1. Seine Besitzerin, die uns den Hund bringt und selber recht Hundeerfahren scheint, meinte das er zunächst die Wohnung markieren würde. Wenn das der Fall ist, kann man es sofort wegmachen, oder animiert man den Hund dann erneut zu markieren?
Bei mir würde es kein Markieren geben... nur, weil der Hund das will? Wenn ein Hund ins Haus macht, weil er schlicht nicht stubenrein ist oder aus einer Übersprungshandlung heraus pinkelt, ist das eine Sache. Markieren ist aber absolut tabu, sowohl im Haus als auch draußen an Hauswänden, Autos,... Geht einfach nicht. Ich sehe auch keinen Grund, warum man das zulassen sollte. Sicherlich habe manche Rüden Ambitionen, im Haus zu markieren, aber das Markierenwollen kann man aberziehen. Hund nicht einfach frei im Haus laufen lassen bzw. immer beim Hund sein. Sobald er versucht zu markieren, gibt's einen verbalen Anschiss, der deutlich macht, dass es das hier nicht gibt. Wenn die Vorbesitzerin schon ein Abbruchkommando konditioniert hat, das zuverlässig (!) sitzt, kann man das ggf miteinbinden, je nach Hund. Ich würde es strikt untersagen. Markieren in der Wohnung ist ein No Go, egal ob am ersten Tag oder nach 5 Jahren. Außer natürlich, es macht euch nichts aus. Wovon ich allerdings nicht ausgehe!
2. Zur Zeit hört er zwar top auf seine Besitzerin, ist aber in gewissen Dinge verwöhnt, die es bei uns so nicht geben soll. Zum Beispiel schläft er im Bett, bei uns soll er im optimal Fall später einen Platz auf einem Kissen im Wohnzimmer haben. Wie baut man das am besten auf? Meine idee ist das Kissen zunächst im Schlafzimmer und nah dran, aber konsequent das Bett zu verweigern. Und dann später nach und nach weiter weg zu bewegen. Oder sollte man ausnutzen, dass er in einer neuen Umgebung ist und ihm direkt einen Platz im Wohnzimmer geben? (sind nur 3m entfernung.
Ich finde, das kommt stark auf den Hund an und wie er mit der Situation zurecht kommt.
Das Bett würde ich, wenn ich es später nicht möchte, genauso konsequent unterbinden wie das Markieren (das ihr vermutlich genauso wenig wollt). Einfach keine Handlungen bestätigen oder durchgehen lassen, die ihr später so nicht weiterführen wollt.
Bei einem sehr ängstlichen Hund, dem meine Nähe bei der Eingewöhnung hilft, würde ich persönlich vermutich zunächst mal Nähe zulassen (dh das Kissen neben das Bett legen) und ihn dort schlafen lassen, bis er selbstsicherer mit der Situation umgehen kann und "verlegt" werden kann.
Bei einem Hund, der mit der Situation keine größeren Probleme hat, selbstsicher auftritt, würde ich vermutlich direkt den zukünftigen Platz zuweisen. Einfach auf das Individuum schauen. Ich denke, das merkt man recht schnell.
3. Er ist zur Zeit ein "Ein-Frau Hund". Gibt es Tipps wie er sich möglichst an uns beide bindet? Meine Freundin ist Vollzeit zu Hause, während ich Arbeiten gehe. Wie stellt man sicher, dass er sich nicht nur auf sie fokussiert?
Ich denke, sicherstellen kann man da wenig. Hunde binden sich für gewöhnlich an die Person, an die sie sich binden möchten. Und meiner Erfahrung nach ist das oft, aber bei weitem nicht immer die Person, die am meisten mit dem Hund unternimmt. Unser Welpe beispielsweise ist sehr auf mich fixiert. Neben mir gibt es nur noch eine Person, an die er sich stärker gebunden hat und mit dieser Person hat er eigentlich nur sporadisch zu tun, ich kümmere mich alleine um ihn. Nur weil deine Freundin vermutlich die ganze Zeit dort sein wird, heißt das nicht, dass der Hund sich auch an sie bindet. Ich denke, da spielen für Hunde noch ganz andere Faktoren eine Rolle. Sympathie, genauso wie beim Menschen auch, nicht jeder Hund kann mit jedem Menschen gleich gut. Souveränität und Transparenz (im Sinne von nicht Hü und Hott, sondern klare Regeln) machen mAn viel aus.
4. Alleinsein muss man denke ich wie bei einem Welpen in ganz kleinen Schritten erneut aufbauen, korrekt?
Kommt wie bei allem auf den Hund an. Gut möglich, dass es wieder neu aufgebaut werden muss in neuer Umgebung. Bei manchen Hunden ist das möglich. Genauso gibt es Hunde, die kein Problem damit haben (genauso wie es Welpen gibt, bei denen man das Alleinebleiben nicht so aufbauen muss wie bei anderen). Ich würde es erstmal in kurzen Schritten probieren. Man merkt recht schnell, ob man erweitern kann oder langsam machen muss.
5. Sollte man ihn direkt möglichst auspowern, so das er in der Wohnung ruhig und ausgeglichen ist, oder überfordert man ihn damit ehr und sollte ihn langsam an die neue Umgebung gewöhnen?
Ich würde ihn erstmal ankommen lassen, nicht direkt auf Teufel komm raus auspowern, damit er zu Hause geschafft ist. Pipi machen gehen und erstmal die neue Umgebung erkunden lassen. Die Eingewöhnung vor allem ruhig angehen.
Das ist erstmal so das wichtigste, andere Themen wie Leinenführigkeit, ev. Freilauf, und so weiter würden wir dann erst später angehen, wenn er zu 100% angekommen ist.
Gibt es noch weitere Tipps?
Ja. "Auspowern" wird bei einem Vorstehhund nicht funktionieren. Ich denke ihr wisst, welchen Hund ihr euch da ins Haus holt. Vorsteher kann man nicht auspowern durch Spaziergänge, Bällchen schmeißen und Co. Die Hunde powern bis zum Erbrechen und noch viel weiter, da gibts keine Limits. Dadurch erreicht man genau das Gegenteil von dem, was man möchte: einen unruhigen, hochgepushten Hund, keinen ruhigen. Vorstehhunde sind die Ruhe selbst, wenn sie richtig ausgelastet werden. Dann sieht und hört man sie im Haus nicht. Auslastung erfolgt bei solchen Hunden aber idR durch Kopf- und vor allem Nasenarbeit. Ist nur ein gutgemeinter Rat für die Zukunft. Natürlich gibts auch unter den Vorstehern Vertreter der Rassen, die nicht so rassetypisch daherkommen und wenig triebig sind und einfach nebenher laufen. Das ist aber die Ausnahme. Und mit angemessener Auslastung (oder zumindest indem man sich von dem Gedanken verabschiedet, so einen Hund auspowern zu wollen) tut man nicht nur dem Hund, sondern auch sich selbst einen großen Gefallen!