Ich hatte heute früh einen wenig erholsamen Sonntagsspaziergang mit meinem Hibbeltier. Ich will da gerade auch gar keine Tipps dazu oder so, sondern will mir nur mal meine Gedanken von der Seele schreiben, die ich dazu hatte.
Kurz vorweg: Es ist eigentlich nichts Schlimmes passiert. Eigentlich war es sogar ein sehr gelungener Spaziergang, weil Charly nicht ausgerastet ist, obwohl er 1. im Moment eh schlecht drauf ist, 2. wir gleich morgens vor dem Losgehen ein Bellkonzert direkt vor der Haustür hatten, das Charly zwar nicht kommentiert hat, was ihn und mich aber doch ein paar Nerven kostete, 3. weil die bellenden Gärten heute teilweise gebellt haben und gestern auch, was sich Charly gemerkt hat und wieder mal gleich zu Anfang des Spaziergangs das Hibbeln angefangen hat, 4. weil Sonntag ist und wir deswegen einige Hundehalter getroffen haben, die man sonst eher selten sieht, darunter gleich zu Anfang Charlys Erzfeind, der echt böse abgeht (wehe, wenn da mal der Karabiner reißt!), 5. wir danach noch einige Autobegegnungen auf dem Feldweg hatten, von denen anfangs schon eine ausgereicht hätte, um Charly zum totalen Ausflippen zu kriegen.
Tja, eigentlich alles gut, sollte man meinen, aber ich bin immer noch total geschafft und Charly auch. Der pennt tief und fest und ist vermutlich vor heute Abend auch zu nichts anderem mehr zu bewegen als ein bisschen Schmusen, mal kurz in den Garten pinkeln und dann wieder hinlegen.
Ich frage mich ja oft und auch ganz aktuell, ob ich Charly gerecht werden kann und ob er es woanders nicht besser hätte. Von der Umgebung mal abgesehen (das ginge definitiv besser für ihn!), aber jetzt mal so rein von mir als Person her gesehen. Gerade, wenn man mit so einem Hund unterwegs ist oder auch um Hilfe fragt (ob jetzt hier oder bei Hundetrainern), kommt dann ja oft, man müsste seine Einstellung ändern, selbst ruhiger werden, etc. pp., ein anderer käme sicher besser mit ihm klar. Und dann verunsichert es mich persönlich natürlich auch, wenn ich nach Spaziergängen wie dem heute diesen Kritikern teilweise recht geben muss. Denn ja, ich bin zwischendurch dann auch gestresst und habe eine recht kurze Zündschnur. Ich komme nach Hause und bin einfach nur fertig mit der Welt. Und dann beneide ich andere, für die ein Spaziergang mit Hund sogar erholsam ist! (Ist er für mich manchmal auch, aber solche Spaziergänge sind meist kurz, mitten in der Pampa und wir sind niemandem oder nur wenigen Auslösern begegnet). Und dann kommen die Zweifel: Wäre ein anderer vielleicht nicht so gestresst von dem ganzen, könnte ein anderer besser reagieren und dem Hund mehr Sicherheit vermitteln mit viel weniger Aufwand, als ich ihn betreibe? Ich denke im Augenblick, dass es nur sehr wenige gibt, die das könnten (aber es gibt sie, klar!).
Mich belastet es zum Beispiel sehr, wenn ich sehe, wie sich Charly in manchen Situationen stresst. Ich bin da mit der Zeit immer sensibler dafür geworden, anfangs habe ich die Stresszeichen gar nicht erkannt und mich nur gewundert, warum er "aus heiterem Himmel" auf einmal so austickt, obwohl es doch scheinbar schon längst gut war. Ich bin durch das Training und auch durchs anfängliche Tagebuch führen viel schneller in Hab-Acht-Stellung, weil ich weiß, wann ungefähr der Punkt kommt, wann es kippt. Ich versuche es mir nicht anmerken zu lassen und ich behaupte, oft gelingt mir das sogar. Zumindest bestätigen mir das immer wieder Reaktionen von Menschen, die mit mir spazieren gehen und viele kritische Situationen überhaupt nicht mitbekommen, geschweige denn mitkriegen, was ich gerade tue, um ein Ausflippen zu verhindern (Hund ansprechen, Loben, Leckerli reinstopfen, eventuell sogar die Straßenseite wechseln, das passiert schon alles nur noch so nebenbei)...
Aber wenn ich merke, ab jetzt muss ich aufpassen, weil das jetzt schon der xte Auslöser war und Charly immer weniger ansprechbar wird und immer mehr Gras frisst, dann bin ich voll konzentriert auf die Umgebung und den Hund. Damit ich rechtzeitig reagiere. Das gelingt mir nicht immer, aber heute zum Beispiel war ich echt gut. (Muss mich grad mal selber loben
). Aber ehrlich: Ich bin total fertig, weil es einfach so furchtbar anstrengend ist, über einen längeren Zeitraum so schrecklich aufmerksam zu sein und dann noch mit dem richtigen Timing das Richtige zu tun.
Wenn ich mich dann wegen solchen Geschichten wie heute zum Beispiel bei meinem Freund ausheule, kriegt der genauso wie andere Außenstehende schnell das Gefühl, ich würde es übertreiben oder wäre selbst viel zu sensibel und zu schnell gestresst. Aber ich sehe dann ja auch, wie es bei ihm (und anderen) mit demselben Hund läuft. Genauso nämlich wie bei mir am Anfang. Da bin ich ganz entspannt und ohne viele Gedanken losgelaufen und das ging ganz oft gut und plötzlich ist es richtig heftig eskaliert. Mein Freund wäre nach so einem Spaziergang wie heute viel entspannter als ich zurückgekommen, aber der Hund wäre mit Sicherheit mehrfach ausgeflippt. Da heißt es dann, der ist halt so und das kann man nicht ändern. 
Ich schreibe das eigentlich gerade mehr für mich, um mir mal wieder Mut zuzusprechen. Aber vielleicht hilft es ja auch jemand anderem, der grad ein persönliches Hibbelhalter-Tief hat und an sich und seinen Fähigkeiten zweifelt.