Grund für die Diskussion, die ich sehr spannend finde, war dieser Thread: Wurde zu sehr OT
U.a war die Behauptung „ein Hund der ausschließlich an der Leine geführt werden muss, lebt nicht artgerecht“ manchen sauer aufgestoßen.
Da wird es konkret und damit kompliziert ...
Einerseits kann ich behaupten und begründen, dass das artgemäße Bedürfnis nach Bewegung auch an einer Leine erfüllt werden kann. Andererseits sehe ich natürlich auch, dass die Bewegung an der Leine sich immer von freier Bewegung unterscheidet. Selbst dann wenn die freie Bewegung nur 5m von mir weg führt und die Leine 5m lang ist, mein Hund bewegt sich ohne Leine anders.
Aber heißt das, dass die Einschränkung der natürlichen, freien Bewegung grundsätzlich nicht tiergerecht ist? Wenn die Antwort "ja" ist, dann ist angemessene Hundehaltung tatsächlich nicht möglich. Denn wenn die eingeschränkte Bewegung an der Leine als "grundsätzlich nicht hundegerecht" gelten muss, dann müssen auch alle anderen Einschränkungen auf diesen Prüfstand.
Welchen lahmen Ersatz biete ich z.B. meinem Hund für das geniale Erlebnis "Kaninchenjagd"? Das ist doch niemals dasselbe, das ist nicht mal ansatzweise vergleichbar. (Ich habe meiner ersten Hündin mal unfreiwillig zu diesem ultimativen Glückerlebnis verholfen und ich habe im Anschluss daran alles getan, um eine Wiederholung zu verhindern.)
Wenn ich das zuende denke, dann ist art- oder tiergerechte Haltung tatsächlich nicht möglich. Denn das Leben von Mensch und Tier in unserer Gesellschaft ist immer mit Einschränkungen verbunden. Anders ist das Leben nicht möglich. Und ich bin ziemlich sicher, dass viele Hunde das absolute (Kaninchen-)Jagdverbot als extreme Einschränkung empfinden, dagegen ist ein 2m-Leinenradius in kaninchenfreier Umgebung sehr wahrscheinlich eine für den Hund recht harmlose Begrenzung.
Trotzdem bin auch ich der Meinung, dass ein Hund auch mal "die Beine strecken" soll und für mich ist eins der wichtigsten Erziehungsziele, dass ich den Hund umweltkompatibel ohne Leine laufen lassen kann. Wenn das gar nicht geht, dann suche ich nach Ersatz und Alternativen, wissend, dass das eben nur "Ersatz" ist. Aber wenn der Hund aus irgendwelchen Gründen nicht ableinbar ist, ist dann dieses Verbot grundsätzlich anders zu bewerten als z.B. das Kaninchenjagd-Verbot? Und wenn ja, ist diese andere Bewertung aus einem konkreten Bedürfnis des Hundes begründbar? Ist also das Bedürfnis des Hundes nach leinenloser Bewegung objektiv größer bzw. wichtiger als das Bedürfnis nach Kaninchenhatz?