. Reine „verhaltensbiologische Fakten“ beschreiben Verhalten.
Verhaltensbiologie erforscht Verhalten.
Dabei ist Verhaltensbiologie eine interdisziplinär arbeitende Wissenschaft, die sich nicht nur der Kenntnisse aus anderen Bereichen wie Neurologie, Genetik, Endokrinologie, Psychologie etc. bedient, sondern eben auch in Zusammenarbeit mit diesen Bereichen forscht und Erkenntnisse sammelt.
Das ist auch sehr schön zu lesen in dem von dir eingestellten link:
Ansteckende Emotionen: Hunde und ihre Besitzer fühlen gleich | National Geographic
Hoch interessant, welchen Einfluss Oxytocin auf Bindung und auch Wahrnehmung von Gefühlen hat.
Gefühle lassen sich über Hirnaktivitäten messen, hier hat z. B. Jaak Panksepp großartiges im Rahmen seiner These zu den Basisemotionen geleistet.
Das hat wirklich null mit Philosophie zu tun.
Im Verhaltensbiologischen Sinn bedeutet die Verwendung des Wortes primitiv "auf einer frühen (früheren) Entwicklungsstufe (Kulturstufe) stehend" - und das ist mitnichten eine messbare Wertung.
Insofern betrachte ich die Empathiefähigkeit von Hunden weder als "anders", noch als "weniger" - sondern als auf einer früheren Entwicklungsstufe stehend, eben nicht so komplex und zu so abstrakten moralischen Betrachtungen fähig, wie es dem Menschen möglich ist.
Um dem Ganzen mal wieder praktisches Futter zu geben:
Was ich weiß, eben weil es wissenschaftlich belegt ist:
- Hunde können Schutzlosigkeit bei (bestimmten) Lebewesen erkennen.
- Hunde können unterschiedliche Entwicklungsstufen (bei bestimmten Lebewesen) erkennen
- Hunde können Gefühle erkennen
- Hunde leben mit dem Menschen als Sozialpartner zusammen
- Stimmungsübertragung in einer Hund-Mensch-Beziehung ist ein wesentlicher Bestandteil zur Bindung
- Empathie bedarf Lernerfahrungen
- Hunde sind empathische Säugetiere, auch wenn deren Empathiefähigkeit auf einer früheren, nicht so komplex entwickelten Stufe wie beim Menschen steht
Wozu ich dieses Wissen nutzen kann:
Mir selber darüber klar zu werden, dass ein Hund sicher nicht "instinktiv" Kinder als schützenswerte Lebewesen in unserer Gesellschaft wahrnehmen wird. (Einige Hunde mögen das "von Natur aus" können - aber das jetzt automatisch von allen Hunden zu erwarten, und dann noch möglicherweise den Schluss daraus ziehen, dass ein Hund "nicht normal" ist, der dieses Verhalten eben nicht zeigt, wäre tatsächlich eine Vermenschlichung, mit welcher der Hund überfordert ist.)
Ich weiß aber, dass entsprechende Lernerfahrungen die Wahrscheinlichkeit deutlich erhöhen, dass Hunde Kinder als schutzlose Welpen des Menschen erkennen, und lernen entsprechend rücksichtsvoll mit ihnen umzugehen.
Rücksichtsvoll ist dabei nicht nur ein vorsichtiger, umsichtiger Umgang in der Interaktion mit Kindern; Rücksicht ist auch, wenn ein Hund Kinder nicht mag, und ihnen deshalb lieber aus dem Weg geht.
Alle Verhaltensweisen die Schaden vermeiden, sind rücksichtsvoll, wenn der Grund für dieses Vermeiden von Schaden im Gegenüber begründet liegt.
Also lasse ich meine Hunde beizeiten einen vorsichtigen, rücksichtsvollen Umgang mit Kindern erlernen, lasse sie unter meiner Anleitung erfahren, dass Kinder "Welpen" des Menschen sind, die ich selber mit Umsicht und Rücksicht behandel.
Last not least: Gerade bei Spezialisierungen von Hunden ist es notwendig, viele Verhaltensmerkmale besonders zu fordern und zu fördern; Eben weil Spezialisierungen andere Merkmale in den Hintergrund drängen, und diese überlagern, muss hier ein besonderes Augenmerk auf eine möglichst breit gefächerte Förderung im Bereich des sozialen Verhaltens gerichtet werden.
Sonst wird z. B. das Entstehen eines "fehlgeleiteten Beutefangverhaltens" bei Hunden mit ausgeprägtem Beutefangverhalten wahrscheinlicher.