Dazu kommt, daß das jeweilige Erziehungsproblem von einem Sachproblem - Hund hat XY noch nicht oder noch nicht gut genug gelernt, also ist es meine Aufgabe, es ihm beizubringen - zu einem emotionalen Problem des Halters wird: mein Hund ist frech, aufsässig, testet mich aus, stellt mich und meine Autorität grundsätzlich in Frage. Er verletzt mich also in meiner Persönlichkeit. Also muß ich mich energisch durchsetzen, und ganz schnell beginnt hier die Gewalt. Das ist das eigentliche Problem mit dem Rudelführeransatz in der Hundeerziehung.
Ich stimme dir zu, dass die von dir geschilderte Gedankenkette zerstörerisch auf jedwede Vertrauensbildung zwischen Mensch und Hund wirkt... Im Grunde muss ich mich immer fragen, warum mein Hund so ist, wie er ist, ob ich etwas an meinem Verhalten ändern muss, ob ich klar genug bin, er weiss, was er soll und was nicht.
Es kommt darauf an, wie ich meine Führungsrolle ausfülle, ob ich ganz bei mir bin, fokussiert bin, weiss, wohin ich will.
Ich kenne einige Hunde, die quasi in Narrenfreiheit leben, weil der Mensch keine klaren Signale und deutliche Ansagen macht, diese auch nicht durchsetzt, sondern immer nur in langen Sätzen auf den oder die Hunde einschimpft, was die Hunde als mangelnde Führung, Inkonsequenz und letztlich Schwäche erkennen und ignorieren.
Je mehr der Mensch herumschimpft, oder auch bittet und lockt, umso lächerlicher wirkt es auf mich als Außenstehenden, denn ich sehe, dass der Hund den Menschen überhaupt nicht ernst nimmt. Wie auch?
Hier wird also die nicht vorhandene Autorität schon in Frage gestellt, zu Recht. Und der Hund gibt die Richtung an und benimmt sich leider unmöglich, weil der Mensch für ihn keine ernstzunehmende Instanz ist. Warum sollte er hören?
Würde der Mensch echte Führungskompetenz und ruhige Souveränität ausstrahlen und durchsetzen, hätte der Hund einen Grund, sich unterzuordnen, sich zu entspannen und vertrauensvoll zu folgen. Dann brauch ich mich auch nicht künstlich aufzuplustern und auf Rudelführer machen, dann bin ichs einfach, das zeigt sich durch viele Kleinigkeiten jeden Tag im täglichen gedeihlichen Zusammenleben.
Was ich sagen will, es ist nicht immer ein reines Erziehungsproblem, es gibt auch manchmal Hunde, die einfach keinen Grund sehen, warum sie hören sollten auf das, was ihr Mensch von ihnen will, weil der Mensch ihnen keinen Grund dafür gibt.