Oh, was für ein toller Thread! Ich schließe mich mit meinem Hibbel mal hier an. Bei meinem ist es wohl eine Kombination aus Vererbung, Aufzucht und (schlechten) Erfahrungen/mangelnder Erziehung, die ihn zu einem Hibbelhund gemacht haben. Ich finde das furchtbar und wollte niemals so einen Hund! Vor allem, weil ich selbst nicht gerade in mir ruhe... Und dann kriege ich ausgerechnet Charly.
Aber vielleicht sollte das ja auch einfach so kommen, damit ich selbst mal an mir arbeiten MUSS! Damit tröste ich mich zumindest immer...
Ich hab von mehreren Hundetrainern gehört, dass es an mir liegt, dass der Hund so ist wie er ist. Und dass ich einfach selber meine Anspannung verlieren muss und schon funktioniert mein Hund. Da ist vielleicht auch viel Wahres dran und ich würde tatsächlich jedem, der es besser kann und diesen Hund haben wollte, sofort und ohne zu Überlegen die Leine in die Hand drücken, denn es ist wirklich anstrengend mit ihm. Einfach nur entspannt spazieren gehen und der Hund läuft eben so mit, ist nicht. Nie. Und dabei habe ich mir genau das so sehr gewünscht und bin immer mächtig neidisch auf andere Hundehalter, die einfach nur spazieren gehen können, ohne ständig die Umgebung abzuscannen, damit man auch ja die Auslöser vor dem Hund sieht (und es gibt wirklich VIELE Auslöser!) geschweige denn ständig dem Hund sagen zu müssen, dass er jetzt nicht durchdrehen, ins Gras beißen, sinnlos wegrennen oder grundlos fiepen, jaulen und bellen muss, um Frust abzulassen. Auch andere, vor allem größere Hunde attackieren oder sich vors nächste Auto schmeißen finde ich nicht so gut. 
Ich könnte ja wirklich Depressionen darüber kriegen, dass das ganze Verhalten nur an mir liegen soll. Aber ich weiß eben, dass es nicht so ist. Ich habe Charly nun inzwischen ein Jahr und ich weiß, dass er nicht nur bei mir so ausflippt. Und bei mir ja auch nicht mehr so oft. Im Gegenteil ist sogar einiges viel viel besser geworden als am Anfang. Ich werde sehr oft für meinen braven Hund gelobt und viele glauben mir gar nicht, dass das derselbe ist, der vor einem Jahr noch die ganze Straße zusammengeschrien hat, sobald nur ein Auto vorbeifuhr. Aber man sieht eben auch nicht, dass ich dafür bei jedem Spaziergang zu 100 % gedanklich beim Hund sein muss und dass es sofort anders aussieht, wenn ich es nicht bin. Charly lernt auch sehr schnell und ist in der Hundeschule der Streber. Aber er prägt sich dadurch leider auch schlechte Erfahrungen sehr schnell ein und dass eben auch viel leichter als gute. Das macht in unberechenbar. In der gleichen Situation reagiert er 100 mal gut und beim nächsten Mal ist es dann doch zu viel und er fällt in sein altes Verhalten zurück. Ich rechne deshalb immer mit dem Schlimmsten und freue mich, wenn er brav ist.
Bei Charly weiß ich, dass er schon von Welpe an misshandelt wurde und immer wieder sehr schlechte und schmerzhafte Erfahrungen gemacht hat, sei es mit Menschen aller Art, mit anderen Hunden, mit Autos oder mit großen Tieren. Dann wurde er oft herumgereicht und von gar nicht bis mit Härte erzogen. Der arme Kerl wusste nie, was von ihm erwartet wird und warum alle Welt aus heiterem Himmel immer wieder böse zu ihm wird. Vielleicht ist es auch deswegen jetzt nach einem Jahr besser, weil er mich kennen gelernt hat und ich doch relativ berechenbar für ihn geworden bin. So lange wie bei mir war er bisher noch nirgends am Stück. Und er ist erst drei Jahre alt... 
Ich kenne aber auch mehrere seiner Geschwister. Alles Hunde aus dem gleichen Inzestwurf. Da sind einige dabei, die auch extrem hibbelig sind. Das mag vererbt sein oder eben auch an der Aufzucht liegen. Ich habe von jemand Dritten gehört, dass gerade dieser Wurf schon von Anfang an recht viel Stress ausgesetzt war. Ganz ohne sind die Hunde alle nicht und teilweise auch in den falschen Händen. Die Halter mit Hundeverstand haben sich mit ihren Hunden gut zusammengerauft, auch wenn es selbst für die nicht unbedingt leicht war. Die anderen sind vollkommen überfordert mit ihren Tieren... Eine Schwester von Charly kenne ich gut und die beiden sind sich in ihrem Verhalten so extrem ähnlich, dass es schon fast unheimlich ist. Aber seine Schwester hat nie schlechte Erfahrungen machen müssen und hat ein großes Grundvertrauen in den Menschen. Die ist so leichtführig und lieb, das ist einfach nur ein Traum
Leider kommt ihre Besitzerin mit ihr überhaupt nicht klar, deswegen fürchtet sich die ganze Nachbarschaft vor der kleinen Hündin und jeder schimpft über sie. Dabei könnte man sie mit ein wenig Anleitung zu einem supertollen Hund machen. Das gibt mir dann auch wieder ein bisschen Kraft, wenn ich mit ihr unterwegs bin. Dann weiß ich, es liegt nicht ausschließlich an mir, dass mein Hund so ist, wie er ist. Denn bei mir ist Charlys Schwester ein ganz braves, anhängliches Hündchen, das sich an mir orientiert, kaum bellt und supergerne mitarbeitet. Autos, andere Hunde, Menschen... normalerweise kläfft die alles an. Aber sie lässt sich ganz leicht davon abhalten und knallt nicht durch, so wie Charly. Der denkt immer gleich, es geht um sein Leben, und dann fliegen alle Sicherungen raus und ich kann nur noch die Leine festhalten und hoffen, dass er schnell wieder ansprechbar wird.
Andererseits könnte ich mit Charlys Schwester vermutlich auch nicht umgehen, wenn ich nicht schon durch Charly so sensibilisiert wäre, was verschiedene Verhaltensweisen angeht...
Aber es ist wie gesagt auch schon um so vieles besser geworden, dass ich mächtig stolz auf uns bin. Ich habe durch Charly Konsequenz gelernt. Das ist sicherlich noch ausbaufähig, aber für ihn sehr sehr wichtig. Er muss die Dinge einschätzen können, dann ist die Welt für ihn in Ordnung. Außerdem gehe ich nun mehrmals in der Woche mit ihm in die Hundeschule. Das wäre letztes Jahr noch undenkbar gewesen. Aber die Beschäftigung tut ihm gut und er lernt auch, in Anwesenheit anderer Hunde halbwegs entspannt zu bleiben und mitzuarbeiten. Unter kontrollierten Bedingungen eben, die er einschätzen kann. Das fällt ihm auch inzwischen viel leichter als ganz normales Gassigehen, wo dann eben doch mal EIN anderer Hund auftaucht oder EIN Mensch oder EIN Auto.
Charly darf generell nicht mehr besonders viel selbst entscheiden bzw. alleine machen. Einmal am Tag lasse ich ihn für wenige Minuten alleine in den Garten, mehr geht nicht. Sonst fällt er sofort in sein altes Verhalten zurück (sinnlos rumrennen und kläffen). Ich habe mich inzwischen damit abgefunden, dass er nie ein unkomplizierter Zeitgenosse sein wird und freue mich über jeden Fortschritt, auch wenn mich jeder Ausraster von ihm immer noch sehr frustet. Da muss ich aber eben auch noch weiter an mir arbeiten.
Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, würde ich mir das mit ihm vermutlich nicht freiwillig antun... Und falls es nach Charly einen nächsten Hund geben sollte, suche ich mir den Hund aus und lasse mir nicht aus Mitleid wieder so einen Knallkopf aufschwatzen! Man muss ja auch mal an sich denken...