Hier im Revier trifft man überwiegend Kleinhunde, und da habe ich manchmal das Gefühl, es ist ein Geschäftsmodell der nahen Hundeschule, jede Lebensregung als "überdreht" und folglich therapiebedürftig zu verkaufen.
Ein ganz normaler Westiewelpe zum Beispiel wurde von seiner Besitzerin ständig aus jeder Aktivität rausgerissen, damit er nicht überdreht, und das so lange, bis her beim Spielverderben nach ihr biß. Dann durfte er nicht mehr von der Leine, und es war ein Dauergejammer, dass dieser Hund ja so viel zu wild sei und nie zur Ruhe käme.
Ich habe auch den Eindruck, dass das Pendel in manchen Kreisen grad in die Gegenrichtung zum kritiklosen "der freut sich halt so sehr" eines echt überdrehten Hundes ausschlägt. Und ein Hund nur zur "Arbeit" bzw. Befehlsausführung ein erhöhtes Erregungslevel haben darf. Dass Freude tatsächlich ein weit höheres Erregungslevel bedeutet als kontemplative Ruhe oder zufriedene Entspannung, geht dabei gerne unter.
IMHO braucht es beides, gerade auch bei Welpen/Junghunden.
Ich frage mich ehrlich, wo das herkommt, dass die Hunde nur scheintot in der Ecke liegen sollen, wenn man über Aufregungskontrolle arbeitet
Die Kontrolle der Aufregung hat absolut nichts mit deckeln, kleinhalten, unterdrücken oder sonst was zu tun. Es heißt auch nicht, dass Aufregung generell böse und nicht „erlaubt“ ist. Mal ist sie erwünscht oder okay und mal eben nicht. Je nach Situation.
Das kommt in erster Linie von den Leuten, die den Ansatz übertreiben, und jeden Energieausbruch oder jede Rennepisode als "sinnloses Rumgeballer" apostrophieren. Die schiere Bewegungsfreude und Ausprobieren der eignen körperlichen Fähigkeiten (kann ich da raufspringen?) als überdrehen bezeichnen. Die selbst von Welpen und Junghunden einen gesetzten, abgeklärten Artgenossenkontakt erwarten und alles andere als sinnlos bezeichnen.
Und da von den differenzierteren "Erregungsmanagern" eigntlich nur Videos gepostet werden, in denen der Hund (teils recht heftig) runtergeregelt wird, und nicht solche, die zeigen, welche spontanen Erregungszustände noch als gut oder normal gesehen werden, muss man sich nicht wundern, dass die Rezeption entsprechend einseitig auf das "freudige Erregung unterdrücken" entfällt.