Beiträge von *Sascha*

    Aber ich finde, man sieht, wie bescheuert das eigentlich mit den Zäunen ist. So ein verdammter Einzelwolf oder auch 2 wären erstmal kuriert, wenn ihnen die Hunde klar machen könnten, dass sie da nix verloren haben. Aber: da ist der verdammte Zaun. Das ist letztlich zwangskastrierter Herdenschutz. Wir Tierhalter steigen mit unseren Tieren in einen Ring, in dem die Regeln von vorneherein unfair sind.

    Nur sind Herdenschutzhunde ohne Zäune in den allermeisten Gebieten Deutschlands ja einfach nicht realistisch.

    Mich würde ja tatsächlich mal eine Aufarbeitung interessieren, wie es schlussendlich zu dieser Situation gekommen ist, dass die Wölfe sich so extrem auf die Schafe als Beute fokussiert haben und das sogar trotz der Präsenz der Hunde.

    Wir hatten hier ja vor einigen Jahren mal ein "größeres Problem" mit Jungwölfen aus Dänemark. Da hatte ich damals ein wenig die Recherche bemüht und herausgefunden, dass die Wölfe in Dänemark aus einem Gebiet in der Nähe des Ringköbing-Fjords kamen und sich das Rudel dort tatsächlich in erster Linie von ungeschützten Schafen ernährte und das dort mehr oder weniger einfach geduldet wurde. Die Geschwisterwölfe zogen dann durch Nordfriesland und Dithmarschen und trafen dort wieder auf völlig ungeschützte Schafherden. Das ganze Drama fand dann ein bundesweites mediales Echo inkl. Demos, Kindergartenschließungen und Abschussforderungen, tatsächlich war es dann aber wirklich so, dass das Wolfsproblem sich auflöste als dann Zäune errichtet wurden bzw. die Schafe in die Ställe geholt wurden, bzw. dann schließlich saisonbedingt an den Deich kamen. Größere Probleme gab es dann tatsächlich nur noch mit einem Bruder, der einen Kreis weiter zum Springer wurde (Weswegen es dann auch eine Abschussgenehmigung gab), schließlich wanderte aber auch er ab und wurde letztendlich in MeckPom überfahren.
    Das wäre für mich nun z.B. ein klassisches Beispiel dafür, wie man sich Problemwölfe dann selbst kreiert. Wir rüsten einfach immer und immer wieder zu spät auf. Sei es, weil die Behörden nicht schon präventiv fördern oder sei es, weil der Weidetierhalter den Zaunbau scheut. Und ja, ich sage das als Weidetierhalter und weiß, welche Arbeit das ist und dass das viel verlangt ist.
    Wir sind hier nun seit damals Wolfspräventionsgebiet, d.h. es existiert eine Förderkulisse für den Zaunbau (Natürlich nur für Schafe und Ziegen ... ) und ja, vereinzelt gibt es auch wolfsabweisende Zäune, aber echt vereinzelt. Ansonsten hat sich an der üblichen Schafshaltung hinter EINER Litze tatsächlich einfach überhaupt nichts geändert. Der nächste Wolf wird hier wieder genauso Metzeln wie der vorherige und der vorherige. Aber so kann ich zumindest immer sicher sein, dass wir akut keinen Wolf hier haben ...

    Jetzt bin ich abgeschweift. Was ich einfach nochmal deutlich machen wollte, solange wir immer und immer wieder erst reagieren, wenn der Wolf bereits gelernt hat, dass bestimmte Tiere Beute sind, solange wundere ich mich überhaupt nicht, wenn die Wölfe sich immer weniger abhalten lassen und ihre Jagdstrategien immer besser anpassen. Ich war immer schon ein Befürworter davon Wölfe und Rudel abzuschießen, die sich auf Beutetiere fokussiert haben, die wir nicht mehr mit einem machbaren Aufwand schützen können, aber wenn wir halt einfach nicht lernen, dass wir schneller schützen müssen als der Wolf sein Beutespektrum erweitert, solange bleibt das ein Fass ohne Boden.

    Schon wieder abgeschweift. Ich würde mir tatsächlich wünschen, dass entsprechende Studien aufgesetzt werden, wie sich das Beutespektrum von abwandernden Wölfen entwickelt, welchen Einfluss die Prägung der Eltern hat und welchen Einfluss vorhandene oder eben nicht-vorhandene Herdenschutzmaßnahmen haben.

    Ich bezweifeln stark, dass die Kangals in Reihenhaussiedlungen, die Probleme machen und z.b durch aggressives Verhalten auffallen, das tun, weil sie Kangals aus irgendwelchen Linien sind die mal für Hundekämpfe gezüchtet wurden, sondern ganz einfach weil sie ohne Sinn und Verstand von unfähigen Menschen in eine unpassende Umgebung gezwängt wurden.

    Mir wäre es für Deutschland tatsächlich gar nicht bekannt, dass es hier größere Probleme mit für Hundekämpfe gezüchteten und scharf gemachten Hunden gäbe. Sicher gibt es auch hier entsprechende Aggressionszuchten und illegale Hundekämpfe, aber ein flächendeckendes größeres Problem hat Deutschland damit nicht. Das sieht in anderen (auch westlichen Ländern) aber teilweise ganz anders aus und deswegen ist es eben auch mit entsprechenden Problemen behaftet, wenn man Beißstatistiken oder Beißvorfälle aus anderen Ländern auf die Situation in Deutschland überträgt.

    Der Kangal wird in der Regel einfach nur erwachsen und beginnt seine rassetypischen Eigenschaften zu zeigen, das heißt, er wacht, er bellt, er schützt. Wenn er dann keine richtige Aufgabe hat und nicht entsprechend geführt wird, dann bekommt man erstens ziemlich schnell Ärger mit den Nachbarn und dem OA und zweitens stellen sich ganz reale Probleme, wenn man das kräftige Tier einfach nicht mehr halten kann. Also werden die meisten Kangals (die abgegeben werden) im Alter von 1,5-2 Jahren abgegeben. Die wenigsten dieser Hunde, sind aber wirklich problematisch. Sie finden einfach nur kein passendes Zuhause, weil sie einfach in der Regel keine normalen Begleithunde sind.


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    "Sorry für's kurze OT aber das macht mich grad neugierig:

    *Sascha* ich wusste garnicht das dein Kangal auf Pferde aufpasst und wollte gern mal interessehalber fragen wie das abläuft. Läuft er wie bei Schafen auf der Weide herum bzw liegt und wacht, während sie draußen sind? Ich hätte nämlich gedacht das es da mit Pferden konfliktpotenzial geben könnte und entsprechend eine erhöhte Gefahr für den HSH, falls sie austreten.

    Oder passt er auf das nichts an den Stall, Offenstall, oder wo auch immer die Pferde untergebracht sind, kommt?"

    Ja, er läuft natürlich zwischen den Pferden. Irgendwann mache ich bestimmt auch nochmal ein Fotothema für ihn auf, aber im Prinzip kannst du dir bzgl. der Bindung zwischen Hund und Pferden ganz viel auch aus den Beiträge von McChris hier im Forum herauslesen. Das läuft alles sehr ähnlich. Der Hund lernt als Welpe und Junghund, dass er sich nicht in die Angelegenheiten der Pferde einzumischen hat, sie z.B. auch niemals jagen darf, sich nicht in Streitereien eizumischen hat usw. Er geht aber durchaus eine soziale Bindung ein, ebenso wie die Pferde. Regelmäßige Kontaktsuche, Fellkraulen, Lecken, gemeinsame Ruheplätze usw. Die Gefahr für den Hund ist natürlich bei Pferden und Rindern höher als bei Schafen, denke ich, aber da die Pferde den Hund nicht als fremd, sondern zur Herde zugehörig wahrnehmen, achten sie sehr wohl auf ihm und kommunizieren auch entsprechend mit ihm. Das ist etwas völlig anderes als z.B. ein Besuchshund, der von den Pferden als potentielle Gefährdung wahrgenommen wird. Die leben halt zusammen, wenn auch bei mir nicht 24 Std. am Tag, da ich evtl. Problemen mit Anliegern, Passanten und Nachbarn vorbeuge, solange ich hier vor Ort keine ständige Wolfspräsenz habe. Bei mir läuft der Hund also hauptsächlich auf dem Hofgrundstück und dort im Offenstall/Paddockbereich. Hier befinden sich auch ganzjährig Pferde. Er kann aber auch in unsere Bereiche und auch ins Haus.
    Beim HSH ist es in der Regel so, dass er tatsächlich eine Bindung zu den von ihm zu beschützenden Tieren eingehen muss, das ist ein Teil seines Wesens und macht z.B. auch die Haltung nur in einer Familie so schwierig, denn der Hund wird sich dann darauf fokussieren, seine Familie als Herde zu schützen. Ein HSH muss aber lernen, dass der Mensch ein Hirte ist, mit dem man gemeinsam die ihm anvertrauten Lebewesen schützt, das können Tiere sein, aber eben auch Menschen. Der HSH agiert immer als Wächter einer sozialen Gemeinschaft, zum bloßen Objektschutz z.B. eignen sie sich in der Regel z.B. gar nicht. Sie wägen in der Regel immer ab, welche Gefahr sie für ihre Schutzbefohlenen wahrnehmen und handeln entsprechend und das auch auf ihrem Territorium. Für den Objektschutz wären da entsprechende Wachhundrassen oder -linien besser geeignet.

    aber wir stecken bzgl. Herdenschutz noch sowas von in den Kinderschuhen und es ärgert mich, wie wenig Energie von allen Seiten in diese Thematik gesteckt wird, weil man sich einfach ständig und immer wieder an dieser Abschussthematik abarbeitet.

    Es hilft mir als Tierhalter leider überhaupt nicht, wenn ich mich immer und immer wieder nur auf eine Abschussforderung fokussiere.

    Wie kann/sollte man konkret damit umgehen, wenn es einen Übergriff auf einer Weide gab und wenn die Herde geschützt war, wo lagen die Schwachstellen, welche Möglichkeiten habe ich diesen schnell und wirksam zu begegnen, um meine Tiere zu schützen? DAS sind die Fragen, die mich erstmal konkret beschäftigen und auf die ich Antworten, Erfahrungswerte und Hilfe von Seiten der Behörde erwarte.

    Ebenso erwarte ich, dass die Notwendigkeit von Herdenschutz nicht nur ein Lippenbekenntnis in Fachministerien ist oder regional dann völlig unterschiedlich beurteilt wird. Wenn es südlich der Elbe regelmäßig Übergriffe auf Pferde gibt, dann kann es nicht sein, dass sie ein paar km weiter in S-H als ungefährdet gelten und Herdenschutzmaßnahmen als unnötig abgetan werden.

    Ich möchte einfach nicht immer und immer wieder nur über Abschüsse diskutieren, denn das macht die Notwendigkeit von Herdenschutzmaßnahmen eben kein bisschen weniger überflüssig. Und das hier ist doch ein Thread, in dem man sich über Herdenschutzmaßnahmen austauschen möchte, über ihre Umsetzung und die Probleme in der Praxis.

    Aber auch das Thema Herdenschutz fällt für mich unter "radikale Akzeptanz". Ich hab mich dafür entschieden, weil ich denke, dass ich so wie ich damit umgehe, RICHTIG damit umgehe. Das muss sich alles erst über ein paar Generationen eingrooven. Wir haben halt das Pech, die erste Mit-den-Wölfen-Generation zu sein.

    Ich roll halt bei den Absurditäten mit den Augen, mach aber einfach ganz stumpf weiter.

    Etwas anderes bleibt ja auch kaum übrig. Ich habe mir damals den Hund angeschafft mit dem Gedanken, mal sehen was daraus so wird und mittlerweile haben wir den passenden Weg für uns gefunden. Ich weiß, ich hätte im Ernstfall einen Hund an meiner Seite, der seine Arbeit kann und auf den ich mich verlassen kann. Aber solange die hiesige Bevölkerung das Thema Herdenschutz (insbesondere bei Pferden/Rindern) hier überhaupt nicht auf dem Schirm hat, tut mein Hund so, als wäre er einfach nur ein wachsamer Hofhund und erfüllt nebenbei mittlerweile alle Anforderungen, die man heute so in der Gesellschaft an Hunde stellt. Für uns passt das jetzt so, aber es ist definitiv kein Modell, das man weiterempfehlen kann bzw. für eine größere Anzahl von Tierhaltern so umsetzbar wäre.

    Es könnte halt alles so viel einfacher sein, wenn der Einsatz von Herdenschutzhunden überall entsprechend anerkannt und privilegiert werden würde. Und in diesem Zuge nerven mich auch die ewigen Abschussdiskussionen, a'la weil ja einfach alle Herdenschutzmaßnahmen nicht funktionieren würden. Ja, der Abschuss einzelner Problemwölfe/-rudel kann ein Teil der Lösung sein, aber wir stecken bzgl. Herdenschutz noch sowas von in den Kinderschuhen und es ärgert mich, wie wenig Energie von allen Seiten in diese Thematik gesteckt wird, weil man sich einfach ständig und immer wieder an dieser Abschussthematik abarbeitet.

    Und ja, ganz konkret zu diesem Fall, das habe ich aber schon einmal hier so gesagt. Sind Herden mehr oder weniger maximal also mit Zäunen und Hunden geschützt und die Wölfe kommen wieder, dann gehört da ein Jäger auf den Ansitz.

    Aha… na trotzdem wird’s dafür ne Lösung brauchen. :roll:

    Naja, was willst du von mir? Ich werde wohl kaum einen Einfluss darauf haben, dass sich viele türkisch-stämmigen Menschen ein bisschen Heimat in Form eines Kangals in den Ruhrpott holen. Oder geht es dir allgemein um alle HSH in unpassenden Händen. Was soll ich denn nun daran machen und welche Verantwortung siehst du da bei mir, weil ich einen HSH zum Schutz meiner Pferde halte?

    Zwei Probleme:

    1. Woher weißt du aus welchen Linien dein Kangal stammt bzw wie willst du durchsetzen, dass nur diese Linien nach Deutschland kommen?

    Indem ich ihn dort kaufe, wo im Idealfall über Generationen entsprechend Hunde für die Arbeit gezüchtet und genutzt werden. Beim Kangal ist das Problem aber tatsächlich auch nicht so groß und betrifft in der Regel einen bestimmten Typus.

    Zitat

    2. Wie soll ein Kangal aus der von dir anvisierten Leistungszucht in einer Reihenhaussiedlung oder Mehrfamilienhaus funktionieren?

    Gar nicht. Was soll er da?
    Ich bin überhaupt kein Freund davon, Hunde, die über Jahrhunderte für eine spezielle Arbeit gezüchtet wurden, innerhalb weniger Generationen zu einem Begleithund umzuzüchten. Warum sollte man sowas tun wollen? Und was tut man mit all den Hunden, die noch zu viele Verhaltensweisen aus dem ursprünglichen Zuchtziel mitbringen, aber zu wenige, um sie noch einzusetzen.
    Der Hundehalter hat sich "gefälligst" den Hund einer zu seinem Leben und seinen Ansprüchen passenden Rasse auszusuchen oder sein Leben entsprechend neu auszurichten, sodass es zu den Bedürfnissen der von ihm anvisierten Rasse passt.

    Es stellt doch niemand in Abrede, dass es überall auf der Welt Aggressionszuchten für Hundekämpfe gab und noch immer gibt. Dass dafür bestimmte Rassen und Rassetypen bevorzugt genutzt werden, ist auch bekannt. Das heißt aber nicht, dass alle Hunde einer Rasse mit diesem Zuchtziel vermehrt werden. Es gibt z.B. auch "Kangals", die speziell für Hundekämpfe gezüchtet werden, aber was haben diese Hunde mit meinem Hund zu tun und den Linien, die für die Arbeit an der Herde gezogen werden?

    Diese Art der Aggressionszucht ist in Deutschland eh verboten, was eben nicht ausschließt, dass es solche Hunde in Deutschland gibt, die entsprechend illegal vermehrt wurden oder eben aus dem Ausland eingeführt wurden und entsprechenden Linien entstammen.