Beiträge von Hundundmehr

    Ok jetzt frage ich mich langsam, ob du weiß, was ein Phänotyp ist.

    Phänotyp = Genotyp + Ontogenese (+Epigenetik)

    Im Genotyp werden die Merkmale und die Bandbreite ihrer Entwicklungsmöglichkeiten festgelegt.

    Die Ontogenese (Individualentwicklung) ist verantwortlich für die Ausprägung dieser Merkmale innerhalb ihrer genetisch vorbestimmten Bandbreite.

    Bei Schäferhunden halte ich die Wahrscheinlichkeit, dass dieser bei entsprechender (guter!) Ausbildung sehr wohl unterscheidet in:

    - Mensch = keine Beute

    - Beißarm = Beute

    für deutlich größer.

    Es hat seinen Grund - und der liegt mMn nach nicht in der angedichteten "Lobby" - weshalb er nicht auf den Listen auftaucht.

    Ist halt ein anderer Phänotyp.

    (Ja, Ausnahmen gibt es - wie überall; Sie sind aber Ausnahmen, und nicht die Regel, nicht das was vom Phänotyp Schäferhund grundsätzlich erwartet wird.)

    Das ist halt so ein weit verbreiteter Irrglaube.

    Nur weil ich etwas ignoriere , nicht aktiv kontrolliert nutze ist es nicht weg.

    So funktioniert Genetik einfach nicht.

    Besser kontrollieren und kontrolliert "ausleben" lassen .

    Aber am Menschen?

    Ich weiß, jetzt kommt der Hinweis: "Aber der wird nicht am Menschen, sondern auf den Beißarm/die Beißwurst trainiert!".

    Weiß der Hund das?

    Setzt jeder Hund das genau so, wie der Mensch es denkt, auch für sich im Kopf so um?

    https://www.vetmeduni.ac.at/fileadmin/v/ve…setzgebungx.pdf

    Vielleicht möchte es ja die eine oder andere lesen. Hoffe der Link funktioniert

    Habe es noch nicht intensiv gelesen, aber was ich beim überfliegen dieses Artikels gesehen habe, gefällt mir ausgesprochen gut.

    Bietet auch eine Menge Sprengstoff, gerade zum Thema "Schutzdienst" ... weiß ich, und ich weiß auch dass ich da in ein exorbitant großes Fettnäpfchen trete, wenn ich hier sage, dass ich mich dieser Meinung zu 100% anschließe...

    Jetzt hole ich mal etwas aus:

    Auf den Listen der Bundesländer fanden und finden sich bestimmte Phänotypen, deren Merkmale (das betrifft Merkmale im Aussehen, als auch Merkmale in den rassetypischen Wesensveranlagungen (wie z. B. großer Beutemotivation und Zugewandtheit zum eigenen Menschen, aber auch Aggression), als auch ein bestimmter "Ruf" (z. B. frühere Verwendung als Kampfhunde unterschiedlichster Art)), die bestimmte Extreme menschlicher Motivationen für den Einsatz/die Anschaffung eines Hundes verstärkt anzogen.

    Was unbedachte, dilettantische Haltung und Erziehung beim Phänotyp eines jeden Hundes anrichten kann, wissen zumindest hier im Forum, aber eben auch kynologische Experten nur zu gut.

    Bei bestimmten Phänotypen mit entsprechenden Merkmalen (wie zuvor ausgeführt) führen diese Extreme allerdings gehäuft auch zu extremen Verhaltensvorfällen.

    Ob das jemand ist, der unbedingt aber eben leider dilettantisch beweisen will, dass ein SoKa ein hervorragender Nannyhund ist, und plötzlich völlig entsetzt mit der Tatsache konfrontiert wird, dass dieser "Nannyhund" das kleine Kind gebissen hat, oder ob das jemand ist, der sich einen Hund mit einer geschichtlichen Herkunft als Arenakampfhund zugelegt hat, und bestimmte Merkmale dahingehend fördert, dass er sein eigenes Ego aufpolieren kann indem er als Halter eines äußerst einschüchternd auf seine Umwelt wirkenden Hundes dasteht, ist dabei unerheblich.

    Auch wenn ich von diesem Hunderassismus, der durch diese Listen forciert wurde, gar nichts halte, so kann ich doch nachvollziehen, dass bestimmte phänotypische Merkmale mit Auflagen hinsichtlich der Haltung belegt wurden, die diese Ausprägung der Extreme bei der menschlichen Motivation schon bei der Anschaffung eindämmen sollten.

    Was sie auch getan haben.

    Was sie nicht ändern konnten:

    Wer kriminell handeln will, wird dies auch tun.

    Wo für den überwiegenden Teil die Gesetze und damit anhängigen Strafen bei Übertretung selbiger Abschreckung genug sind, um sich an diese Gesetze zu halten, reicht diese Abschreckungswirkung bei genügend krimineller Motivation nicht aus.

    Was sie auch nicht ändern konnten: Dass es immer wieder auch zu Unglücken kommt, mit unterschiedlichsten Ursachen.

    Hunde sind eben Lebewesen, und keine Maschinen.

    Was ich mich allerdings frage, und damit beziehe ich mich auf das zuoberst eingefügte Zitat, und meine Antwort darauf:

    Warum muss ich bei bestimmten Phänotypen, die in der Summe der ihnen anheimliegenden Merkmale ein deutlich größeres Schadenpotential haben könnten, dann noch zu Wehrverhalten am Menschen ausbilden?

    Diese Phänotypen haben eine große Beutemotivation, wo ich auch der Meinung bin, dass diese auch unbedingt ausgebildet werden muss, um sie in absolut umweltkompatible Bahnen zu lenken.

    Mit anderen Worten: Der Mensch darf niemals Beute werden.

    Denn ob der Hund tatsächlich seine Beutemotivation ausschließlich auf die Beißwurst am Arm des Figuranten bezieht, oder er dies nicht doch mit dem Menschen verbindet, an dem diese Beißwurst befestigt ist, weiß ich nicht.

    Für das völlig unkontrollierte Verhalten des Am-Staff bei diesem schrecklichen Unfall gibt es keine Erklärung.

    Eine mögliche Erklärung könnte auch sein, dass der Hund in den Tagen zuvor ein Erlebnis hatte, welches einen extrem hohen Cortisolschub zu Folge hatte.

    Hormone machen Verhalten, und ich finde diese Schuldsuche ganz furchtbar.

    Unterm Strich bleibt für mich, dass im Ergebnis dieser Hund eine Grenze überschritten hat, die kein Hund überschreiten darf - egal welche Ursache dieses Verhalten hatte.


    Dementsprechend ist für mich die Euthanasierung die einzig richtige Entscheidung gewesen.

    Ich will sogar behaupten, dass auch dir in deiner Umgebung viele aktive Autofahrer begegnen, die diese Anforderungen nicht aufweisen können.

    Die ohne Führerschein fahren, oder mit nicht angemeldeten/nicht versicherten Fahrzeugen?

    In meiner Umgebung niemand...*


    Ja, ich bin davon überzeugt, dass es durchaus landes- und bundesweit Autofahrer gibt, die ohne gültige Fahrerlaubnis fahren und/oder ein nicht ordnungsgemäß angemeldetes/versichertes Fahrzeug führen.

    Allerdings bin ich auch davon überzeugt, dass wir uns da in einem zahlenmäßigen Bereich bewegen, der weit entfernt von "viele" ist.

    Dafür sind die Strafen zu empfindlich, wenn man dabei erwischt wird.

    *muss ich revidieren - tatsächlich habe ich mal in sehr später Abendstunden zwei Jugendliche angehalten, die auf einem nicht angemeldeten Mofa ohne Fahrerlaubnis gefahren sind.

    Ich habe nicht schlecht gestaunt, als ich dann plötzlich - nach Erwähnung, die Polizei zu holen - mit einem Mofa an der Hand alleine da stand, weil die Jugendlichen geflüchtet sind... :shocked:

    Das Ganze konnte übrigens aufgeklärt werden, und die Identität - und damit auch die Bestrafung - der Jugendlichen festgestellt werden.

    Es stand ein kurzer Polizeibericht in unserem wöchentlichen "Käseblatt", auf den sich die Mutter eines Jungen meldetet, die meinte: "...das könnte durchaus ihr Sohn gewesen sein ... und das Mofa, welches der Opa zum Instandsetzen in der Scheune hatte, wäre wohl auch das, welches jetzt bei der Polizei abgeholt werden könnte...".

    Aus NRW und es werden nicht nur die Beißvorfälle gezählt, sondern diese auch im Verhältnis zur Populationsgröße gesetzt:

    https://www.umwelt.nrw.de/fileadmin/reda…t_2020_2021.pdf

    Kurze Zusammenfassung in einem Zitat:

    2). Bezogen auf die verhältnismäßig geringe

    Population dieser Rasse (die Rede ist vom AmStaff) ist die Anzahl der Beißvorfälle immer noch überproportional hoch

    Das ist von hasilein75 vor wenigen Wochen schon einmal eingestellt worden - eben auch in dem Zusammenhang bei der Frage nach Anteil der Hunderassen.

    Die Zahlen wurden dann auch ziemlich "auseinanderklamüsert", u. A. von mir - ist hier alles nachzulesen.

    Ich nutze die Zahlen dieser Statistik noch einmal, diesmal aus einem anderen Blickwinkel, um auf diese Frage einzugehen:

    Wenn man nun diese Zahl, und auch die Beißvorfälle ohne Tötung reduzieren will, muss man in meinen Augen hinsehen, was man genau reduzieren will.

    Gesamtzahl der gemeldeten Hunde in NRW in 2021:

    1.018.149

    Anzahl der Beißvorfälle (ohne Tötungen) gegenüber Menschen:

    1.125

    Anzahl der Beißvorfälle (ohne Tötungen) gegenüber anderen Tieren:

    1.375

    Die Gefahr, als Mensch von einem Hund verletzt zu werden, beträgt also 0,11%.

    Die Gefahr der Verletzung eines anderen Tieres durch einen Hund beträgt 0,13%.

    Natürlich sind das gemeldete Fälle in Bezug auf gemeldete Hunde.

    Da gibt es also eine Dunkelziffer, sowohl bei Vorfällen mit nicht erkannten Hunden, als auch eine Dunkelziffer hinsichtlich nicht gemeldeter Hunde, als auch eine Dunkelziffer durch nicht gemeldete/erfasste Vorfälle.

    Die offiziellen Zahlen zeigen eine Wahrscheinlichkeit von 99,89%, dass es nicht zu Verletzungen beim Menschen durch Hunde kommt - also nahezu 100%.

    Sie zeigen auch eine Wahrscheinlichkeit von 99,87%, dass es keine Verletzungen durch Hunde bei anderen Tieren gibt.

    Wie nah an 100% soll es noch sein?

    Jetzt ist eine Dunkelziffer ja sehr dubios, eben weil sie im Dunklen liegt, und sehr diffus eine nicht greifbare Masse suggeriert, die Bedenken oder gar Angst auslöst ...

    Achtung! Klischee!!!

    z. B.: Wie viele Kriminelle halten sich trotz der bestehenden Gesetze nicht an selbige und halten illegal Hunde mit Gefahrenpotential?

    Nehmen wir also mal an, es werden nur die Hälfte aller Beißvorfälle gegenüber Menschen erfasst, dann wären wir statt bei 1.125 Beißvorfällen bei 2.250 Beißvorfällen.

    Dann wären wir immer noch bei einer Wahrscheinlichkeit von 0,22% ...

    Welche Gefahr geht denn tatsächlich von Hunden in unserer Gesellschaft aus?

    Ist es wirklich nötig, über noch straffere Gesetze Hundehaltung weiter zu reglementieren?

    Für mich macht er mehr Sinn, legaler Haltung von Hunden einen größeren Stellenwert zu geben, als er bisher ist.

    Derzeit kann sich nämlich jede/r einen Hund beschaffen, wie sich auch ein Blumenkohl im Supermarkt beschaffen lässt.

    Die allermeisten Hundehalter sind doch bereit, sich im rechtskonformen Bereich zu bewegen, und mWn existiert doch schon bundesweit eine Verpflichtung zum Nachweis der Sachkunde im 20/40-Bereich (Gewicht des Hundes ab 20kg und/oder Schulterhöhe ab 40cm).

    Warum nicht für alle Hunde?

    Es gibt auch eine Kennzeichnungspflicht (Chippflicht) - warum diese nicht in eine bundesweite Datenbank einpflegen?

    Es wird dadurch nicht "enger" für all die Hundehalter, die sich sowieso rechtskonform verhalten wollen - es wird "enger" für die, die sich sowieso immer Lücken suchen.

    Z.B. die, die nach einem Vorfall den Hund einfach "schiebern", also mit ihm z.B. in ein anderes Bundesland ziehen nach einem Vorfall, wo es keine Zugriffsmöglichkeit gibt für Behörden.

    So lange, bis bei irgend einem Vorfall die dazugeholten Polizeibeamten den Hund erschießen, weil er aggressiv auftritt und anders nicht mehr gesichert werden kann zur Gefahrenabwehr.

    Das kommt dann wieder groß und breit in die Presse - und ist einer der 1.125 Beißvorfälle, die in die Statistik eingehen ... und wieder so ausgeschlachtet wird, dass es wieder Forderungen gibt, es Hundehaltern noch schwerer zu machen.

    Allen.

    ... und wenn ich mir die Zahlen ansehe, frage ich mich, ob das in dieser Form tatsächlich notwendig ist.

    Meine Skepsis bestimmten Phänotypen bei Hunden ist teilweise sehr groß.

    Das liegt aber weniger an diesen Phänotypen, sondern deutlich mehr an den Menschen - denn diese haben eine Motivationsbandbreite für die Haltung von Hunden, die unglaublich viel Raum für wenig umweltkompatibles Hundeverhalten bietet.

    Manche Phänotypen ziehen magisch ein bestimmtes Klientel an, denen ich am Liebsten lebenslang Tierhaltung verbieten würde :rotekarte:

    Hier hatte die - teilweise sehr kritisch zu betrachtende - Landeshundegesetzgebung aller Bundesländer allerdings Erfolge, denn für einen bestimmten Anteil dieses Klientels wurden diese Phänotypen an Hunden uninteressant.

    Illegale Ausrutscher wird es immer geben, Kriminalität, und die Neigung zu kriminellem Handeln lässt sich nicht auslöschen.

    Auch nicht bei der Hundehaltung.

    Es bedarf mMn nicht schärfere Gesetze.

    Eine bundesweite Datenbank, in der alle Hunde gemeldet sind, mit der Verpflichtung, bei Umzug des Menschen auch hier die neuen Wohndaten für den Hund anzugeben, ist mMn längst überfällig.

    Sachkunde für alle Hundehalter, auch Klein(st)hunde.

    Vor Allem aber würde ich mir wünschen, schon in den Grundschulen ein Mindestwissen zu "Hunden in unserer Gesellschaft" verpflichtend einzuführen.

    Hunde sind nicht mehr von der Seite des Menschen wegzudenken.

    Sie sind fester Bestandteil unserer Menschenwelt, und ich finde erschreckend, wie weit die Kluften mittlerweile sind zwischen "völlig utopischen Anforderungen an Hundeverhalten" und "extremen Vorstellungen zum gewünschten Phänotyp".

    Für mich müssen Hunde vor Allem Eines sein: Umweltkompatibel.

    Diese Umweltkompatibilität ist dabei völlig unabhängig von den Motiven des einzelnen Hundehalters zur Hundehaltung.

    Ich vergleiche das mal mit dem Bereich "Auto":

    Bevor man ein Auto fahren darf, muss man einen Führerschein machen.

    Ein Auto, welches man dann fahren will, muss zuvor angemeldet und versichert sein.

    Warum nicht eine Sachkunde VOR der Anschaffung eines Hundes?

    Warum nicht eine Anmeldung des Hundes VOR der Abholung, und der Verpflichtung für den Verkäufer, sich diese Anmeldebescheinigung aushändigen zu lassen, bevor er den jeweiligen Hund abgibt?

    Jeden Hund nur noch mit Leie und Maulkorb (zumindest dann, wenn man den Hund körperlich nicht halten kann) gesichert ausführen ? Freilauf nur auf eingezäuntem Gelände ?

    Als Antwort darauf zitiere ich mich mal selbst:

    War bei der Dogwalkerin in GB ähnlich, wenn ich mich richtig erinnere.

    Im Geschehensablauf gibt es da wohl Ähnlichkeiten, ja.

    Eine Ähnlichkeit in der Ursache sehe ich hier aber nicht.

    Bei der Dogwalkerin hat sich herausgestellt, dass dieser zuvor schon auffällige Hund erst seit (relativ?) kurzer Zeit in ihrem Besitz war.

    Da sehe ich schon eine gewisse Verantwortungslosigkeit im gesamten Handeln, die zu diesem tragischen Unglück geführt hat.

    Im jetzigen Fall sehe ich bisher zumindest keinerlei Ansätze, die eine Verantwortungslosigkeit erahnen lassen, ganz im Gegenteil.