Ich denke, du musst dir für dich und für den Hund erst mal eine Unterscheidbarkeit einbasteln.
Wenn du jetzt seit Jahren mit einem ziehenden Hund rum läufst, kannst du auch nicht erwarten bzw. ist es unrealistisch, dass du jetzt nur DEN TIPP brauchst, den du dann auch konsequent durchziehst.
Anfangen müsstest du erst mal in kleinen und überschaubaren Einheiten, in denen du übst und die restliche Zeit darf der Hund halt weiter ziehen. Geht ja gar nicht anders.
Ich würde mir also ein Führsystem überlegen, dass der Hund noch gar nicht kennt und damit üben.
Du nimmst jetzt also beispielsweise ein Halti Harness, das zum einen Kraft raus nimmt und es dir einfacher macht und zum anderen den Hund vielleicht zumindest anfänglich noch etwas beeindruckt, weil es für ihn ja ein ganz anderes Gefühl ist.
Zusätzlich dazu machst du dein gewohntes Halsband und eine lange Leine dran, an dem der Hund immer schon gezogen hat.
Du gehst also wie gewohnt los mit Halsband und Hund zieht wie gewohnt. In überschaubarer und ablenkungsfreier Umgebung, holst du dir den Hund ran, machst die Leine auf kurz und schnallst auf das Halti Harness um, sehr bewusst, so dass der Hund auch mitbekommt, es passiert gerade etwas.
Damit gehst du dann weiter und der Hund darf damit gar nichts mehr, nicht schnüffeln, nicht pinkeln und du redest auch nicht mit ihm. Sobald oder besser kurz bevor die Leine auf Spannung geht, drehst du abrupt und kommentarlos um, im Zweifel mit einem kurzen Leinenimpuls und nimmst den Hund wieder mit.
Du gehst also immer zügig hin und her und drehst genauso zügig um, wenn der Hund an dir vorbei gelaufen ist. Jeder Hund wird sehr wahrscheinlich mit einer gewissen Verwunderung reagieren und genau die machst du dir zunuzte. Er wird irgendwann auf deine Bewegungsabläufe reagieren und bevor der Leinenimpuls kommt, freiwillig mitkommen bzw. du kannst ihn mit entsprechender Körperhaltung quasi einladen, freiwillig mitzugehen.
Wenn du das 5 Minuten machst und das Ergebnis hast, dass der Hund einfach mehr auf dich achtet und dir folgt, holst du ihn wieder ran, schnallst auf Halsband um und gehst wieder deiner Wege wie gehabt und der Hund darf dann auch wieder schnüffeln, pinkeln usw.
Wenn du das mehrfach auf einem Spaziergang mit einbaust, die Einheiten verlängerst, hättest du schon mal ganz schön viel im Vergleich zu vorher gewonnen.
Die "Freizeit" an der langen Leine ist insofern wichtig, weil du einfach weiterhin eine Möglichkeit brauchst, dass der Hund noch ziehen darf. Sonst müsstest du den ganzen Spaziergang lang üben und das ist halt echt unrealistisch.
Du hast also einen Anfang und ein Ende für die Übungseinheiten im Kopf, kannst in diesen kurzen Sequenzen, kleinschrittig und sehr bewusst üben und hast auch die Möglichkeit, wenn draußen zu viel Ablenkung ist, dann eben nicht üben zu müssen, sondern dem Hund einfach wie gewohnt lange Leine und Halsband zu geben.
Wenn du das echt kleinschrittig und bewusst machst, kannst du nachher noch ein verbales Signal drauf legen und die Einheiten an Geschirr/kurze Leine werden immer länger und somit die Führigkeit immer besser.
Weiterhin üben müsste man das dann noch unter Ablenkung, am besten erst mal in einem kontrollierbaren Rahmen, wo zumindest du die Situation überschauen und steuern kannst (z.B. durch Freunde mit Hunden, die dir helfen).
Aus meiner Sicht gibt es gar keinen anderen Weg, als dem Hund eine Zeit lang noch zu erlauben, sich so zu verhalten wie bisher, denn das ritualisierte Verhalten unterbrichst du nicht von heute auf morgen, das ist ein echtes Fleißkärtchen. Zudem man ja nie immer üben kann, hat ja bisher auch nicht geklappt.
Aber du hättest auf jeden Fall ja schon was gewonnen, wenn der Hund auf einem Spaziergang 3 x 5 Minuten nicht zieht und einfach eine andere Lernerfahrung macht. Wird sicher deutlich länger dauern, bis man da am Ziel ist, als wenn man beim Welpen die Leinenführigkeit von Anfang an übt, aber letztendlich hat der Hund das Leineziehen ja auch gelernt.
Jetzt musst du ihm halt erklären, dass es eigentlich nicht erwünscht ist.
Ach ja, und das unreflektierte Bälle und Frisbee schmeißen würde ich auch komplett lassen und den Hund mental anders beschäftigen.