine fundierte Auswertung mal ganz abgesehen...


    Unsere heutige Demokratie ist auch nicht aus evidenzbasierten Fakten entstanden, sie hat sich entwickelt...

    Wir Menschen müssen uns dahingehend entwickeln, Hunde nicht mehr als Prestigeobjekt zu sehen, sondern als Lebewesen, für die wir Verantwortung übernehmen, und die wir so verantwortungsvoll führen, dass sich diese abstrakte Tiergefahr nicht realisiert.

    So lange das nicht alle Hundehalter aus eigenem, inneren Antrieb machen (können), benötigen wir Hilfen.

    In den 90ern gab es hier in der Kante einige echt bissige Retriever, die aus einer bestimmten Zucht kamen.

    Retriever???

    Zucht???

    Sorry - aber für diese Vermehreranlage, trifft weder die eine Bezeichnung für das Produkt, noch die Bezeichnung für die Produktionsstätte zu.

    Soll das jetzt der Nachweis sein, dass Retriever auch so austicken können?

    Hm ... möglicherweise stammen ja dann auch die "austickenden Staffs" alle aus solchen Produktionsstätten...

    Und genau das ist eben gefährlich. Denn wer darüber vergisst, dass es Hunde sind und welches Potenzial sie mitbringen, kreiert unnötig riskante Situationen.

    Echt jetzt?

    Du kannst mich ja gerne mal ein paar Wochen begleiten, und dann hier berichten welche unnötig riskanten Situationen ich so produziere...

    Unsere Hunde sind wehrhafte Raubtiere. Alle. Die können das alle noch.
    Genau wie wir Menschen das alle können... Nur die mit Abstand meisten Menschen werden nie an einen Punkt kommen, wo sie dieses Verhalten zeigen würden. Genau wie unsere Hunde. Und deswegen kann ich auch problemlos und tiefenentspannt mit meinen Hunden Gassi gehen, in dem Wissen, was die könnten.

    Das ist die vernünftigste Aussage, die ich hier bisher gelesen habe, wo ich besonders das hier hervorheben möchte:

    "Nur die mit Abstand meisten Menschen werden nie an einen Punkt kommen, wo sie dieses Verhalten zeigen würden. Genau wie unsere Hunde."

    Javik Ist es ok, wenn ich "Punkt" durch "Reizschwelle" ersetze, um des (aus meiner Sicht) besseren Verständnisses wegen?

    Die "Reizschwelle" bezeichnet den Punkt, an welchem normalerweise zu erwartendes Verhalten nicht mehr gezeigt wird, sondern ein völlig anderes, unerwartetes Verhalten auftritt.

    Bis zu dieser Reizschwelle werden auch andere Stressfaktoren so verarbeitet, dass sie keine Änderung am normalerweise zu erwartenden Verhalten bewirken.

    Es muss etwas ganz außerordentliches, außergewöhnliches passieren, mit einem so hohen Stressfaktor, dass diese Reizschwelle überschritten wird, und das Verhalten nicht mehr verlässlich ist.

    Genau das ist der Punkt, der mich so erschreckt: Was an der Situation mit der Joggerin in Naarn war so außergewöhnlich, außerordentlich, dass die Hunde ein dermaßen erschreckendes Verhalten gezeigt haben?

    MoniHa Es waren 3 Hunde, nicht 4.

    "Bis zur Unkenntlichkeit zerfleischt", hervorgerufen durch multiple (=viele) Hundebisse, die multiple Verletzungen zugefügt haben.

    Die in einem Tunnel waren.

    Ich lege meine Hand dafür ins Feuer, dass mir das mit meinen Hunden nicht passieren würde - und die kann ich auch nicht halten, wenn sie wollen würden.

    Trotzdem weiß ich, dass sie vorher Anzeichen zeigen würden, dass es etwas "Lesbares, Erkennbares" gäbe im Vorfeld.

    Dass sie kalkulierbar sind, auch in ihrem tierischen Verhalten.

    Selbst wenn ich mich erschrecke (was ich einige wenige Male hatte) reagieren sie maximal mit einem "Wuff" - aber eben nicht mit "einen Menschen anfallen und diesen Zerfleischen".

    Diese Argumentation "das kann dir mit jedem Hund passieren" ... ist unfassbar ... hundeverstandslos.