Er rennt nicht, sondern schlendert eher, er wirkt auch nicht, als würde er jagen, aber er blendet völlig aus, dass da noch Menschen existieren.
Genau so war Elin auch, als ich ihn übernommen hatte. Er wurde streunend in Rumänien aufgegriffen und und damals auf 5 Jahre geschätzt.
Der Hund wird nie gelernt haben, dass ein Mensch wichtig für ihn ist und ihm auch Spaß macht - und schon gar nicht, dass er ihn führt. Diese Defizit muss aufgeholt werden. In den meisten Fällen und vielleicht auch mit kompetenter Anleitung finde ich aus meiner Erfahrung heraus aber, dass das machbar ist. Es dauert einfach.
Ja, es dauert.
Elin hatte damals keinerlei Interesse an mir, Kooperation gleich null, Blickkontakte bei einer Stunde Spaziergang vielleicht fünf oder so. Anfangs hatte ich auch das Gefühl, dass er nicht richtig zu lernen gelernt hat, wenn man versteht, was ich meine. Er konnte mit Belohnungen nicht richtig was anfangen, ich hab ihn lange Zeit für nichts begeistern können. Alles, was er wollte, war maximal weit voraus laufen, das musste auch gar nichts mit Wild oder anderen konkreten Reizen zu tun haben. Futter und Spielzeug haben ihn nicht interessiert, Stimme und Knuddeln auch nicht, Umweltbelohnungen bieten sich halt auch nicht überall an und dazu hätte er ja auch erstmal irgendwie ansprechbar sein müssen. Allgemein hat er ausgestrahlt, dass er hervorragend allein zurechtkommt und das auch genau weiß.
Aber nach gut drei Jahren sind wir auf einem sehr guten Weg und die Schlepp kann zu 90 % schleifen.
Und dass es so lange dauert, ist dann auch eher dem Jagdtrieb geschuldet, dafür hab ich die Schlepp zur SIcherheit noch dran. Inzwischen orientiert er sich sehr gut an mir, nicht Hütehund-mäßig, aber er bleibt nach einigen Metern schon stehen und dreht sich zu mir um. Wenn er sich irgendwo festschnüffelt und ich lauf einfach weiter, kommt er mit einem "Oh-nein-ich-wollte-dich-nicht-verlieren"-Blick angerast. Und er interessiert sich für Belohnungen aller Art und wir haben inzwischen eine Menge Beschäftigungen unterwegs.
Also mit viel Geduld und Spucke kann aus dem Extrem ein "ganz normaler" Hund werden. 
Und schon mal anfangen mit Konditionierung auf Mensch auch ausserhalb. Dazu mit sehr hochwertiger Belohnung (schmeckt und duftet und gibt es sonst NIE) jeden blick, jeden Impuls , jedes Ohr drehen in Richtung Leinenhalter*in belohnen durch LEckerchen hinwerfen. so wird der Hund sich angewöhnen, dass er sich öfter zurück orientiert. Das ist nicht bewusstes Lernen, sondern reiner Pawlowscher Reflex. Bildet aber m.e. eine gute Grundlage für alles weitere.
Das hat sich bei uns auch sehr bewährt und damit hatte ich einen Fuß in der Tür für alles andere. 
Zu Beginn hab ich wirklich jedes Drehen der Ohren in meine Richtung belohnt.
Weil er sich ja nicht dafür interessiert hab, was ich sag oder mach oder ihm anbiete, hab ich in der Wohnung den Clicker konditioniert. Das Click-Geräusch ist dann draußen auch zu ihm durchgedrungen und hat sich generell als unheimlich hilfreich erwiesen.
Inzwischen reagiert er super auf Stimme, auf verschiedene Tonlagen usw. je nach Situation, aber am Anfang war der Clicker Gold wert.
Das Belohnen von Umorientierung frische ich auch ab und zu mal auf, da gibt es dann einen Spaziergang lang richtig viele tolle Leckerlis dafür.
Was Elin schnell Spaß gemacht hat war, wenn er die Belohnung nicht zugeworfen bekam oder bei mir abholen konnte, sondern ich sie seitlich oder hinter mich hab kullern lassen, sodass er sie ein paar Meter hetzen kann. Dadurch hatte er auch schnell raus, dass quasi in meine Richtung oft was Tolles zu erwarten ist und lief mir automatisch entgegen.
Das hab ich später für den Rückruf auch viel genutzt, also wenn er umgedreht hat und zu mir kam, ein Leckerli in seine Laufrichtung kullern lassen. Das dann quasi immer hin und her in beide Richtungen. Hetzen lassen, abrufen, Belohnung wieder in die andere Richtung hetzen lassen.
Daran hatte er richtig Spaß. Solche Sachen, auf die der Hund abfährt, muss man dann halt entdecken, sobald man den ersten Fuß in der Tür hat. 
Es hat schon einige Wochen gedauert, bis sie uns draußen überhaupt mal angeschaut hat.
So war das hier auch. Und heute liegen da Welten dazwischen.
Und wenn ich das geschafft hab als Hundeanfänger, dann sollte das so ziemlich jeder schaffen, der sich halbwegs dahinterklemmt und nicht den einen Ausnahmefall von Tausend an der Leine hat. 
Was ich generell gemacht hab, außer Umorientierung zu bestätigen:
- viel draußen gefüttert (Leckerlis jeglicher Wertigkeit je nach Situation, aber auch Teile der normalen Ration)
- häufiger mal die Richtung gewechselt, einfach denselben Weg heimgegangen, sinnlose Schlangenlinien ... (am Anfang kam halt die Leine auf Spannung und Elin musste dann mitkommen, aber er hat schnell gemerkt, dass er besser gleich auf mich achtet, ob ich irgendwo abbiege)
- möglichst viele langweilige Spaziergänge, was Außenreize anbelangt, teils einfach auf einer großen Wiese ohne Wildspuren ne halbe Stunde rumgewandert
- klassisch Rückruf und Notfallpfiff konditioniert, nachdem er angefangen hatte auf mich zu achten
- regelmäßig Joggen, dass er mal in seinem Trabtempo ein paar Kilometer machen konnte, ohne ständig ausgebremst zu werden
- nach und nach viele Beschäftigungen eingebaut: Futterbeutel bringen, diverse Tricks, Baumstämme und Mäuerchen usw. genutzt zum Balancieren/Drüberspringen/Drumherumlaufen/Futter oben drauf auslegen und von unten "orten" lassen, Leckerlis aus dem Wasser fischen am Bachufer, ... ganz viel gemeinsam machen! Das kommt nach und nach, auch wenn es dem Hund anfangs egal ist 
- so ziemlich alles "Gute" ist direkt bei mir oder eher hinter mir passiert, also auch häufig mal aus dem Nichts ein paar Leckerlis vor meine Füße fallen lassen z.B., sodass er sich viel bei mir in der Nähe aufgehalten hat, denn da konnte ja dann jederzeit irgendwas Gutes unerwartet passieren
- Leinenführigkeit an der kurzen Leine trainiert, dadurch ist er generell sehr viel aufmerksamer geworden
- Radiustraining an der Schleppleine (Ende ankündigen, "langsam" und "Halt", nur weitergehen, wenn er nicht mehr abwesend nach vorne glotzend in der Leine hängt, sondern sich irgendwie umorientiert/wartet/zurückgelaufen kommt); das hatte lange gar keinen Erfolg, aber nach und nach wurde es dann doch und ich beobachte auch bei schleifender Leine, dass er meistens genau dann stehenbleibt und wartet, wenn die Leine grad zu Ende wäre
- nachdem er dann so halbwegs wusste, was ich von ihm erwarte, gab es auch ab und zu einen Anschiss, wenn er z.B. mein "Warte" ignoriert und einfach stur weiter trabt, obwohl er mich genau gehört hat (das macht er nämlich schon auch: gezielt entscheiden, dass es ihm sonstwo vorbeigeht und er da am Horizont dringend irgendeiner Mission nachgehen muss); anfangs wollte ich ungern über Strafe arbeiten, weil ich mir noch zu unsicher war, aber inzwischen muss ich sagen, dass er mich nochmal um Einiges ernster nimmt, wenn ich den Radius durchsetze oder seine Aufmerksamkeit wirklich strikt einfordere (davor hab ich dann eher über die Leine Management betrieben, als wirklich ausdrücklich mitzuteilen, dass sein verhalten in dem Moment kacke ist); dazu muss er aber natürlich erstmal wissen, was von ihm erwartet wird
- irgendwann hab ich gemerkt, dass Umweltbelohnungen am besten funktionieren, weil für ihn i.d.R. mit am hochwertigsten; er orientiert sich dann häufiger mal mit einem fragenden Blick zu mir um, wenn er z.B. gerne neben dem Weg in den Bach hüpfen würde, und genau diese Erlaubnis ist dann die Belohnung für seinen Blick
- ich hab nach und nach einige Dinge generell verboten und er darf sie nur mit ausdrücklicher Erlaubnis: wo er früher einfach stur hinmarschiert wäre, muss er sich heute erst zu mir umdrehen und ich schick ihn dann. So sein Verhalten zu begrenzen war ziemlich hilfreich.
Sorry, das ist alles sehr durcheinander geschrieben.
In der Reihenfolge kam es mir jetzt halt grad in den Sinn. 
Und es waren sicher noch tausend Dinge mehr, aber das sind zumindest mal einige Wesentliche. Vielleicht kannst du ja irgendwas Nützliches daraus ziehen.