Beiträge von Hundundmehr

    Von der prinzipiellen potenziellen Gefährlichkeit aller Hunde geht der Gesetzgeber eh schon aus.

    Das liest sich sehr gefährlich, und passt natürlich zu der These, dass Hunde nun mal Raubtiere sind.

    Das ist aber mit "Gefährlichkeit" im Sinne des Gesetzgebers nicht gemeint.

    Die Gefahr bei der privaten Tierhaltung ist eine abstrakte Gefährdung, die daraus resultiert, dass Hunde sich zwar unglaublich an ein Leben im menschlichen Umfeld anpassen können, aber trotzdem eben nicht wie Menschen agieren.

    Dieses nicht-menschliche Verhalten ist eine zusätzliche Gefahr in der Menschenwelt, die aber von sozialem Nutzen ist, weshalb diese Gefahr erlaubt ist.

    Zitat

    Die Gesellschaft erlaubt bestimmte Verhaltensweisen trotz ihrer Gefährlichkeit auf Grund ihrer sozialen Nützlichkeit (sozialadäquates Verhalten). Wer beispielsweise mit einem Kraftfahrzeug am Straßenverkehr teilnimmt, ein Kernkraftwerk betreibt, eine Eisenbahngesellschaft unterhält oder Produkte in den Verkehr bringt, tut nichts Unrechtes, obwohl er weiß, dass sein Verhalten unter Umständen gefährlich werden kann. Sein Verhalten ist gesellschaftlich erwünscht. Der Grundgedanke der Gefährdungshaftung liegt darin, dass derjenige, der Nutzen aus abstrakt gefährlichen Handlungen zieht, welche die Gesellschaft für nützlich erachtet und daher erlaubt, gleichwohl für die Schäden einstehen soll, die sich aus der gefährlichen Handlung oder Einrichtung ergeben.


    Ich bin über ein - wie ich finde, sehr interessantes - Urteil gestolpert, hinsichtlich des Mitverschuldens eines Joggers, der über einen plötzlich seinen Weg querenden Hund gefallen ist und sich dabei verletzte:

    Stolpern über einen Dackel - Mithaftung auch bei Gefährdungshaftung | Schlosser Aktuell (raschlosser.com)


    Ich komme immer mehr zu dem Schluss, dass wir mit dem zunehmenden Risiko durch unsachgemäß geführte Hunde einfach werden leben müssen, wenn wir nicht in übertriebenem Maße in die Grundrechte eingreifen wollen.

    Wieso die Grundrechte?

    Unser gesamtes gesellschaftliches Miteinander wird durch Regeln, Verordnungen und Gesetze geregelt, alles basierend auf den Grundrechten.

    Unterschiedliche Anforderungen erfordern dabei unterschiedliche Regularien - am Beispiel Führerschein:

    Es gibt einen für Mofas, aber damit darfst du keinen PKW fahren. Für einen LKW wird ein spezieller Führerschein benötigt, für den noch andere, höhere Voraussetzungen nötig sind, um ihn überhaupt machen zu dürfen.

    Willst du einen Hänger an deinem Auto fahren, benötigst du mittlerweile auch dafür eine spezielle Schulung und Erlaubnis.

    Motorräder benötigen auch eine eigene Fahrerlaubnis.

    Diese Unterscheidungen für das Führen motorisierter Fahrzeuge sind doch keine Einschränkung in das Grundrecht?

    Warum also kein Führerschein für Hunde, der dann auch grundlegende unterschiedliche Aspekte der unterschiedlichen Hundetypen, für die es ja ausreichend wissenschaftlich basierte Kenntnisse gibt, berücksichtigt?

    Das muss doch noch nicht einmal teurer sein - nur sollte z. B. jedem klar sein, dass er bei der Anschaffung eines Jagdhundes auch Zeit (und Geld) in eine entsprechende Ausbildung investieren muss, damit das spezielle Beutefangverhalten sich nicht als Gefahr in der Umwelt realisiert.

    Natürlich muss das durchdacht sein - aber evidenzbasiert?

    Ne, sorry, mal ganz abgesehen davon, dass "Hundeverhalten sich nicht untersuchen lässt, ohne Einbeziehung des menschlichen Umfeldes" (Miklósi) , und es nahezu unmöglich ist, diese ganzen Aspekte auf irgendwelche einheitlichen Parameter zu bringen ... wie lange soll es denn dauern, bis überhaupt untersucht wurde, welche Daten benötigt werden, und wie lange dauert es dann, bis diese vorliegen ... von dem Zeitraum für eine fundierte Auswertung mal ganz abgesehen...


    Unsere heutige Demokratie ist auch nicht aus evidenzbasierten Fakten entstanden, sie hat sich entwickelt...

    Wir Menschen müssen uns dahingehend entwickeln, Hunde nicht mehr als Prestigeobjekt zu sehen, sondern als Lebewesen, für die wir Verantwortung übernehmen, und die wir so verantwortungsvoll führen, dass sich diese abstrakte Tiergefahr nicht realisiert.

    So lange das nicht alle Hundehalter aus eigenem, inneren Antrieb machen (können), benötigen wir Hilfen.

    In den 90ern gab es hier in der Kante einige echt bissige Retriever, die aus einer bestimmten Zucht kamen.

    Retriever???

    Zucht???

    Sorry - aber für diese Vermehreranlage, trifft weder die eine Bezeichnung für das Produkt, noch die Bezeichnung für die Produktionsstätte zu.

    Soll das jetzt der Nachweis sein, dass Retriever auch so austicken können?

    Hm ... möglicherweise stammen ja dann auch die "austickenden Staffs" alle aus solchen Produktionsstätten...

    Und genau das ist eben gefährlich. Denn wer darüber vergisst, dass es Hunde sind und welches Potenzial sie mitbringen, kreiert unnötig riskante Situationen.

    Echt jetzt?

    Du kannst mich ja gerne mal ein paar Wochen begleiten, und dann hier berichten welche unnötig riskanten Situationen ich so produziere...

    Unsere Hunde sind wehrhafte Raubtiere. Alle. Die können das alle noch.
    Genau wie wir Menschen das alle können... Nur die mit Abstand meisten Menschen werden nie an einen Punkt kommen, wo sie dieses Verhalten zeigen würden. Genau wie unsere Hunde. Und deswegen kann ich auch problemlos und tiefenentspannt mit meinen Hunden Gassi gehen, in dem Wissen, was die könnten.

    Das ist die vernünftigste Aussage, die ich hier bisher gelesen habe, wo ich besonders das hier hervorheben möchte:

    "Nur die mit Abstand meisten Menschen werden nie an einen Punkt kommen, wo sie dieses Verhalten zeigen würden. Genau wie unsere Hunde."

    Javik Ist es ok, wenn ich "Punkt" durch "Reizschwelle" ersetze, um des (aus meiner Sicht) besseren Verständnisses wegen?

    Die "Reizschwelle" bezeichnet den Punkt, an welchem normalerweise zu erwartendes Verhalten nicht mehr gezeigt wird, sondern ein völlig anderes, unerwartetes Verhalten auftritt.

    Bis zu dieser Reizschwelle werden auch andere Stressfaktoren so verarbeitet, dass sie keine Änderung am normalerweise zu erwartenden Verhalten bewirken.

    Es muss etwas ganz außerordentliches, außergewöhnliches passieren, mit einem so hohen Stressfaktor, dass diese Reizschwelle überschritten wird, und das Verhalten nicht mehr verlässlich ist.

    Genau das ist der Punkt, der mich so erschreckt: Was an der Situation mit der Joggerin in Naarn war so außergewöhnlich, außerordentlich, dass die Hunde ein dermaßen erschreckendes Verhalten gezeigt haben?

    MoniHa Es waren 3 Hunde, nicht 4.

    "Bis zur Unkenntlichkeit zerfleischt", hervorgerufen durch multiple (=viele) Hundebisse, die multiple Verletzungen zugefügt haben.

    Die in einem Tunnel waren.

    Ich lege meine Hand dafür ins Feuer, dass mir das mit meinen Hunden nicht passieren würde - und die kann ich auch nicht halten, wenn sie wollen würden.

    Trotzdem weiß ich, dass sie vorher Anzeichen zeigen würden, dass es etwas "Lesbares, Erkennbares" gäbe im Vorfeld.

    Dass sie kalkulierbar sind, auch in ihrem tierischen Verhalten.

    Selbst wenn ich mich erschrecke (was ich einige wenige Male hatte) reagieren sie maximal mit einem "Wuff" - aber eben nicht mit "einen Menschen anfallen und diesen Zerfleischen".

    Diese Argumentation "das kann dir mit jedem Hund passieren" ... ist unfassbar ... hundeverstandslos.

    Ich denke, dass ein oder mehrere Hunde ein gewisses Interesse Richtung Menschen anzeigt haben werden und bei Begegnungen nie komplett neutral waren.

    Genau das wird aber verneint.

    Wobei ich mich gerade frage, was du mit "gewissem Interesse" meinst? Argwohn, oder gar Feindseligkeit Richtung Menschen?

    Wo doch bei diesen Rassen ganz gezielt auf "Menschenfreundlichkeit" selektiert wurde?

    Da es dazu aber keinerlei Informationen gibt, ist auch das eine Vermutung und somit spekulativ.

    sie hätte also bei ihren Hunden damit rechnen müssen, dass diese einen Menschen bis zur Unkenntlichkeit zerfleischen, weil sie die Rudeldynamik unterschätzt und ihre körperliche Kraft überschätzt hat?

    Was ich nicht verstehe an deinen Ausführungen - du führst diesen Punkt "Hat die Hunde unterschätzt" gesondert auf, erklärst die Punkte "eigene körperliche Kraft überschätzt (sie kann die Hunde nicht halten)" und "Rudeldynamik unterschätzt" - aber WAS sie bei ihren Hunden (Charakter/Mentalität/Verhalten) unterschätzt haben soll, erklärst du nicht.

    Das Einzig sichere: War mit zu vielen Hunden unterwegs, die sie offensichtlich im Ernstfall nicht einmal körperlich kontrollieren kann. Hat ihre Hunde unterschätzt. Hat die Rudeldynamik unterschätzt.

    Was an ihren Hunden hat sie denn unterschätzt?

    Du musst doch eine Vorstellung davon haben, was bei ihren Hunden hätte eingeschätzt werden können, was diese Halterin aber eben nicht gemacht hat?

    Mein Beispiel bezog sich aber auf eine kurze, normale Kommunikation ohne Getöse bei den "Großen" (btw meine Hündin hatte 23-24kg, die konnte ich zu jederzeit problemlos halten und nicht selten war der gegenüber größer und schwerer als sie).

    Ich gebe ehrlich zu, dass ich bei allen Bullterriern Bedenken habe, weil ich große Probleme habe sie sicher einschätzen zu können.

    Ich schaue mir tatsächlich den Menschen genau an, und beim geringsten Zweifel an dessen Kompetenz suche ich das Weite.

    Da ich kein "Gedankenleser" bin, und sicher auch von meinen Ängsten um meine Hunde geleitet werde, tue ich damit sicher dem Ein oder Anderen damit Unrecht - aber: Better safe than sorry.

    Mein Problem ist dabei tatsächlich, dass unter Umständen ein Angriff ohne Vorwarnung (also ersichtliches vorheriges Drohverhalten) kommen KÖNNTE - denn das ist nun einmal bei Beutefangverhalten nicht vorgesehen.

    Grundsätzlich: Zeigt ein Hund bei Annäherung Drohverhalten, dann ist das eine ganz klare Kommunikation, die für mich ein Zeitfenster ist, welches ich dazu nutzen kann, um meinerseits das Potenzial für die Bedrohung zu verringern - indem ich deutlich erkennbar meine Hunde und mich auf Abstand bringe.

    Ein kurzes Knurren während einer Interaktion (die bis dahin von freundlicher, mal mehr mal weniger gezeigter Vorsicht, Neugier/Interesse geleitet wurde) ist auch eine Kommunikation, die ich nicht mit Erschrecken wahrnehme, sondern selber achtsam agiere und notfalls unterstützend eingreife, um den Grund für das Unwohlsein des Hundes aufzulösen.

    Unterm Strich fahre ich damit gut im Umgang mit anderen Hunden, und ich hatte auch einige - wenige - schöne Erlebnisse mit Staffs & Co.

    Die hier allerdings auch nicht besonders häufig vertreten sind.

    Es gibt leider Rassen, die Menschen mit profilneurotischen Neigungen gepaart mit mangelnder Kompetenz magisch anziehen.


    Man weiß aber, dass es keine Hinweise darauf gibt, dass die Hunde misshandelt oder scharf gemacht wurden, und der Frau wurde Sachkunde bescheinigt.

    Wenn der misshandelte Golden jemanden tötet, liegt es am Menschen, aber wenn es ein SoKa ist, liegt es an der Rasse...

    Die würden ja NIE. Wenn es "so ein Hund war" - tja, logisch, liegt an der Rasse. Kann ich so nicht bestätigen. Liegt am Menschen.

    Aber natürlich muss einiges falsch gelaufen sein, damit es so aus dem Ruder läuft, dass ein Mensch dadurch zu Tode kommt.

    Was hat die Halterin (und ihre Ehepartnerin) aus Naarn denn eurer Meinung nach falsch gemacht?

    Weil diese Aussagen nach dem Strafprozess kamen

    In diesem hat sie sich nicht geäußert

    Woraus folgerst du das? Ich lese diese pdf über die Entscheidung zum Haltungsverbot so, dass darin die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft vor dem Strafprozess zitiert wurden. ON1.13 StA-Akt: usw.

    Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft: Ja

    Ob die Vernehmung/en durch die Staatsanwaltschaft für den Strafprozess gemacht wurde/n, oder ob sie im Rahmen dieses Ermittlungsverfahrens hinsichtlich des Hundehaltungsverbotes gemacht worden sind, geht nicht daraus hervor.

    Es gibt aber einen Hinweis, dass zumindest ein großer Teil der in "..." gesetzten Aussagen im Rahmen der Vernehmungen durch die Staatsanwaltschaft für den Prozess zum Hundehaltungsverbot gemacht wurden - also tatsächlich nach dem Strafprozess wegen grob fahrlässiger Tötung.

    Zitat

    „Wenn ich zu den ‚Beutespielen‘ gefragt werde, die Thema gewesen sind im Verfahrensakt
    gebe ich an, ...

    "Thema gewesen sind im Verfahrensakt" - die Vergangenheitsform weist auf das vergangene Verfahren (Strafprozess wegen grob fahrlässiger Tötung) hin, damit kann nicht das Verfahren bezüglich des Hundehaltungsverbotes gemeint sein, denn dieses lief ja noch zum Zeitpunkt der Vernehmung.

    Nur zur Erinnerung: Der Strafgerichtsprozess war nach knapp 40 Minuten beendet, weil es zu einer Einigung zwischen den Parteien vor Prozessbeginn gekommen ist.

    Welchen Inhalt die Gespräche hatten, weiß keiner.

    Bekannt sind nur die Ergebnisse:

    - Die Beklagte bekannte sich schuldig der Anklage

    - die Beklagte hat sich auch bezüglich der zivilrechtlichrechtlichen Ansprüche der Hinterbliebenen des Opfers mit diesen geeinigt

    Möglicherweise ist aufgrund dieser Bekennung zur Schuld weder das Thema "Beutespiele", noch die weiteren Hundehaltungsabsichten, noch die Position zu den weiteren Zukunftsabsichten hinsichtlich Hundehaltung, dazu noch der gleichen Rasse, Inhalt der Vernehmungen und Gespräche gewesen.

    ................................

    Mir dreht sich der Magen um bei der Aussage, "das Opfer hat geschrien, und damit erst das Stolpern und den Angriff ausgelöst".

    Warum sollte die Joggerin schreien, wenn die Hunde noch gar keine Handlungsabsichten gezeigt haben?

    Heißt das, der aus unbekannten Gründen ausgestoßene Schrei des Opfers hat diesen Vorfall erst ausgelöst?

    Das geht in Richtung Täter-Opfer-Umkehr...

    Im Übrigen liest sich für mich die Urteilsbegründung hinsichtlich des Haltungsverbotes auch so, dass das Gericht bedauert, aufgrund der aktuellen Rechtslage keine andere - härtere - Entscheidung treffen zu können.